Die Temperaturverteilung an den Innen- und Außenflächen der Bogenbahn der Bramme zeigt im Verlauf der Sekundärkühlung einen allmählichen Übergang zu einer gleichmäßigen Verteilung. Sobald die Bramme die Zone 4 der Sekundärkühlung verlässt, hat sich das Temperaturprofil weitgehend angeglichen. Am Austritt der Zone 5 jedoch, trotz der drastisch reduzierten Wassermenge zur Kühlung, bleibt die Wärmeabfuhr am Eckbereich der Bramme aufgrund der bereits stark ausgebildeten Schalenstärke ineffizient. Der Wärmetransport vom flüssigen Kern zu den Ecken ist unzureichend, um die durch Sprühkühlung, Walzenkontakt an der breiten Seite und Strahlungswärmeübertragung an der schmalen Seite abgeführte Wärme zu kompensieren. Folglich sinkt die Temperatur der Ecken kontinuierlich weiter, bis die Bramme den Stranggießer vollständig verlässt. Der Punkt der vollständigen Erstarrung liegt etwa 21,6 Meter unterhalb des Meniskus.

Temperaturfelder an den Ecken, in der Mitte der breiten Seite, der schmalen Seite sowie im Brammenzentrum zeigen, dass die Oberflächentemperaturen der breiten und schmalen Seitenzentren im Vergleich zur Ecke signifikant höher sind. Die Temperatur fällt rapide im Kokillenbereich und im Bereich der Fußwalze ab, steigt jedoch infolge reduzierter Kühlwassermengen auf der schmalen Seite sowie sukzessiver Reduktion der Kühlintensität auf der breiten Seite wieder an. Beim Eintritt in den Biegebereich erreichen die Temperaturen in der Mitte der breiten und schmalen Seite 1120 °C bzw. 1250 °C – in diesem Stadium liegt die Mikrostruktur vollständig in einer duktilen Austenit-Phase vor, ohne erkennbare Ausscheidung von mikrolegierten Karbonitriden.

Im Biegebereich erfährt die Bramme an der Außenbogenfläche eine Zugbelastung. Wenn jedoch die Walzenlücke korrekt justiert ist, treten an der breiten Außenfläche üblicherweise keine transversalen Oberflächenrisse auf. Beim Übergang in die geraden Segmente sinken die Temperaturen in den Zentren der breiten und schmalen Seite auf 990–960 °C bzw. 1050–995 °C. In diesem Temperaturfenster hat gemäß den Ausscheidungskinetiken typischer Nb-haltiger Karbonitride bereits mehr als 60 % der Nb(C,N)-Phasen an den Korngrenzen der Oberflächenstruktur auskristallisiert und nähert sich dem charakteristischen „Nasenpunkt“ der Ausscheidungskurve. Die Struktur bleibt noch austenitisch, allerdings beginnen sich sekundäre Phasen an den Korngrenzen zu bilden, was die Duktilität bereits mindert.

Die Temperatur der Ecken erfährt während der Abkühlung in der Kokille und in der Zone mit hoher Kühlintensität – insbesondere im Bereich der Fußwalze und Zone 2 – einen signifikanten Abfall und erreicht nach Verlassen des Fußwalzenbereichs ein Minimum von etwa 870 °C. Danach steigt sie infolge reduzierter Wassermengen kurzfristig an, oszilliert und sinkt allmählich weiter in den Bereich zwischen 860–820 °C beim Eintritt in die geraden Segmente.

Bei dieser geringen Kühlrate von durchschnittlich etwa 1,92 °C/s können sich, basierend auf früherer Ausscheidung in der unteren Kokillenregion, große Mengen an Nb(C,N) in Kettenform an den Korngrenzen weiter ausbilden. Diese grobkörnigen Ausscheidungen führen zu einer signifikant verringerten Duktilität der Eckstruktur. Gleichzeitig transformiert die Mikrostruktur von einer einphasigen Austenitstruktur zu einer zweiphasigen Struktur aus Austenit und Korngrenzenferrit, was die Rissanfälligkeit im Eckbereich weiter erhöht. Infolge dieser mechanisch und mikrostrukturell geschwächten Zonen sind transversale Eckenrisse beim Richten wahrscheinlich.

Im Produktionsprozess treten die größten mechanischen Belastungen während des Biegens, Richtens sowie im Bereich der Reduktion am Erstarrungsende auf. Der Biegebereich ist durch intensive Kühlung sowie durch hohe Spannungen infolge der Bogenbewegung charakterisiert. Während das Richten und die Reduktion unter geringerer Kühlintensität stattfinden, ist die Schale der Bramme hier bereits dick und die Oberflächentemperatur – insbesondere an den Ecken – niedrig, was zur Ausbildung signifikanter mechanischer Spannungen führt. In allen drei Bereichen kommt es zu intensiver duktiler Verformung, die – im Zusammenspiel mit der verringerten Duktilität aufgrund der mikrostrukturellen Veränderungen – das Risiko für Rissbildungen erhöht.

Die thermomechanische Belastungskombination aus lokal inhomogene

Wie beeinflusst die ultrafeinkörnige Struktur im sekundären Kühlbereich die Rissbildung an der Stahlschlackecke beim Strangguss?

Die Temperaturzone der sekundären Kühlung an der Ecke der Stahlschlacke kann durch eine ultraschnelle Abkühlung zu einer ultrafeinkörnigen Gefügestruktur führen. Traditionell ist es schwierig, die Ecke der Strangschlacke beim kontinuierlichen Stranggussprozess schnell genug abzukühlen, um den γ → α Phasenübergang vollständig und gleichmäßig zu gewährleisten. Um diese Herausforderung zu adressieren, wurde eine starke Sprühstruktur in Kombination mit einem automatischen Wasserversorgungssystem für die Fußwalze der schmalen Seite des Stranggusses entwickelt. Dieses System ermöglicht eine ultra-schnelle Abkühlung der Ecken der Schlacke.

Dadurch wird während des Produktionsprozesses in einem Bereich von 0–20 mm unterhalb der Ecke ein einheitlich ultrafeines Gefüge erzeugt. Diese Mikrostruktur weicht grundlegend von der traditionellen grobkörnigen Struktur aus ursprünglichem Austenit und ferritischen Korngrenzenfilmen ab, die eine geringe Duktilität aufweisen. Stattdessen entsteht ein einheitliches Gefüge mit Körnern von weniger als 20 μm Größe, bestehend aus Ferrit und Perlit, das durch seine hohe Duktilität gekennzeichnet ist. Diese Veränderung der Mikrostruktur verbessert deutlich die Duktilität des Eckbereichs der Stahlschlacke und trägt entscheidend zur Kontrolle der Bildung von Querrissen bei.

Die Umwandlung der Kornstruktur im sekundären Kühlbereich ist nicht nur ein mikrostrukturelles Phänomen, sondern beeinflusst maßgeblich die mechanischen Eigenschaften der Schlacke während des Erstarrungs- und Abkühlungsprozesses. Insbesondere die Ausbildung einer feineren und gleichmäßiger verteilten Ferrit-Perlit-Struktur reduziert lokale Spannungen und vermindert somit die Anfälligkeit für Rissbildung, die typischerweise bei grobkörnigen Gefügen auftritt. Diese Tatsache wird durch umfangreiche Untersuchungen untermauert, welche die Beziehung zwischen Korngröße, Phasenübergängen und mechanischem Verhalten von mikrolegierten Stählen im Stranggussprozess detailliert beschreiben.

Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass die Optimierung des Wasserverteilungssystems und die präzise Steuerung der Kühlparameter essentiell sind, um eine kontrollierte und reproduzierbare ultrafeine Kornstruktur sicherzustellen. Ein ungleichmäßiges oder verzögertes Abkühlen kann zu heterogenen Gefügen und damit zu mechanischen Schwachstellen führen. Die Bedeutung eines automatisierten und anpassungsfähigen Kühlsystems zeigt sich hier als entscheidender Fortschritt gegenüber herkömmlichen Methoden, bei denen die Kühlung oft nur unzureichend auf die spezifischen Geometrien und thermischen Bedingungen der Strangschlacke angepasst werden konnte.

Das Verständnis der thermomechanischen Prozesse, die im sekundären Kühlbereich ablaufen, und der Einfluss auf Kornwachstum und Mikrostrukturentwicklung sind daher von großer Bedeutung für die Vermeidung von Fehlern beim Strangguss. Ebenso wichtig ist die Berücksichtigung von Legierungsbestandteilen wie Nb, Ti und Al, deren Ausscheidungen das Kornwachstum beeinflussen und somit das mechanische Verhalten der Stahlschlacke weiter stabilisieren. Die Wechselwirkungen zwischen Ausscheidungen, Korngrenzen und thermischer Beanspruchung formen das endgültige Gefüge und bestimmen maßgeblich die Werkstoffeigenschaften.

Die Rolle der thermischen und mechanischen Modellierung in der Prozessgestaltung kann nicht genug hervorgehoben werden. Mathematische Modelle zur Beschreibung des Wärmeflusses, der Phasenumwandlungen und der mechanischen Spannungen bieten die Grundlage für gezielte Prozessanpassungen und Vorhersagen von Defektbildungen. Nur durch ein tiefes Verständnis der komplexen Wechselwirkungen kann eine reproduzierbare Produktion mit hoher Qualität gesichert werden.

Von besonderer Relevanz ist die Tatsache, dass die ultrafeine Kornstruktur nicht nur die Rissbildung minimiert, sondern auch die Zähigkeit und Verformbarkeit der Stahlschlacke erhöht. Dies ist entscheidend für nachfolgende Bearbeitungsprozesse und für die strukturelle Integrität des Endprodukts. Die Veränderung der Mikrostruktur führt somit zu einer ganzheitlichen Verbesserung der Werkstoffqualität, die über den eigentlichen Stranggussprozess hinauswirkt.

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