Die Afrikanische Kontinentale Freihandelszone (AfCFTA) verfolgt das Ziel, den intra-afrikanischen Handel zu stärken, um die Entwicklung des Kontinents voranzutreiben und eine nachhaltige Prosperität zu gewährleisten. Dieser Ansatz, obwohl stark von den herkömmlichen rechtlichen und entwicklungspraktischen Rahmenbedingungen abhängig, ist eine Reaktion auf die wiederkehrenden wirtschaftlichen Herausforderungen, mit denen viele afrikanische Länder konfrontiert sind. Trotz der Potenziale zur Förderung des Handels und der wirtschaftlichen Integration ist die Umsetzung der AfCFTA nicht ohne Herausforderungen.

Die regionalen Integrationsansätze Afrikas sind tief verwurzelt in der Geschichte des Kontinents. Sie haben ihre Wurzeln in der Dekolonialisierung und dem Streben nach Unabhängigkeit, wobei viele dieser Ansätze ursprünglich als Teil des größeren Projekts der panafrikanischen Solidarität und Zusammenarbeit angesehen wurden. Doch wie die Vergangenheit gezeigt hat, waren viele dieser Initiativen von Schwierigkeiten geprägt. Zu den wiederkehrenden Problemen gehören nicht nur politische Instabilität und Korruption, sondern auch unzureichende Infrastrukturen, unzuverlässige Transportwege und schwierige Zoll- und Handelsverfahren, die den Handel zwischen afrikanischen Ländern erheblich einschränken.

Die AfCFTA ist der jüngste Versuch, diese Hemmnisse zu überwinden, indem sie einen gemeinsamen Markt für Waren und Dienstleistungen schafft und so den Handel innerhalb Afrikas anregt. Das Abkommen setzt auf den Abbau von Zöllen und anderen Handelsbarrieren und schafft ein günstigeres Umfeld für Investitionen und die Schaffung von Arbeitsplätzen. Es wird jedoch zunehmend deutlich, dass der Erfolg der AfCFTA nicht nur von der wirtschaftlichen und infrastrukturellen Zusammenarbeit abhängt, sondern auch von der politischen Stabilität und der Bereitschaft der einzelnen Mitgliedsstaaten, ihre nationalen Interessen zugunsten der regionalen Zusammenarbeit zu überdenken.

Trotz des Ambitionsgrades von AfCFTA ist die Praxis der regionalen Integration in Afrika von Natur aus komplex. Sie steht immer wieder vor Herausforderungen, wie etwa der Überproduktion von Rohstoffen, die auf den globalen Märkten oft einem Preisverfall unterliegen. Diese wirtschaftlichen Bedingungen erfordern von den afrikanischen Ländern nicht nur eine Zusammenarbeit auf politischer Ebene, sondern auch eine wirtschaftliche Diversifizierung, um weniger von den schwankenden Preisen der Rohstoffe abhängig zu werden. Die Schaffung eines Binnenmarktes für Waren und Dienstleistungen kann in diesem Zusammenhang als eine Chance angesehen werden, die wirtschaftliche Abhängigkeit vom globalen Norden zu verringern.

Ein weiteres wichtiges Element, das die AfCFTA von früheren Integrationsversuchen unterscheidet, ist die Betonung der sozialen und politischen Verantwortung für eine gerechte Entwicklung. In diesem Zusammenhang hat Afrika im Bereich der internationalen Entwicklung und des Rechts einen wesentlichen Beitrag geleistet. Die Einführung des „Rechts auf Entwicklung“ in der Afrikanischen Charta der Menschenrechte und der Völkerrechte von 1981 war ein bedeutender Schritt. Dieser Rechtsanspruch auf Entwicklung wurde zum ersten Mal in einem internationalen Rahmen als „verbindliches Recht“ festgelegt und bietet einen rechtlichen Mechanismus zur Durchsetzung von Entwicklungszielen.

Obwohl dieser Ansatz in der globalen Gemeinschaft, insbesondere im Westen, noch auf Widerstand stößt, ist er von großer Bedeutung für die afrikanischen Länder. In der Praxis zeigt sich dieser rechtliche Rahmen als ein wichtiger sozialrechtlicher und politischer Bezugspunkt für Entwicklungsgemeinschaften innerhalb des Kontinents. Afrikas Rolle als Vorreiter in der rechtlichen Verankerung des Entwicklungsrechts hat Auswirkungen über den Kontinent hinaus und beeinflusst zunehmend die internationalen Diskussionen über Entwicklungspraktiken und -normen.

Trotz dieser Fortschritte bleibt die Debatte über die Umsetzung des Rechts auf Entwicklung auf globaler Ebene weiterhin von Unklarheiten und Widerstand geprägt, insbesondere aufgrund der Positionen westlicher Länder. Dieser Widerstand zeigt sich auch in der Tatsache, dass viele westliche Nationen weiterhin zögern, verbindliche rechtliche Verpflichtungen zur Umsetzung der Entwicklungsziele einzugehen. Dennoch hat Afrika in der Vergangenheit gezeigt, dass politische Entschlossenheit und rechtliche Instrumente, wie die AfCFTA, auch unter schwierigen Bedingungen einen bedeutenden Fortschritt für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung des Kontinents bringen können.

Wichtig zu betonen ist, dass der Erfolg der AfCFTA nicht nur von der Umsetzung von Handelsabkommen abhängt, sondern auch von der Fähigkeit der afrikanischen Länder, die wirtschaftlichen und politischen Strukturen zu stärken, die für eine erfolgreiche Integration notwendig sind. Dabei spielen institutionelle Reformen und eine verstärkte Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Korruption und Misswirtschaft eine zentrale Rolle. Nur durch eine tiefgreifende Transformation der politischen und wirtschaftlichen Systeme kann die AfCFTA ihr Potenzial vollständig entfalten und einen nachhaltigen Beitrag zur Entwicklung Afrikas leisten.

Wie internationale Institutionen die Weltordnung gestalten und verändern

Internationale Institutionen, die in imposanten Gebäuden wie dem Weltbankgebäude in Washington oder dem UN-Hauptquartier in Manhattan untergebracht sind, werden oft als monolithische Gebilde betrachtet. Diese Architektur vermittelt jedoch ein falsches Bild davon, wie diese Institutionen tatsächlich Macht ausüben. Der wahre Mechanismus ihrer Autorität ist nicht so sehr in einem festen Gebäude zu finden, sondern in einem vielschichtigen Netzwerk von oft unpassend zusammenkommenden Elementen. Diese Netzwerke bilden die Grundlage für das komplexe Zusammenspiel von Normen, Praktiken und Wissensbeständen, die von internationalen Institutionen über längere Zeiträume hinweg entwickelt werden.

Die Ausübung von Macht durch internationale Institutionen erfolgt durch eine Vielzahl von Praktiken, die in unterschiedlichen historischen Phasen und aus verschiedenen politischen Kontexten heraus entstanden sind. Diese Praktiken können sich überlagern, wobei ältere, noch bestehende Praktiken mit neuen, aufkommenden Praktiken interagieren. Das Verständnis dieser zeitlichen Komplexität, wie Institutionen mit Praktiken arbeiten, die zu unterschiedlichen Zeiten und für verschiedene Zwecke entwickelt wurden, ist entscheidend, um die Dynamik internationaler Organisationen zu begreifen.

Viele internationale Institutionen spielen eine zentrale Rolle in der kontinuierlichen Neugestaltung der Welt, insbesondere im Bereich der Entwicklungsprojekte. Diese Projekte, die ständig im Wandel sind und häufig heftig umstritten werden, machen internationale Institutionen zu Brennpunkten des Konflikts über die Deutung von Entwicklung und deren Beziehung zu internationalem Recht. So betrachtet Guy Fiti Sinclair diese Institutionen als „Werkzeuge und (immer mehr) als Ursprung von internationalem Recht“, welche eine Schlüsselrolle bei der Umgestaltung der Weltordnung spielen.

Ein Beispiel für die Entwicklung institutioneller Normen und Praktiken wird im Beitrag von Philipp Dann zur internationalen Entwicklungsgesetzgebung deutlich. Dann zeigt auf, dass das Recht der Entwicklung zunächst im 19. Jahrhundert seine Ursprünge hatte, aber erst in den 1950er Jahren in seiner formellen Gestalt manifest wurde. Ein markanter Wendepunkt in der Entwicklung dieses Rechts war die Reaktion auf die Neue Internationale Wirtschaftsordnung (NIEO) und die Ölkrise nach 1975, die zu einer „managerialen“ Ausrichtung führte. Dieser Rechtsrahmen diente nicht nur dazu, Entwicklung zu rationalisieren und zu legitimieren, sondern auch, um eine rechtliche Grundlage für die Praxis der Entwicklung auf globaler Ebene zu schaffen.

Von besonderem Interesse ist die Transformation des internationalen Entwicklungsrechts seit etwa 2015, als sich ein neuer Reflexivitätsansatz herauskristallisierte, der in engem Zusammenhang mit digitalen Transformationen steht. Dieser neue Ansatz unterscheidet sich deutlich von früheren Gegenhegemoniebewegungen, da er vor allem durch technologische Entwicklungen beeinflusst wird. Dieses Entwicklungsrecht spiegelt nicht nur die Veränderungen der globalen Ordnung wider, sondern spielt auch eine aktive Rolle in deren Gestaltung.

Die internationalen Finanzinstitutionen wie der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Weltbank, die nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem Ziel gegründet wurden, den globalen wirtschaftlichen Wiederaufbau zu unterstützen, haben sich längst zu Akteuren entwickelt, die weit über ihre ursprünglichen Funktionen hinausgehen. Diese Institutionen sind maßgeblich an der Durchsetzung von Entwicklungsvorstellungen beteiligt, insbesondere durch ihre Kreditvergabepraktiken und die damit verbundenen Bedingungen. Die Bedingungen für Kredite, die häufig an Entwicklungs- und Schwellenländer im Globalen Süden gestellt werden, sind oft ein Instrument zur Ausübung von Kontrolle und Überwachung. In diesem Kontext ist die angebliche „Apolitik“ dieser Institutionen ein viel diskutiertes Thema. Tatsächlich haben sie durch ihre Technokraten und die Implementierung von „guter Regierungsführung“ politische Probleme depolitisiert, indem sie diese als technische Herausforderungen darstellten, die nur durch Fachleute gelöst werden können.

Der Beitrag von Nicolás Perrone beleuchtet die Auswirkungen des internationalen Handelsrechts und -praktiken auf die Deindustrialisierung des Südens. Er argumentiert, dass die Gesetze, die das kapitalistische Wirtschaftswachstum im globalen Norden ermöglichten, nicht durch das Prinzip des freien Handels oder des Privateigentums bedingt waren, sondern durch koloniale Beziehungen und die Ausbeutung von Ressourcen im Globalen Süden. Diese historischen Handelsstrukturen haben langfristige und schädliche Auswirkungen auf die Entwicklung der Länder des Globalen Südens.

Ein zentrales Thema, das sich durch diese Analysen zieht, ist die ständige Umgestaltung und Neuausrichtung der internationalen Institutionen im Angesicht globaler Herausforderungen und Veränderungen. Diese Institutionen sind nicht statisch; sie entwickeln sich in Reaktion auf geopolitische Veränderungen, technologische Innovationen und die wachsende Bedeutung von nichtstaatlichen Akteuren. Es zeigt sich, dass die Entwicklung der internationalen Institutionen nicht nur das Ergebnis einer linearen Evolution ist, sondern vielmehr das Resultat von Kämpfen und Aushandlungsprozessen zwischen unterschiedlichen Akteuren und Interessen. Dabei werden bestehende Normen und Praktiken immer wieder hinterfragt und weiterentwickelt.

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Wie die Weltmeere für den Menschheitsschutz genutzt werden können: Eine Betrachtung der Herausforderungen und Chancen

Die Weltmeere spielen eine zentrale Rolle im ökologischen Gleichgewicht unseres Planeten. Ihr Schutz und ihre nachhaltige Nutzung sind unverzichtbar für das Wohl der gesamten Menschheit. Die Frage, wie man die Meere und ihre Ressourcen im Einklang mit den globalen Entwicklungszielen schützen und nutzen kann, hat daher nicht nur für Staaten, sondern auch für internationale Organisationen höchste Priorität. In diesem Kontext hat die Vereinten Nationen die Dekade der Ozeanwissenschaften (Ocean Decade) ins Leben gerufen, mit dem Ziel, das Verständnis und die Nutzung der Ozeane in einer Weise zu fördern, die die Bedürfnisse der Menschheit nachhaltig erfüllt.

Ein zentrales Thema, das im Zusammenhang mit der Nutzung der Meere immer wieder zur Sprache kommt, ist die Frage, wie das Meeresbodens und die Ressourcen unterhalb der Hochsee in einer friedlichen und verantwortungsvollen Weise genutzt werden können. Diese Diskussion, die erstmals in den späten 1960er Jahren von der UN-Generalversammlung angestoßen wurde, zielt darauf ab, das Hochseegebiet als gemeinsames Erbe der Menschheit zu betrachten, dessen Ressourcen nicht nur im Interesse einzelner Staaten, sondern aller Völker genutzt werden sollen. Der Aufruf von 1967 zur Reservierung des Meeresbodens für friedliche Zwecke und die nachhaltige Nutzung seiner Ressourcen hat seither an Relevanz gewonnen. In den letzten Jahrzehnten ist die Frage der Meeresnutzung zunehmend auch im Zusammenhang mit den UN-Nachhaltigkeitszielen (SDGs) behandelt worden, vor allem mit SDG 14, das sich mit dem Leben unter Wasser befasst.

Die Umsetzung von nachhaltigen Konzepten für die Nutzung der Ozeane erfordert ein tiefes Verständnis der interdisziplinären Natur der Meereswissenschaften. Der „Global Ocean Science Report 2020“ (GOSR2020) stellt fest, dass es enorme Unterschiede bei den Kapazitäten der Staaten gibt, die notwendige Meereswissenschaften zu fördern. Länder wie die USA, die ein Drittel der globalen Forschungsschiffe besitzen, führen die wissenschaftlichen Bemühungen an, während andere Länder mit begrenztem Zugang zu den erforderlichen Einrichtungen und Ressourcen kämpfen. Diese ungleiche Verteilung erschwert nicht nur den Zugang zu wichtigen wissenschaftlichen Erkenntnissen, sondern behindert auch die Umsetzung eines globalen Dialogs über den nachhaltigen Umgang mit den Ozeanen.

Die Unzulänglichkeit der finanziellen Mittel für die Meeresforschung stellt ein weiteres bedeutendes Hindernis dar. Der GOSR2020 berichtete, dass das Forschungskapital in den führenden Nationen auf diesem Gebiet unzureichend ist, um die bestehenden Wissenslücken zu schließen. Dies wird besonders deutlich, wenn man bedenkt, dass die USA allein mehr als 12 Milliarden US-Dollar für Meeresaktivitäten im Jahr 2016 ausgaben, während andere Länder wie Japan und Australien weitaus geringere Mittel bereitstellten. Für eine effektive Umsetzung der „Ocean Decade“ und die Erreichung der SDG 14 ist es entscheidend, dass die Finanzierung für die Meereswissenschaften auf globaler Ebene neu ausgerichtet und stabilisiert wird. Es ist daher notwendig, die Finanzierung sowohl aus staatlichen als auch aus privaten Quellen zu stärken, um sicherzustellen, dass innovative Lösungen zur Bewältigung der Herausforderungen der Ozeane entwickelt werden.

Ein weiteres wesentliches Thema in diesem Zusammenhang ist die Vision der „Seasteading“-Bewegung, die darauf abzielt, autonome Gemeinschaften auf schwimmenden Plattformen zu etablieren. Diese Bewegung stellt die Idee in den Vordergrund, neue politische und soziale Systeme auf dem offenen Meer zu entwickeln. Diese Vision bringt eine neue Dimension in die Diskussion um die Nutzung der Meeresflächen, da sie Fragen zu den rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen aufwirft, die in Zukunft möglicherweise zur Regelung des Lebens und der Ressourcennutzung auf den Ozeanen notwendig sein könnten.

Die Wissenschaft und Forschung zu den Ozeanen müssen daher nicht nur technologische Innovationen fördern, sondern auch interdisziplinäre Ansätze in den sozialen und politischen Bereichen integrieren. Die Herausforderung, die Meere zu schützen und nachhaltig zu nutzen, ist nicht nur eine technologische oder wissenschaftliche, sondern auch eine politische und soziale. Die internationale Zusammenarbeit spielt eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung der Ziele des „Ocean Decade“. Hierbei wird besonders die Bedeutung von Wissenstransfer und die Entwicklung von Forschungs- und Technologiekapazitäten in weniger entwickelten Ländern betont. Denn der Zugang zu wissenschaftlichem Wissen und die Fähigkeit, dieses Wissen in konkrete Maßnahmen umzusetzen, ist für viele Länder eine der größten Herausforderungen.

Die Umsetzung der „Ocean Decade“-Initiative ist ein langfristiger Prozess, der tiefgreifende Veränderungen in der Art und Weise erfordert, wie wir über die Ozeane denken und wie wir als globale Gemeinschaft mit ihnen umgehen. Es reicht nicht aus, den Ozean einfach zu schützen – es geht darum, ein neues, nachhaltiges Modell für die Nutzung und den Schutz der Meere zu entwickeln, das sowohl die natürlichen Systeme als auch die sozialen und wirtschaftlichen Bedürfnisse berücksichtigt. Dieses Modell muss auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren, aber auch die Bedürfnisse und Rechte aller Menschen weltweit in den Mittelpunkt stellen.

Die Herausforderung für die internationale Gemeinschaft liegt in der Umsetzung dieses Modells auf globaler Ebene. Dafür sind nicht nur politische Entscheidungen erforderlich, sondern auch ein starkes Engagement für die Förderung von Bildung, Forschung und Wissenstransfer. Nur durch eine enge Zusammenarbeit zwischen Staaten, internationalen Organisationen, der Wissenschaft und der Zivilgesellschaft kann die Vision eines nachhaltigen und gerechten Umgangs mit den Ozeanen Realität werden.

Die Rolle des internationalen Rechts in der globalen Ausbeutung: Eine kritische Analyse

Internationale Rechtsordnung wird oft als notwendiger Bestandteil einer zivilisierten Welt angesehen, die den Frieden und die Ordnung wahrt. Doch ein tieferer Blick auf die Strukturen und Mechanismen, die internationalem Recht zugrunde liegen, zeigt, dass es oft nicht nur die globalen Ungleichgewichte verstärkt, sondern auch aktiv an ihrer Schaffung und Reproduktion beteiligt ist. Der Blick auf das internationale Recht muss daher neu gefasst werden, um zu verstehen, wie es als Instrument zur Aufrechterhaltung kapitalistischer Ausbeutung und globaler Ungleichheit fungiert.

Internationale Normen, die als Grundlage für die Regelung globaler Beziehungen gelten, haben sich im Laufe der Geschichte oft als kraftvolle Mittel erwiesen, um die Ausbeutung von Menschen und Natur zu legitimieren. Dabei wird die internationale Rechtsordnung nicht nur als passives Instrument zur Förderung von Frieden und Stabilität betrachtet, sondern als aktiver Akteur in einem globalen System der Ungleichheit und Ausbeutung. Durch die Förderung von Eigentumsrechten, staatlicher Souveränität und ungehinderter Vertragsfreiheit hat das internationale Recht in enger Verbindung mit Kapitalismus gewirkt und zur Transformation der sogenannten "Gemeingüter" in Kapital beigetragen. Diese Transformation hat sowohl die Verarmung der breiten Massen als auch die Konzentration von Reichtum in den Händen weniger verstärkt.

Die Verflechtung des internationalen Rechts mit der kapitalistischen Wirtschaftsordnung ist besonders deutlich in den Strukturen sichtbar, die zur globalen Armut und extremen Ungleichheit führen. Eine der zentralen Fragen ist, ob das internationale Recht selbst ein Problem darstellt, das die Schaffung gerechterer und nachhaltigeren globaler Beziehungen verhindert, oder ob es die "Unfähigkeit" internationaler Juristen widerspiegelt, das Recht so umzustrukturieren, dass es soziale Gerechtigkeit und das Gemeinwohl fördert. Der Kapitalismus, als eine der Hauptursachen für die Ungleichheit, die durch internationales Recht weiter verstärkt wird, steht im Mittelpunkt dieser Kritik.

Die globalen institutionellen Strukturen, die nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffen wurden, um den Handel zu liberalisieren und Entwicklung zu fördern, haben sich als äußerst wirksam erwiesen, aber oft nur im Sinne der Interessen transnationaler Konzerne und Eliten. Diese Entwicklungspolitik – eine Mischung aus Privatisierungen, Finanzialisierung und freiem Handel – hat nicht nur die Menschen in den ärmeren Ländern ausgebeutet, sondern auch die lokalen Industrien zerstört und die Verfügbarkeit grundlegender Ressourcen wie Nahrung und Gesundheitsversorgung eingeschränkt. Die neoliberale Agenda, die durch das internationale Recht abgesichert wird, hat die Schaffung eines globalen Systems vorangetrieben, in dem der Wohlstand der wenigen eng mit der Armut der vielen verknüpft ist.

In einem solchen System werden Staaten und ihre Souveränität von globalen Kräften, insbesondere multinationalen Unternehmen und internationalen Finanzinstitutionen, zunehmend untergraben. Der sogenannte "Wohlstand" eines Landes wird oft zu einem Produkt der Ausbeutung seiner natürlichen Ressourcen und seiner Arbeitskräfte. Das internationale Recht spielt dabei eine zentrale Rolle, indem es Bedingungen schafft, die diese Ausbeutung rechtfertigen und schützen. Die zugrunde liegende Logik dieses Systems basiert auf der Idee eines unendlichen Wachstums auf einem endlichen Planeten, was zu einer ungleichen Verteilung von Ressourcen führt.

Der Zugang zu globalen Märkten und Ressourcen wird zunehmend von transnationalen Konzernen kontrolliert, die über internationalen Rechtsschutz und Handelsabkommen die Kontrolle über den "Wohlstand" der weniger entwickelten Länder übernehmen. Die Resultate dieser Politik sind verheerend: Landraub, Zerstörung von Umweltressourcen und eine fortschreitende Verschärfung der Armut in vielen Teilen der Welt. Diese Dynamik wird durch die Praxis der Schuldenkrisen und die damit verbundenen "Strukturanpassungsprogramme" weiter verstärkt, die darauf abzielen, das öffentliche Vermögen zu privatisieren und die sozialen Rechte der Bürger zu untergraben.

Ein weiteres zentrales Element ist die Rolle des internationalen Rechts bei der Absicherung der Privatisierung von Ressourcen und der Verringerung öffentlicher Sozialleistungen. Insbesondere während der globalen Finanzkrisen und nach der Covid-19-Pandemie zeigt sich deutlich, wie internationale Finanzinstitutionen wie der Internationale Währungsfonds (IWF) als Handlanger der kapitalistischen Ordnung fungieren. Die Bedingungen, die mit den Krediten und den damit verbundenen Sparmaßnahmen einhergehen, führen in vielen Entwicklungsländern zu einer noch stärkeren Prekarisierung der Arbeiterklasse und zu einer Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen. Dies wiederum verstärkt die Ungleichheit und die Abhängigkeit von multinationalen Unternehmen und internationalen Finanzinstituten.

Die Frage, die sich hier stellt, ist nicht nur, wie internationales Recht reformiert werden könnte, um den Bedürfnissen der Mehrheit der Weltbevölkerung gerecht zu werden, sondern ob es überhaupt sinnvoll ist, weiterhin an einem internationalen Rechtssystem festzuhalten, das so tief mit den Mechanismen der Ausbeutung verknüpft ist. Eine alternative Vision könnte darin bestehen, internationale Institutionen auf eine Art und Weise umzugestalten, die die Rechte der Menschen und die ökologische Nachhaltigkeit fördert, anstatt nur die Interessen transnationaler Kapitalgruppen zu sichern.

Wichtig zu verstehen ist, dass die Diskussion über die Reform des internationalen Rechts nicht nur eine technische oder juristische Angelegenheit ist, sondern eng mit der Struktur der globalen Wirtschaft und den Machtverhältnissen zwischen den Staaten verknüpft ist. Die Kritik am internationalen Recht muss daher nicht nur die bestehenden Institutionen in Frage stellen, sondern auch die Art und Weise, wie Kapitalismus und Globalisierung diese Institutionen nutzen, um ihre eigenen Interessen durchzusetzen und das bestehende Ungleichgewicht zu bewahren.