Die Ambitionen der Vereinigten Staaten, eine interozeanische Wasserstraße durch Mittelamerika zu kontrollieren, waren bereits im 19. Jahrhundert klar formuliert. Der Clayton-Bulwer-Vertrag von 1850 sollte den transkontinentalen Wettbewerb zwischen Großbritannien und den USA entschärfen und beiden Mächten verbieten, exklusive Kontrolle über einen zukünftigen Kanal, etwa entlang des San-Juan-Flusses und der nicaraguanischen Seen, zu beanspruchen. Trotz seines scheinbaren diplomatischen Erfolgs für Washington enthielt der Vertrag jedoch vage und widersprüchliche Formulierungen, die bald zur Belastung wurden, insbesondere als das amerikanische Interesse an einer exklusiv kontrollierten Verbindung zwischen Atlantik und Pazifik zunahm.
Der Druck zur Revision des Vertrags stieg weiter, als 1890 Alfred Thayer Mahan mit seinem Werk The Influence of Sea Power upon History die strategische Notwendigkeit eines Kanals unter US-Kontrolle begründete. Die Vereinigten Staaten wollten nicht länger Rücksicht auf britische Interessen nehmen. Doch erst 1901 gelang es, mit dem Hay-Pauncefote-Vertrag den Clayton-Bulwer-Vertrag formell aufzuheben und den USA die exklusive Kontrolle über einen zukünftigen Kanal zu sichern.
Davor aber hatte sich das Interesse Washingtons bereits auf Nicaragua konzentriert, wo die geografischen Voraussetzungen für ein solches Projekt als ideal galten. Doch die Erfahrungen mit dem Abenteurer William Walker, einem Vertreter des „Manifest Destiny“, hatten die Beziehungen zwischen beiden Ländern nachhaltig vergiftet. Walker hatte Mitte der 1850er Jahre die politische Kontrolle über Nicaragua an sich gerissen, Sklaverei legalisiert und sich durch seine aggressiven Expansionspläne den Zorn sowohl der Zentralamerikaner als auch von Wirtschaftsmächten wie Cornelius Vanderbilt zugezogen. Obwohl Walker letztlich militärisch besiegt und 1860 hingerichtet wurde, blieb das Misstrauen gegenüber den USA bestehen – zu Recht, wie sich zeigen sollte.
Denn die Vereinigten Staaten begnügten sich nicht mit der bloßen Kontrolle über den später realisierten Panamakanal. Auch nachdem die Entscheidung gefallen war, den Kanal nicht durch Nicaragua, sondern durch Panama zu bauen, verfolgte Washington das strategische Ziel, jede konkurrierende Infrastruktur in der Region zu verhindern. Präsident José Santos Zelaya von Nicaragua hatte durchaus berechtigte Hoffnung auf den Kanalbau in seinem Land gesetzt. Nicht nur geografische, sondern auch politische Entwicklungen, wie die Eingliederung von Mosquitia und das Ende britischer Einflussnahme, sprachen dafür. Doch die Entscheidung für Panama wurde für Zelaya zur politischen Bedrohung. Seine Versuche, mit Deutschland und Japan über den Bau eines alternativen Kanals zu verhandeln, riefen sofort Washington auf den Plan.
Die Vereinigten Staaten reagierten mit der Entmachtung Zelayas durch eine gelenkte Revolution und landeten 1909 Militär auf der Karibikküste. Ab 1911 wurde ein System der wirtschaftlichen Kontrolle über den nicaraguanischen Zoll eingeführt, Kredite europäischer Gläubiger wurden durch solche US-amerikanischer Banken ersetzt, und loyal gesinnte Politiker wurden systematisch in das Präsidentenamt manövriert. Ein De-facto-Protektorat war damit errichtet – ein Zustand, der sich durch den Bryan-Chamorro-Vertrag von 1916 institutionalisierte. Dieser garantierte den Vereinigten Staaten auf unbestimmte Zeit das exklusive Recht auf den Bau eines Kanals in Nicaragua sowie eine 99-jährige Option auf einen Marinestützpunkt im Golf von Fonseca – obwohl keinerlei Absicht bestand, jemals tatsächlich einen Kanal zu bauen.
Die amerikanische Besatzung stabilisierte das Land nicht nachhaltig. Die innernicaraguanischen Spannungen zwischen Konservativen und Liberalen blieben bestehen, und politische Instabilität machte wiederholte militärische Interventionen notwendig. Eine US-vermittelte Einigung, die unter anderem eine nationale Garde schaffen sollte, führte nicht zu einer Versöhnung, sondern zur Entstehung einer neuen, repressiven Machtstruktur. Der Widerstand gegen diese Ordnung formierte sich unter dem Nationalisten Augusto César Sandino, dessen Guerilla-Bewegung zwar militärisch unterlegen war, sich aber bis zum Abzug der letzten US-Truppen 1933 behaupten konnte.
Der von den USA protegierte Offizier Anastasio Somoza nutzte die Gelegenheit, um sich durch die Ermordung Sandinos als unangefochtener Machtfaktor zu etablieren. Mit Rückendeckung aus Washington wurde er Präsident und begründete die langjährige Somoza-Dynastie, die Nicaragua über Jahrzehnte in einem autoritären Griff halten sollte – ein politisches Erbe, das letztlich in den Bürgerkrieg und zur sandinistischen Revolution führte.
Was die Episode um den nie realisierten Nicaragua-Kanal deutlich macht, ist nicht nur die geopolitische Bedeutung Mittelamerikas für die Vereinigten Staaten, sondern auch das Muster einer imperialen Außenpolitik, die langfristige Kontrolle stets höher bewertete als kurzfristige wirtschaftliche Rationalität. Der tatsächliche Bau eines Kanals in Nicaragua war für Washington sekundär, solange verhindert werden konnte, dass andere Mächte – ob europäische oder regionale – strategischen Zugang erhielten.
Zudem wird deutlich, dass die Vorstellung von Souveränität in der US-Außenpolitik jener Zeit bedingt war: Nationale Eigenständigkeit war für kleinere Staaten nur so lange akzeptabel, wie sie mit amerikanischen Interessen konform ging. Wo das nicht der Fall war, wurden politische Führer entfernt, ökonomische Hebel betätigt und militärische Mittel eingesetzt. Der Fall Nicaragua zeigt eindrücklich, wie geopolitische Räume durch eine Mischung aus diplomatischer Rhetorik, ökonomischer Erpressung und militärischer Präsenz strukturell in Abhängigkeit gehalten wurden – eine Strategie, deren Folgen in der Region bis heute nachwirken.
Die Entscheidung, den Panamakanal zu bauen und Nicaragua als bloßes strategisches Druckmittel zu verwenden, hatte langfristige Konsequenzen: Sie schuf politische Instabilität, förderte autoritäre Herrschaftsstrukturen, und entwertete jedes Vertrauen in die Idee partnerschaftlicher internationaler Beziehungen. Die Unfähigkeit, legitime nationale Interessen anzuerkennen, führte zu einem imperialen Kreislauf, der nur durch Gewalt unterbrochen werden konnte – sei es durch Interventionen, Rebellion oder Revolution.
Warum die US-amerikanische Kolonialpolitik in Alaska und den Philippinen die indigene Bevölkerung ignorierte
Die Geschichte der US-amerikanischen Kolonialpolitik in Alaska und den Philippinen ist ein düsteres Beispiel für imperialistische Expansion, bei der die indigenen Völker nicht nur übergangen, sondern auch gezielt ausgegrenzt und missachtet wurden. In beiden Fällen wurde das Wohl der einheimischen Bevölkerung völlig aus den politischen und wirtschaftlichen Überlegungen ausgeschlossen, was langfristig zu weitreichenden sozialen und kulturellen Konsequenzen führte.
Alaska, das 1867 von Russland an die Vereinigten Staaten verkauft wurde, war ursprünglich eine äußerst profitable Kolonie für die russische Amerikalische Gesellschaft (RAC), die im Pelzhandel tätig war. Doch die Überfischung und der Rückgang der Tierbestände durch amerikanische, britische und russische Seefahrer führten zu einer dramatischen Abnahme des wirtschaftlichen Potentials. Als 1862 ein düsterer Bericht über die Aussichten der RAC verfasst wurde, entschloss sich die russische Regierung, das Gebiet zu verkaufen. Dabei wurden weder die indigenen Völker Alaskas noch ihre Rechte oder Interessen berücksichtigt. Während Russland durchaus in Erwägung zog, Alaska an Großbritannien zu verkaufen, entschied man sich letztlich aufgrund besserer Beziehungen zu den Vereinigten Staaten für einen Verkauf an die USA. Die Vereinbarung über den Preis von 7,2 Millionen Dollar wurde 1867 getroffen, ohne dass die 26.000 (oder 27.500) indigenen Menschen in Alaska auch nur ansatzweise in die Verhandlungen einbezogen wurden.
Die amerikanische Regierung, die in dieser Zeit eine aggressive Expansion betrieb, kümmerte sich wenig um die Rechte der indigenen Bevölkerung. Die weiße Bevölkerung Alaskas war zu dieser Zeit noch sehr gering, lediglich 483 Menschen, von denen 150 Amerikaner waren. Für die Regierung der Vereinigten Staaten war Alaska anfangs nicht einmal als reguläres Territorium geeignet, sondern wurde unter militärische Verwaltung gestellt. Dies führte zu einer langen Phase von Kolonialherrschaft, die bis ins Jahr 1959 andauerte, als Alaska schließlich als Bundesstaat in die Union aufgenommen wurde. Während dieser langen Periode hatten die indigenen Völker Alaskas keinen Zugang zu politischen Rechten und litten unter der Kontrolle und Ausbeutung durch amerikanische Wirtschaftsunternehmen. Besonders hervorzuheben ist der Einfluss der Guggenheim-Gesellschaft, die in Alaska Monopole im Bereich der natürlichen Ressourcen und des Transports errichtete, was den Zugang der Einheimischen zu ihren eigenen natürlichen Ressourcen stark einschränkte.
Die Philippinen erlebten eine ähnliche Geschichte der kolonialen Unterdrückung, allerdings unter ganz anderen geopolitischen Umständen. Nach über drei Jahrhunderten spanischer Herrschaft begann das amerikanische Imperium im späten 19. Jahrhundert, die Philippinen in seine imperialen Ambitionen einzubeziehen. Die Filipinos, die sich im Aufstand gegen die spanische Herrschaft befanden, hatten keineswegs die Absicht, ihre kolonialen Herrscher durch einen anderen imperialen Machtwechsel zu ersetzen. Doch als die USA 1898 in den Spanisch-Amerikanischen Krieg eintraten, begannen sie, die Kontrolle über die Philippinen zu übernehmen. Nach der Zerstörung der spanischen Flotte in Manila 1898 sandte die US-Regierung Truppen, um das Land zu übernehmen und den Widerstand der Filippinos zu brechen.
Die Philippinen wurden durch den Vertrag von Paris 1898 an die Vereinigten Staaten abgetreten, ohne dass die einheimische Bevölkerung eine Stimme in den Verhandlungen hatte. Obwohl die US-amerikanischen Behörden die Philippinen als wichtig für ihre strategischen Interessen in Asien ansahen, wurde die indigenen Bevölkerung zu keinem Zeitpunkt in den Entscheidungsprozess einbezogen. Der Widerstand der Filippinos unter der Führung von Emilio Aguinaldo führte zu einem blutigen Krieg, in dem Folter und brutale Kriegsführung gegen die Zivilbevölkerung zum Alltag gehörten. Der militärische Einsatz war brutal und die Zivilbevölkerung wurde oft gewaltsam in Konzentrationslager verschleppt, um den Widerstand zu brechen.
In beiden Fällen, sowohl in Alaska als auch auf den Philippinen, wurde die indigene Bevölkerung als ein unwichtiger Faktor in den imperialen Ambitionen der USA betrachtet. Ihre Rechte und Kulturen wurden missachtet, und ihre Stimmen blieben ungehört. Die kolonialen Verhältnisse in Alaska und den Philippinen werfen ein Licht auf die methodische Ausgrenzung und Unterdrückung, die im Zuge der Expansion des amerikanischen Imperiums erfolgte. Es ist wichtig zu erkennen, dass diese kolonialen Strukturen nicht nur materielle Ausbeutung mit sich brachten, sondern auch tiefgreifende kulturelle und soziale Schäden hinterließen, die noch lange nach der formellen Befreiung dieser Gebiete nachwirkten.
Die historische Perspektive auf die amerikanische Expansion sollte daher immer auch die systematische Marginalisierung und Verdrängung der indigenen Völker in den Mittelpunkt stellen. In vielen Fällen wurden die kolonialen Strukturen mit so wenig Rücksicht auf die betroffenen Menschen errichtet, dass die negativen Auswirkungen ihrer Herrschaft noch immer spürbar sind – von der politischen Isolation bis hin zur Zerstörung traditioneller Lebensweisen.
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