McCall’s Analyse der "Variation in Überzeugungen von Amerikanern" im Zeitraum von 1987 bis 2012 zeigt mehrere bedeutende Erkenntnisse über die Wahrnehmung von Ungleichheit und die damit verbundenen Sorgen der Bevölkerung. Ein zentrales Ergebnis ist, dass die Amerikaner über Jahrzehnten hinweg eine geringere Ungleichheit wünschten, insbesondere zu Zeiten eines "ungerechten Wachstums", wenn die Reichen prosperierten, während die Chancen auf gute Arbeitsplätze, faire Bezahlung und qualitativ hochwertige Bildung für den Großteil der Bevölkerung stark eingeschränkt waren. In diesen Perioden nahmen die Bedenken hinsichtlich der Ungleichheit zu, nicht nur, weil Ungleichheit als solche wahrgenommen wurde, sondern weil sie als hinderlich für die wirtschaftlichen Chancen des Großteils der Bevölkerung angesehen wurde.
Die Sorge über Ungleichheit stieg zu bestimmten Zeitpunkten besonders an, etwa in den 1990er Jahren, als die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich besonders auffällig wurde. Diese Besorgnis nahm in den 2000er Jahren wieder ab, stieg jedoch 2012 erneut an, vor allem als die negativen Folgen der Ungleichheit auf die wirtschaftlichen Chancen für alle Menschen wahrgenommen wurden. McCall stellt fest, dass die Amerikaner ihre Besorgnis nicht nur in Bezug auf das absolute Niveau der Ungleichheit äußerten, sondern vor allem hinsichtlich der praktischen Auswirkungen, die diese auf ihre Chancen im Arbeitsmarkt hatte. Ein wachsendes Ungleichgewicht, das zu einer Verknappung von Arbeitsplätzen, fairer Bezahlung und Zugang zu hochwertiger Bildung führte, wurde als besonders problematisch wahrgenommen.
Interessanterweise widersprechen diese Beobachtungen der Annahme, dass Amerikaner keine Bedenken bezüglich der Ungleichheit haben, weil sie an den "American Dream" glauben – die Vorstellung, dass jeder durch harte Arbeit aufsteigen kann. McCall widerspricht dieser Annahme und argumentiert, dass die Amerikaner sehr wohl die Bedeutung von Chancengleichheit erkennen, aber diese in einem viel umfassenderen Kontext verstehen. Sie verbinden Chancen nicht nur mit dem persönlichen Einsatz, sondern auch mit der Verfügbarkeit von Arbeitsplätzen, der Sicherstellung einer gerechten Bezahlung und der Gleichbehandlung aller, unabhängig von ihrer sozialen Herkunft. Diese breitere Auffassung von "Chancen" führt dazu, dass viele Amerikaner Einkommensungleichheit als Einschränkung dieser Chancen verstehen. Besonders deutlich wird dies, wenn das Wirtschaftswachstum nicht allen zugutekommt und die wirtschaftlichen Schwierigkeiten bestimmte Bevölkerungsgruppen härter treffen als andere.
Die amerikanische Haltung zur Ungleichheit ist also in hohem Maße auf die Verfügbarkeit von Arbeitsplätzen und gerechter Bezahlung fokussiert. Diese Sorge um den Arbeitsmarkt erklärt, warum Amerikaner weniger Unterstützer von Umverteilungsmaßnahmen und Sozialpolitik sind als viele andere Nationen, die ähnliche Ungleichheitsprobleme haben. McCall zeigt, dass es für viele Amerikaner weniger um progressive Steuern oder staatliche Wohlfahrtsprogramme geht, sondern mehr um die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Gewährleistung von fairer Bezahlung.
Trotz dieser besorgniserregenden Tendenzen in der amerikanischen Gesellschaft über die Verteilung von Chancen, wird auch klar, dass Ungleichheit und Chancen nicht immer auf eine objektive und messbare Weise wahrgenommen werden. Stattdessen spielen subjektive Wahrnehmungen, wie die soziale Stellung, die jemand für sich selbst als verdient empfindet, und das Gefühl der sozialen Zugehörigkeit eine wesentliche Rolle. Diese Wahrnehmungen beeinflussen, wie Menschen Ungleichheit wahrnehmen und bewerten.
Ein gutes Beispiel für diese komplexe Wahrnehmung von Ungleichheit zeigt sich in den Wahlergebnissen der Präsidentschaftswahl 2016. Trotz der weit verbreiteten Ansicht, dass Donald Trumps Sieg eine Reaktion auf neoliberale Politik und steigende Ungleichheit war, zeigen die Wahlergebnisse ein differenziertes Bild. Trump gewann nicht nur die Mehrheit der weißen, nicht hochgebildeten Wähler, sondern auch diejenigen, die ein höheres Einkommen erzielten. Es wurde klar, dass nicht nur wirtschaftliche Unsicherheit, sondern auch rassische Ängste eine entscheidende Rolle bei der Wahlentscheidung spielten. Viele Wähler, die sich in ihrem sozialen Status bedroht fühlten, gaben Trump ihre Stimme, da sie das Gefühl hatten, dass andere Gruppen, insbesondere Schwarze und Hispanics, "vorgedrängt" worden seien.
In Bezug auf die Ungleichheit in den USA argumentieren McCall und Davidoff, dass es keine klare, direkt zugängliche politische Sprache gibt, die die "Klassen" oder die sozialen Bedürfnisse der Menschen aufgreift. Stattdessen sei die amerikanische Politik stärker um Fragen der Rasse organisiert, was das Problem der sozialen Ungleichheit zusätzlich verschärft. Diese Komplexität der Ungleichheit – und wie diese wahrgenommen wird – macht es schwer, einfache Lösungen oder eine eindeutige politische Reaktion zu finden.
Die Art und Weise, wie Ungleichheit wahrgenommen und adressiert wird, ist daher von grundlegender Bedeutung. Diese Wahrnehmungen sind nicht nur von ökonomischen Faktoren beeinflusst, sondern auch von der sozialen Identität, die Menschen in einer Gesellschaft einnehmen. Wer fühlt sich als Teil der sozialen Elite? Wer als Außenseiter? Wie sehr glauben Menschen, dass sie aufgrund ihrer eigenen Anstrengungen oder durch systematische Ungerechtigkeiten erfolgreich oder gescheitert sind? Diese Fragen müssen bei der Auseinandersetzung mit der Wahrnehmung von Ungleichheit und der Gestaltung von sozialen und wirtschaftlichen Politiken berücksichtigt werden.
Wie öffentliche Unterstützung für die Wohlfahrt von der Wahrnehmung von Armut und Ungleichheit abhängt
In Großbritannien zeigt sich eine komplexe Haltung gegenüber der Frage, wie die Gesellschaft mit Armut und sozialer Ungleichheit umgehen soll. Viele Menschen unterstützen die Idee, dass die Regierung Verantwortung für die Verringerung von Einkommensunterschieden zwischen Wohlhabenden und weniger Wohlhabenden tragen sollte. Jedoch gibt es klare Unterschiede in der Zustimmung zu politischen Maßnahmen, die mit der Wohlfahrt verbunden sind. Laut einer Umfrage waren 57 % der Meinung, dass die Regierung die Einkommensunterschiede verringern sollte, jedoch stimmten nur 27 % der Aussage zu, dass die Regierung mehr für Sozialleistungen für Arme ausgeben sollte, auch wenn dies höhere Steuern zur Folge hätte (Rowlingson, Orton und Taylor, 2010). Dies deutet darauf hin, dass der Wunsch nach sozialer Gerechtigkeit nicht immer mit der Bereitschaft einhergeht, konkret zu investieren, um diese zu erreichen.
Ein entscheidender Faktor für diese Haltung ist der Glaube, dass nicht alle Ungleichheiten zwangsläufig ungerecht sind. Viele Menschen unterstützen hohe Einkommen, wenn sie der Meinung sind, dass diese durch Leistung oder soziale Beiträge verdient sind. Diese Einstellung zeigt sich in der breiten Unterstützung für progressive Steuer- und Sozialsysteme, jedoch verbunden mit der Vorstellung, dass Ungleichheit vor allem durch gerechte Belohnungen für Anstrengungen und Beiträge ausgeglichen werden sollte. Der abstrakte Ruf nach mehr Gleichheit hat weniger Unterstützung als konkrete Vorschläge, die den Fokus auf die Anerkennung individueller Leistungen legen (Bamfield und Horton, 2009).
Trotz dieser ablehnenden Haltung gegenüber bestimmten Formen der Umverteilung gab es 2017 einen bemerkenswerten Wandel in den öffentlichen Einstellungen. Nach sieben Jahren drastischer Kürzungen im öffentlichen Sektor zeigte sich eine wachsende Unterstützung für höhere Steuern und eine stärkere Finanzierung öffentlicher Dienstleistungen. 60 % der Befragten sprachen sich dafür aus, die Steuern zu erhöhen und mehr auszugeben, was die höchste Unterstützung in 15 Jahren darstellte (Kelley, Warhurst und Wishart, 2018). Besonders auffällig war auch die Unterstützung für die Verbesserung der Lebensstandards: 71 % sprachen sich für eine Erhöhung des Mindestlohns aus, und 77 % der Befragten waren der Meinung, dass Arbeitgeber Löhne zahlen sollten, die die grundlegenden Lebenshaltungskosten decken (Ibid.).
Die öffentliche Wahrnehmung von Armut und sozialer Ungleichheit war über die Jahre hinweg starken Schwankungen unterworfen, die nicht nur durch politische Diskurse, sondern auch durch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen geprägt waren. Vor der Finanzkrise 2008 herrschte in Großbritannien eine allgemein positive Einstellung zur Möglichkeit, durch eigene Anstrengungen aus Armut herauszukommen. In Zeiten von Arbeitslosigkeit und wirtschaftlicher Unsicherheit begann jedoch ein Umdenken, wobei mehr Menschen die Ursachen für Armut in einer komplexeren Weise betrachteten (Hall, Leary und Greevy, 2014). Es wurde zunehmend erkannt, dass Armut nicht immer das Ergebnis falscher Entscheidungen ist, sondern auch durch systemische Faktoren wie Arbeitslosigkeit oder unzureichende Löhne verstärkt wird.
Zudem ist es bemerkenswert, dass die Briten eine starke Bindung an kollektive Wohlfahrtsdienste wie das nationale Gesundheitssystem und die staatliche Bildung und Rentenversicherung zeigen. Diese Institutionen genießen nach wie vor breite Unterstützung, auch wenn die allgemeine Unterstützung für Umverteilung im engeren Sinne vergleichsweise gering bleibt. Besonders bemerkenswert ist, dass während in den Medien und der Politik zunehmend negative Stereotype über Sozialhilfeempfänger verbreitet wurden, dies nicht zwangsläufig zu einer starken Ablehnung von Wohlfahrtsprinzipien geführt hat (Baumberg Geiger und Meuleman, 2016). Die Unterstützung für soziale Leistungen zeigt sich oft in Form von spezifischen politischen Maßnahmen, die als fair und gerecht wahrgenommen werden, wie etwa der Ausbau von Bildungs- und Arbeitsmarktchancen oder die Unterstützung für einen existenzsichernden Mindestlohn.
Wichtige Aspekte, die zu berücksichtigen sind, umfassen die Tatsache, dass öffentliche Einstellungen zu sozialer Gerechtigkeit und Umverteilung stark von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen abhängen. In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit und hoher Arbeitslosigkeit wird die gesellschaftliche Akzeptanz von Sozialleistungen und Umverteilungsmaßnahmen eher gestärkt, während in Zeiten von Wohlstand und niedriger Arbeitslosigkeit die Bereitschaft zur Umverteilung tendenziell sinkt. Ebenso wichtig ist das Bewusstsein, dass die öffentliche Meinung zu Themen wie Armut und Sozialhilfe nicht nur auf direkten ökonomischen Faktoren basiert, sondern auch durch kulturelle Narrative und politische Diskurse beeinflusst wird. Insofern ist es notwendig, soziale Gerechtigkeit nicht nur als eine Frage der Verteilung von Ressourcen zu sehen, sondern auch als ein kulturelles und politisches Konzept, das tief in der Gesellschaft verwurzelt ist.
Wie wird soziale Ungleichheit im Körper verankert und zum Teil des Selbst?
Koloniale Herrschaft ist nicht allein ein äußerer Machtmechanismus. Sie ist ein tiefgreifender psychischer Prozess, der in das Selbstbild der Kolonisierten eingreift. Frantz Fanon beschreibt, wie koloniale Subjekte sich selbst durch den Blick des kolonialen Anderen erfahren – einen Blick, der sie als minderwertig konstruiert. Diese Erfahrung ist nicht abstrakt, sondern körperlich gespürt: ein „epidermales“ Bewusstsein der eigenen Unterlegenheit. Der schwarze Körper wird zum Träger der rassistischen Zuschreibungen, in denen Menschlichkeit an „Weißsein“ gekoppelt ist. Das Resultat ist eine tief verwurzelte Verinnerlichung von Angst, Unterwerfung, Scham und Selbstverachtung – eine internalisierte Hierarchie, die nicht nur zwischen Weißen und Schwarzen verläuft, sondern auch unter Schwarzen selbst zur Entstehung von Negrophobie und Assimilationstendenzen führt. Der Wunsch, sich dem weißen Ideal anzupassen, ist eine Abwehrstrategie, die zugleich die koloniale Struktur stabilisiert.
Diese Mechanismen der Internalisierung lassen sich auch jenseits des Kolonialismus beobachten. Sie prägen das Selbstverständnis aller beherrschten Gruppen. Sie entwickeln eine „realistische“ Vorstellung davon, was ihnen zusteht, was möglich ist – und was nicht. In dieser vermeintlichen Realitätssicht liegt der Kern symbolischer Gewalt. Nicht die offene Gewalt wirkt hier, sondern eine stillschweigende Zustimmung zur eigenen Position. Die dominierte Klasse entwickelt, wie Bourdieu sagt, einen „Geschmack der Notwendigkeit“, der sie dazu bringt, nur das zu begehren, was ohnehin erreichbar scheint. Wünsche, die über diese Grenzen hinausgehen, erscheinen nicht nur unrealistisch, sondern unangebracht.
Dies bedeutet nicht einfach, dass die Ungleichheit übersehen wird – sie wird erkannt, aber in ihrer Anerkennung wird sie zugleich reproduziert. Menschen ordnen ihr Verhalten der gesellschaftlichen Ordnung unter, weil sie sich auf sie einstellen müssen, und gerade diese Anpassung erhält die Ordnung. Besonders prekär wird dies, wenn Menschen nicht nur glauben, nichts anderes erreichen zu können, sondern überzeugt sind, nichts anderes zu verdienen. In dieser Form der Anerkennung liegt der eigentliche Mechanismus symbolischer Gewalt: Die dominierte Person sagt nicht nur „Ich kann nicht“, sondern auch „Ich soll nicht“, „Ich darf nicht“, „Es steht mir nicht zu“.
Diese Zustimmung geschieht nicht zwangsläufig bewusst. Bourdieu beschreibt, wie der Habitus – das verkörperte Schema sozialer Erfahrung – eine „praktische Antizipation objektiver Grenzen“ hervorbringt. Wer wiederholt an sozialen Schranken scheitert, beginnt, sich vor ihnen selbst zu stoppen. Die Schranke wird zur inneren Zensur. Dieses Sich-Selbst-Ausschließen aus bestimmten Räumen, Praktiken oder Begehrensformen ist ein Produkt von Erfahrungen struktureller Ausgrenzung – die Gesellschaft ist im Körper eingeschrieben. Die symbolische Gewalt wird dadurch wirksam, dass sie nicht als Gewalt erscheint.
Besonders deutlich zeigt sich dies in geschlechterbezogenen Machtverhältnissen. Auch hier ist das Schema symbolischer Gewalt wirksam – subtil, unsichtbar, aber durchdringend. Bourdieu spricht davon, dass männliche Dominanz durch Sprache, Körperhaltung, Wahrnehmungsmuster wirkt – durch alles, was unterhalb der Bewusstseinsschwelle bleibt. Auch feministische Theoretikerinnen wie Susan Bordo betonen, wie weibliche Subjektivität durch kulturelle Ideale von „Weiblichkeit“ geformt wird. Die Disziplinierung geschieht nicht nur durch äußeren Zwang, sondern durch Selbstüberwachung, Selbstkorrektur, durch eine stille Übereinstimmung mit gesellschaftlichen Erwartungen.
Frauen lernen, ihre eigenen Wünsche zugunsten männlicher Bedürfnisse zurückzustellen, ihren Körper zu sexualisieren und zu objektivieren, ihn marktförmig zu optimieren – und dies nicht unbedingt unter Zwang, sondern oft im Glauben, es sei ihr freier Wille. Genau darin liegt die Effizienz symbolischer Gewalt: Sie formt den Willen, sie produziert Zustimmung, wo Widerstand notwendig wäre.
In dieser Dynamik entsteht keine simple ideologische Täuschung. Es ist eine tiefgreifende psychische und leibliche Transformation, bei der der gesellschaftliche Ausschluss nicht nur anerkannt, sondern als selbstverständlich erlebt wird. Der Erfolg der Herrschaft besteht darin, dass sie sich in die Subjektivität einschreibt – bis hin zu dem Punkt, an dem man nicht mehr erkennt, dass man dominiert wird, weil man sich selbst als Ursache des eigenen Scheiterns betrachtet.
Was zusätzlich verstanden werden muss: Diese Prozesse der Internalisierung sind keine individuelle Schwäche, kein Mangel an Bewusstsein oder Widerstandskraft. Sie sind Ausdruck struktureller Gewaltverhältnisse, die nicht nur ökonomisch oder politisch, sondern tief anthropologisch wirken. Sie operieren über Gewohnheiten, Affekte, Wahrnehmungsschemata. Die Herausforderung besteht nicht nur darin, gesellschaftliche Ungleichheit zu erkennen, sondern auch, die Art und Weise zu durchschauen, wie sie zur subjektiven Realität gemacht wird – und wie dadurch selbst emanzipatorische Impulse untergraben werden können. Erst durch diese Analyse wird deutlich, wie tief verankert die Reproduktion sozialer Herrschaft in den alltäglichen Erfahrungen der Subjekte ist – und wie schwierig es ist, sich ihr zu entziehen, ohne die Struktur des Begehrens selbst infrage zu stellen.
Wie soziale Bewegungen durch die Dynamik von Identität und Macht beeinflusst werden
Soziale Bewegungen und politische Strukturen sind in ihrer Existenz und Wirkung tief in den sozialen Mechanismen von Identität und Macht verwurzelt. Es gibt keine stabile, universelle Erklärung für das Auftreten und die Ausprägung sozialer Bewegungen, aber das Zusammenspiel von sozialer Ungleichheit, kollektiven Identitäten und dem Streben nach sozialer Gerechtigkeit bildet einen zentralen Punkt der Analyse. Hierbei spielen sowohl individuelle als auch gesellschaftliche Wahrnehmungen von Ungerechtigkeit und Normen eine bedeutende Rolle, da sie die Motivation und die Handlungsfähigkeit von Individuen innerhalb einer Bewegung beeinflussen.
In der heutigen Gesellschaft ist das Management von Selbstbildern und die Auseinandersetzung mit kollektiven Identitäten von entscheidender Bedeutung. Foucaults Theorie der Macht und seiner Fokussierung auf die mikropolitischen Aspekte der Gesellschaft erklärt, wie Individuen und Gruppen durch soziale Normen und institutionelle Praktiken geformt werden. Diese Praktiken steuern nicht nur das individuelle Verhalten, sondern tragen auch zur Etablierung oder Aufrechterhaltung sozialer Hierarchien bei, die sich in sozialen Bewegungen widerspiegeln. So ist beispielsweise das Problem der sozialen Mobilität und der damit verbundenen Emotionalität in der sozialen Klasse ein wesentlicher Bestandteil von Bewegungen, die mit Fragen von Macht und Identität konfrontiert sind.
In vielen westlichen Gesellschaften führt das Streben nach sozialer Gerechtigkeit auch zu einer wiederholten Auseinandersetzung mit rassistischen und nationalistischen Diskursen. Im Kontext von Nationalismus und weißem Rassismus, wie er etwa im Vereinigten Königreich beschrieben wird, wird die Verknüpfung von Ethnizität, Identität und politischem Handeln besonders deutlich. Nationalistische Bewegungen, die durch nostalgische Vorstellungen von Verlust und Entfremdung geprägt sind, schaffen ein gemeinsames Narrativ von „Wir“ gegen „Die“ – was soziale Fragmentierungen vertiefen und zur Verstärkung von Exklusion und Ungleichheit führen kann. Hier zeigt sich, dass die Wahrnehmung sozialer Ungleichheit oft tief in einem kollektiven Gedächtnis verwurzelt ist, das sowohl historische als auch gegenwärtige Diskriminierungserfahrungen verarbeitet.
Die soziale Kategorisierung von Rassen und Ethnien hat dabei nicht nur praktische Auswirkungen, sondern auch tiefgehende Auswirkungen auf die individuelle Identität und das politische Handeln. Untersuchungen zur sozialen Konstruktion von „Weißsein“ verdeutlichen, wie rassistische Diskurse und strukturelle Ungleichheiten in alltägliche soziale Praktiken eingebunden sind. Die Art und Weise, wie weiße Identität geformt wird, ist nicht nur das Produkt individueller Entscheidungen, sondern auch das Ergebnis eines komplexen Zusammenspiels von institutionellen, kulturellen und sozialen Kräften.
Gleichzeitig zeigt sich, dass soziale Bewegungen oft nicht nur durch die direkte Auseinandersetzung mit bestehenden Ungerechtigkeiten entstehen, sondern auch durch die kollektive Verhandlung und Konstruktion von Identität und Zugehörigkeit. Das Konzept des „habitus“ nach Pierre Bourdieu bietet hier eine wertvolle Perspektive, um zu verstehen, wie Individuen und Gruppen ihre sozialen Positionen und kulturellen Normen internalisieren und diese dann in sozialen Bewegungen artikulieren. Dabei ist die emotionale Komponente nicht zu unterschätzen: Die Erlebnisse von Ungerechtigkeit, aber auch von Hoffnung und Widerstand, spielen eine wesentliche Rolle bei der Herausbildung von kollektiven Identitäten.
Zudem ist es wichtig, die moralische Dimension des sozialen Wandels zu betrachten. Die Frage nach sozialer Gerechtigkeit und Verteilungsgerechtigkeit ist nicht nur eine ökonomische, sondern auch eine ethische Frage. In sozialen Bewegungen geht es nicht nur um materielle Ressourcen oder politische Macht, sondern auch um das Streben nach einer gerechteren Gesellschaft, in der jede Person unabhängig von ihrer Herkunft gleiche Chancen hat. Die moralische Argumentation in sozialen Bewegungen bezieht sich häufig auf universelle Werte wie Freiheit, Gerechtigkeit und Anerkennung. Solche Bewegungen verlangen nicht nur eine Umverteilung von Ressourcen, sondern auch eine Transformation der sozialen Wahrnehmung und der Beziehungen zwischen den Menschen.
Das Verständnis dieser sozialen Dynamiken erfordert eine differenzierte Analyse der Machtstrukturen, die sowohl die Bewegungen als auch die Gesellschaften, in denen sie agieren, prägen. Der Begriff der Hegemonie, wie er von Antonio Gramsci entwickelt wurde, ist hier von zentraler Bedeutung. Hegemonie beschreibt nicht nur die Kontrolle über materielle Ressourcen, sondern auch die Kontrolle über die kulturellen und ideologischen Vorstellungen, die das gesellschaftliche Leben dominieren. Insofern wird die politische Praxis in sozialen Bewegungen auch zur Auseinandersetzung mit diesen hegemonialen Diskursen, die in Form von Medien, politischen Institutionen und alltäglichen sozialen Normen wirksam sind.
Es ist auch von Bedeutung, wie soziale Bewegungen auf die Herausforderung reagieren, „die Selbstwahrnehmung“ in einer Gesellschaft zu verändern. Die Prozesse der Identitätsbildung und die Möglichkeit, sich von gesellschaftlichen Normen zu befreien, sind entscheidend für die Entstehung und das Fortbestehen von Bewegungen. Diese Bewegungen fordern nicht nur den Status quo heraus, sondern schaffen auch neue Formen der Anerkennung und der sozialen Zugehörigkeit.
Um die Dynamiken von sozialen Bewegungen wirklich zu verstehen, muss man die Mechanismen erkennen, durch die Macht und Identität miteinander verwoben sind. Hierbei sind auch die alltäglichen Formen von Widerstand und die subtileren Erscheinungen der sozialen Ungleichheit nicht zu vernachlässigen, die im „normalen“ Leben oft unsichtbar bleiben, aber dennoch die Grundlage für kollektive Aktionen bilden. Das Verständnis dieser Mechanismen ist notwendig, um die komplexen gesellschaftlichen Strukturen und die sozialen Kämpfe, die sie hervorbringen, zu begreifen.
Arbeitsprogramm für den Chemieunterricht der 9. Klassen
Identifikation unbekannter Substanzen anhand ihrer Eigenschaften
Sozialisation von Kindern und Jugendlichen durch die Bewahrung volkstümlicher Traditionen: Pädagogische Ansätze im Rahmen eines schulischen Sommerlagers
Kennzahlen der Tätigkeit der allgemeinbildenden Bildungseinrichtung, die einer Selbsteinschätzung unterzogen wird, für das Jahr 2017

Deutsch
Francais
Nederlands
Svenska
Norsk
Dansk
Suomi
Espanol
Italiano
Portugues
Magyar
Polski
Cestina
Русский