Die Telepräsenz jedes Teilnehmers, das heißt die Fähigkeit, sich während einer Sitzung ohne Ablenkungen auf das Geschehen zu konzentrieren, ist ein zentraler Aspekt der Online-Therapie. Sie ermöglicht es den Therapeuten, im Moment empfänglich zu bleiben und eine tiefe, therapeutische Beziehung aufzubauen, indem sie sowohl verbale als auch nonverbale Signale wahrnehmen und darauf reagieren (Geller, 2020). In der Online-Therapie wird die Telepräsenz zu einem grundlegenden Element der therapeutischen Beziehung, das die Interaktion zwischen Klient und Therapeut verbessert (ebd.).

Ein klarer Vorteil des Online-Kontexts ist die Möglichkeit, die Familien in ihrem eigenen häuslichen Umfeld zu sehen. Dies bietet den Vorteil, dass mehr Familienmitglieder teilnehmen können, da zeitliche und räumliche Beschränkungen verringert werden (Burgoyne & Cohn, 2020). Jede Familie kann autonom entscheiden, welcher Raum genutzt wird und wie die Sitzung organisiert wird – etwa durch gemeinsames Sitzen vor dem Bildschirm oder durch Verbindungsaufnahme aus unterschiedlichen Räumen. Auch die Therapeuten nehmen verschiedene Verbindungsmöglichkeiten wahr – entweder einzeln, als Gruppe oder in Teilgruppen, aus ihrem professionellen Raum oder von zu Hause. Die Fülle an Informationen, die durch den sichtbaren Raum jedes Teilnehmers vermittelt wird, beeinflusst den Verlauf der Sitzung. Therapeuten müssen sich dieser Dynamik bewusst sein und beobachten, was geschieht, um diese Informationen therapeutisch zu nutzen oder gegebenenfalls Ablenkungen zu neutralisieren.

So könnte ein Hund, der während der Sitzung vor dem Bildschirm der Eltern vorbeigeht, eine Reaktion eines anderen Teilnehmers hervorrufen, der ebenfalls einen Hund hat, was zu einem Gespräch über Hunde führt und die Sitzung von ihrem ursprünglichen Thema ablenkt. Solche Momente können jedoch auch eine Chance für fruchtbare Dialoge bieten – etwa, wie die Anwesenheit eines Haustiers familiäre Beziehungen in einer bestimmten Familie vermittelt und in einer anderen nicht. In manchen Fällen könnte dieses Ereignis den Dialog jedoch auch „stören“. Während Therapeuten in ihrem professionellen Raum die Verantwortung tragen, den Rahmen der Sitzung zu gestalten und von äußeren Störungen zu schützen, teilen sie diese Verantwortung im virtuellen Raum mit den Klienten. Letztere entscheiden, welche Aspekte ihres häuslichen Umfelds sie einblenden und wie sie sich präsentieren.

Alle Teilnehmer der Online-Multifamilientherapie beobachten gleichzeitig, was in den einzelnen Fenstern passiert, und können Dinge wahrnehmen, die den Therapeuten möglicherweise entgehen. In der Online-Therapie stellt die Anwesenheit von zwei oder mehr Therapeuten eine wertvolle Ressource dar, die die Wahrnehmung und das Eingreifen während der Sitzung erleichtert. Es ist daher wichtig, zu Beginn des Programms klarzustellen, wie die Therapeuten ihre Verantwortung in Bezug auf das Online-Setting und die Struktur der Sitzung wahrnehmen. Dies betrifft nicht nur die Regeln zur Funktionsweise der Gruppe, die im Zustimmungsformular festgelegt sind, sondern auch klare Grenzen für den virtuellen Raum. Dazu gehört unter anderem, dass Teilnehmer abwechselnd sprechen, Mikrofone stummgeschaltet werden, wenn man nicht spricht, keine Bilder ohne Zustimmung gemacht werden und externe Störungen wie Telefonanrufe oder Nachrichten vermieden werden.

Gleichzeitig wird das Setting in der Online-Therapie viel stärker kollaborativ mit den Teilnehmern zusammen konstruiert, als dies in der Präsenztherapie der Fall ist. Diese fließende Konstruktion von Grenzen fördert eine tiefere therapeutische Beziehung und ein stärkeres Gefühl von Kontrolle und Handlungsfähigkeit bei den Teilnehmern, was wiederum die aktive Teilnahme und das Teilen schwieriger Emotionen begünstigen kann (Simpson et al., 2020). Wie Cronin et al. (2021) berichten, hat das Etablieren einer Struktur für die Online-Sitzungen, das Entwickeln neuer Rituale und das Reflektieren über die eigene Praxis den Therapeuten geholfen, ihre Ängste zu reduzieren, die Verbindung zu den Teilnehmern zu stärken und ihre Kreativität zu steigern.

Ein zentrales Thema der Online-Therapie ist der Datenschutz, der von Therapeuten oft als eines der größten Anliegen wahrgenommen wird, von den Klienten jedoch weniger problematisiert wird (Borcsa et al., 2021). Therapeuten bitten ihre Klienten, einen sicheren und ruhigen Ort für die Verbindung zu wählen, ohne Störungen durch andere Personen. In der Praxis lässt sich jedoch nicht immer vollständig kontrollieren, inwieweit dieser Wunsch erfüllt wird (Albertini, 2020). In der Online-Familien- und Multifamilientherapie wird das Thema Datenschutz jedoch in einem anderen Licht betrachtet, da das primäre Ziel darin besteht, dass alle Familienmitglieder an der Therapie teilnehmen. Die Online-Modalität bietet auch der oft zögerlichen jüngeren Generation eine Möglichkeit, unaufdringlich an der Sitzung teilzunehmen, was ein flexibles Engagement ermöglicht.

Ein Aspekt, der von Therapeuten häufig angesprochen wird, ist der Wechsel in den Gesprächsinhalten innerhalb der Online-Gruppe. Es gibt eine Tendenz hin zu alltäglichen Schwierigkeiten, praktischen Problemen und zukünftigen Sorgen, anstatt sich auf Diagnosen, Symptome und Medikamente zu konzentrieren. Gleichzeitig sinkt die Anzahl der Fragen, die an die Therapeuten gerichtet werden, während die zwischenmenschliche Neugier steigt. Das häusliche Umfeld, das sich deutlich von den Besprechungsräumen in Krankenhäusern oder Kliniken unterscheidet, prägt die Diskurse und lenkt den Fokus auf das tägliche Leben statt auf Psychopathologie. Dieser Kontextwechsel führt zu veränderten Inhalten und Beziehungen (Bertrando, 2000).

Darüber hinaus bietet die Online-Therapie den Therapeuten mehr Gelegenheit, sich mit dem Kontext jeder Familie vertraut zu machen, indem sie Details aus deren häuslicher Umgebung beobachten. Die Wahrnehmung von Zeit und deren Fluss verändert sich ebenfalls in Online-Sitzungen. Bildschirmmüdigkeit (Bailenson, 2021) kann dazu führen, dass kürzere Sitzungen als üblich abgehalten werden oder dass eine Pause in der Mitte der Sitzung eingelegt wird. Pausen in Online-Sitzungen unterscheiden sich jedoch von denen in Präsenzgruppen. Während diese in Präsenzsitzungen oft als Gelegenheit für informelle Begegnungen und Gespräche unter den Teilnehmern genutzt werden – was den Gruppenzusammenhalt und den sozialen Kontakt stärkt – werden in den Online-Sitzungen Video und Mikrofone meist ausgeschaltet. Einige Mitglieder der Familien entscheiden sich jedoch, während der Pausen weiterhin in Kontakt zu bleiben und informelle Gespräche zu führen, insbesondere in der späteren Phase der Gruppe, wenn sie sich sicherer und vertrauter fühlen.

Schließlich stellt die Durchführung von Rollenspielen und analogischen Übungen in der Online-Therapie eine größere Herausforderung dar als in Präsenzsitzungen, ist jedoch keineswegs unmöglich. Rollenspiele, die in der A-MFGT eine der zentralen erfahrungsorientierten Übungen darstellen, können auch online durchgeführt werden. Bei solchen Übungen spielen Teilnehmer Situationen nach, die in ihrer Familie von Bedeutung sind, und erhalten Rückmeldungen und Ratschläge von den anderen Gruppenmitgliedern. In Präsenzsitzungen werden diese Übungen durch die räumliche Anordnung und die Sitzordnung erleichtert, während dies im virtuellen Raum durch die Anordnung der Bildschirme und die Distanz zwischen den Teilnehmern verändert wird.

Psychologische Interventionen bei Krebspatientinnen: Einfluss von Online- und Fernbehandlung auf die Lebensqualität

Die psychische Belastung von Frauen, die an Brustkrebs erkrankt sind, ist häufig ebenso schwerwiegend wie die physischen Herausforderungen der Krankheit selbst. Psychologische Interventionen, die sowohl traditionell als auch über Fernbehandlungsmethoden durchgeführt werden, haben sich als wirksam erwiesen, um die Lebensqualität dieser Patientinnen zu verbessern. Verschiedene Studien zeigen, dass insbesondere psychoedukative Unterstützung und die Integration von modernen Medien in die Therapie positive Auswirkungen auf die psychische Gesundheit haben können. Dabei spielen nicht nur die unmittelbaren psychologischen Effekte eine Rolle, sondern auch die langfristige Anpassung an die Krankheit und die Verbesserung der Lebensqualität nach der Behandlung.

Die Forschung belegt, dass psychologische Interventionen auf unterschiedlichen Ebenen wirken. Sie fördern nicht nur das allgemeine Wohlbefinden, sondern helfen auch, die physiologischen Auswirkungen von Stress abzubauen, indem sie biologische Mediatoren wie Immunfunktionen und Hormonspiegel beeinflussen. In einer Studie von McGregor und Antoni (2009) wurde deutlich, dass Stressreduktion und psychologische Unterstützung nach der Diagnose und Behandlung von Brustkrebs zu einer besseren gesundheitlichen Gesamtlage führen können. Es zeigt sich, dass psychologische Therapie die Fähigkeit der Patienten stärkt, mit den emotionalen und körperlichen Belastungen der Krankheit umzugehen, was sich wiederum positiv auf ihre Lebensqualität auswirkt.

Ein zentraler Aspekt solcher Interventionen ist die psychosoziale Unterstützung, die über verschiedenste Kanäle, einschließlich Online- und Fernbehandlungsplattformen, angeboten wird. So zeigte eine Untersuchung von Özkan et al. (2018), dass webbasierte Interventionen für Brustkrebspatientinnen eine signifikante Verbesserung der psychischen Gesundheit nach der primären Behandlung bewirken können. Besonders für Frauen in ländlichen Regionen oder in Situationen, in denen der Zugang zu traditionellen Therapieformen eingeschränkt ist, bieten diese digitalen Formate eine wertvolle Ergänzung oder sogar eine Alternative zur klassischen Psychotherapie.

Ein weiterer wichtiger Bereich der psychologischen Interventionen ist die Gruppentherapie, die sowohl in Präsenz als auch über digitale Kanäle durchgeführt wird. Studien zu virtuellen Gruppendynamiken (McKenna & Green, 2002) und die Analyse von Therapieallianzen in Videokonferenzen (Simpson & Reid, 2014) zeigen, dass psychologische Unterstützung in einer Gruppe nicht nur den Austausch von Erfahrungen fördert, sondern auch das Gefühl der Gemeinschaft stärkt, was besonders für Krebspatientinnen von großer Bedeutung ist. Diese Art der Unterstützung hilft nicht nur, den emotionalen Stress zu lindern, sondern ermöglicht auch eine nachhaltige Bewältigung der Krankheit und ihrer Folgen.

Die telemedizinische Betreuung, die vor allem während der COVID-19-Pandemie einen Boom erlebte, hat sich als effektive Methode erwiesen, um psychische Hilfe zu leisten. Während dieser Zeit wurden viele psychotherapeutische Sitzungen auf digitale Formate umgestellt, was nicht nur den Zugang zur Therapie für viele Patientinnen erleichterte, sondern auch zu einer höheren Flexibilität und einem breiteren Spektrum an therapeutischen Möglichkeiten führte. Untersuchungen von Shklarski et al. (2021) und Probst et al. (2021) belegen, dass sowohl Patienten als auch Therapeuten die Vorteile dieser Online-Formate erkennen, insbesondere in ländlichen Gebieten oder bei Menschen, die Schwierigkeiten haben, traditionelle Therapien in Anspruch zu nehmen.

Es ist jedoch zu beachten, dass nicht alle Patienten die gleichen Vorteile aus Fernbehandlungen ziehen. Faktoren wie die technische Kompetenz der Patienten, die Qualität der Verbindung und die Art der psychischen Erkrankung spielen eine wichtige Rolle bei der Wirksamkeit der Behandlung. Während die Vorteile der Fernbehandlung unbestreitbar sind, ist es entscheidend, diese Interventionen mit traditionellen Methoden zu kombinieren, um eine umfassende und individuell abgestimmte Betreuung zu gewährleisten.

Neben der Durchführung von Interventionen auf individueller Ebene, ist es auch wichtig, den Einfluss der Erkrankung auf die Familie und das soziale Umfeld der Patientinnen zu berücksichtigen. In der Arbeit von Steinglass et al. (2011) wird die Bedeutung von Familien in der Bewältigung der Krebserkrankung hervorgehoben. Besonders bei der Anwendung von systemischen Ansätzen, wie zum Beispiel der Multiple-Family-Gruppentherapie, profitieren nicht nur die Patienten selbst, sondern auch ihre Familienmitglieder von der Einbindung in den therapeutischen Prozess. Diese Herangehensweise fördert nicht nur die Resilienz der betroffenen Frauen, sondern stärkt auch die sozialen Bindungen, die für die langfristige Genesung unerlässlich sind.

Wichtig für die erfolgreiche Integration von psychologischen Interventionen ist auch das Verständnis der Bedeutung von Resilienz und positiven Emotionen im Heilungsprozess. Forschungen von Tugade und Fredrickson (2004) zeigen, dass resilientere Individuen in der Lage sind, sich von negativen Erfahrungen besser zu erholen, indem sie positive Emotionen gezielt einsetzen. Dies wird insbesondere durch psychoedukative Programme unterstützt, die den Patientinnen helfen, ihre emotionale Resilienz zu stärken und besser mit den Herausforderungen der Krankheit umzugehen.

Die Verfügbarkeit von psychoedukativen Programmen und die Anwendung moderner Technologien bieten also nicht nur einen praktischen Nutzen, sondern auch eine wichtige Erweiterung der psychologischen Unterstützungsmöglichkeiten für Krebspatientinnen. Es ist jedoch entscheidend, dass diese Interventionen in einem integrativen und interdisziplinären Kontext angeboten werden, um die bestmöglichen Ergebnisse für die Patientinnen zu erzielen. Die Herausforderung besteht darin, diese innovativen Ansätze kontinuierlich zu evaluieren und weiterzuentwickeln, um den sich wandelnden Bedürfnissen der Patientinnen gerecht zu werden.

Wie beeinflusst nonverbale Kommunikation und physiologische Aktivierung die Qualität von Online-Supervision und klinischer Interaktion?

Die Rolle nonverbaler Kommunikation in der menschlichen Interaktion wird häufig unterschätzt, wenn der Fokus ausschließlich auf den verbalen Inhalten liegt. Dialog besteht jedoch nicht nur aus Worten, sondern auch aus verkörperten Handlungen. Forschungsergebnisse aus der Psychotherapie legen nahe, dass Menschen auf verkörperte Elemente der Kommunikation oft stärker reagieren als auf den bloßen verbalen Inhalt. So achten Gesprächspartner auf Prosodie – also Tonhöhe, Rhythmus und Klangfarbe der Stimme –, Körperhaltung, Gestik und Mimik. Diese nonverbalen Faktoren haben einen maßgeblichen Einfluss auf die Bedeutungsbildung und auf zwischenmenschliche Beziehungen.

Besonders die Prosodie spielt eine wichtige Rolle in emotional sensiblen Gesprächen. Ein weicher Sprachstil, gekennzeichnet durch Pausen, geringere Lautstärke, langsameren Rhythmus und sanfte Intonation, fördert Vertrauen, Zugehörigkeit und schafft ein interaktives Klima, das den Austausch über sensible Themen begünstigt. Pausen und Stille geben den Gesprächspartnern Raum, über Gedanken und Gefühle nachzudenken, neue Formulierungen zu finden und anspruchsvolle Fragen zu stellen. Diese prosodischen Merkmale, die Reflexion ermöglichen, können therapeutische Veränderungen begünstigen.

Neben den sichtbaren und hörbaren Verhaltensweisen rückt die Forschung zunehmend auch physiologische Reaktionen der Teilnehmer in den Fokus. In der Psychotherapie etwa wird eine hohe parasympathische Aktivität während der Sitzung mit einer guten therapeutischen Allianz assoziiert. Erfahrene Beratung führt bei Klient*innen häufig zu einer erhöhten parasympathischen Aktivität, was auf eine Reduktion ihres Stressniveaus hinweist. Die Verbindung zwischen Aktivität des autonomen Nervensystems und der Qualität des Dialogs ist jedoch komplex und wird von vielen Faktoren beeinflusst. Psychophysiologische Studien zur klinischen Kommunikation sind hauptsächlich deskriptiv, eine stabile Forschungstradition ist bisher nicht etabliert.

Eine Fallstudie in der Paartherapie zeigte, dass physiologische Erregungsmuster, gemessen über die Hautleitfähigkeit, sich im Verlauf der Sitzung verändern: In ambivalenten Momenten, in denen wichtige Themen vermieden wurden, waren alle Beteiligten erregt, während in Momenten, in denen die Kernprobleme angesprochen und gemeinsam verarbeitet wurden, die Erregung niedrig war. Dieses Ergebnis unterstützt die Auffassung, dass Bewusstsein über die Wirkung des Verhaltens von Fachpersonen auf das Erregungsniveau der Patient*innen hilfreich sein kann, insbesondere wie unterschiedliche Kommunikationsstile die Erregung bei Stress beeinflussen.

Die vorgestellten empirischen Untersuchungen basieren auf 24 videografierten Online-Supervisionssitzungen mit Gruppen von 7 bis 9 Teilnehmerinnen, die in öffentlichen psychosozialen Diensten tätig sind. Die Sitzungen fanden auf der Plattform Zoom statt, wobei alle Teilnehmerinnen individuell von ihrem Büro aus zugeschaltet waren. Zur Erfassung der physiologischen Aktivierung wurden Herzfrequenz und Herzfrequenzvariabilität mit Puls-Oximetern gemessen und mit spezifischer Software analysiert. Hohe Herzfrequenzvariabilität steht dabei für parasympathische Aktivierung, welche Entspannung und Erholung signalisiert, während niedrige Werte mit Stress verbunden sind.

Die Kombination aus multimodaler Videoanalyse und physiologischer Messung eröffnet eine tiefergehende Perspektive auf die Dynamiken in Online-Supervisionen. Technologische Einflüsse auf die Interaktion zeigen sich insbesondere in Momenten von Unterbrechungen und Störungen, die selbst zum Thema der Gespräche werden können. Die qualitativen Analysen konzentrierten sich dabei auf solche Sitzungen, die von den Teilnehmenden als besonders positiv oder kritisch hinsichtlich der Arbeitsbeziehung bewertet wurden.

Es ist essentiell, nicht nur die verbale Kommunikation, sondern auch deren nonverbale und physiologische Begleiterscheinungen als integrale Bestandteile des zwischenmenschlichen Austauschs zu verstehen. Gerade in digitalen Umgebungen, in denen viele nonverbale Signale schwerer wahrnehmbar sind, gewinnt das Bewusstsein für diese Ebenen an Bedeutung. Die Qualität der Beziehung und des Dialogs wird durch das Zusammenspiel von Sprache, Körpersprache und körperlichen Reaktionen geprägt. Reflexion, Vertrauen und emotionale Sicherheit können so auch in Online-Settings gefördert werden.

Darüber hinaus muss berücksichtigt werden, dass physiologische Reaktionen individuell verschieden und kontextabhängig sind. Stressreaktionen, Entspannung und die Fähigkeit zur Reflexion beeinflussen sich gegenseitig in einem dynamischen Prozess, der von der Gestaltung des Kommunikationsraums und der Kompetenz der Beteiligten abhängt. Technologische Bedingungen, wie Bild- und Tonqualität oder technische Störungen, wirken sich zusätzlich auf das Erleben und die Interaktion aus.

Die Erkenntnisse unterstreichen die Notwendigkeit, in der Ausbildung und Praxis die Bedeutung multimodaler Kommunikationsaspekte verstärkt zu thematisieren. Ein umfassendes Verständnis dieser Zusammenhänge kann dazu beitragen, Online-Supervisionen und klinische Gespräche wirksamer zu gestalten und die Arbeitsbeziehungen auch unter den Bedingungen digitaler Medien zu stärken.

Wie sich die therapeutische Allianz in der Online-Therapie entwickelt: Herausforderungen und Chancen

Im virtuellen Raum, der durch Telemedizin und Online-Therapie zunehmend an Bedeutung gewinnt, kommen neue, bislang unbekannte Dimensionen der therapeutischen Beziehung und der klinischen Praxis zum Vorschein. Die Therapeuten und Klienten befinden sich nicht mehr physisch im selben Raum, sondern sind durch Bildschirme verbunden, was sowohl neue Chancen als auch Herausforderungen mit sich bringt. Dies ist insbesondere während der COVID-19-Pandemie deutlich geworden, als viele Therapeuten und Klienten gezwungen waren, den digitalen Raum als neuen Ort der Interaktion zu akzeptieren. Ein zentrales Konzept, das dabei immer wieder auftaucht, ist die therapeutische Allianz, also die Beziehung zwischen Therapeut und Klient, die als einer der entscheidendsten Faktoren für den Erfolg einer psychotherapeutischen Behandlung gilt.

Ein interessantes Beispiel für die Dynamik einer Online-Therapiesitzung wird von Laurie L. Charlés in ihrer Arbeit beschrieben. Sie schildert eine Momentaufnahme einer Sitzung mit ihrer Klientin Giovanna, die während der Sitzung ihr Abendessen, bestehend aus einem Salat, zu sich nimmt. Diese banale Szene zeigt auf eine sehr greifbare Weise, wie unterschiedlich die Bedingungen in einer Online-Therapie sind. In einem traditionellen Setting wäre es unüblich, dass ein Klient während der Sitzung eine Mahlzeit zu sich nimmt, da der Therapeut und der Klient in einem physischen Raum miteinander interagieren und eine gewisse Etikette oder Struktur wahren müssen. In der Online-Therapie jedoch verändert sich dieses Bild. Die Sitzung findet in der „Wohnwelt“ des Klienten statt, in seiner privaten Umgebung, die sich von der des Therapeuten unterscheidet. Die Frage, welche Informationen im Rahmen der Therapie relevant sind und welche nicht, gewinnt eine neue Bedeutung. Das Beispiel des Salatdressings, das ins virtuelle Nirgendwo verschwindet, ist dabei kein bloßes Detail, sondern ein symbolischer Moment, der die Notwendigkeit verdeutlicht, zwischen therapeutischer und persönlicher Neugier zu unterscheiden.

In der Online-Therapie muss der Therapeut die Entscheidung treffen, welche Aspekte der Umgebung des Klienten für den therapeutischen Prozess von Bedeutung sind. Während das Salatdressing in diesem Fall keine Relevanz für das therapeutische Gespräch hat, könnten andere Details – wie die emotionalen Reaktionen des Klienten auf die Umgebung oder das Setzen von Grenzen im virtuellen Raum – tiefere Einblicke in die psychischen Prozesse des Klienten bieten. Diese Entscheidungen sind nicht immer einfach und erfordern eine hohe Sensibilität und Achtsamkeit des Therapeuten.

Ein weiteres zentrales Element, das in der Online-Therapie eine Rolle spielt, ist die Zugänglichkeit. Im Gegensatz zur traditionellen Therapie, bei der der Therapeut und der Klient einen gemeinsamen physischen Raum teilen, bringt die virtuelle Therapie eine neue Dimension der Zugänglichkeit mit sich. Der Klient befindet sich in seiner gewohnten Umgebung, was sowohl Vor- als auch Nachteile mit sich bringt. Einerseits kann dies dazu beitragen, dass sich der Klient wohler fühlt und in einer Umgebung, die er kontrollieren kann, offener spricht. Andererseits bringt es die Herausforderung mit sich, dass der Therapeut den Klienten nicht vollständig in seiner physischen und sozialen Umgebung wahrnehmen kann, was in einigen Fällen zu Missverständnissen führen kann.

In der Online-Therapie ist es von entscheidender Bedeutung, dass die therapeutische Allianz nicht nur auf der Ebene des Gesprächs, sondern auch in Bezug auf die technische Ebene gepflegt wird. Technische Probleme oder eine mangelhafte Verbindung können das Gefühl der Nähe und Intimität zwischen Therapeut und Klient beeinträchtigen und somit das Vertrauen und die Qualität der Therapie beeinflussen. Daher ist es wichtig, dass Therapeuten und Klienten im Vorfeld klare Erwartungen an die technischen Aspekte der Sitzung haben und sich über mögliche Schwierigkeiten im Umgang mit der Technologie bewusst sind.

Es ist auch relevant, die Rolle der „virtuellen Präsenz“ zu betrachten. In einer Online-Sitzung ist die physische Präsenz des Therapeuten für den Klienten auf den Bildschirm begrenzt. Dies kann zu einer veränderten Wahrnehmung der Beziehung führen, die sowohl das Gefühl der Intimität als auch die therapeutische Wirksamkeit beeinflussen kann. Für den Therapeuten kann die eingeschränkte visuelle und auditive Wahrnehmung des Klienten zu einer größeren Herausforderung werden, da nonverbale Signale, die in einer Face-to-Face-Sitzung leicht erkennbar wären, in der Online-Therapie oft nur schwer zu deuten sind.

Es wird oft betont, dass die therapeutische Allianz in der Online-Therapie genauso stark sein kann wie in einer traditionellen Sitzung, wenn der Therapeut aktiv darauf achtet, den Klienten zu verstehen und mit Empathie und Klarheit zu reagieren. Dabei geht es nicht nur um die gesprochenen Worte, sondern auch um die Art und Weise, wie der Therapeut den virtuellen Raum gestaltet und die Interaktion zwischen beiden Parteien fördert.

Wichtiger Bestandteil der Online-Therapie ist ebenfalls die Frage der Sicherheit. Klienten müssen darauf vertrauen können, dass ihre Daten sicher sind und ihre Privatsphäre gewahrt bleibt. Daher sollten sowohl Therapeuten als auch Klienten sicherstellen, dass sie die richtigen Sicherheitsvorkehrungen treffen, wie etwa die Verwendung sicherer Kommunikationsplattformen und die Einhaltung von Datenschutzrichtlinien.

Für die Therapie im digitalen Raum sind fortwährend Entwicklungen notwendig, um die Erfahrungen von Klienten zu verbessern. Die Herausforderung besteht darin, nicht nur den technologischen Fortschritt zu integrieren, sondern auch die menschlichen und zwischenmenschlichen Aspekte der Therapie zu bewahren. Es erfordert kontinuierliche Reflexion und Anpassung, wie sich der therapeutische Prozess auf einer technischen und interpersonellen Ebene entwickelt.