Die Mont Pelerin Society (MPS) betrachtete die Demokratie selbst als Problem. Diese Sichtweise führte zu politischen Organisationen, die darauf abzielten, sowohl das Verständnis als auch die Teilnahme der Bevölkerung an den noch existierenden demokratischen Nationen zu begrenzen. In der Folge wurde Desinformation systematisch produziert und von verbundenen Politikern in den täglichen institutionellen Ablauf eingeführt, um durch die Massenmedien verbreitet zu werden. Das Ergebnis dieser Entwicklung war ein schleichender Erosionsprozess der Autorität demokratischer Institutionen, der wiederum eine Reihe unglücklicher Ereignisse in Gang setzte, wie etwa den ungewollten Aufstieg radikal rechter Bewegungen und ihrer begleitenden Desinformationsnetzwerke.
Ein früher Hinweis auf diese Umstrukturierung demokratischer und wirtschaftlicher Prioritäten zeigte sich in der positiven Haltung vieler Mitglieder der MPS-Netzwerke gegenüber den wirtschaftlichen Politiken der Pinochet-Diktatur in Chile in den 1970er Jahren. Diese Haltung war besonders unter prominenten US-Befürwortern des Marktes über der Politik, darunter Nobelpreisträger wie James Buchanan und Milton Friedman, weit verbreitet. Die chilenische Regierung holte sich ökonomische Ratschläge von MPS-affinen Ökonomen, einschließlich der sogenannten "Chicago Boys", die die Chicagoer Schule der Wirtschaftswissenschaften vertraten. Milton Friedman selbst bezeichnete die neue Wirtschaft unter der Diktatur als "Das Wunder von Chile". Die von neoliberalen Ökonomen vorgeschlagenen Reformen wurden in die chilenische Verfassung aufgenommen, ein Zustand, der Jahrzehnte nach dem Abgang Pinochets aus der Macht weiterhin Bestand hatte.
Diese Sichtweise machte deutlich, dass der Freiheitsaspekt der neoliberalen Vision sich auf Marktbeziehungen konzentrierte, nicht auf bürgerliche Freiheiten. Zwar versprach die öffentliche Rhetorik, die später durch Denkfabriken in demokratischen Nationen verbreitet wurde, dass marktwirtschaftliche Lösungen für öffentliche Probleme zu einer erhöhten individuellen Freiheit von einer übermäßigen Regierung führen würden, doch die wahre Absicht lag darin, die Demokratie selbst zu untergraben. Milton Friedman nahm 1947 an der ersten Sitzung der MPS teil und wurde 1970 ihr erster nicht-europäischer Präsident. Er trat dem Beratungsgremium des American Enterprise Institute im Jahr 1956 bei und trug dazu bei, das renommierte konservative Denkwerk auf eine neoliberale Agenda auszurichten. Er würde später den Nobelpreis erhalten und führende Politiker wie Ronald Reagan und Margaret Thatcher in Fragen der Sozial- und Wirtschaftspolitik beraten.
Obwohl Friedman und andere Nobelpreisträger, die mit der MPS verbunden waren, zu den Schlüsselakteuren dieser Bewegung gehörten, war es vor allem Hayek, der die utopische Vision in Gang setzte, die schließlich zu einem Konflikt mit den demokratischen Institutionen führte. Als junger Ökonom in Wien hatte Hayek das unkontrollierbare Chaos der Demokratie in Europa zwischen den Kriegen miterlebt und kam zu dem Schluss, dass es unmöglich sei, seine utopische Vision der breiten Öffentlichkeit auf direktem Weg zu vermitteln. Er empfahl dem Kernnetzwerk, auf der Basis einer "doppelten Wahrheit" zu operieren. Wie von Philip Mirowski und Dieter Plewhe beschrieben, "kam Hayek auf den brillanten Gedanken, die Doktrin der 'doppelten Wahrheit' des Neoliberalismus zu entwickeln – nämlich, dass eine Elite die köstlich transgressive Notwendigkeit der Unterdrückung der Demokratie verstehen würde, während die Massen mit packenden Erzählungen über das 'Abrollen des Nanny-Staates' und das 'Freisein zu wählen' belohnt würden."
Im Laufe der nächsten siebzig Jahre wuchs dieses politische Ideennetzwerk durch die Finanzierung von Denkfabriken, akademischen Schulen und politischen Organisationen, die in Hayeks Begriffen als "Händler von Ideen" fungierten. Diese Organisationen trugen dazu bei, seine utopische Vision durch Politiker und die Presse an die Öffentlichkeit zu bringen. In den USA fand sich ein frühes Beispiel für diese Strategie in einem Memo, das Richard Fink, ein junger Ökonom, für den Industriellen Charles Koch verfasste. Koch, Sohn des Mitbegründers der John Birch Society, Fred Koch, und zu der Zeit einer der reichsten Menschen der Welt, war früh von Hayek beeinflusst worden. 1970 trat er der MPS bei und unterstützte die Finanzierung von MPS-affiliierten Organisationen, vor allem in den USA. Er war Mitbegründer des Cato Institute im Jahr 1977 als frühen US-Standort des Atlas-Netzwerks. Koch und das Cato Institute bezeichneten ihre Variante von Hayeks Vision als Libertarismus. Fink schlug vor, ein akademisches Programm in österreichischer Wirtschaftswissenschaft zu finanzieren, das später das Mercatus Center an der George Mason University werden sollte.
Das Memo von Fink, betitelt "Die Struktur sozialen Wandels", verglich die Produktion von Ideen und Ideologien mit der Herstellung von Waren: Universitäten, Denkfabriken und Bürgergruppen konkurrieren um Ressourcen, wobei jede Institution ihre eigenen Stärken und Schwächen hat. Doch Fink erkannte, dass all diese Institutionen komplementär sind und gemeinsam einen entscheidenden Beitrag zum sozialen Wandel leisten. Auf einer höheren Stufe der Produktion würden Ideen in Handlung umgesetzt, und dieser Prozess sei entscheidend für die Transformation der Gesellschaft.
Im Gegensatz zu der breiten Unterstützung für staatliche Sozial- und Wirtschaftsrechte in den 1960er Jahren kämpften die Vertreter des freien Marktes um die Zustimmung der Mehrheit. Ronald Reagan, der 1976 zum ersten Mal für das Präsidentenamt kandidierte, verband antiregulatorische Rhetorik mit rassistischen Andeutungen, etwa durch die Geschichte von einer "Wohlfahrtskönigin", die die hart arbeitenden amerikanischen Steuerzahler betrog. In seinen Reden erklärte Reagan, dass diese Frau "80 Namen, 30 Adressen und 15 Telefonnummern" genutzt habe, um Nahrungsmittelhilfe zu erhalten, was er als Beispiel für den Missbrauch des Wohlfahrtsstaates darstellte.
Die neoliberalen Visionen, die von der MPS und ihren Unterstützern propagiert wurden, veränderten jedoch nicht nur die politische Landschaft, sondern auch die Art und Weise, wie politische Kommunikation und Desinformation betrieben wurden.
Wie die Verbreitung von Desinformation die Demokratie in Europa und den USA bedroht
In der heutigen Zeit hat die Zunahme von Desinformation die politische Landschaft erheblich verändert und stellt eine der größten Herausforderungen für demokratische Institutionen dar. Besonders im Westen, einschließlich Europa und den USA, ist eine wachsende Zahl von Wählern und politischen Akteuren von falschen Informationen beeinflusst, was das Vertrauen in demokratische Prozesse untergräbt und den Aufstieg illiberaler Bewegungen begünstigt. Die Verbreitung dieser Desinformationen wird nicht nur durch die traditionellen Medien, sondern auch durch neue digitale Plattformen, die weitgehend unreguliert sind, verstärkt.
Politische Akteure, insbesondere die extreme Rechte, haben erkannt, wie wichtig es ist, diese digitalen Kanäle zu nutzen, um ihre Botschaften zu verbreiten und ihre Wählerschaft zu mobilisieren. In vielen Ländern Europas, wie etwa in Frankreich, Spanien und Italien, haben rechtspopulistische Parteien zunehmend an Einfluss gewonnen, indem sie gezielt Desinformation verbreiteten, die Ängste schürte und gesellschaftliche Spaltungen vertiefte. Diese Parteien nutzen die Unsicherheit und den Ärger der Bevölkerung, um ihre eigenen politischen Ziele voranzutreiben, indem sie den traditionellen politischen Eliten die Schuld an wirtschaftlichen und sozialen Problemen geben.
In Deutschland etwa ist der Aufstieg der AfD ein markantes Beispiel für diesen Trend. Die Partei hat es verstanden, die Fragmentierung der öffentlichen Meinung zu nutzen, um von einer immer stärker verunsicherten Wählerschaft zu profitieren. Ihre Narrative werden häufig durch gezielte Desinformationskampagnen verstärkt, die in sozialen Netzwerken verbreitet werden. Diese Taktiken sind nicht nur in Deutschland zu beobachten, sondern auch in anderen Ländern der Europäischen Union, wie etwa in den Niederlanden oder Österreich, wo die extreme Rechte ebenfalls von dieser neuen Form der politischen Kommunikation profitiert hat.
Ein besonders besorgniserregender Aspekt dieser Entwicklung ist, dass Desinformation nicht nur politische Entscheidungsprozesse beeinflusst, sondern auch das Vertrauen in die bestehenden demokratischen Institutionen untergräbt. In vielen Fällen wird die politische Elite als korrupt und unfähig dargestellt, was die Gesellschaft weiter polarisiert und das Gefühl der politischen Entfremdung verstärkt. Das Vertrauen in die Medien und die Wahrheit selbst wird zunehmend erodiert, was die Grundlage für funktionierende Demokratien, die auf informierten Bürgern basieren, gefährdet.
Zudem gibt es in der aktuellen politischen Landschaft einen verstärkten Rückgang des Vertrauen in die Rolle des Staates. Ein wachsender Teil der Bevölkerung sieht in staatlichen Institutionen nicht länger eine Garantie für Wohlstand und Gerechtigkeit, sondern eine Bedrohung für die individuelle Freiheit. Diese Sichtweise hat ihren Ursprung sowohl in libertären als auch in populistischen Bewegungen, die den Staat als hinderlich für die freie Entfaltung des Einzelnen betrachten. In den USA ist dies besonders deutlich in den Aktivitäten von reichen Mäzenen wie den Koch-Brüdern zu sehen, die gezielt politische Netzwerke aufgebaut haben, um ihren eigenen, marktliberalen Interessen zum Durchbruch zu verhelfen.
Gleichzeitig verschieben sich auch die Quellen von politischer Macht und Einfluss. Politische Kampagnen und Bewegungen, die von mächtigen Wirtschaftseliten finanziert werden, haben zunehmend die Fähigkeit, öffentliche Institutionen zu beeinflussen und ihre Interessen durchzusetzen, oft zu Lasten der breiten Bevölkerung. Diese Entwicklung hat nicht nur Auswirkungen auf die politischen Systeme, sondern auch auf die Art und Weise, wie Informationen verbreitet und wahrgenommen werden. Die Verbreitung von Desinformation wird zunehmend auch von wohlhabenden Individuen und Gruppen genutzt, um ihre eigenen politischen Agenden voranzutreiben.
Wichtig ist zu verstehen, dass die Bedrohung, die von dieser neuen Form der politischen Kommunikation ausgeht, nicht nur die Wahrheitsfindung betrifft, sondern auch die Grundlage der Demokratie selbst in Frage stellt. In einer Welt, in der Fakten zunehmend relativiert und die Wahrheit zunehmend in den Hintergrund gedrängt wird, besteht die Gefahr, dass die Bürger sich immer mehr in einer Welt der alternativen Fakten verlieren. Die Folge ist ein Verlust der Fähigkeit, eine fundierte politische Entscheidung zu treffen, was wiederum den Weg für autoritäre Regime ebnen könnte, die sich auf diese Unsicherheit stützen, um ihre Macht zu konsolidieren.
Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Gesellschaft und die politischen Institutionen gegen die Verbreitung von Desinformation aktiv vorgehen. Eine verstärkte Medienkompetenz, die sowohl die Fähigkeit fördert, Desinformation zu erkennen, als auch das Vertrauen in verlässliche Quellen stärkt, könnte ein erster Schritt in diese Richtung sein. Genauso notwendig ist eine stärkere Regulierung der sozialen Netzwerke, um deren Rolle bei der Verbreitung von Falschinformationen zu begrenzen und die Verantwortlichkeit der Plattformen zu erhöhen. Ohne diese Maßnahmen wird es immer schwieriger, den demokratischen Prozess vor den Gefahren von Desinformation zu schützen.

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