Im März 2021 gründete das Federal Law Enforcement Training Centers (FLETC) eine Arbeitsgruppe zur Reaktion auf zivile Unruhen, mit dem Ziel, eine umfassende Anleitung für den Umgang mit öffentlicher Ordnung zu entwickeln. Diese Gruppe bestand aus 130 Experten, die 18 verschiedene Bundesbehörden repräsentierten, und konzentrierte sich auf Themen wie Training, Ausrüstung, Protokolle, Taktiken und Standardverfahren. Die Arbeitsgruppe trug zur Erstellung einer Kernaufgabenliste bei, die Reaktionsprotokolle, das Verständnis von Menschenmengen-Dynamiken und Schutzmaßnahmen beinhaltete.

Im Oktober 2021 erhielt die USFLEA eine Einladung von der Royal Canadian Mounted Police (RCMP), um den „Public Order Commander Course“ zu bewerten und mit eigenen Programmen zu vergleichen. Dieser Benchmarking-Besuch unterstützte die kontinuierliche Entwicklung ihrer Ausbildung zur öffentlichen Ordnung. Daraufhin erstellte die USFLEA eine Reihe von Programmen, die insbesondere die Ausbildung von Führungskräften und Aufsichtspersonen in der Verwaltung öffentlicher Ordnung hervorhoben. Diese Programme umfassen unter anderem den „Public Order Public Safety Commanders Course“ für Vorgesetzte und Einsatzleiter sowie den „Public Order Public Safety Tactical Advisor Course“ für operative Kommandeure.

Die Entwicklung dieser Ausbildungsprogramme zeigt deutlich, wie wichtig es ist, Führungskräfte und Aufsichtspersonen als Entscheidungsträger in der öffentlichen Ordnung auszubilden. Diese Akteure sind entscheidend für die erfolgreiche Umsetzung von Sicherheitsmaßnahmen und präventiven Strategien im Feld.

Best Practices sind ein fundamentaler Bestandteil einer effektiven Ausbildung. Sie basieren auf bewährten Methoden, die bereits in verschiedenen Kontexten erfolgreich erprobt wurden. Wenn diese Praktiken in den Lehrplan integriert werden, gewährleistet dies, dass die Ausbildung der Beamten mit den besten verfügbaren Methoden erfolgt. Ein besonders wichtiger Aspekt von Best Practices ist ihre Anpassungsfähigkeit. Die kontinuierliche Entwicklung der Ausbildung, auch im Hinblick auf neue wissenschaftliche Erkenntnisse und Technologien, sorgt dafür, dass die Methoden stets aktuell und relevant bleiben.

Die USFLEA führte mehrere Besuche durch, um Best Practices im Bereich der öffentlichen Ordnungspolizei zu ermitteln, darunter auch Reisen nach Frankreich und Großbritannien, um mit den jeweiligen Polizeikräften zusammenzuarbeiten. Diese Besuche förderten den Austausch von Wissen und die Verbesserung der Ausbildungsprogramme. Insbesondere der Austausch zu Themen wie dem Umgang mit Extremismus, dem Schutz kritischer Infrastruktur und der Sicherheit vor Gerichtsgebäuden bei hochkarätigen Prozessen war von wesentlicher Bedeutung.

Ein wichtiger Bestandteil des Ausbildungsprozesses war die Auswertung von Forschungsarbeiten. Die USFLEA organisierte eine Konferenz zur Überprüfung des Curriculums, auf der die wissenschaftlichen Erkenntnisse über das Verhalten von Menschenmengen und die Interaktion mit der Polizei diskutiert wurden. Historisch gesehen basierte die Ausbildung der Polizei auf dem Konzept einer "hirnlosen Menge". Neuere Forschungen hingegen zeigen, dass die soziale Identität das zentrale psychologische Modell für das Verhalten von Menschenmengen ist. Diese Erkenntnis hat weitreichende Implikationen für die Art und Weise, wie Polizei mit großen Menschenmengen interagiert und auf deren Verhalten reagiert.

Darüber hinaus entwickelten Forscher wie Tamara Herold das Modell RDFC (Reasonable, Disarm, Focus, Consistent) für die Interaktion mit potenziell aggressiven oder konfrontativen Personen. Dieses Modell bietet Polizeibeamten eine strukturierte Vorgehensweise zur Deeskalation und zur Vermeidung übermäßiger Gewalt. Indem die Beamten vernünftig, entwaffnend, fokussiert und konsistent agieren, können sie das Vertrauen in der Gemeinschaft aufbauen und das Risiko gewaltsamer Konfrontationen verringern.

Ein weiteres Modell, das die USFLEA in den Trainingsprozess integrierte, ist das ICAT-Programm (Integrating Communication, Assessment, and Tactics), das von der Police Executive Research Forum (PERF) entwickelt wurde. Dieses Programm zielt darauf ab, die Kommunikation und Beurteilung von Situationen zu verbessern und die richtigen Taktiken anzuwenden, um gewaltsame Eskalationen zu vermeiden.

Für eine nachhaltige und wirksame Ausbildung ist es entscheidend, dass alle diese Best Practices und Modelle regelmäßig evaluiert und an neue gesellschaftliche und sicherheitspolitische Herausforderungen angepasst werden. Die Schulungsprogramme sollten stets flexibel bleiben, um auf Veränderungen in der Bedrohungslandschaft und den gesellschaftlichen Bedürfnissen reagieren zu können. Zudem sollte die Forschung immer in den Ausbildungsprozess integriert werden, um sicherzustellen, dass die Ausbildung auf soliden wissenschaftlichen Erkenntnissen basiert.

Es ist auch wichtig zu betonen, dass eine effektive Ausbildung in der öffentlichen Ordnung nicht nur aus der Vermittlung von Techniken und Taktiken besteht. Ebenso bedeutsam ist die Schulung der Beamten im Umgang mit komplexen sozialen Dynamiken, der Förderung von Kommunikation und Vertrauen innerhalb der Gemeinschaft sowie der Entwicklung von Führungskompetenzen in Stresssituationen. Polizisten müssen nicht nur in der Lage sein, gewaltsame Auseinandersetzungen zu verhindern, sondern auch ihre Entscheidungskompetenz und Problemlösungsfähigkeiten unter extremem Druck zu entwickeln.

Wie man ein evidenzbasiertes Trainingscurriculum für die öffentliche Ordnungspolizei entwickelt

Die Ausbildung von Polizeibeamten zur sicheren Deeskalation kritischer Vorfälle erfordert eine fundierte Entscheidungsfindung und die Fähigkeit, komplexe Situationen schnell und effektiv zu beurteilen. Das ICAT-Programm, das darauf abzielt, Polizeibeamte mit den erforderlichen Fähigkeiten auszustatten, basiert auf einem Modell der kritischen Entscheidungsfindung, das den Beamten hilft, Situationen zu bewerten, die beste Handlungsoption zu bestimmen und diese zu überprüfen und neu zu bewerten. Ein ethischer Kern bildet das Zentrum des Modells und liefert die Prinzipien, die den gesamten Prozess leiten.

Ein zentraler Bestandteil dieses Ansatzes ist die kontinuierliche Evaluierung und Synthese relevanter Literatur. Die Durchführung einer Literaturübersicht ermöglicht es, das bestehende Wissen und die besten Praktiken im Bereich der öffentlichen Ordnungspolizei zu verstehen und in die Trainingsinhalte zu integrieren. Diese systematische Überprüfung wissenschaftlicher Arbeiten bietet wertvolle Einsichten, die die Grundlage für die Entwicklung von Trainingscurricula bilden können.

Die Durchführung einer Literaturübersicht erfolgt in mehreren Schritten. Zunächst muss eine präzise Forschungsfrage formuliert werden, die das Thema der Übersicht definiert. Dies dient dazu, den Rahmen der Untersuchung einzugrenzen und die relevanten Quellen gezielt zu identifizieren. Im nächsten Schritt wird eine umfassende Suche in einschlägigen Datenbanken und Fachzeitschriften durchgeführt, um relevante Studien zu finden. Wichtige Suchbegriffe sollten dabei gezielt auf das Thema der öffentlichen Ordnungspolizei ausgerichtet sein, um die relevanten Studien zu identifizieren.

Sobald die Literatur gesammelt ist, erfolgt die Evaluierung der Quellen. Hierbei wird die Qualität und Relevanz der Studien geprüft. Zu berücksichtigen sind dabei unter anderem der Ursprung der Informationen, das Design der Studien sowie deren Beziehung zur ursprünglichen Forschungsfrage. Danach werden die wesentlichen Ergebnisse aus den Studien extrahiert und synthetisiert. Es gilt, gemeinsame Themen und Muster zu erkennen sowie Lücken in der vorhandenen Literatur zu identifizieren.

Die Literaturübersicht wird schließlich in einem strukturierten Bericht zusammengefasst, der die wichtigsten Erkenntnisse der überprüften Studien zusammenfasst. Diese Übersicht bildet die Grundlage für die Entwicklung von Trainingsinhalten, die sich direkt auf die ermittelten Ergebnisse stützen. Die Entwicklung von Lernzielen, die auf den Ergebnissen der Literaturübersicht basieren, ist der nächste Schritt. Diese Lernziele müssen spezifisch, messbar und erreichbar sein, um den Erfolg des Trainings zu gewährleisten.

Darüber hinaus ist die Erstellung von Trainingsinhalten, die auf den identifizierten Erkenntnissen basieren, ein weiterer wichtiger Schritt im Entwicklungsprozess. Hierbei sollte besonderes Augenmerk auf die Integration der Prinzipien gelegt werden, die aus der Literaturübersicht hervorgegangen sind. Für eine praxisorientierte Ausbildung müssen neben theoretischen Aspekten auch konkrete Handlungsanweisungen und Szenarien entwickelt werden, die den Polizisten helfen, das Gelernte in realen Situationen anzuwenden.

Ein weiterer entscheidender Bestandteil eines erfolgreichen Trainingscurriculums sind die Bewertungsinstrumente. Diese sollten mit den Lernzielen und dem Trainingsinhalt abgestimmt werden, um sicherzustellen, dass die Teilnehmer die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten erlangen. Zudem müssen Evaluierungsverfahren entwickelt werden, die es ermöglichen, den Erfolg des Trainings zu messen und festzustellen, ob die gesetzten Ziele erreicht wurden.

Die Integration von Forschungsergebnissen in die Gestaltung eines Trainingscurriculums ist unerlässlich, um sicherzustellen, dass das Training auf aktuellen Erkenntnissen und bewährten Praktiken basiert. Dies fördert nicht nur das Vertrauen der Polizeibeamten in ihre Fähigkeiten, sondern trägt auch zur allgemeinen Effizienz der öffentlichen Ordnungspolizei bei.

Die Literaturübersicht ist also nicht nur ein notwendiger Bestandteil des akademischen Prozesses, sondern auch ein praktisches Werkzeug, das den Entwicklungsprozess von Trainingsprogrammen für Polizeibeamte beeinflusst. Sie hilft, die theoretischen und praktischen Aspekte der Polizeiarbeit miteinander zu verbinden und sicherzustellen, dass die Ausbildung auf den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen basiert.

Ein weiterer wichtiger Punkt, den die Literaturübersicht beleuchten kann, sind die ethischen Fragestellungen, die in der Ausbildung von Polizeibeamten von zentraler Bedeutung sind. Wie können beispielsweise Deeskalationstechniken angewendet werden, ohne die öffentliche Sicherheit zu gefährden? Welche Modelle der Kommunikation und Interaktion mit Demonstranten sind am effektivsten? Solche Fragen sollten nicht nur in die Theorie einfließen, sondern auch praktische Übungen und Fallstudien umfassen, um den Beamten ein besseres Verständnis für den Umgang mit kritischen Situationen zu vermitteln.

Um sicherzustellen, dass das Training den gewünschten Effekt hat, sollte auch die regelmäßige Überprüfung und Anpassung des Curriculums an neue wissenschaftliche Erkenntnisse und gesellschaftliche Veränderungen erfolgen. Nur durch kontinuierliche Reflexion und Anpassung kann gewährleistet werden, dass das Training stets relevant und effektiv bleibt.

Wie kann die Polizei auf gewaltfreie Proteste effektiv reagieren? Strategien und Lehren aus der Praxis

Die Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Polizeikräften sind seit Jahrzehnten ein zentraler Bestandteil öffentlicher Proteste, wobei die Taktiken und Reaktionsstrategien der Polizei sich kontinuierlich weiterentwickelt haben. Ein markantes Beispiel für diese Entwicklung ist die „Langzeitstrategie“ der Bremer Polizei, die auf Erfahrungen aus den Protesten der 1960er und 1970er Jahre aufbaut und mittlerweile als Modell für den Umgang mit gewaltfreien Blockaden und ähnlichen zivilen Ungehorsamsaktionen gilt. Die Bremer Polizei lernte aus den Fehlern vergangener Einsätze und passte ihre Taktiken an, um die Risiken gewaltsamer Eskalationen zu minimieren.

Bereits in den späten 1960er Jahren führte die zunehmende Anzahl von Protesten gegen Fahrpreiserhöhungen im öffentlichen Verkehr zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei. Besonders die Ereignisse in Bremen im Januar 1968, bei denen es zu fünf Tagen intensiver Straßenkämpfe kam, verdeutlichten die Notwendigkeit eines strategischen Umdenkens seitens der Polizei. Der anschließende parlamentarische Untersuchungsausschuss kritisierte die unzureichende Ausbildung der Polizeikräfte in Psychologie sowie das Fehlen eines systematischen Erfahrungsaustauschs mit anderen Städten. Diese Erkenntnisse führten zu einer grundlegenden Neuausrichtung der Polizeistrategie, die in der „Langzeitstrategie“ ihren Höhepunkt fand.

Die „Langzeitstrategie“ setzte auf präventive Maßnahmen und das Verhindern von Blockaden, anstatt die Demonstrationen gewaltsam aufzulösen. So arbeitete die Bremer Polizei eng mit der örtlichen Straßenbahngesellschaft zusammen, um Umleitungen zu organisieren, die potenzielle Verkehrsbehinderungen minimierten. Bei der Bekämpfung von Blockaden konzentrierten sich die Beamten auf die Festnahme von Tätern schwerwiegender Straftaten und setzten verdeckte Ermittler ein, die Verdächtige identifizierten und mit Unterstützung uniformierter Einsatzkräfte verhafteten. Durch diesen gezielten Einsatz konnte die Polizei innerhalb von 16 Demonstrationen zwischen 1976 und 1977 insgesamt 183 Festnahmen durchführen, ohne größere Eskalationen zu verursachen. Diese Strategie erwies sich als erfolgreich und wurde in den folgenden Jahren weiterentwickelt.

Neben dieser praktischen Erfahrung spielte auch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1981 im Brokdorf-Protest eine entscheidende Rolle in der Entwicklung moderner Polizeitaktiken bei Demonstrationen. Das Gericht betonte in seiner Entscheidung, dass Polizei und Versammlungsbehörden stets darauf bedacht sein sollten, friedliche Versammlungen zu ermöglichen und übermäßige oder unangemessene Polizeieinsätze zu vermeiden. Insbesondere wurde der Umgang mit gewaltbereiten Gruppen und die Notwendigkeit der Zusammenarbeit zwischen Organisatoren, Polizei und Behörden hervorgehoben. Die Einführung der „Brokdorf-Entscheidung“ in die Polizeistrategien führte zu einer verstärkten Sensibilisierung für den friedlichen Umgang mit Demonstrationen.

Das Urteil prägte nicht nur die rechtliche Sichtweise auf Demonstrationen, sondern auch die operative Praxis der Polizei. In Nordrhein-Westfalen beispielsweise entwickelte das Innenministerium eine neue Richtlinie, die auf Kommunikation und Vertrauen setzte. Es wurde erkannt, dass militarisierte Polizeikräfte bei Protesten oft zu einer Feindwahrnehmung führen und dass durch eine deeskalierende Kommunikation das Vertrauen der Demonstranten gewonnen werden kann. Solche Maßnahmen, wie das Reduzieren militärischer Ausrüstungen, um Konflikte zu vermeiden, wurden als erfolgreich erachtet.

Die „Brokdorf-Entscheidung“ und die in ihrer Folge eingeführten Taktiken sind Teil eines langfristigen Prozesses, der den Fokus von der Bekämpfung von Gewalttätern hin zur Deeskalation und zur Schaffung eines Dialogs zwischen Polizei und Protestierenden verschob. Die Entwicklung dieser Strategien ist nicht abgeschlossen; auch heute noch sind die Herausforderungen, die sich aus den unterschiedlichen Interessen und Anforderungen von Polizei, Demonstranten und Behörden ergeben, von Bedeutung. In diesem Zusammenhang ist es entscheidend, dass Polizeikräfte in ihrer Ausbildung weiterhin den Schwerpunkt auf Kommunikationsfähigkeiten und deeskalierende Maßnahmen legen.

Wichtig ist, dass dieser Wandel hin zu einer deeskalierenden Polizeitaktik nicht nur auf die Verhinderung von Gewalt abzielt, sondern auch auf die Förderung eines respektvollen und gleichberechtigten Dialogs zwischen der Polizei und den Demonstranten. Nur durch eine solche Zusammenarbeit können die Freiheiten des Versammlungsrechts sowie die öffentliche Ordnung in Einklang gebracht werden, ohne dass es zu unnötigen Eskalationen kommt. Die Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigen, dass eine wohlüberlegte und strategisch umgesetzte Kommunikation während Demonstrationen nicht nur die Wahrscheinlichkeit von Konflikten verringert, sondern auch das Vertrauen zwischen der Polizei und der Gesellschaft stärkt.