Es gibt einen prinzipiellen Einwand gegen die Vorstellung, dass motivierte Ignoranz einen positiven epistemischen Status besitzen kann. Wenn wahres Wissen epistemisch wertvoll ist und der Mangel an wahrem Wissen ausreicht, um Ignoranz zu definieren, dann fehlt der Ignoranz der epistemische Wert. Zudem kann man nicht gerechtfertigt sein, absichtlich Ignoranz zu erzeugen, da Ignoranz an sich keinen epistemischen Wert besitzt. Daher ist es unmöglich, die eigene epistemische Situation zu verbessern, indem man die Nachrichten absichtlich ignoriert. Stattdessen muss man wachsam bleiben und versuchen, echte von falschen Nachrichten zu unterscheiden. Diese Argumentation basiert auf der Möglichkeit, dass motivierte Ignoranz tatsächlich einen positiven epistemischen Wert haben kann. Auf den ersten Blick scheint es drei Arten von Fällen zu geben, in denen Ignoranz einem Agenten hilft, mehr wahre Überzeugungen zu erlangen und weniger falsche: irreführende Widerlegungen, triviale Wahrheiten und informationsverzerrende Vorurteile. Ich werde argumentieren, dass die letzten beiden Fälle, nicht jedoch der erste, die Idee unterstützen, dass motivierte Ignoranz epistemisch wertvoll sein kann.
Ein irreführender Widerleger ist eine wahre Proposition, die das Wissen einer Person untergräbt, wenn sie davon weiß, es aber nicht untergräbt, wenn sie sich dessen nicht bewusst ist. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist der Fall von Tom Grabit, den Keith Lehrer und Thomas Paxson 1969 beschrieben haben. Angenommen, ich sehe, wie Tom Grabit ein Buch aus der Bibliothek stiehlt, und ich bin mir sicher, dass er es getan hat. Doch unbekannt für mich hat Toms Mutter ausgesagt, dass Toms Zwillingsbruder das Buch gestohlen habe. Diese Aussage ist ein Widerleger, der mein Wissen untergräbt. Wenn ich jedoch erfahre, dass die Mutter dement ist und Tom keinen Zwillingsbruder hat, wird mein Wissen über Toms Diebstahl wiederhergestellt, da die Aussage der Mutter keine Wirkung hat. Diese Situation zeigt, dass unabsichtliche Ignoranz eines irreführenden Widerlegers epistemisch vorteilhaft ist, weil sie das Ziel der Maximierung wahren Wissens fördert.
Allerdings gilt dies nicht für absichtliche Ignoranz gegenüber irreführenden Widerlegungen. Ein Agent kann sein Wissen schützen, indem er absichtlich einen irreführenden Widerleger ignoriert, nur wenn er gerechtfertigt ist in der Annahme, dass der Widerleger tatsächlich irreführend ist. In diesem Fall verliert der Widerleger seine Fähigkeit, das Wissen zu untergraben, und somit ist die Ignoranz des Widerlegers nicht mehr wirksam. Ein Beispiel hierfür wäre der Fall, in dem ich weiß, dass Toms Mutter eine Aussage gemacht hat, aber mich bewusst entscheide, das Video ihrer Aussage nicht anzusehen, weil ich weiß, dass sie in der Vergangenheit unzuverlässig war. In diesem Fall wird die Ignoranz gegenüber der Aussage nicht mehr als irreführender Widerleger betrachtet, da ich deren Inhalt nicht kenne. Die motivierte Ignoranz gegenüber einem irreführenden Widerleger ist entweder ungerechtfertigt oder unmöglich.
Ein weiteres Problem für die Theorie der Widerlegbarkeit (Defeasibility Theory) besteht darin, dass sie davon ausgeht, dass der Agent eine gerechtfertigte Überzeugung über eine Proposition hat, bevor er von einem Widerleger erfährt. Sobald er über den Widerleger informiert wird, wird seine Rechtfertigung entweder invalidiert oder geschwächt. Im Fall der motivierten Ignoranz eines Agenten, der sich weigert, die verfügbaren Beweise zu akzeptieren, gibt es jedoch keine Rechtfertigung, die invalidiert oder geschwächt werden könnte.
Doch nicht alle Fälle von motivierter Ignoranz sind zum Scheitern verurteilt. Es gibt auch erfolgreiche Fälle, wie etwa das Ignorieren trivialer Wahrheiten oder von Informationen, die Vorurteile erzeugen. Die populäre Ansicht in der Epistemologie besagt, dass wahres Wissen der wichtigste Wert für intellektuelle Rechtmäßigkeit ist und dass alle epistemischen Kriterien mit der Wahrheit verknüpft sind. Diese Auffassung wird als Veritismus bezeichnet. Kritiker des Veritismus argumentieren jedoch, dass die Wahrheit nicht der einzige fundamentale epistemische Wert sei, sondern auch andere Aspekte wie Verständnis, Rechtfertigung und Wissen von Bedeutung sind. Auch wenn man dem Veritismus zustimmt und anerkennt, dass Wahrheit der einzige epistemische Wert ist, folgt daraus nicht, dass alle wahren Überzeugungen denselben epistemischen Wert haben. Veritismus ist mit der plausiblen Vorstellung vereinbar, dass es nicht darum geht, wie viele wahre Propositionen man glaubt, sondern wie viel Wahrheit man glaubt, wobei die Menge der Wahrheit von der Informationsdichte und Relevanz abhängt.
Triviale Wahrheiten, wie etwa die Anzahl der Sandkörner an einem Strand, gehören zu den wahrsten, aber uninformativsten und irrelevantesten Wahrheiten. Normalerweise ist es eine Verschwendung von Zeit, sich mit solchen trivialen Wahrheiten auseinanderzusetzen. Wenn man jedoch weiß, dass bestimmte Wahrheiten trivial sind, kann es epistemisch wertvoll sein, diese absichtlich zu ignorieren, um sich auf gewichtigere, relevantere Wahrheiten zu konzentrieren. In solchen Fällen ist es epistemisch sinnvoll, ein Set trivialer, wahrer Überzeugungen zu ignorieren, um sich auf die wichtigen und relevanten Wahrheiten zu konzentrieren.
Es ist von großer Bedeutung, dass der Agent erkennt, dass bestimmte Informationen trivial sind, bevor er sich entscheidet, diese absichtlich zu ignorieren. Diese Form der motivierten Ignoranz ist dann epistemisch gerechtfertigt und fördert das Ziel, Wissen zu maximieren, indem man nur relevante und bedeutungsvolle Wahrheiten aufnimmt. In der Praxis kann diese Art der Ignoranz in einer Welt von Überflutung durch unwichtige Informationen eine wertvolle Strategie darstellen.
Wie lässt sich Wissen bewahren trotz Fake News und systemischer Verzerrungen der Informationsvermittlung?
Die gegenwärtige Debatte um „Fake News“ schwankt zwischen moralischer Panik und zynischer Gleichgültigkeit. Einerseits fürchten viele, dass Wahlentscheidungen zunehmend durch geheime Fake-News-Kampagnen beeinflusst werden. Andererseits wird argumentiert, dass Propaganda und Gerüchte kein neues Phänomen darstellen – bereits die Athener im Peloponnesischen Krieg beschuldigten die Spartaner, die Brunnen vergiftet zu haben, obwohl die Seuche vermutlich natürlichen Ursprungs war. Philosophisch betrachtet ist das Urteil über Fake News ebenso gespalten. Einige sehen Fake News als eindeutig problematisch an, während andere – wie David Coady – den Begriff selbst kritisch hinterfragen, da er oft als politisches Schimpfwort missbraucht wird und keine klare Definition besitzt.
Nichtsdestotrotz lässt sich argumentieren, dass „Fake News“ als ein vorläufiger Begriff einen spezifischen sozialen und epistemischen Funktionsausfall beschreibt, der durch systemische Verzerrungen bei der Erstellung und Verbreitung von nachrichtenähnlichen Informationen entsteht. Diese Verzerrungen bedrohen nicht nur die Zuverlässigkeit einzelner Informationen, sondern unterminieren auch das epistemische Vertrauen in die Breite der Informationsumgebung – die sogenannte epistemische Coverage, also die umfassende Abdeckung relevanter Fakten durch verlässliche Nachrichtenquellen.
Epistemische Agenten bewegen sich in komplexen Informationsumwelten, indem sie einerseits aktiv Informationen suchen und bewerten, andererseits aber auch auf routinemäßige und oft unreflektierte Weise epistemisch von ihrer Umgebung abhängen. Das Zusammenspiel dieser beiden Formen epistemischer Abhängigkeit – inferentielle Revision von Überzeugungen versus routinemäßige Annahme von Informationen, sowie Abhängigkeit von einzelnen Zeugen gegenüber der allgemeinen epistemischen Coverage – liefert ein konzeptuelles Raster, um die Störungen im Wissenserwerb und -erhalt einzuordnen.
Eine wesentliche Ursache für epistemische Dysfunktionen besteht entweder darin, dass die Umwelt keine hinreichend verlässliche Coverage liefert, auf der Agenten ihre Überzeugungen aktualisieren können, oder dass Agenten selbst daran scheitern, zuverlässige Quellen zu nutzen – etwa weil ihre epistemischen Routinen nicht an die veränderte Informationsumwelt angepasst sind und sie stattdessen irreführenden Quellen folgen. Im Kern betrifft dies das Problem der fortwährenden Aktualisierung und Pflege unseres Überzeugungssystems angesichts eingehender Informationen, speziell auch von Zeugenaussagen und Berichten Dritter. Jeder epistemische Agent operiert bereits mit einem umfangreichen Geflecht von Überzeugungen, die er im Lichte neuer Informationen entweder erweitern (Expansion) oder reduzieren (Kontraktion) muss. Eine Erweiterung bringt das Risiko mit sich, unbeabsichtigt falsche Überzeugungen aufzunehmen, die zuvor gerechtfertigte wahre Überzeugungen unterminieren können.
Der Mensch kann es sich nicht leisten, Erweiterungen seines Überzeugungssystems strikt abzulehnen, da praktische Anforderungen und das Bedürfnis nach einem aktuellen, breiten Wissensfundament es notwendig machen, ständig neue Überzeugungen zu übernehmen. Dieses epistemische Risiko erfordert jedoch ein umsichtiges Management: vermeidbare Fehlerquellen müssen minimiert und eingetretene Fehler korrigiert werden. So entsteht ein Prozess der Wissenspflege (knowledge maintenance), der nicht nur auf den Erwerb neuen Wissens zielt, sondern auch auf die Bewahrung bereits erworbener Erkenntnisse.
Unsere Kontrolle über Überzeugungen und epistemische Verfahren ist dabei begrenzt. Im Falle der visuellen Wahrnehmung etwa lässt sich die ursprüngliche Wahrnehmung kaum willentlich verändern – ich kann nicht „wollen“, dass zwei unterschiedlich scheinende Linien gleich lang aussehen –, aber ich kann aus Erfahrung lernen, der scheinbaren Wahrnehmung nicht blind zu vertrauen und meine Überzeugungen entsprechend anpassen. Solche epistemischen Routinen, die vertrauenswürdige Quellen selektieren und auf bewährte Bewertungsmechanismen setzen, sind entscheidend, um der systemischen Verzerrung von Nachrichten und damit auch Fake News entgegenzuwirken. Diese Routinen müssen jedoch regelmäßig überprüft und den Veränderungen in der Informationsumwelt angepasst werden, um ihre Funktionalität zu erhalten.
Fake News manifestieren sich also nicht nur in einzelnen falschen Informationen, sondern in einem umfassenden Zusammenbruch der Mechanismen, die normalerweise zuverlässige epistemische Coverage garantieren. Die systemischen Verzerrungen – getrieben durch politische, soziale und technologische Entwicklungen – manipulieren die Erwartungen an Nachrichtenprozesse und untergraben die Voraussetzungen für rationales Überzeugen und Wissenserwerb. Die Antwort liegt in der Förderung und Anpassung epistemischer Routinen, die das Vertrauen in verlässliche Informationsquellen stützen und gleichzeitig die kollektive Wissensbildung ermöglichen, wenn auch immer mit einem gewissen Maß an epistemischer Fallibilität.
Wichtig ist, dass Leser nicht nur verstehen, dass Fake News falsche Informationen verbreiten, sondern dass sie ein Symptom umfassenderer sozial-epistemischer Funktionsstörungen sind. Wissenserwerb und -erhalt sind dynamische Prozesse, die aktive epistemische Pflege erfordern. Vertrauen allein reicht nicht, vielmehr braucht es reflektierte, adaptive Routinen, die in einer sich wandelnden Informationslandschaft funktionieren. Nur so lässt sich der epistemische Schaden begrenzen und die Resilienz unserer Wissenssysteme stärken.
Wie können wir der Verbreitung von Fake News effektiv entgegentreten?
Die Herausforderung, der Verbreitung von Fake News wirksam zu begegnen, ist komplexer, als es auf den ersten Blick erscheinen mag. Ein häufig vorgeschlagener Ansatz, der die Ausbildung von mehr „kritischem Denken“ bei den Konsumenten beinhaltet, wird oft als Lösung angeführt. Doch obwohl dieser Ansatz intuitiv plausibel erscheint, hat er in der Praxis wenig Erfolg gezeigt. Es mag zwar verlockend sein zu glauben, dass mehr Bildung und kritisches Hinterfragen von Informationen der Schlüssel zur Bekämpfung von Falschmeldungen sind, doch dies greift zu kurz. Studien zeigen, dass insbesondere ältere, gut ausgebildete Personen anfälliger für das Teilen von Fake News sind, selbst wenn andere Faktoren wie politische Haltung oder Ideologie berücksichtigt werden. Diese Erkenntnis stellt das einfache Modell, wonach höhere Bildung automatisch zu einer besseren Fähigkeit führt, Fehlinformationen zu erkennen, in Frage.
Ein zentraler Aspekt bei der Verbreitung von Fake News ist, dass Falschinformationen nach dem ersten Kontakt schwer zu korrigieren sind. Auch wenn Falschbehauptungen nachweislich widerlegt werden, bleibt die ursprüngliche Fehlinformation in den Köpfen der Menschen bestehen. Das Phänomen der „motivierten Kognition“ spielt hierbei eine entscheidende Rolle: Menschen neigen dazu, Informationen so zu verarbeiten, dass ihre vorgefassten Meinungen bestätigt werden. Dies wird oft durch den Einsatz argumentativer Fähigkeiten verstärkt, die dazu dienen, die eigene Weltanschauung zu stützen, auch wenn die Fakten dagegen sprechen.
Die Geschwindigkeit, mit der Fake News in sozialen Netzwerken verbreitet werden, ist ein weiterer kritischer Faktor. Falschinformationen erreichen ihre Zielgruppen oft schneller und intensiver als wahrheitsgemäße Informationen. Daher ist es fraglich, ob alleinige Maßnahmen wie „Fact-Checking“ und das „Entlarven“ von Lügen tatsächlich ausreichen, um die Verbreitung von Fake News zu stoppen. Stattdessen wurde die Idee des sogenannten „Prebunking“ entwickelt. Diese Methode zielt darauf ab, Menschen im Vorfeld für die Techniken der Täuschung zu sensibilisieren, noch bevor sie mit einer falschen Information konfrontiert werden. Das Vorgehen beim Prebunking ist zweigeteilt: Einerseits wird ein explizites Warnsignal ausgesendet, dass eine fehlerhafte oder täuschende Information präsentiert wird, andererseits wird den Nutzern erklärt, warum diese Information falsch oder irreführend ist.
Durch wiederholte Exposition gegenüber einer geschwächten Version eines problematischen Anspruchs zusammen mit seiner Widerlegung kann eine Form der „immunologischen“ Resistenz gegen zukünftige Fehlinformationen aufgebaut werden. Die Idee dahinter ist, dass das menschliche Gehirn auf ähnliche Weise reagiert wie das Immunsystem auf Viren: Indem wir eine abgeschwächte Form der Täuschung zuvor erfahren, wird unser System gegen zukünftige Täuschungsversuche resistenter. Dies könnte ein vielversprechender Ansatz sein, um Menschen langfristig vor der Verbreitung von Fake News zu schützen.
Doch auch diese Theorie ist nicht unumstritten. Während es eine gewisse Ähnlichkeit zu den Immunantworten des Körpers gibt, ist es schwer zu sagen, ob das menschliche Kognition genauso „funktioniert“ wie das Immunsystem. Möglicherweise könnte die ständige Exposition gegenüber Fake News dazu führen, dass Menschen immer weniger auf solche Informationen reagieren, ähnlich wie wir uns an Hintergrundgeräusche gewöhnen und diese kaum noch wahrnehmen. In diesem Fall würde der Effekt der Täuschung im Laufe der Zeit nachlassen.
Interessanterweise lässt sich auch ein historisches Beispiel aus der Medizin heranziehen, um die Prävention von Fehlinformationen besser zu verstehen. Im 19. Jahrhundert war das Phänomen des „puerperalen Fiebers“ weit verbreitet und führte häufig zum Tod von Frauen nach der Geburt. Ignaz Semmelweis, ein Arzt, entdeckte einen Zusammenhang zwischen der Praxis der Ärzte, nach Leichenschauausschnitten die Frauen zu untersuchen, und der Häufigkeit der Erkrankungen. Indem er forderte, dass die Ärzte ihre Hände desinfizieren, konnte er die Sterblichkeitsrate drastisch senken. Die Prävention von Fehlinformationen könnte nach einem ähnlichen Prinzip funktionieren: Durch die Einführung von präventiven Maßnahmen können Menschen vor den negativen Auswirkungen von Fehlinformationen geschützt werden.
Neben den bekannten Ansätzen gibt es auch eine Reihe von Mechanismen, die es ermöglichen, Fake News zu entschärfen, noch bevor sie sich verbreiten können. Die genaue Wirkung dieser Interventionen bleibt jedoch noch zu erforschen. Es ist jedoch klar, dass der Kampf gegen Fake News nicht nur durch das bloße Überprüfen von Fakten gewonnen werden kann. Der Aufbau von Widerstandsfähigkeit gegen Fehlinformationen, sowohl durch die Prävention als auch durch frühzeitige Aufklärung, könnte langfristig eine wirksamere Strategie darstellen.
Was unterscheidet echte Nachrichten von falschen – und was bedeutet epistemisch „gut“ oder „schlecht“?
Die Beziehung zwischen Nachrichtenquelle und Publikum kann paradoxe Effekte erzeugen. Angenommen, man weiß, dass das eigene Publikum immer das Gegenteil von dem glaubt, was ihm berichtet wird – sollte man dann gezielt Falschinformationen verbreiten, um paradoxerweise die Wahrheit zu kommunizieren? Diese gedankliche Versuchsanordnung zeigt, dass die epistemische Qualität einer Nachrichtenquelle nicht ausschließlich vom Effekt auf das Publikum abhängt. Eine Nachrichtenquelle kann vollkommen wirkungslos sein – ignoriert oder überhört – und dennoch eine genuine Nachrichtenquelle bleiben. Effektivität ist nicht das definierende Kriterium.
Vielmehr kann man Nachrichtenquellen hinsichtlich ihrer epistemischen Qualität beurteilen – ob sie über ein solides erkenntnistheoretisches Fundament verfügen. Eine epistemisch gute Nachrichtenquelle ist nicht deshalb gut, weil sie immer wahre Informationen liefert, sondern weil sie in ihrem Aufbau und in ihren Praktiken darauf ausgerichtet ist, verlässliche, überprüfte und quellengesicherte Informationen zu vermitteln. Die dabei eingesetzten journalistischen Verfahren – wie das Prüfen von Quellen, das Einholen von Bestätigungen und das Suchen nach potenziellen Widerlegungen – sind nicht bloß technische Standards, sondern Instrumente epistemischer Integrität.
Eine solche Quelle kann dennoch gelegentlich falsche oder irreführende Inhalte liefern – sogar absichtlich, etwa wenn ein einzelner Journalist bewusst gegen die Regeln verstößt. Doch das ändert nichts an der strukturellen epistemischen Ausrichtung der Quelle. Die erkenntnistheoretische Güte bemisst sich nicht an jedem Einzelfall, sondern an der generellen Ausrichtung und Verlässlichkeit. In diesem Sinne ist es ein Fehler, von Nachrichten als einem „Erfolgskonzept“ zu sprechen – nicht jede Information, die eine genuine Nachrichtenquelle verbreitet, muss korrekt sein. Fehlerhafte oder sogar manipulierte Berichte stellen keine Definition von „Fake News“ dar, sondern lediglich epistemisch problematische Formen genuiner Nachrichten.
Entscheidend ist, dass epistemisch schlechte Nachrichtenquellen dennoch genuine Nachrichtenquellen sein können. Ein Schülerzeitungsprojekt etwa, das keine etablierten journalistischen Standards erfüllt, kann trotzdem den Anspruch erheben, über Ereignisse zu informieren. Dass es diesem Anspruch nur unzureichend gerecht wird, bedeutet nicht, dass es sich nicht um Nachrichten handelt. Die Absicht, relevante und wahre Informationen zu liefern, bleibt konstitutiv – auch wenn die Ausführung mangelhaft ist. So wie ein schlechter Bogenschütze dennoch ein Bogenschütze bleibt, bleibt auch eine epistemisch schlechte Quelle eine Nachrichtenquelle, sofern die grundlegende Intention erhalten bleibt.
Diese Unterscheidung wird besonders relevant, wenn es um den Begriff der „Fake News“ geht. Diese sind keine besondere Spielart genuiner Nachrichten, sondern qualitativ etwas anderes. Fake News sind nicht epistemisch schlechte Nachrichten – sie sind überhaupt keine Nachrichten. Was sie auszeichnet, ist nicht bloß eine epistemische Defizienz, sondern das Fehlen der zentralen Intention: der Wille, akkurate Information zu vermitteln. Vielmehr handelt es sich um Produkte, die gezielt wie Nachrichten erscheinen, jedoch in Wirklichkeit auf Täuschung und Desinformation ausgelegt sind. Sie sind nicht das Ergebnis schlechter journalistischer Praxis, sondern ein bewusster Akt der Irreführung.
Damit unterscheiden sie sich nicht nur von epistemisch problematischen Nachrichten, sondern auch von anderen Formen nicht-nachrichtlicher Informationsquellen. Ein Algorithmus, der zufällig Informationen generiert, oder ein satirisches Magazin, das keine Absicht zur Täuschung verfolgt, können zwar Falsches vermitteln, aber sie tun es nicht im Gewand genuiner Nachrichten mit dem Anspruch auf Wahrheit.
Die kritische Frage ist daher stets die nach der Intention. Ein Verschwörungstheoretiker, der regelmäßig Falschmeldungen verbreitet, kann dennoch eine genuine – wenn auch epistemisch defizitäre – Nachrichtenquelle darstellen, sofern er tatsächlich glaubt, die Wahrheit zu berichten. In diesem Fall ist sein Scheitern ein erkenntnistheoretisches Problem, aber nicht Ausdruck gezielter Täuschung. Fake News hingegen entstehen aus dem bewussten Vorsatz zur Irreführung – sie sind Täuschung im Gewand der Berichterstattung, nicht einfach schlechte Berichterstattung.
Wichtig ist daher, dass man die Unterscheidung zwischen epistemisch schlechten Nachrichten und Fake News konsequent aufrechterhält. Wer sie vermengt, läuft Gefahr, eine erkenntnistheoretisch zentrale Differenz zu verwischen: Die Differenz zwischen einem auf Wahrheit gerichteten, wenn auch fehlerhaften Versuch und einer gezielten Fälschung. Erst wenn wir verstehen, dass die Definition von Nachrichten in der Absicht liegt, wahre Information zu liefern, und nicht im tatsächlichen Erfolg dieser Absicht, können wir die Phänomene unserer Medienrealität klarer analysieren und kritisieren.
Was überdies zu beachten ist: Die Bewertung einer Nachrichtenquelle verlangt mehr als nur den Blick auf einzelne Inhalte. Sie erfordert eine strukturelle Analyse ihrer epistemischen Architektur – ihrer Standards, Protokolle, ihrer institutionellen Ausrichtung. In einer Welt, in der Information omnipräsent und oft manipulativ aufbereitet ist, wird die Fähigkeit zur epistemischen Differenzierung zur Voraussetzung jeder verantwortlichen Medienrezeption. Dabei genügt es nicht, bloß nach Wahrheit zu suchen – man muss auch erkennen können, in welchem Rahmen diese Wahrheit methodisch angestrebt wird.
Wie epistemische Filter den Bereich der epistemischen Normen bestimmen
Epistemische Filter spielen eine entscheidende Rolle bei der Bestimmung der Grenzen epistemischer Normen. Diese Filter schränken die Menge an zulässigen und relevanten Beweisen ein, die bei einer spezifischen Untersuchung von Bedeutung sind. Ein epistemischer Filter lässt sich als eine Einschränkung auf den Bereich von Beweisen verstehen, über die eine epistemische Norm wie EN1 (Erlaubnis zur Bildung von Überzeugungen) oder EN2 (Erfordernis der Revision von Überzeugungen) angewendet wird. Diese Normen, die ohne Filter sehr allgemein wären, gelten für alle möglichen Beweise und Propositionen, aber Filter bestimmen, welche Beweise tatsächlich berücksichtigt werden.
Ein epistemischer Filter f, den wir als "f" bezeichnen, kann den Umfang der epistemischen Normen so einschränken, dass sie nur bestimmte Beweismaterialien und propositionale Inhalte ansprechen. Ein solcher Filter verändert somit die Reichweite und Wirksamkeit der Normen, indem er entweder durch das Weglassen von Beweisen oder das Diskreditieren bestimmter Beweise Einfluss nimmt.
Ommittierende Filter und ihre normative Wirkung
Im Falle von omittierenden Filtern ("o-f"), die bestimmte Beweise von vornherein ausschließen, wirkt die epistemische Norm, dass es einem Subjekt nur erlaubt ist, eine Überzeugung zu bilden, wenn es über bestimmte, nicht ausgesonderte Beweise verfügt. Die Formulierung von EN1O-F lautet dann: "Es ist epistemisch erlaubt, dass Subjekt x die Überzeugung bildet, dass p, wenn und nur wenn es ein 'eof' gibt, der stark genug ist und nicht durch einen anderen Beweis widerlegt wird." In dieser Norm wird nur gefordert, dass Beweise, die durch den Filter zugelassen werden, das Subjekt zu einer Überzeugung führen dürfen. Es gibt jedoch keine normative Verurteilung der Überzeugung des Subjekts, wenn ein Beweis ausgelassen wird. Das Weglassen eines Beweises durch den Filter führt zu keiner direkten negativen Bewertung des Subjekts.
Die Norm EN2O-F geht noch weiter und besagt, dass das Subjekt seine Überzeugung über p revidieren muss, wenn es durch den Filter ein Beweisstück erhält, das die Überzeugung widerlegt. Wiederum gibt es hier keine spezifische Vorgabe, dass das Subjekt unzulässig an der Überzeugung festhalten darf, wenn der Beweis ausgelassen wird.
Diskreditierende Filter und ihre normative Wirkung
Anders verhält es sich bei diskreditierenden Filtern ("d-f"). Hierbei spielt der Filter eine direkte normative Rolle, indem er Beweise aussondert, die die Überzeugung des Subjekts negativ beeinflussen. In der Formulierung von EN1D-F heißt es: "Es ist epistemisch erlaubt, dass Subjekt x die Überzeugung bildet, dass p, wenn und nur wenn es ein 'edf' gibt, der stark genug ist und nicht widerlegt wird." Der Unterschied zu den ommittierenden Filtern liegt darin, dass bei diskreditierenden Filtern die normative Folge direkt mit der Abwesenheit eines bestimmten Beweises verbunden ist. Fehlt der Beweis, der durch den Filter selektiert wurde, ist es epistemisch unzulässig, an einer Überzeugung festzuhalten, die diesen Beweis nicht berücksichtigt.
Die Norm EN2D-F verlangt von einem Subjekt, dass es seine Überzeugung über p revidiert, wenn es einen Beweis erhält, der seine Überzeugung widerlegt. Das Fehlen dieses Beweises kann jedoch zu der Norm führen, dass das Subjekt nicht verpflichtet ist, seine Überzeugung zu revidieren, was eine direkte negative Bewertung des Subjekts zur Folge hat.
Die Bewertung von Hintergrundannahmen
Ein weiterer zentraler Aspekt ist die Frage, ob und wie Hintergrundannahmen einer epistemischen Beurteilung unterzogen werden können. Hintergrundannahmen spielen eine Schlüsselrolle bei der Bestimmung dessen, was innerhalb einer Untersuchung epistemisch zugelassen oder erforderlich ist. In diesem Zusammenhang sind bestimmte Arten von Untersuchungen, deren normative Erweiterung durch so genannte schlechte Filter bestimmt wird, als normativ abweichend zu betrachten. Diese Untersuchungen versagen darin, das epistemische Ziel zu erreichen, Wahrheit zu maximieren und Falschheit zu minimieren.
Ein normativ abweichendes Verfahren zeichnet sich dadurch aus, dass es das epistemische Ziel nicht erfüllt. Es versagt darin, die Wahrheit zu maximieren und die Falschheit zu minimieren. Die Hintergrundannahmen einer solchen Untersuchung sind häufig resistent gegenüber einer Revision, was die epistemische Bewertung des gesamten Prozesses verschlechtert.
Die epistemische Beurteilung von Hintergrundannahmen bedeutet also nicht nur, die Untersuchung selbst zu beurteilen, sondern auch, ob und wie die Annahmen hinter der Untersuchung offen für Revision sind. Eine Untersuchung, deren Hintergrundannahmen besonders resistent gegen Revision sind, verschlechtert die gesamte epistemische Qualität dieser Untersuchung.
Die Bedeutung der Revidierbarkeit von Annahmen
Die Fähigkeit einer Untersuchung, sich weiterzuentwickeln, hängt stark davon ab, ob die zugrunde liegenden Annahmen flexibel sind. Untersuchungen, die starr an bestimmten Annahmen festhalten, ohne sie im Licht neuer Erkenntnisse zu hinterfragen oder zu revidieren, sind epistemisch defizitär. Solche Untersuchungen können als normativ abweichend betrachtet werden, da sie das Ziel, Wahrheitsgehalt zu maximieren, nicht effektiv verfolgen.
Um die epistemische Qualität von Untersuchungen zu beurteilen, ist es wichtig, die Beziehung zwischen den Gesamtbeweisen und der spezifischen Untersuchung zu klären. Hierbei wird die Gesamtmenge an Beweisen als eine Menge von Propositionen verstanden, auf die eine Partition angewendet wird. Diese Partition trennt die wirksamen Beweise, die eine Überzeugung stützen, von den unwirksamen, die keine Unterstützung bieten.
Ein effektives epistemisches Verfahren ist in der Lage, Beweise zu verwalten, um Überzeugungen zu bilden und zu revidieren. Der Einsatz von epistemischen Filtern beeinflusst direkt, welche Beweise in einer Untersuchung zugelassen werden und welche nicht. Dies bedeutet, dass die epistemische Qualität eines Verfahrens nicht nur von der Qualität der Beweise abhängt, sondern auch von der Art und Weise, wie diese Beweise in die Untersuchung integriert werden.
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