Die Durchführung einer Rapid Sequence Induction (RSI) stellt für das gesamte Team eine Herausforderung dar und erfordert eine präzise Planung, die auf die Bedürfnisse des Patienten abgestimmt ist. Zu Beginn eines jeden Verfahrens sollte immer die Frage gestellt werden: „Kann ich den Patienten im Falle von Komplikationen aufwecken?“ Dieser Gedanke ist wichtig, da schwerwiegendere chirurgische Pathologien, die einer dringenderen Behandlung bedürfen, oft dazu führen, dass man sich trotz möglicher Schwierigkeiten für eine Fortsetzung der Operation entscheidet. Dies gilt insbesondere für Patienten, bei denen eine RSI durchgeführt wird, da der Zustand der Atemwege und die Notwendigkeit einer sofortigen Kontrolle entscheidend sein können.

Vor der Durchführung der Induktion ist es von entscheidender Bedeutung, die Strategie zur Atemwegsmanagement im Team zu besprechen, sodass jeder im selben Kenntnisstand ist. Eine koordinierte Herangehensweise und klare Kommunikation können bei der Handhabung schwieriger Situationen während der RSI von unschätzbarem Wert sein.

Zur Unterstützung der Vorbereitung und Durchführung einer RSI hat sich die SOAPME-Checkliste als hilfreich erwiesen. Sie ist eine vereinfachte Version der Standard-Checkliste und umfasst wichtige Elemente, die vor der Induktion überprüft werden sollten. Ihre Kürze ermöglicht es, sie schnell im Kopf durchzugehen, sodass man sich gut vorbereitet fühlt, ohne in Stress zu geraten.

Der erste Schritt der Vorbereitung umfasst das Sicherstellen, dass der Saugmechanismus funktioniert und unter dem Kopf des Patienten positioniert ist. Dies ist ein häufig vergessener Punkt, der jedoch eine entscheidende Rolle spielt, falls es zu einer Aspiration kommen sollte. Danach folgt die Sicherstellung, dass ausreichend Sauerstoff vorhanden ist, und das Überprüfen der Atemwegsausrüstung. Dies schließt mehrere Notfallpläne ein, von der Verwendung von Endotrachealtuben (ETT) bis hin zu alternativen Geräten wie Larynxmasken und i-gels, um auf mögliche Schwierigkeiten bei der Atemwegssicherung reagieren zu können.

Die Präoxygenierung ist der nächste Schritt, um sicherzustellen, dass der Patient ausreichend mit Sauerstoff versorgt ist, bevor die eigentliche Induktion beginnt. Hierbei sollte man besonders auf die korrekte Überwachung achten, damit alle Vitalzeichen vor der Induktion überprüft und gegebenenfalls stabilisiert sind. Dies schließt die Kontrolle von Notfallmedikamenten und die korrekte Vorbereitung der Induktionsmittel mit ein. Sobald alle Vorbereitungen abgeschlossen sind, kann mit der Verabreichung des Opioids zur Schmerzlinderung begonnen werden. Der Patient sollte über die Wirkung des Medikaments informiert werden, um mögliche Ängste zu nehmen und die Zusammenarbeit zu fördern. Es ist auch wichtig, sicherzustellen, dass der Assistent in der Lage ist, die Koniotomie korrekt durchzuführen, falls dies erforderlich sein sollte.

Thiopentone, ein häufig verwendetes Induktionsmittel, wird in einer Konzentration von 25 mg/ml verabreicht. Es hat eine schnelle Einleitung der Narkose, die in der Regel innerhalb von 30 Sekunden erfolgt, und führt zu einem glatten Übergang in den schlafähnlichen Zustand. Allerdings sind bei der Verwendung von Thiopentone einige Vorsichtsmaßnahmen zu beachten. Zum Beispiel sollte unbedingt vermieden werden, dass es extravasiert, da es zu schweren Gewebeschäden führen kann. Außerdem ist die richtige Lagerung und Handhabung von Thiopentone entscheidend, da es leicht mit anderen intravenösen Medikamenten verwechselt werden kann.

Suxamethonium ist ein weiteres wichtiges Medikament, das während der RSI verwendet wird, um die Muskulatur zu entspannen und die Endotrachealintubation zu erleichtern. Suxamethonium hat einen schnellen Wirkungseintritt, der in der Regel zwischen 30 und 60 Sekunden liegt. Es führt zu Faszikulationen, die sich vom Kopf bis zu den Füßen ausbreiten. Diese sollten als Signal verstanden werden, dass der Zeitpunkt für die Laryngoskopie gekommen ist.

Es ist entscheidend, sich der Risiken und Nebenwirkungen jedes verwendeten Medikaments bewusst zu sein. Während Thiopentone eine schnelle Wirkung zeigt, kann es auch zu schwerwiegenden Nebenwirkungen wie Hypotonie und Atemdepression kommen. Zudem kann es bei unachtsamer Verabreichung zu schwerwiegenden Gewebeschäden führen. Suxamethonium wiederum ist ein depolarisierendes Muskelrelaxans, das zu einer vorübergehenden Muskelkontraktion führen kann, bevor die Muskulatur vollständig entspannt wird. Es sollte jedoch bei Patienten mit bestimmten Vorerkrankungen wie Malignem Hyperthermie-Syndrom vorsichtig eingesetzt werden.

Es ist auch wichtig zu beachten, dass während der Durchführung einer RSI der gesamte Ablauf von einem verantwortlichen Anästhesisten überwacht wird. Dies bedeutet, dass der Anästhesist nicht nur für die richtige Medikamentengabe verantwortlich ist, sondern auch dafür, dass alle Sicherheitsprotokolle eingehalten werden und im Notfall schnell und korrekt reagiert wird. Die genaue Koordination des Teams und die Vorbereitung auf mögliche Komplikationen stellen sicher, dass der Eingriff sicher und effektiv durchgeführt werden kann.

Ein weiterer wichtiger Punkt bei der Durchführung von RSIs ist die Notwendigkeit einer flexiblen, anpassungsfähigen Herangehensweise. Manchmal ist es nicht möglich, alle Eventualitäten vorherzusehen, und es müssen schnelle, fundierte Entscheidungen getroffen werden. Daher ist es ratsam, während des gesamten Verfahrens ruhig zu bleiben und stets die bestmöglichen Entscheidungen für den Patienten zu treffen.

Wie wirken Ketamin und Lachgas als Anästhetika und welche Besonderheiten sind zu beachten?

Ketamin ist ein farbloses Lösungsmittel, das in verschiedenen Konzentrationen erhältlich ist, etwa 10, 50 und 100 mg/ml. Aufgrund der unterschiedlichen Konzentrationen besteht ein hohes Risiko für Verwechslungsfehler bei der Dosierung. Um dies zu vermeiden, wird empfohlen, Ketamin für die Einleitung immer in einer 20-ml-Spritze vorzubereiten, auf eine Endkonzentration von 10 mg/ml zu verdünnen und die Spritze entsprechend zu beschriften. Die übliche Einleitungsdosis liegt intravenös bei 0,5 bis 2 mg/kg.

Die Wirkung von Ketamin setzt langsamer ein als bei Thiopental oder Propofol, typischerweise zwischen 30 und 90 Sekunden. Die klinischen Endpunkte der Anästhesie sind weniger eindeutig, da Ketamin eine dissoziative Anästhesie erzeugt: Patienten können die Augen geöffnet lassen, was im Gegensatz zu anderen Anästhetika steht. Ein Verlust der verbalen Kommunikation und fehlende Reaktion auf den Kieferdruck gelten als sichere Zeichen für eine wirksame Anästhesie.

Ketamin wirkt als nicht-kompetitiver NMDA-Rezeptor-Antagonist und besitzt eine sympathische Stimulationseigenschaft, indem es die Konzentration von Noradrenalin und Adrenalin erhöht. Dies führt zu einem Anstieg von Herzfrequenz, Blutdruck und Herzzeitvolumen, was Ketamin besonders bei Schockpatienten wertvoll macht. Außerdem wirkt es als Bronchodilatator und besitzt starke analgetische Eigenschaften.

Zu den Nebenwirkungen gehört eine gesteigerte Speichelproduktion, die zu Laryngospasmus oder Atemwegsobstruktion führen kann, insbesondere bei Kindern. Daher empfiehlt sich die Gabe von Glycopyrronium als Antisialogogum. Außerdem treten Emergenzreaktionen auf, die von leichten Stimmungsschwankungen bis hin zu schweren Delirien reichen können. Diese sind bei Frauen häufiger und bei sehr jungen, alten oder ungestört erholten Patienten seltener. Die Mitgabe eines Benzodiazepins kann diese Reaktionen mildern. Weitere unerwünschte Effekte umfassen eine erhöhte Myokard-Sauerstoffnachfrage, was die Anwendung bei ischämischer Herzerkrankung relativ kontraindiziert, eine mögliche Zunahme von Übelkeit und Erbrechen nach der Operation (PONV), sowie eine Erhöhung des Augen- und Hirndrucks.

Kontraindikationen für Ketamin sind Schizophrenie oder frühere Psychosen, da Ketamin psychotische Symptome reaktivieren kann, schwerer Bluthochdruck, bestimmte Risiken durch neu aufgetretenen Bluthochdruck (wie z.B. bei Gefäßaneurysmen) und perforierende Augenverletzungen. Traditionell wurde Ketamin bei Patienten mit erhöhtem Hirndruck oder Schädel-Hirn-Trauma gemieden, da angenommen wurde, es könnte den Hirndruck erhöhen. Neuere Studien zeigen jedoch, dass der Blutdruckanstieg und die damit verbesserte zerebrale Perfusion diesen Effekt überwiegen könnten.

Ketamin erhält die Reflexe und den Tonus der oberen Atemwege, was anfangs hilfreich sein kann, um die Eigenatmung des Patienten zu erhalten. Gleichzeitig erhöht dies aber das Risiko eines Laryngospasmus, weshalb supraglottische Atemwegshilfen nicht allein mit Ketamin verwendet werden sollten. Die Wirkdauer beträgt etwa 5 bis 10 Minuten, die Metabolisierung erfolgt in der Leber, und die Ausscheidung renal.

Lachgas wird oft zur Anästhesie kranker Patienten verwendet, da es, ähnlich wie volatile Anästhetika, den MAC (minimal alveoläre Konzentration) erhöht, aber im Gegensatz zu diesen kaum den Blutdruck senkt. Die maximale Konzentration von Lachgas liegt bei 103% MAC, was bedeutet, dass es atmosphärisch nicht als alleiniges Anästhetikum genutzt werden kann. Meist wird Lachgas mit Sauerstoff (z.B. 70% Lachgas und 30% Sauerstoff) kombiniert, um die Konzentration des volatilen Anästhetikums zu reduzieren und so den Blutdruck stabil zu halten.

Lachgas hat eine geringe kardiodepressive Wirkung, wobei der mittlere arterielle Druck durch sympathische Stimulation meist erhalten bleibt. Es wirkt analgetisch und kann den Wirkungseintritt anderer volatiler Anästhetika durch den sogenannten „Second Gas Effekt“ beschleunigen.

Die wichtigsten Nebenwirkungen sind die Ausdehnung luftgefüllter Körperhöhlen, weshalb Lachgas bei Pneumothorax, Darmverschluss, intraokularen Gasen nach Augenoperationen, Mittelohroperationen, sowie in den Tagen nach einer Kraniotomie kontraindiziert ist. Dieser Effekt entsteht, weil Lachgas deutlich löslicher im Blut ist als Stickstoff und Sauerstoff, was zu einem Diffusionsungleichgewicht führt und die Luftkammern aufbläht. Zudem kann Lachgas Übelkeit und Erbrechen nach der Operation verursachen sowie die zerebrale Durchblutung und den zerebralen Metabolismus erhöhen, was den Einsatz in der Neurochirurgie einschränkt. Nach der Anwendung besteht das Risiko einer Diffusionshypoxie, weshalb die Patienten am Ende der Narkose auf einen hohen Sauerstoffanteil (90–100%) umgestellt werden müssen.

Die Messung des Füllstandes von Lachgaszylindern ist unzuverlässig, da der Druck nicht linear mit dem Volumen korreliert. Außerdem beeinträchtigt Lachgas die Vitamin-B12-Metabolisierung und die DNA-Synthese, was nach längerer Exposition (über sechs Stunden) problematisch werden kann. Der Stoffwechsel von Lachgas ist minimal, und es wird hauptsächlich über die Lunge ausgeschieden.

Zusätzlich zur Kenntnis der Wirkungen und Nebenwirkungen dieser Anästhetika ist es wichtig, die klinische Situation und individuelle Patientenfaktoren stets sorgfältig abzuwägen. Die Auswahl des Induktionsmittels sollte nicht nur auf pharmakologischen Eigenschaften basieren, sondern auch die potenziellen Risiken und Kontraindikationen berücksichtigen. Die Fähigkeit von Ketamin, die Herz-Kreislauf-Stabilität zu erhalten, macht es in bestimmten Situationen unersetzlich, während das bronchodilatatorische Potenzial bei Atemwegserkrankungen besonders wertvoll ist. Andererseits erfordern seine psychotropen Nebenwirkungen und das Risiko für Laryngospasmus einen bewussten und umsichtig geplanten Einsatz. Lachgas bietet eine kardiostabile Ergänzung, muss aber wegen der Luftraumausdehnung und neurotoxischen Effekte mit Vorsicht angewandt werden.

Wie bleibt man im Notfall ruhig und handlungsfähig?

Panik ist ein instinktiver Reflex auf kritische Situationen, doch in der Anästhesie kann sie fatale Folgen haben. Inmitten komplexer Notfallszenarien ist es essenziell, handlungsfähig zu bleiben und systematisch zu agieren. Das bedeutet nicht, dass Entscheidungen verzögert werden dürfen – vielmehr geht es darum, mit kühlem Kopf zu arbeiten, selbst wenn Sekunden entscheidend sind. Erfahrung zeigt, dass auch in scheinbar dramatischen Situationen einige Minuten zur Verfügung stehen, um ein Problem strukturiert zu analysieren. Der Druck, sofort eine Lösung zu präsentieren, führt oft nur zu vorschnellen und ineffizienten Handlungen. Es ist nicht Geschwindigkeit allein, die rettet – sondern Präzision unter Zeitdruck.

Die Fähigkeit, Ruhe zu bewahren, ist eng mit Erfahrung und Selbstsicherheit verknüpft. Wer regelmäßig im OP arbeitet, entwickelt eine professionelle Gelassenheit. Diese überträgt sich unweigerlich auf das Team, denn in Krisen orientieren sich alle an der Haltung der Anästhesistin oder des Anästhesisten. Ein äußeres Bild der Ruhe stärkt nicht nur das Vertrauen der Kolleginnen und Kollegen, sondern strukturiert auch den inneren Entscheidungsprozess. Die Verantwortung geht über das rein Technische hinaus – sie umfasst auch emotionale Führung in Ausnahmesituationen.

Ein zentraler Leitsatz aus der Luftfahrt bietet ein eindrückliches Bild: „First, fly the plane.“ Diese Maxime stammt aus der Analyse tragischer Flugunfälle wie dem Absturz von Eastern Air Lines Flight 401. Die Crew dieses Fluges war so stark auf eine defekte Anzeige der Fahrwerksbeleuchtung fixiert, dass sie nicht bemerkte, wie das Flugzeug allmählich an Höhe verlor. Der Autopilot war versehentlich deaktiviert worden – das Flugzeug stürzte ab, obwohl das Fahrwerk selbst funktionierte. 101 Menschen kamen ums Leben, weil die Besatzung vergaß, zuerst das Naheliegende zu kontrollieren: das Flugzeug zu fliegen.

Übertragen auf die Anästhesie bedeutet das: Bei jedem Alarm, bei jeder Komplikation gilt es zuerst sicherzustellen, dass die elementaren Parameter stabil sind – Atemweg, Beatmung, Oxygenierung, adäquate Anästhesietiefe. Nicht das augenscheinlich Neue darf sofort zum Hauptfokus werden, sondern das System muss weiterhin „fliegen“. Diese Priorisierung ist keine emotionale Entscheidung, sondern eine lebenswichtige Strukturierung der Aufmerksamkeit.

In akuten Notfallsituationen zeigt sich, dass das menschliche Zeitempfinden hochgradig unzuverlässig wird. Die bekannten Fälle von Elaine Bromiley oder United Airlines Flight 173 verdeutlichen dies eindrücklich. In beiden Szenarien wurde über Minuten hinweg an einem Problem gearbeitet – während lebenswichtige Ressourcen (Sauerstoff, Treibstoff) unbemerkt zur Neige gingen. Die Beteiligten waren überzeugt, erst wenige Minuten vergangen zu sein, obwohl objektiv viel mehr Zeit vergangen war. Diese Diskrepanz entsteht durch kognitive Überlastung: Die Fokussierung auf ein Detail lässt den zeitlichen Gesamtverlauf verschwimmen.

Wer im Notfallteam arbeitet, sollte sich dieser Gefahr bewusst sein – und ihr aktiv entgegenwirken. Es hilft, einen Zeitmesser sichtbar zu starten, etwa den Timer am Telefon oder auf dem Monitor. Ebenso bewährt sich die Zuweisung eines Teammitglieds als Zeitwächterin oder Zeitwächter – diese Person erinnert das Team regelmäßig an den Zeitverlauf. Strukturierende Aussagen wie „Wenn die Sättigung auf 85 % fällt, wechseln wir zur Muskelrelaxation“ geben nicht nur Orientierung, sondern schaffen eine klare Eskalationslogik, die unabhängig vom subjektiven Empfinden greift.

Entscheidend ist: Die richtigen Entscheidungen werden nicht unter Druck geboren, sondern unter Struktur. Die Fähigkeit, auch in hochdynamischen Situationen einen systemischen Blick zu bewahren, kann eingeübt werden. Simulationen und wiederholtes Training realitätsnaher Szenarien fördern nicht nur das technische Handeln, sondern vor allem das Verhalten unter Stress. Gerade in der Anästhesie ist es weniger der Eingriff selbst als die Art, wie unter Zeitdruck agiert wird, die über den Verlauf entscheidet.

Wichtig ist auch, zwischen realer Dringlichkeit und psychologisch erzeugtem Stress zu unterscheiden. Nicht jede Alarmierung bedeutet unmittelbare Lebensgefahr. Der differenzierte Umgang mit Alarmen, der bewusste Erhalt des Überblicks und das Fokussieren auf das Wesentliche sind Eigenschaften, die nicht angeboren sind – sie entstehen durch Reflexion, durch Wiederholung und durch ein Bewusstsein für die eigene Fehlbarkeit.

Gerade bei jungen Anästhesist:innen kann es hilfreich sein, sich vor dem Eintreten einer Krise gedanklich zu verankern: Was ist in jeder Situation mein Anker? Was sind die unverrückbaren Prioritäten?

Wie beeinflussen Muskelrelaxanzien, die Atemmechanik und das Bewusstsein während der Narkose?

Muskelrelaxanzien gehören zu den zentralen Medikamenten in der modernen Anästhesie, insbesondere im Rahmen der Intubation und kontrollierten Beatmung. Ihre Anwendung erfordert ein tiefes Verständnis ihrer Wirkmechanismen, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen mit anderen Substanzen. Die Entscheidung für ein spezifisches Relaxans ist situationsabhängig – Rocuronium etwa ist bei der Rapid Sequence Induction (RSI) bevorzugt, während Suxamethonium bei kurzen Eingriffen oder bei vermutetem schwierigem Atemweg Anwendung findet. Die Wahl ist nicht nur pharmakologisch motiviert, sondern hängt auch von der klinischen Einschätzung des Patientenzustands und den Zielsetzungen des Anästhesieverfahrens ab.

Die zentrale Rolle der neuromuskulären Übertragung macht diese Substanzen gleichzeitig effektiv und potenziell gefährlich. Eine adäquate neuromuskuläre Überwachung ist essenziell. Methoden wie die Train-of-Four-Stimulation oder die posttetanische Zählung sind unerlässlich, um eine unzureichende oder prolongierte Wirkung frühzeitig zu erkennen. Ein Versäumnis in der Überwachung kann zur verlängerten Apnoe, verzögerten Extubation oder, im schlimmsten Fall, zu Bewusstseinszuständen unter Narkose mit nachfolgendem posttraumatischem Belastungssyndrom führen.

Bewusstsein während der Narkose – sogenanntes intraoperatives Awareness – ist eine seltene, aber schwerwiegende Komplikation. Insbesondere bei unzureichender Hypnotikazufuhr, kombiniert mit tiefgreifender muskulärer Relaxation, kann der Patient trotz Lähmung Teile der Operation bewusst wahrnehmen. Diese Erfahrung ist stark traumatisierend. Deshalb sind Monitoringverfahren wie EEG-basierte Tiefe-der-Narkose-Messungen zunehmend in der klinischen Routine verankert. Der Einsatz von Relaxanzien darf nie isoliert betrachtet werden – er ist integraler Bestandteil eines komplexen, dynamischen Wechselspiels zwischen Hypnose, Analgesie und Muskelrelaxation.

Auch die Umkehrung der Relaxation verlangt höchste Aufmerksamkeit. Neostigmin, häufig in Kombination mit Glycopyrronium verabreicht, ermöglicht die partielle Wiederherstellung der neuromuskulären Funktion. Doch eine vollständige Rückbildung ist nicht garantiert, besonders nicht bei tiefem Block oder unzureichender Spontanatmung. Alternatives Management mit Sugammadex bei Rocuronium-induzierter Blockade bietet hier größere Sicherheit, bleibt aber kostenintensiv und ist nicht überall verfügbar. Die Wahl des Reversierungsverfahrens muss sich daher am klinischen Zustand, dem verwendeten Relaxans und der geplanten Nachbeatmungszeit orientieren.

In Situationen wie der laparoskopischen Chirurgie, bei der eine CO₂-Insufflation zur erhöhten intraabdominellen Drücke führt, wird die Bedeutung der Muskelrelaxation zur Optimierung der Operationsbedingungen deutlich. Eine tiefe Relaxation verbessert nicht nur die Sicht, sondern kann auch die Beatmungsmechanik stabilisieren. Gleichzeitig steigt jedoch das Risiko der Überdosierung und der verzögerten Rückkehr der Spontanatmung, insbesondere bei adipösen oder vorerkrankten Patienten.

Die individuelle Pharmakodynamik und -kinetik von Relaxanzien variiert stark. Faktoren wie Leber- und Nierenfunktion, Alter, Begleiterkrankungen wie Myasthenia gravis oder Muskeldystrophien müssen bei der Dosierung berücksichtigt werden. Eine standardisierte Dosierung ist nicht adäquat. Die Funktion der neuromuskulären Endplatte kann durch genetische Dispositionen, sogenannte „Red Flags“, stark verändert sein – auch hier besteht das Risiko einer verlängerten Lähmung oder paradoxer Reaktion.

Nicht-depolarisierende Relaxanzien wie Atracurium bieten Vorteile bei eingeschränkter Organfunktion, da sie über Hofmann-Elimination und unspezifische Esterhydrolyse abgebaut werden. Im Gegensatz dazu steht Suxamethonium, ein depolarisierendes Relaxans, das rasch wirkt, aber schwerwiegende Nebenwirkungen wie Hyperkaliämie oder maligne Hyperthermie auslösen kann. Die Kenntnis dieser Risiken ist für jede präoperative Bewertung essenziell – eine gezielte Anamnese und Screening auf genetische Prädispositionen ist nicht optional, sondern integraler Bestandteil der Patientensicherheit.

Ein weiterer kritischer Aspekt ist die Interaktion von Muskelrelaxanzien mit anderen Medikamenten – etwa mit Magnesiumsulfat, das die Wirkung von Relaxanzien verstärken kann, oder mit Antibiotika wie Gentamicin, die eine präsynaptische Blockade begünstigen. Diese potenziellen Wechselwirkungen müssen vor der Induktion der Narkose bekannt sein.

Bei Rapid Sequence Induction sind die Anforderungen an die Schnelligkeit und Sicherheit besonders hoch. Hier sind Präzision in der Medikamentenwahl, exakte Dosierung und ein strukturiertes Vorgehen unerlässlich. Die Anwendung von Rocuronium in hoher Dosis, kombiniert m