Die Untersuchung des Fermi-Niveaus ist zentral für das Verständnis des Verhaltens von Fermigasen, insbesondere in Bezug auf ihre thermodynamischen Eigenschaften. Das Fermi-Niveau, historisch bedingt auch als chemisches Potential bezeichnet, beschreibt die höchste Energie, die ein Fermion bei absoluter Nulltemperatur einnehmen kann. Obwohl der Begriff des Fermi-Niveaus oft auf T = 0 beschränkt verwendet wird, wird es in dieser Arbeit immer als „Fermi-Niveau“ bezeichnet, unabhängig von der Temperatur.

Um die thermodynamischen Eigenschaften eines Fermigases zu bestimmen, sind spezifische Integrale notwendig. Eine zentrale Gleichung, die diese Berechnungen ermöglicht, lautet:

N=0(8πVh3)(2m)3/2E1/2(exp[β(Eμ)]+1)1dE(9.5)N = \int_{0}^{\infty} \left( \frac{8\pi V}{h^3} \right) \left( 2m \right)^{3/2} E^{1/2} \left( \exp\left[\beta(E - \mu)\right] + 1 \right)^{ -1} dE \quad \text{(9.5)}

Dabei bezeichnet NN die Gesamtzahl der Teilchen, VV das Volumen, hh das Plancksche Wirkungsquantum, mm die Masse der Fermionen, und β=1/(kBT)\beta = 1/(k_B T) den Kehrwert des Produktes aus der Boltzmann-Konstanten kBk_B und der Temperatur TT. Die Variable μ\mu ist das chemische Potential oder das Fermi-Niveau, das in der Berechnung eine entscheidende Rolle spielt.

Die Berechnung des chemischen Potentials μ\mu aus der obigen Gleichung ist jedoch komplex. Da die Funktion für das chemische Potential implicit ist, lässt sich keine analytische Lösung für μ(T)\mu(T) finden. Es ist jedoch möglich, für einen bestimmten Temperaturwert TT Näherungslösungen zu berechnen. Ein besonders anschauliches Beispiel bietet die Betrachtung des Verhaltens der Fermi-Dirac-Funktion bei unterschiedlichen Temperaturen.

Das Verhalten der Fermi-Dirac-Funktion bei unterschiedlichen Temperaturen

Die Fermi-Dirac-Funktion fFDf_{FD} gibt die Wahrscheinlichkeit an, dass ein Zustand mit der Energie EE von einem Fermion besetzt ist. Bei Temperaturen T=0T = 0 ist die Fermi-Dirac-Funktion eine Stufenfunktion, die den Wert 1 für alle Energiestände unterhalb des Fermi-Niveaus und den Wert 0 für alle Zustände oberhalb des Fermi-Niveaus annimmt. Dieses Verhalten spiegelt den Zustand eines idealen Fermigases wider, bei dem alle Energiestände bis zum Fermi-Niveau vollständig besetzt sind.

Für T>0T > 0 nimmt die Funktion eine sanfte Absenkung an, wobei die Wahrscheinlichkeit der Besetzung von Zuständen oberhalb des Fermi-Niveaus, aber unterhalb einer Temperaturabhängigkeit, zunimmt. Der Übergang von der Besetzung zu leerem Zustand erfolgt schrittweise und ist nicht mehr so scharf wie bei T=0T = 0. Dies wird in den Diagrammen 9.2 und 9.3 veranschaulicht, die zeigen, wie sich die Fermi-Dirac-Funktion mit steigender Temperatur verändert.

Für sehr hohe Temperaturen, bei denen das chemische Potential μ\mu negativ wird, kann die Fermi-Dirac-Funktion näherungsweise durch eine exponentielle Abnahme beschrieben werden:

fFDexp(β(Eμ))f_{FD} \approx \exp\left(-\beta(E - \mu)\right)

Dies entspricht einem klassischen Gas, bei dem die Besetzungswahrscheinlichkeit exponentiell mit der Energie abnimmt.

Temperaturabhängigkeit des chemischen Potentials

Die Temperaturabhängigkeit des Fermi-Niveaus μ\mu wird insbesondere durch die Gleichung (9.5) beschrieben. Für den Fall T=0T = 0 kann das chemische Potential direkt aus der Anzahl der Teilchen NN und dem Volumen VV berechnet werden. In diesem Fall ergibt sich die bekannte Formel:

μ0=(NV)2/3(h22m)(38π)2/3\mu_0 = \left( \frac{N}{V} \right)^{2/3} \left( \frac{h^2}{2m} \right) \left( \frac{3}{8\pi} \right)^{2/3}

Diese Berechnung liefert für typischerweise freie Elektronen in Metallen einen Wert von etwa 5 eV für das Fermi-Niveau bei T=0T = 0.

Bei Temperaturen T>0T > 0 verändert sich das Fermi-Niveau jedoch nur wenig, solange die Fermionendichte N/VN/V relativ hoch bleibt. Es zeigt sich, dass das Fermi-Niveau für moderate Temperaturen nahezu konstant bleibt, und signifikante Änderungen treten erst bei sehr hohen Temperaturen auf. Für hohe Temperaturen nähert sich das chemische Potential μ\mu schließlich null an.

Der Einfluss von Dichte und Temperatur auf das chemische Potential

In der klassischen oder nicht-degenerierten Grenze, wenn die Fermionendichte klein ist, lässt sich das chemische Potential mittels einer Näherung berechnen, die auf der klassischen Statistik basiert. In dieser Situation ergibt sich die Formel:

μ=kBTln(NV)kBTln[2(2πmkBTh2)3/2]\mu = k_B T \ln\left( \frac{N}{V} \right) - k_B T \ln\left[ 2 \left( \frac{2\pi m k_B T}{h^2} \right)^{3/2} \right]

Dieser Ausdruck zeigt, dass das chemische Potential in der klassischen Grenze eine logarithmische Abhängigkeit von der Dichte N/VN/V und der Temperatur TT hat.

Im Gegensatz dazu führt eine hohe Fermionendichte und eine niedrigere Temperatur zu einem degenerierten Zustand, in dem die Fermi-Dirac-Verteilung die dominierende Rolle spielt. In diesem Fall kann das chemische Potential numerisch berechnet werden, und es zeigt eine geringe Temperaturabhängigkeit bis zu sehr hohen Temperaturen.

Energetische Betrachtungen und die Berechnung der Energie

Die Berechnung der Energie eines Fermigases bei T=0T = 0 ist relativ einfach, da die Fermi-Dirac-Funktion in diesem Fall eine Stufenform aufweist. Die gesamte Energie des Systems ergibt sich aus dem Integral über die Energien der besetzten Zustände und kann für T=0T = 0 zu einem Ausdruck vereinfacht werden, der die Energie pro Teilchen als:

E(0)/N=35μ0E(0)/N = \frac{3}{5} \mu_0

Für T>0T > 0 wird die Berechnung der Energie komplexer, da die Fermi-Dirac-Funktion nicht mehr die einfache Stufenform hat. In diesem Fall ist eine numerische Integration erforderlich, um die genaue Energie unter Berücksichtigung der Temperaturabhängigkeit zu berechnen.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Energie bei höheren Temperaturen nicht nur durch die Besetzung der niedrigeren Energieniveaus, sondern auch durch die thermische Erhöhung der Besetzungswahrscheinlichkeit höherer Energiezustände bestimmt wird.

Wie berechnet man die Zustandssumme und die thermodynamischen Größen eines Systems in Kontakt mit einem Reservoir?

Die Zustandssumme ZZ eines Systems, das sich in Kontakt mit einem thermischen Reservoir befindet, ist ein zentraler Bestandteil der statistischen Mechanik. Ihre Berechnung für ein einzelnes Teilchen, das sich im klassischen Zustand ohne Wechselwirkungen bewegt, kann durch die allgemeine Ausdrucksform Z=sexp[Es/kBT]Z = \sum_s \exp[-E_s / k_B T] erfolgen, wobei EsE_s die Energie eines Mikrostaates und kBk_B die Boltzmann-Konstante ist. Für den Fall eines einzelnen Teilchens in klassischen Mechanik, das sich ohne potenzielle Energie bewegt, reduziert sich die Zustandssumme auf eine Form, die nur die kinetische Energie berücksichtigt.

Die Partitionfunktion ZZ wird in Form eines Integrals über den Impulsraum und den Positionsraum dargestellt:

Z=1Qexp[β(EK+Vp)]dpxdxZ = \frac{1}{Q} \exp[-\beta(E_K + V_p)] \, dp_x \, dx

Hierbei sind die Integrationsgrenzen für den Impuls pxp_x von -\infty bis \infty und für die Position xx von 0 bis LL festgelegt. Das Auftreten des Faktors QQ ist notwendig, da ZZ per Definition eine dimensionslose Größe ist, während das Integral die Dimension Impuls×La¨nge\text{Impuls} \times \text{Länge} aufweist. Dies wird durch die Einführung von QQ als einer Größe mit der Dimension [M][v][L][M][v][L] gelöst, wobei die Dimensionen von Masse MM, Geschwindigkeit vv und Länge LL zusammen die Einheit der Energie multipliziert mit der Zeit ergeben.

Ein besonderer Fall tritt auf, wenn das Teilchen keine potentielle Energie besitzt, sondern nur kinetische Energie aufweist. Dies ist der Fall eines idealen Gases, bei dem die Teilchen ausschließlich durch ihre kinetische Energie charakterisiert sind und keine Wechselwirkungen zwischen ihnen bestehen. Die Partitionfunktion für ein solches System wird vereinfacht und lässt sich als Produkt zweier Integrale über den Impulsraum und den Positionsraum darstellen:

Z1=LQ(2πmkBT)1/2Z_1 = \frac{L}{Q} \left( 2\pi m k_B T \right)^{1/2}

Die mittlere kinetische Energie eines Teilchens wird durch die Formel E=12kBTE = \frac{1}{2} k_B T beschrieben, wobei TT die Temperatur des Systems ist. Dies bedeutet, dass die kinetische Energie des Teilchens direkt proportional zur Temperatur des Systems ist. Für NN-Teilchen wird dieses Ergebnis einfach mit NN multipliziert.

Wenn man nun das System auf drei Dimensionen erweitert, bei denen das Teilchen eine kinetische Energie in allen drei Raumrichtungen xx, yy, und zz hat, ergibt sich die Partitionfunktion als ein Produkt dreier Integrale, eines für jede Raumrichtung. Für den Fall eines idealen Gases, bei dem die potentielle Energie ebenfalls vernachlässigt wird, erhält man die Ausdrucksform:

Z1=VQ3(2πmkBT)3/2Z_1 = \frac{V}{Q^3} \left( 2\pi m k_B T \right)^{3/2}

Die mittlere Energie des Systems wird nun als E=32kBTE = \frac{3}{2} k_B T berechnet. Diese Ergebnisse verdeutlichen, dass die Anzahl der Freiheitsgrade eines Teilchens entscheidend für seine mittlere Energie ist: Für jede quadratische Term in der Gesamtenergie, wie z.B. die kinetische Energie, trägt er mit 12kBT\frac{1}{2} k_B T zur Gesamtenergie bei. Ein Beispiel für die Anwendung dieses Gesetzes ist der eindimensionale harmonische Oszillator, dessen thermische Energie bei kBTk_B T liegt, da dieser zwei Freiheitsgrade besitzt (Translation und Schwingung).

In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage nach der richtigen Wahl der Konstante QQ. Um die klassische Zustandssumme mit der quantenmechanischen Partitionfunktion zu vereinheitlichen, wird die Planckschen Konstante hh als der Wert für QQ gewählt. Dies stellt sicher, dass die Ergebnisse sowohl im klassischen als auch im quantenmechanischen Fall übereinstimmen.

Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass die Transformation der Summe über Mikrostate in ein Integral eine häufig verwendete Technik in der statistischen Mechanik ist. Diese Umwandlung wird ohne detaillierte mathematische Begründung durchgeführt, da die Berechnung eines Integrals im Vergleich zur Summation über eine unendlich große Anzahl von Mikrostaates wesentlich einfacher ist. Dieser Übergang von Summe zu Integral ist eine gängige Praxis, die auf die mathematische Problematik der Summation in unendlichen Reihen zurückgeht, für die verschiedene Lösungen existieren.

Die Bedeutung dieses Verfahrens zeigt sich besonders in der Berechnung des grandkanonischen Ensembles, in dem der Mikrozustand nicht nur durch die Energie des Systems, sondern auch durch die Anzahl der Teilchen bestimmt wird. Das grandkanonische Ensemble wird mit Hilfe der grandkanonischen Zustandssumme ZGZ_G beschrieben, die die gesamte statistische Information über das System enthält. Die Wahrscheinlichkeit, dass das System in einem bestimmten Mikrozustand ss ist, wird durch die Relation

ps=exp[β(Esμns)]sexp[β(Esμns)]p_s = \frac{\exp[-\beta (E_s - \mu n_s)]}{\sum_s \exp[-\beta (E_s - \mu n_s)]}

bestimmt, wobei μ\mu das chemische Potential ist und nsn_s die Anzahl der Teilchen im Mikrozustand ss. Die Mittelwerte der Energie und der Anzahl der Teilchen im System können über die Ableitungen der grandkanonischen Zustandssumme berechnet werden.

Das grandkanonische Ensemble erweitert somit das klassische System, indem es nicht nur die Energie, sondern auch die Anzahl der Teilchen in die Berechnung einbezieht. Dieses Modell ist besonders nützlich in Situationen, in denen das System mit einem Reservoir in Kontakt steht und der Austausch von Teilchen und Energie stattfinden kann, wie es bei realen Gasen oder Flüssigkeiten der Fall ist.