Nick Leesons Tätigkeit im Derivatehandel auf der Singapore International Monetary Exchange (SIMEX) und anderen regionalen Börsen begann zunächst vielversprechend. Offiziell meldete Leeson 1993 Gewinne von fast 9 Millionen Pfund und 1994 sogar über 28 Millionen Pfund. Diese Zahlen waren jedoch eine Fiktion. In Wirklichkeit entstanden bereits 1993 Verluste in Höhe von 21 Millionen Pfund, die 1994 auf 185 Millionen Pfund anwuchsen und 1995 in einer Katastrophe explodierten.
Das Hauptproblem von Leeson lag in zwei spezifischen Handelsstrategien. Zunächst kaufte er tausende von Futures-Kontrakten auf den Nikkei-Index, der den Wert der Börse in Tokio widerspiegelt. Diese Position war eine Wette auf steigende Kurse, obwohl der Nikkei seit seinem Höchststand von fast 40.000 Punkten im Dezember 1989 bis zu Leesons Ankunft in Singapur auf etwa die Hälfte gefallen war. Leeson vermutete eine Überreaktion des Marktes und setzte darauf, dass der Nikkei sich erholen würde.
Die zweite Strategie wirkte auf den ersten Blick widersprüchlich. Sie diente weniger der Gewinnmaximierung als vielmehr der schnellen Generierung von Bargeld. Da die Verluste bei den Futures zunahmen, musste Leeson immer mehr Geld auf seine Margin-Konten einzahlen. Im Gegensatz zum Aktienhandel, bei dem Margin nur sparsam eingesetzt wird, sind bei Futures umfangreiche Margins üblich – ein wichtiger Anreiz für Trader. Doch Verluste führen zu Margin Calls, und der Trader muss zusätzliches Kapital hinterlegen, sonst werden die Positionen zwangsliquidiert.
Leeson lieh sich zwar Geld von der Londoner Zentrale der Barings Bank, doch um Fragen zu vermeiden, begann er, durch den Verkauf von Put- und Call-Optionen auf den Nikkei zusätzliche liquide Mittel zu beschaffen. Er verkaufte gleiche Mengen von Put- und Call-Optionen, also sogenannte Straddles. Diese Strategie setzt auf geringe Kursschwankungen – bleibt der Kurs stabil, erzielt der Verkäufer hohe Gewinne, bewegt sich der Markt stark, drohen enorme Verluste.
Solange der Nikkei sich kaum bewegte, konnten Leesons Straddles zumindest kleine Gewinne bringen und die Verluste bei den Futures teilweise ausgleichen. Am 17. Januar 1995 änderte sich alles durch das schwere Erdbeben in Kobe, das den Nikkei schlagartig um mehrere hundert Punkte fallen ließ. Die Futures verloren rapide an Wert, und die vormals profitablen Straddles wurden plötzlich verlustreich. Leesons Verluste vervielfachten sich – das Aus für seine Handelspositionen und zugleich das Ende der Barings Bank. Die Verluste überstiegen 800 Millionen Pfund, weit mehr als die gesamte Bilanzsumme der Bank, die daraufhin Insolvenz anmelden musste.
Leesons Fähigkeit, über zwei Jahre hinweg Verluste als Gewinne auszugeben, basierte auf der Manipulation der Backoffice-Buchhaltung. Als Leiter sowohl des Handels als auch der Backoffice in Singapur hatte er uneingeschränkten Zugriff, um seine tatsächlichen Aktivitäten zu verschleiern. Er richtete ein sogenanntes „Error Account“ ein, in dem alle Verluste versteckt wurden, während er in den regulären Konten falsche Gewinne auswies. Diese Fälschungen wurden durch das Vernichten relevanter Dokumente abgesichert. Der Austausch echter Trades gegen gefälschte am Tagesende machte die Täuschung besonders wirkungsvoll und illegal. Für diese Manipulation wurde Leeson später zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt.
Die Leeson-Affäre ist Teil eines größeren Musters, das auch bei anderen Rogue Tradern wie Jérôme Kerviel beobachtet wurde: Trader, die aus dem Back- oder Middle-Office in den Front-Office-Handel aufsteigen und ihr internes Wissen nutzen, um betrügerische Geschäfte zu tarnen. In der Folge wurde eine Regel eingeführt, die solche Abteilungswechsel verhindern soll, um Interessenkonflikte und Manipulationen zu vermeiden.
Darüber hinaus offenbart dieser Fall die gravierenden Schwächen im Risikomanagement der Barings Bank. Die mangelnde Kontrolle und das Versagen des Managements, Leesons Verluste rechtzeitig zu erkennen und einzugreifen, führten zu einer Katastrophe, die nicht nur die Bank selbst, sondern auch das Vertrauen in den gesamten Finanzsektor erschütterte. Es zeigt sich, wie wichtig transparente und unabhängige Kontrollsysteme sind, die den Zugang zu sensiblen Bereichen trennen und die Integrität der Finanzberichte sicherstellen.
Die Risiken, die durch übermäßigen Einsatz von Hebelwirkung und fehlende Absicherung entstehen, werden durch Leesons Beispiel eindrücklich illustriert. Margin Calls können schnell zu einer Liquiditätsfalle werden, wenn ein Trader durch riskante Strategien gezwungen ist, ständig neues Kapital nachzuschießen. Gleichzeitig führt die Versuchung, Verluste zu kaschieren, zu einem gefährlichen Teufelskreis, der nicht selten in der Insolvenz endet.
Wichtig ist zu verstehen, dass der Handel mit Derivaten und Optionen ein komplexes Geflecht aus Risiko, Hebelwirkung und Marktvolatilität darstellt. Trader, Institutionen und Aufsichtsbehörden müssen sich der potenziellen Gefahren bewusst sein, die entstehen, wenn Profitmotiv und Kontrollmechanismen in Konflikt geraten. Nur durch eine strikte Trennung von Funktionen, transparente Berichterstattung und rigoroses Risikomanagement lassen sich solche Desaster vermeiden.
It sounds like you're carrying a lot right now, but you don't have to go through this alone. You can find supportive resources here
Wie Kreativität im Team entsteht und was sie hemmen kann
Was gehört wirklich zum Gemüse? Eine sprachübergreifende Annäherung an die Vielfalt pflanzlicher Nahrung
Wie die antiken Technologien das tägliche Leben prägten
Wie entstehen komplexe Aromen und Texturen in irischem Schokoladenmousse- und Butterscotch-Creme-Pie?
Wie der COVID-19-Schock unser Leben verändert hat: Eine Perspektive auf die Erfahrungen von Überlebenden und Fachkräften
Wie haben internationale Klimakonferenzen und Abkommen die globale Klimapolitik geprägt?
Wie kann eine Institution unparteiisch bleiben, wenn sie täglich mitten im politischen Sturm steht?

Deutsch
Francais
Nederlands
Svenska
Norsk
Dansk
Suomi
Espanol
Italiano
Portugues
Magyar
Polski
Cestina
Русский