Die archäologische Landschaft des Mittelmeers im 21. Jahrhundert ist facettenreicher und umfassender als je zuvor. Ein unschätzbarer Vorteil dieser Region besteht in einer Vielzahl von außergewöhnlichen Erhaltungsbedingungen, die das Verständnis der antiken Welt erheblich erweitern. Diese Bedingungen, unter denen wertvolle Zeugnisse der Vergangenheit nahezu unverändert erhalten bleiben, bieten uns tiefe Einblicke in die frühesten menschlichen Aktivitäten und haben die archäologische Forschung revolutioniert. Besonders bemerkenswert sind die außergewöhnlichen Bewahrungsmechanismen wie Wassereinlagerung, Trocknung, Vulkanausbrüche und Eis, die es ermöglichen, nahezu intakte Relikte zu finden, die in anderen Teilen der Welt für immer verloren wären.

Im Mittelmeerraum existieren verschiedene sogenannte „Einschlussfenster“ – Stellen, an denen sich die Lebensrealitäten der antiken Welt in nahezu unversehrtem Zustand erhalten haben. Diese Phänomene bieten dem Archäologen präzise Einblicke, die unsere bisherigen minimalistischen Einschätzungen infrage stellen. Solche Entdeckungen reichen von Schiffswracks und versunkenen Siedlungen, die unter Wasser erhalten geblieben sind, bis zu vertrockneten Siedlungen und Kunstwerken, die durch Wüstenklima oder Vulkanausbrüche geschützt wurden. Das berühmteste Beispiel ist die prähistorische Stadt Akrotiri auf der Insel Thera (Santorini), deren Schichten unter vulkanischer Asche nahezu intakt geblieben sind und eine ganze Stadtlandschaft mit Häusern und Alltagsgegenständen bewahren. Doch auch weniger bekannte Entdeckungen, wie die fast unveränderten Hütten in Croce del Papa, nahe dem Vesuv, liefern uns eine eindrucksvolle Darstellung des Lebens während des Bronzezeitalters.

Darüber hinaus trägt das mediterrane Klima mit seinen extremen Umweltbedingungen zur Vielfalt der Erhaltung bei. Auf der einen Seite ermöglicht die Trocknung in den Wüstenregionen Ägyptens und des Nahen Ostens die Konservierung organischer Materialien, auf der anderen Seite bewahren tropische Gewässer wie die Gewässer rund um die Balearischen Inseln Überreste von frühen Kulturen. Diese Umstände lassen uns annehmen, dass die erhaltenen Funde lediglich die Spitze des Eisbergs sind. Vieles, was verloren ging, ist für uns nur schwer zugänglich. So haben sich etwa neolithische Holzkonstruktionen in der Region um La Draga in Katalonien erhalten, die unter Wasser konserviert wurden, was den Archäologen neue Perspektiven eröffnet, wie Architektur in prähistorischen Zeiten konstruiert und genutzt wurde.

Doch nicht nur das physische Erbe der Antike ist von Bedeutung. Ebenso ertragreich ist die Entdeckung schriftlicher Zeugnisse und Bilder aus der frühen Geschichte des Mittelmeers. Besonders im östlichen Mittelmeerraum haben sich zahlreiche Texte erhalten, die wertvolle Informationen über soziale Strukturen, Wirtschaftsweisen und politische Praktiken vermitteln. Diese schriftlichen Quellen sind jedoch nicht ohne Einschränkungen. Bis zum ersten Jahrtausend v. Chr. war das Schreiben weitgehend auf den östlichen Teil des Mittelmeers und die Ägäis beschränkt, und die Entwicklung von Schriftsystemen in diesen Regionen verlief eher langsam. Noch immer sind viele antike Schriften, wie die der Minoer auf Kreta oder der Zypern-Griechen, nicht vollständig entziffert. Auch wenn die Mehrheit der frühesten Texte in der Ägäis auf wirtschaftliche Aspekte beschränkt war, zeugen sie dennoch von einer weit entwickelten Bürokratie und einer ausgeklügelten Verwaltung.

Die Bedeutung von Texten darf jedoch nicht überschätzt werden. Diese wurden in erster Linie für die politische und religiöse Elite der damaligen Gesellschaften verfasst und spiegeln häufig nicht die tatsächlichen Ereignisse wider, sondern vielmehr die offizielle Ideologie oder Propaganda. Ein Beispiel hierfür ist die Darstellung von Ramesses II. aus Ägypten, der eine entscheidende Schlacht bei Qadesh gewann – zumindest laut den Inschriften. In Wirklichkeit war die Schlacht jedoch viel unentschiedener, als die Monumente uns glauben machen wollen.

Nicht nur Texte, sondern auch bildliche Darstellungen sind von großer Bedeutung für das Verständnis der frühen Mittelmeerkulturen. Auch hier ist der Kontext entscheidend. Während narrative und naturalistische Darstellungen in der Kunst häufig als Historienbilder oder als direkte Abbildungen der Realität betrachtet werden, muss man sich stets bewusst sein, dass diese Darstellungen auch von kulturellen, religiösen und politischen Ideologien beeinflusst waren. Die Kunstwerke aus dem östlichen Mittelmeerraum während des Bronzezeitalters geben uns zwar Einblicke in das tägliche Leben und die Wertvorstellungen der Gesellschaften, sie erfordern jedoch eine sorgfältige Analyse und Interpretation, um ihre wahre Bedeutung zu verstehen.

Die Entwicklung der archäologischen Praxis selbst hat sich ebenfalls verändert. Graben und Ausgraben bleiben zentrale Bestandteile der Forschung, doch der „große Grabungseinsatz“ hat seine Bedeutung verloren. Hohe Kosten und die gestiegenen Erwartungen an präzise Datenerfassung und -analyse haben dazu geführt, dass viele große Ausgrabungsprojekte mittlerweile nur noch sporadisch stattfinden. Stattdessen gewinnen kleine Ausgrabungsstätten und Notgrabungen zunehmend an Bedeutung. Diese konzentrieren sich auf kleinere Siedlungen und natürliche Höhlen, die ebenfalls wertvolle Informationen zu regionalen Entwicklungen und kulturellen Interaktionen liefern können. Manchmal sind es diese kleinen, weniger beachteten Stätten, die uns mit neuen, unerforschten Aspekten der Geschichte konfrontieren.

Die derzeitigen archäologischen Untersuchungen und Entdeckungen bieten somit eine weitaus differenziertere Sicht auf das Mittelmeer und seine Kulturen als noch vor wenigen Jahrzehnten. Der Zugang zu mehr Quellen und die Einführung neuer Technologien haben die Möglichkeiten der Forschung erheblich erweitert. Doch um wirklich tiefer in die Geschichte einzutauchen, ist es notwendig, die Vielfalt der archäologischen und schriftlichen Zeugnisse gleichermaßen zu berücksichtigen und die unterschiedlichen Erhaltungsmuster zu erkennen. Nur so können wir ein vollständiges Bild der frühen mediterranen Welt erhalten.

Wie beeinflussten geographische Gegebenheiten und ökologischer Wandel die prähistorische Siedlungsmuster und Wirtschaft?

Die Beziehung zwischen menschlichen Siedlungen und ihrer Umwelt ist ein fundamentales Thema in der archäologischen Forschung. Sie ermöglicht es, die Entwicklung von Gesellschaften und deren Anpassung an sich verändernde geographische und ökologische Bedingungen nachzuvollziehen. Diese Anpassung umfasst nicht nur den Umgang mit natürlichen Ressourcen, sondern auch die Anpassung der Siedlungsstrukturen und wirtschaftlichen Praktiken an klimatische Veränderungen und geographische Gegebenheiten. Besonders im Bereich der prähistorischen Siedlungen sind die Auswirkungen der Umweltfaktoren auf die menschliche Gesellschaft von großem Interesse.

Wichtige archäologische Studien, die sich mit dieser Thematik beschäftigen, zeigen, wie diese Wechselwirkungen die langfristige Entwicklung von Kulturen beeinflussten. In vielen Regionen, die als Zentren prähistorischer Zivilisationen galten, lässt sich ein deutliches Muster erkennen: Der Mensch passte seine Lebensweise und seine Siedlungsstrategien nicht nur an die verfügbaren natürlichen Ressourcen an, sondern auch an die Veränderung des ökologischen Umfelds. So wurde beispielsweise in Küstenregionen die Dichte menschlicher Siedlungen oft durch den Zugang zu maritimen Ressourcen und den Klimawandel bestimmt, was die Ernährung und das tägliche Leben der frühen Gemeinschaften direkt beeinflusste.

Ein zentraler Aspekt in dieser Forschung ist die Frage, wie prähistorische Gesellschaften den Zugang zu Ressourcen optimierten. Archäologische Untersuchungen, wie sie von verschiedenen Forschern (siehe z.B. Weninger et al., 2006) durchgeführt wurden, haben gezeigt, dass diese Gesellschaften ihre Ressourcenverteilung genau abwogen und flexibel auf Veränderungen der Umwelt reagierten. Besonders bemerkenswert sind in diesem Zusammenhang die so genannten "Klimawandel-Schwellen", bei denen frühe Gesellschaften ihre Siedlungsstrategien und landwirtschaftlichen Praktiken an die veränderten klimatischen Bedingungen anpassten, etwa durch den Wechsel von intensiver Jagd zu Ackerbau.

Ein weiterer entscheidender Faktor war die Entwicklung der Handelsnetzwerke. Auch hier zeigen archäologische Funde, dass die prähistorischen Gesellschaften nicht isoliert agierten, sondern durch den Austausch von Gütern und Ideen miteinander verbunden waren. So erweiterte sich das Verständnis für die verschiedenen geografischen und klimatischen Gegebenheiten, was nicht nur das ökonomische Wachstum förderte, sondern auch zu einer größeren kulturellen und technologischen Vielfalt führte.

In den mediterranen Regionen etwa führte der Zugang zu verschiedenen Ressourcen wie Ton, Metallen und Salz zu einer bemerkenswerten kulturellen Blüte. Die archäologische Forschung hat hier eine signifikante Verdichtung später punischen und römischen Überbleibseln entlang bestimmter Küstenabschnitte dokumentiert (Slim et al., 2004), was auf eine starke ökonomische Dynamik hindeutet, die mit der Entstehung und dem Wachstum von Handelszentren und Siedlungen verbunden war. Diese Netzwerke trugen wesentlich zur Entwicklung des Handels und zur Diversifikation der Wirtschaft bei, was für die Stabilität und das Wachstum der damaligen Gesellschaften von großer Bedeutung war.

Zugleich ist es wichtig, die soziale Struktur und die sich entwickelnden hierarchischen Systeme zu berücksichtigen. Der Übergang von egalitären zu komplexeren Gesellschaftsformen in prähistorischen Gemeinschaften war oft eng mit der Verfügbarkeit von Ressourcen verbunden. Je nachdem, wie stark die lokale Umwelt bestimmte Ressourcen – wie fruchtbare Böden oder Zugang zu Handelsrouten – beeinflusste, entwickelten sich unterschiedliche soziale Strukturen. In vielen Fällen wurde das wirtschaftliche Wohl einer Gesellschaft von der Fähigkeit abhängig, diese Ressourcen effektiv zu steuern und zu kontrollieren.

Auch die Einführung von Landwirtschaft und Viehzucht in bestimmten Gebieten markierte einen Wendepunkt in der Beziehung zwischen Mensch und Umwelt. Durch die Domestikation von Tieren und Pflanzen konnten Siedlungen stabiler werden, da sie nicht mehr nur von den natürlichen Gegebenheiten abhingen, sondern auch durch menschliche Eingriffe in die Natur eine konstante Nahrungsversorgung gesichert werden konnte. Doch dieser Übergang war nicht ohne Herausforderungen. Besonders in den Übergangsphasen, als die Bevölkerung wuchs und sich die Anforderungen an landwirtschaftliche Produkte veränderten, kam es zu einem intensiveren Konkurrenzkampf um Ressourcen, was in vielen Fällen zu Konflikten und sozialen Umwälzungen führte.

Im Zusammenhang mit den ökologischen und geographischen Einflüssen auf die menschliche Entwicklung ist es entscheidend zu verstehen, dass der Mensch in der prähistorischen Zeit nicht nur passive Reaktionen auf seine Umwelt zeigte, sondern aktiv versuchte, diese zu gestalten und zu kontrollieren. Die Vielzahl der archäologischen Beweise, die auf landwirtschaftliche Innovationen, komplexe Siedlungsnetzwerke und die Entstehung von Handelsbeziehungen hinweisen, zeigt, wie sehr die frühen Gesellschaften ihre Umwelt zu ihrem Vorteil nutzten und veränderten.

Neben den physischen Ressourcen spielte auch das Wissen über die Umwelt eine bedeutende Rolle. Die Fähigkeit, das Klima und die natürlichen Zyklen zu verstehen, beeinflusste direkt die Wirtschaft und Siedlungsentwicklung. Diese wissensbasierten Entscheidungen über Landwirtschaft und Ressourcenmanagement sind ein zentraler Bestandteil der archäologischen Studien und werfen ein faszinierendes Licht auf die Intelligenz und Anpassungsfähigkeit der frühen Menschen.

Zusätzlich zu den direkten Umweltauswirkungen müssen auch die sozialen und kulturellen Dimensionen berücksichtigt werden, die die wirtschaftlichen und geographischen Veränderungen begleitend beeinflussten. Die Art und Weise, wie Gesellschaften ihre Ressourcen teilten und wie sich durch diese Teilung soziale Hierarchien entwickelten, hatte weitreichende Auswirkungen auf die politische und kulturelle Struktur der Gemeinschaften.

Wie verbreitete sich die neolithische Landwirtschaft im westlichen Mittelmeerraum und welche Rolle spielten Jäger und Sammler?

Die Entdeckung neuer Fundstellen im Freiland erweitert das Bild der neolithischen Ausbreitung erheblich. Insbesondere die durch Wasserüberflutung erhaltenen Dörfer in Frankreich und der Iberischen Halbinsel zeigen, dass der Meeresspiegelanstieg möglicherweise wertvolle archäologische Zeugnisse verschluckt hat, was zu einer verzerrten Wahrnehmung der damaligen Lebenswelt führen kann. Die spärlichen Funde der späteren „Castelnovian“-Mesolithikum-Phase zwischen Alpen und Rhône deuten darauf hin, dass zu Beginn der neolithischen Zeit diese vormals reich besiedelten Jäger- und Sammlerländer bereits stark dezimiert waren. Die ersten landwirtschaftlichen Siedlungen entstanden häufig an Orten, die vorher kaum oder gar nicht von Jägern und Sammlern genutzt wurden. So überlagert das Neolithikum beispielsweise direkt die älteren Schichten an der Fundstätte Arene Candide und in weiten Teilen Westliguriens, die von späten Jägern und Sammlern am Rand der Apenninen und in der zerklüfteten Provence umgeben waren. Ein ähnliches Bild zeigt sich auch auf Korsika.

Die Annahme, dass die maritime Expansion der Bauern jenseits Italiens zum Stillstand kam, erweist sich als übertrieben. Trotz einer oft reduzierten und angepassten Neolithikum-Praxis setzte sich die Ausbreitung der Landwirtschaft vor allem deshalb so schnell durch, weil die Jäger- und Sammlerbevölkerung bereits stark dezimiert war. Im westlichen Mittelmeerraum finden sich Indizien, dass die Expansion entlang der abwechslungsreichen Küsten Südfrankreichs und Spaniens in ähnlicher Weise verlief wie jene früher im östlichen Mittelmeerraum, beispielsweise an der Südküste der Türkei.

Der neolithische Fundplatz Pont de Roque-Haute im Languedoc westlich der Rhône weist eine Vielzahl an domestizierten Schafen, wenigen Wildtieren, drei Weizensorten sowie Keramik und Obsidian aus dem zentralen Tyrrhenischen Meer auf. Bemerkenswert ist, dass nur wenige Kilometer entfernt, in Peiro Signado, eine andere kulturelle Verbindung, nämlich zur ligurischen Küste, vorherrscht. Bereits um 5700 v. Chr. verbreiteten sich diese landwirtschaftlichen Siedlungen rasch entlang der iberischen Küste, wobei zwischen den letzten Jägern und den ersten Bauern zeitliche und räumliche Lücken klafften, ohne dass der Umfang der angebauten Pflanzen oder der gehaltenen Tiere spürbar schrumpfte.

Einige Fundstellen in höher gelegenen Regionen wie die Cova de l’Or bei Valencia werfen Fragen nach der Nutzung auf. Hier fanden sich Weizen, Gerste, Schafe und Ziegen – doch ob diese Orte hauptsächlich der Landwirtschaft, der Viehzucht, der Jagd oder rituellen Aktivitäten dienten, bleibt unklar. Die Verbindung von kunstvoll verzierter Keramik mit lokalen Felskunsttraditionen deutet auf eine besondere kulturelle Bedeutung hin.

Entlang der wilden andalusischen Küste sowie im Hinterland bei der Sierra Nevada verlaufen Routen, die in den Mündungsbereich des Guadalquivir und weiter an die Atlantikküste führen. Trotz der Anwesenheit von Neolithikern blieben in den atlantischen Regionen Südiberiens noch lange Jäger- und Sammlergemeinschaften bestehen, die sich vor allem um die großen Muschelhaufen an Flussmündungen gruppierten. Hier entstanden zwei getrennte Lebensweisen: die sesshaften Bauern und die weiterhin fischenden und sammelnden Jäger. Keramik erscheint zwar gelegentlich in den oberen Schichten der Muschelhaufen, Haustiere aber nicht. Isotopenanalysen belegen die klar unterschiedlichen Ernährungsweisen: eine neolithische, landbasierte und eine aquatisch geprägte der Jäger.

Im Binnenland des Mittelmeerbeckens zeigt sich ein ähnliches Bild: im unteren Rhônebecken vermehrten sich neolithische Gruppen lokal über Generationen, bevor sie ins Inland und in die Höhenlagen vordrangen, wo sie auf die letzten mesolithischen Jäger trafen. Auch in den Pyrenäen und den Kantabrischen Bergen hielten sich Jäger- und Sammlerkulturen bis ins späte 5. Jahrtausend v. Chr., wobei ihre Integration in die neolithische Welt nur langsam erfolgte. Die Einzigartigkeit der baskischen Sprache, Gene und Blutgruppen kann als Zeugnis der Widerstandskraft dieser Gruppen in abgelegenen Gebirgsregionen interpretiert werden. In Südportugal könnten die ersten Menhire Nachfolger mesolithischer Holzbauten der letzten Jäger gewesen sein.

Entlang der Pyrenäen führten einladende Talpassagen zur schnellen Ausbreitung neolithischer Lebensweisen, was sich in der Verbreitung von Keramik und in der raschen Wiederbesiedlung innerer Iberiens zeigt – Regionen, die zuvor lange von Bevölkerungsverlusten geprägt waren. Das mediterrane Neolithikum bewies weiterhin seine Fähigkeit, großräumige Siedlungen im Landesinneren zu etablieren, ähnlich wie zuvor in Thessalien und der Tavoliere-Ebene.

Die Ausbreitung des Neolithikums in der nördlichen Mittelmeerregion folgt mehreren Prinzipien: Migration von bäuerlichen Gruppen war der dominante Mechanismus, nicht nur im Osten und Zentrum, sondern auch im Westen. Diese Migration vollzog sich häufig in Form von „Sprungbewegungen“ zwischen besonders günstigen Orten. Die Beteiligung von Jägern und Sammlern an diesem Prozess ist zwar nachweisbar, besonders durch die Weitergabe von Kenntnissen zur Seefahrt, bleibt aber insgesamt begrenzt. Insbesondere im östlichen Mittelmeerraum lassen sich Phasen einer solchen „Superladung“ dieser Fähigkeiten erkennen, während im Westen Jäger- und Sammlergesellschaften oft eher eine ablehnende Haltung gegenüber der neolithischen Lebensweise bewahrten. Beispiele hierfür sind die Muschelhaufenbewohner des atlantischen Iberiens, die Neolithikum nur sehr zögerlich annahmen.

Das Nebeneinander von Jäger- und Sammlerkulturen sowie neolithischen Bauern lässt sich als Ausdruck einer ökologischen und kulturellen Differenzierung verstehen. Ihre unterschiedlichen saisonalen Rhythmen, Lebensweisen und gesundheitlichen Bedingungen machten Konversionen selten. Während die Landwirtschaft harte Arbeit und weniger ausgewogene Ernährung bedeutete, bot die Jäger- und Sammlerkultur einen Zugang zu bewährten Ressourcen wie Jagd, Sammeln und Fischfang, was eine Koexistenz bis in die späten Jahrtausende ermöglichte.

Es ist wesentlich zu verstehen, dass die Neolithisierung ein komplexer, regional variierender Prozess war, der von Migration, Anpassung, kulturellem Austausch und auch von Abgrenzungen geprägt war. Die Landnahme durch Bauern erfolgte oft in Gebieten mit zuvor dezimierter oder kaum vorhandener Jägerbevölkerung. Gleichzeitig blieb die Kontinuität von Jäger- und Sammlerkulturen in bestimmten Randgebieten und in unterschiedlichen ökologischen Nischen eine Realität, die das Bild der frühen neolithischen Expansion erheblich nuanciert.