Die Geschichte des Kaffeeanbaus in Costa Rica ist kein bloßes Kapitel ökonomischer Entwicklung, sondern ein tiefgreifender Beleg für die komplexen Wechselwirkungen zwischen Klassenverhältnissen, nationalen Mythen und politischen Entscheidungen. Während viele lateinamerikanische Länder durch die Monokultur des Kaffees in soziale und ökonomische Abhängigkeiten gerieten, entwickelte sich Costa Rica auf einem bemerkenswert anderen Pfad. Entscheidend war nicht der Rohstoff selbst, sondern die sozialen Verhältnisse, die sich um dessen Produktion herausbildeten.

Bereits in den 1820er Jahren begann die costaricanische Elite mit der gezielten Privatisierung von Land für den Kaffeeanbau. Diese Maßnahme war nicht neutral: Sie verdrängte indigene Bevölkerungsgruppen von ihrem angestammten Boden und zerstörte ihre traditionellen Lebensweisen. Doch im Gegensatz zu anderen Ländern der Region führte dieser Prozess in Costa Rica zur Herausbildung einer breiten Schicht von Kleinbauern. Diese Produzenten besaßen ihr eigenes Land, betrieben arbeitsintensive Landwirtschaft im Familienverbund und bildeten das Rückgrat der nationalen Kaffeewirtschaft.

Diese landbesitzenden Kleinbauern waren arm, aber sie waren keine abhängige Klasse. Ihr Besitz, so gering er war, verlieh ihnen relative Autonomie gegenüber der Elite. Während in Ländern wie El Salvador und Guatemala großflächige Enteignungen und Konzentration des Bodens in den Händen weniger Großgrundbesitzer eine landlose und politisch entrechtete Landbevölkerung erzeugten, blieb in Costa Rica das Land lange Zeit relativ gleichmäßig verteilt. Die costa-ricanische Oberschicht war nicht durch feudale Großgrundbesitzer geprägt, sondern bestand aus einer kommerziellen Elite, die vor allem vom Export und der Weiterverarbeitung des Kaffees profitierte. Diese Elite war nicht durch einen extremen sozialen Abstand von der bäuerlichen Bevölkerung getrennt, was zur Entstehung einer vergleichsweise offenen Gesellschaftsstruktur beitrug.

Bemerkenswert ist, dass diese Struktur nicht etwa auf einer bereits bestehenden Egalität in der vorkolonialen oder frühkolonialen Gesellschaft beruhte. Vielmehr handelte es sich um eine bewusste Folge liberaler Elitenentscheidungen. Costa Rica hatte im Unterschied zu anderen Staaten der Region keine blutigen Unabhängigkeitskriege durchlitten, was es der herrschenden Klasse ermöglichte, ohne konservative Gegenreaktion eine eigene nationale Ordnung zu entwerfen. Die relative politische Stabilität erlaubte es der Elite, ihre Interessen innerhalb des Rahmens des entstehenden Nationalstaats durchzusetzen – ohne auf brutale Repression gegenüber der bäuerlichen Bevölkerung zurückgreifen zu müssen.

Gleichzeitig wirkte ein weiterer Faktor: die bewusste Konstruktion eines nationalen Mythos von ethnischer Homogenität. Die Idee eines weißen, europäisch geprägten costaricanischen Bauernstaates prägte das kollektive Selbstverständnis. Diese Vorstellung diente der Legitimation sowohl der Landverteilung als auch der politischen Ordnung. Der Mythos vom „homogenen Volk“ wirkte nach innen stabilisierend und nach außen abgrenzend. Die Elite konnte sich mit einem Staatsvolk identifizieren, das sie als „ähnlich“ betrachtete – zumindest in der imaginierten ethnischen Dimension. In Wahrheit war diese Homogenität eine Fiktion, gegründet auf der Marginalisierung und fast vollständigen Auslöschung indigener Identitäten.

Im Vergleich zu El Salvador, wo die Umwandlung von Gemeinschaftsland in Privateigentum erst in den 1880er Jahren gesetzlich verankert wurde und zu massiven Landenteignungen führte, handelte Costa Rica vorausschauend und mit einer anderen sozialen Vision. Die dortige Elite sah im Kleinbauerntum keinen Widerspruch zu ihren eigenen Interessen, sondern ein funktionales Element ihrer Exportstrategie. Die politische Integration dieser Kleinbauern, so rudimentär sie auch war, wirkte destabilisierenden Tendenzen entgegen und ermöglichte es, staatliche Strukturen zu festigen.

Die politische Klasse in Costa Rica bestand daher weniger aus feudalen Landbesitzern als aus Geschäftsleuten, die ihre Profite durch Handel und Verarbeitung des Kaffees erzielten. Diese Elite war intern relativ einheitlich, ohne tiefgreifende ideologische Spaltungen. In der Abwesenheit einer tiefen sozialen Polarisierung zwischen einer landlosen Masse und einer herrschenden Großgrundbesitzerklasse, richtete sich das politische Interesse der Elite verstärkt auf die Gestaltung nationaler Institutionen – und nicht auf die gewaltsame Aufrechterhaltung eines brüchigen Status quo. Die Stabilität, die daraus resultierte, bildete später die Grundlage für weitere politische Innovationen – auch im Bereich der Klimapolitik.

Die historische Klassenstruktur in Costa Rica war somit nicht nur ein Ergebnis wirtschaftlicher Interessen, sondern auch Ausdruck bewusster politischer Gestaltung. Die Verbindung aus einem relativ egalitären Bodenbesitz, kommerzieller Elitenbildung ohne feudale Rückbindung, politischer Stabilität und der Konstruktion eines ethnisch-homogenen Nationalmythos schuf ein einzigartiges soziales Gefüge in Lateinamerika. Diese Struktur ermöglichte nicht nur sozialen Frieden im 19. und 20. Jahrhundert, sondern bildet auch eine wichtige Grundlage für die progressiven Umwelt- und Klimapolitiken der Gegenwart.

Wesentlich zu verstehen ist, dass diese Entwicklung nicht zwangsläufig oder natürlich war. Sie beruhte auf spezifischen historischen Konstellationen und Entscheidungen, die sowohl exkludierend als auch inkludierend wirkten. Der Mythos der Homogenität diente der Legitimation von Ungleichheit ebenso wie der politischen Integration. Die vermeintliche Gleichheit unter den Landbesitzern war durch rassistische Ausschlüsse ermöglicht worden, die bis heute in der Gesellschaft nachwirken. Zudem war die vergleichsweise egalitäre Verteilung von Ressourcen immer auch an die ökonomische Funktionalität des Kleinbauerntums im Kontext des Exports gebunden. Sobald sich diese Grundlage verschiebt, geraten auch die darauf aufbauenden politischen Strukturen unter Druck.

Wie konnte ein polarisierender Minister eine Umweltinitiative symbolisieren?

Roberto Dobles, einst Präsident des staatlichen Elektrizitätsinstituts ICE und der staatlichen Erdölraffinerie RECOPE, verkörperte in vielerlei Hinsicht die technokratische Elite Costa Ricas. Als ausgebildeter Ingenieur mit Studienerfahrung in den USA und Westeuropa, hatte Dobles kaum Berührungspunkte mit ökologischen Themen, bevor er zum Minister für Umwelt und Energie (MINAE) ernannt wurde. Sein technisches Profil schien mehr mit Stromnetzen und Rohstoffnutzung vereinbar als mit den komplexen Herausforderungen des Umweltmanagements. Dennoch war er gezwungen, zentrale Entscheidungen im Bereich Umweltpolitik zu treffen, insbesondere im Zusammenhang mit dem umstrittenen Las Crucitas-Goldminenprojekt – einem ökologischen und politischen Skandal, der ihn zur Zielscheibe scharfer Kritik machte.

Für viele Akteure der damaligen Umweltbewegung war Dobles das Symbol einer politisch-ökonomischen Linie, die auf Extraktivismus und Wirtschaftsfreundlichkeit setzte. Félix, ein Biologe, nannte ihn rückblickend „den Teufel“ – eine Bezeichnung, die auch Jahre später von anderen Interviewten wiederholt wurde. Seine Befürwortung von Ölbohrungen und wirtschaftsgetriebener Umweltpolitik stand im scharfen Kontrast zur Vision eines nachhaltigen Costa Rica, wie sie in den 1990er-Jahren unter Präsident Figueres verfolgt worden war. Während dort eine technokratische Umweltelite mit starkem akademischen Rückhalt agierte, stand in der Ära Arias/Dobles der Eindruck im Raum, dass MINAE selbst zum Feindbild der Naturschutzbewegung geworden sei.

Und dennoch: Unter derselben Präsidentschaft, die von dieser wirtschaftsnahen Umweltpolitik geprägt war, wurde 2007 ein international gefeiertes Ziel verkündet – Costa Ricas Vorhaben, als eines der ersten Länder der Welt klimaneutral zu werden. Wie lässt sich dieser Widerspruch erklären?

Die Antwort liegt weniger in den Persönlichkeiten Arias oder Dobles als im Wirken eines exklusiven Beratergremiums: Die Kommission „Paz con la Naturaleza“ (Frieden mit der Natur), bestehend aus 30 Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft, agierte weitgehend autonom und brachte Ideen und Visionen hervor, die das internationale Image Costa Ricas prägten. Anders als beim früheren Präsidenten Figueres, der selbst als ideeller Mittelpunkt seiner Umweltpolitik galt, spielte Präsident Arias eine weit distanziertere Rolle. Er ließ gewähren – und unterstützte, was ihm politisch nützlich erschien.

Diese Beratergruppe repräsentierte eine urbane, gut vernetzte Elite des Landes – hochgebildet, institutionell eingebunden, und fähig, komplexe Narrative wie den „Frieden mit der Natur“ als nationale Vision zu formulieren. Der Initiator dieser Idee war laut Augenzeugen der renommierte Umweltschützer Álvaro Ugalde, der Arias während eines Fluges dazu inspirierte, seinen historischen Friedensnimbus auf die ökologische Frage zu übertragen. Die Kraft dieser Idee bestand weniger in ihrer konkreten Umsetzungsstrategie – es war, wie mehrere Beteiligte später erklärten, primär ein Slogan, ein symbolisches Programm – sondern in ihrer Fähigkeit, die nationale Debatte zu verschieben und internationale Aufmerksamkeit zu mobilisieren.

Die doppelte Realität der Arias/Dobles-Jahre lässt sich somit als politischer Balanceakt lesen: Auf nationaler Ebene wurde eine wachstumsorientierte Umweltpolitik betrieben, die extraktive Interessen nicht scheute. Auf internationaler Ebene hingegen wurde ein Bild der ö

Wie die Goldminen in Las Crucitas Costa Rica's Umwelt und Gesellschaft beeinflussten

Die Geschichte von Las Crucitas, einer der umstrittensten Goldminenprojekte in Costa Rica, ist ein eindrucksvolles Beispiel für die Herausforderungen, die mit der Ausbeutung natürlicher Ressourcen in hochsensiblen Ökosystemen verbunden sind. Die Entscheidung, das Verbot für die Goldminen aufzuheben, wurde als ein Schritt zugunsten des "nationalen und öffentlichen Interesses" gerechtfertigt (Holland 2020, 293). Dies führte zur Aktivierung des kanadischen Bergbauunternehmens Infinito Gold, das das Gebiet kontrollierte und schätzte, dass es mehr als eine Million Unzen Gold in Las Crucitas gab (Holland 2020, 293). Doch der Preis für diese Entwicklung war hoch: das ökologische Gleichgewicht eines äußerst vielfältigen und empfindlichen Ökosystems, das vom Lebensraum des gefährdeten Großen Grünen Ara bis hin zu zahlreichen bedrohten Baumarten geprägt war, war in Gefahr.

Las Crucitas liegt in einem Gebiet, das durch eine außergewöhnlich hohe Biodiversität gekennzeichnet ist. Laut dem Environmental Justice Atlas (2022) gibt es hier mehr als 130 Baumarten pro Hektar. Der Beginn der Goldgewinnung in dieser Region hätte weitreichende ökologische und soziale Kosten zur Folge gehabt. Besonders problematisch ist der hohe Gehalt an Schwefel in den Gesteinen, die beim offenen Abbau freigelegt werden. In tropischen Gebieten wie Costa Rica, wo starke Regenfälle häufig sind, kann der Schwefel in den Gesteinen mit Wasser in Kontakt kommen, was zur Bildung von Schwefelsäure führt, die in nahegelegene Gewässer gelangt und diese kontaminiert. Zudem gelangten giftige Chemikalien, die für den Goldabbau verwendet wurden, in den Boden und das Wasser, was sowohl die menschliche als auch die nichtmenschliche Umwelt gefährdete (EarthJustice 2002).

Die Entscheidung, den Bergbau in Las Crucitas zu erlauben, stieß auf massiven Widerstand in der Bevölkerung Costa Ricas. Schätzungen zufolge waren etwa 80 bis 90 Prozent der Costa Ricaner gegen das Goldabbauprojekt (Broad und Cavanagh 2015; Holland 2020). Der Widerstand wurde durch die klare Erkenntnis gestärkt, dass die kurzfristigen wirtschaftlichen Vorteile nicht den langfristigen Schaden für Natur und Gesellschaft aufwiegen konnten. Dieser Widerstand führte 2008 dazu, dass Aktivisten eine gerichtliche Anordnung gegen den Beginn des Abbaus erwirken konnten, doch das eigentliche Ziel, den Bergbau in Las Crucitas dauerhaft zu stoppen, konnte erst 2010 durch ein Gesetz erreicht werden, das neue Projekte für den offenen Metalabbau untersagte (Broad und Cavanagh 2015).

Trotz der rechtlichen Rückschläge für Infinito Gold suchte das Unternehmen nach Wegen, Entschädigungen für die verlorenen Gewinne zu erhalten und klagte schließlich vor dem Internationalen Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID). 2021 entschied das ICSID zugunsten von Costa Rica und stellte fest, dass das Land nicht verpflichtet sei, dem Unternehmen eine Entschädigung in Höhe von fast einer halben Milliarde Dollar zu zahlen (Murillo 2021). Diese rechtlichen Auseinandersetzungen werfen jedoch einen weiteren Schatten auf den gesamten Fall, der in Costa Rica zu einer breiten Diskussion über Korruption und den Missbrauch politischer Macht führte. Präsident Arias und Minister Dobles standen im Mittelpunkt dieser Kontroversen. Arias wurde vorgeworfen, Bestechungsgelder im Zusammenhang mit der Genehmigung des Projekts erhalten zu haben, was im späteren Verlauf zu einer rechtlichen Untersuchung und seiner Entlassung aus der Politik führte (Holland 2020).

Neben den rechtlichen und politischen Aspekten ist es auch wichtig, den Umweltaspekt dieser Auseinandersetzung zu verstehen. Costa Rica ist ein kleines, aber sehr empfindliches Land, dessen Ökosysteme tief miteinander verflochten sind. Das Ausmaß des Schadens, den der Bergbau in Las Crucitas hätte anrichten können, war nicht nur auf die unmittelbare Zerstörung von Flora und Fauna begrenzt. Wie Humberto, ein lokaler Aktivist, erklärte, ist der Abbau von Rohstoffen in Costa Rica nicht mit dem Bergbau in Ländern wie Chile vergleichbar. In Chile erfolgt der Bergbau größtenteils in Wüstengebieten, weit entfernt von dicht besiedelten Regionen und sensiblen Ökosystemen. In Costa Rica jedoch sind die natürlichen Ressourcen nicht nur von nationaler Bedeutung, sondern auch von globaler Relevanz, da das Land ein weltweit bekanntes Modell für den Schutz der Biodiversität darstellt.

Die Entscheidung, das "nationale Interesse" auf die Seite des Bergbaus zu stellen, ist somit ein markantes Beispiel für die Komplexität des Umgangs mit natürlichen Ressourcen in einem Land, das sich in der ersten Reihe der globalen Umweltbewegung befindet. Der Konflikt um Las Crucitas zeigt, dass der Zugang zu natürlichen Ressourcen nicht nur eine Frage der wirtschaftlichen Gewinnmaximierung ist, sondern auch tiefgreifende soziale, politische und ethische Fragen aufwirft. Für die Menschen in Costa Rica, die ihre Regierung aufforderten, die Umwelt zu schützen, war es ein klarer Fall: Das langfristige Wohl der Nation sollte über kurzfristige wirtschaftliche Gewinne gestellt werden.

In dieser Debatte spiegelt sich auch eine breitere globale Herausforderung wider: den Ausgleich zwischen den Bedürfnissen der Wirtschaft und den Anforderungen an den Umweltschutz zu finden. Ein solches Gleichgewicht zu schaffen, ist entscheidend, um nachhaltige Entwicklung zu fördern und die Zerstörung wertvoller Ökosysteme zu verhindern. Der Fall von Las Crucitas steht somit auch stellvertretend für die zahlreichen Konflikte, die weltweit zwischen Umweltschützern und den Interessen großer Wirtschaftsunternehmen ausgetragen werden.

Wie Costa Rica zur nachhaltigen Entwicklung und Kohlenstoffneutralität gelangte

Costa Rica hat sich über Jahrzehnte hinweg als Vorreiter in der globalen Umweltpolitik etabliert, sowohl durch innovative Programme zur Förderung der Nachhaltigkeit als auch durch konkrete politische Maßnahmen, die die Umweltbewahrung in den Mittelpunkt stellen. Das Land hat sich nicht nur als ein führendes Beispiel für Natur- und Klimaschutz hervorgetan, sondern auch als ein Modell für politische und gesellschaftliche Transformationen im globalen Kontext.

Im Jahr 2007 erklärte Costa Rica seinen ambitionierten Plan, bis 2021 kohlenstoffneutral zu werden, was international als wegweisender Schritt angesehen wurde. Diese Verpflichtung beruhte auf einer Vielzahl von Faktoren, die sowohl in der politischen als auch in der wirtschaftlichen Landschaft des Landes verankert sind. Ein Schlüsselelement dieser Strategie war das 1997 ins Leben gerufene Programm zur Zahlung für Umweltleistungen (PES), das Landwirten und Landbesitzern finanzielle Anreize bietet, um ihre Flächen der Aufforstung und dem Schutz von Ökosystemen zu widmen. Costa Rica hat es verstanden, Ökologie und Ökonomie zu verknüpfen, indem es den Waldschutz nicht nur als Pflicht, sondern als eine wirtschaftlich wertvolle Praxis erkannte.

Das Land gehört heute zu den wenigen Staaten, die in einem ernsthaften Versuch, ihren CO₂-Ausstoß zu verringern, eine vollständige Dekarbonisierung ihrer Wirtschaft anstreben. Hierzu gehören unter anderem Maßnahmen zur Förderung erneuerbarer Energien und zur Verbesserung der Effizienz in den Bereichen Transport, Landwirtschaft und Industrie. Etwa 98% der Stromerzeugung des Landes stammen bereits aus erneuerbaren Quellen wie Wasserkraft, Wind und Geothermie. Costa Rica zeigt, dass es möglich ist, in einer Entwicklungsregion das Wachstum mit Umweltbewusstsein zu kombinieren und dabei international als Beispiel zu dienen.

Doch trotz dieser Erfolge gibt es in Costa Rica auch zahlreiche Herausforderungen. Die Umsetzung der Klimaschutzpolitik erfordert nicht nur technologische Innovationen und finanzielle Mittel, sondern auch tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen. Ein Beispiel dafür ist der anhaltende Konflikt zwischen der Notwendigkeit, das Land für wirtschaftliche Zwecke wie den Abbau von Rohstoffen und die Schaffung von Arbeitsplätzen zu nutzen, und der Notwendigkeit, die Umwelt zu schützen. Der Widerstand gegen den Abbau von Gold durch Open-Pit-Mining in der Region Crucitas, wie er in den letzten Jahren von Aktivisten und Umweltschützern immer wieder angeführt wurde, verdeutlicht diesen Konflikt. Hier zeigt sich, dass die politische Nachhaltigkeit in Costa Rica nicht nur eine Frage der Politik, sondern auch eine Frage der sozialen und ökologischen Gerechtigkeit ist.

Ein weiteres zentrales Element der Costa- Rica-Politik ist der Fokus auf Biodiversität. Costa Rica ist eines der artenreichsten Länder der Welt und beherbergt eine Vielzahl von Ökosystemen, die für das globale Klima von entscheidender Bedeutung sind. Der Schutz dieser Ökosysteme ist nicht nur aus Umweltgesichtspunkten wichtig, sondern auch aus ökonomischer Sicht. Das Land hat es geschafft, einen Tourismussektor zu entwickeln, der auf dem einzigartigen Naturerbe aufbaut und als eine der wichtigsten Einnahmequellen des Landes gilt.

Trotz dieser Erfolge ist der Weg Costa Ricas zu einer nachhaltigeren Zukunft keineswegs abgeschlossen. Die anhaltende soziale Ungleichheit, der Klimawandel, die globalen wirtschaftlichen Bedingungen und die innenpolitischen Spannungen sind Herausforderungen, die nicht nur von der Regierung, sondern auch von der Gesellschaft als Ganzes angegangen werden müssen. In diesem Zusammenhang ist es entscheidend, die Vernetzung der sozialen, politischen und ökologischen Dimensionen in den Mittelpunkt zu rücken.

Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Bevölkerung eine aktive Rolle bei der Förderung von Klima- und Umweltschutz übernimmt, indem sie sich an Entscheidungen beteiligt, die sowohl die wirtschaftliche als auch die ökologische Zukunft des Landes betreffen. Die Rolle der Zivilgesellschaft und nichtstaatlicher Akteure bei der Unterstützung von Klimaschutzmaßnahmen ist von großer Bedeutung. Costa Rica hat auch international wichtige Rollen übernommen, indem es die Bedeutung des Klimawandels auf globaler Ebene betont und sich mit anderen Ländern in internationalen Abkommen wie dem Pariser Klimaabkommen verpflichtet hat.

Der Weg von Costa Rica zur Kohlenstoffneutralität und nachhaltigen Entwicklung zeigt, dass es möglich ist, eine Gesellschaft sowohl ökologisch als auch ökonomisch erfolgreich zu transformieren, wenn der Wille zur Veränderung in allen Bereichen der Gesellschaft verankert ist. Doch dieser Weg bleibt mit vielen Herausforderungen behaftet, die nicht nur in politischen Entscheidungen, sondern auch in der Kultur und den Werten einer Gesellschaft verankert sind. Die Kohlenstoffneutralität Costa Ricas kann als ein beispielhafter Versuch verstanden werden, wie ein Land sowohl der Natur als auch seinen Bürgern gerecht werden kann.