Ein ängstliches Kind profitiert von der Gesellschaft mutigerer Gleichaltriger, ein unreifes Kind hingegen von der Freundschaft eines älteren Spielgefährten. Kinder, die sich zu sehr in Fantasiewelten zurückziehen, benötigen den Einfluss bodenständigerer Kameraden. Aggressive Kinder können durch Spielkameraden, die stark, aber nicht streitsüchtig sind, gebremst werden. Ziel ist es, korrigierende Beziehungen zu fördern, indem Kinder mit Freunden unterschiedlicher Persönlichkeitsmerkmale zusammengebracht werden. Bestimmte Freundschaften sollten jedoch vermieden werden: infantile Kinder nähren nur ihre gegenseitige Unreife, streitsüchtige Kinder bestärken sich in ihrer Aggression, stark zurückgezogene Kinder fehlen oft die sozialen Interaktionen, und delinquenten Kindern können sich gegenseitig in antisozialen Verhaltensweisen bestärken. Besonders wichtig ist es, zu verhindern, dass Kinder, die kriminelles Verhalten verherrlichen, dominierende „Freunde“ werden. Durch ihre größere „Erfahrung“ können sie in Schule oder Nachbarschaft zum „Helden“ werden und als negative Identifikationsfiguren wirken.

Eltern können die Freundschaften ihrer Kinder nur dann beeinflussen, wenn sie selbst Kontakt zu den Freunden haben. Sie sollten ihre Kinder ermutigen, Freunde mit nach Hause zu bringen, die Eltern dieser Freunde kennenlernen und die Wirkung der Freundschaften auf das eigene Kind beobachten. Ein ausgewogenes System von Kontrolle und Vertrauen ist notwendig: Kinder sollten ihre Freunde selbst wählen dürfen, doch liegt es in der Verantwortung der Eltern sicherzustellen, dass diese Wahl dem Kind förderlich ist.

Ein guter Erziehungsstil fördert die Unabhängigkeit des Kindes. Eltern und Lehrkräfte sollten sich danach richten, mit der Zeit immer „überflüssiger“ zu werden, indem sie Kinder dazu befähigen, eigene Entscheidungen zu treffen. In Gesprächen kann dies durch Formulierungen unterstützt werden, die dem Kind seine Entscheidungsfreiheit bestätigen: „Wenn du möchtest“, „Du entscheidest“, „Es liegt ganz bei dir.“ Solche Aussagen vermitteln dem Kind nicht nur Zustimmung, sondern auch das Gefühl von Selbstwirksamkeit und Vertrauen.

Verantwortungsbewusstsein kann nur durch respektvolle Anleitung vermittelt werden. Bereiche wie Hausarbeiten, Ernährung, Hausaufgaben, Taschengeld, Haustiere und Freundschaften bieten Ansatzpunkte, wo Eltern lenkend eingreifen müssen – jedoch stets mit Einfühlungsvermögen für den Entwicklungsprozess ihres Kindes.

Disziplin sollte nicht durch Bestrafung erreicht werden. Das ärztliche Prinzip „Primum non nocere“ („Zuerst einmal nicht schaden“) gilt auch für Erziehung: Eltern dürfen die emotionale Integrität ihrer Kinder nicht gefährden. Strafen erzeugen häufig Wut und Groll, die das Zuhören und Lernen verhindern. Wut bei Kindern führt zur Selbstablehnung, Hass auf die Eltern und zur Rachefantasien. Oft sind Eltern nicht unfreundlich, sondern unerfahren im Umgang mit Konflikten und greifen zu Bestrafungen, weil sie keine alternativen Strategien kennen.

Empathie ist ein wesentliches Element der Erziehung. Das Anerkennen und Verstehen der Gefühle eines Kindes, besonders wenn es verletzt oder wütend ist, hilft, negative Emotionen abzubauen und eine vertrauensvolle Beziehung zu fördern. Wenn Eltern mit Mitgefühl reagieren, verringert das Aggressionen und macht Kinder eher bereit, sich zu öffnen und Verhaltensänderungen anzunehmen.

Disziplin erfordert Geschick und Wissen, ähnlich wie bei der Reparatur eines komplexen technischen Geräts. Ein einfacher „Handflächen-Schlag“ oder impulsive Strafen sind ineffektiv und erzeugen keine nachhaltige Verhaltensänderung. Bestrafungen führen nicht zu mehr Gehorsam, sondern dazu, dass Kinder lernen, Strafen zu vermeiden oder zu umgehen. So verschärfen sich Fehlverhalten und Bestrafungen gegenseitig.

Viele Eltern verfallen unbewusst denselben Methoden, die sie bei ihren Kindern kritisieren: lautes Schreien gegen Lärm, Gewalt gegen Streit, grobe Worte gegen Unhöflichkeit. Doch genau diese Reaktionen nähren das Fehlverhalten, anstatt es zu beheben.

Wichtig ist zu verstehen, dass soziale Beziehungen und Erziehung untrennbar miteinander verbunden sind. Freundschaften können Kinder in ihrer Entwicklung unterstützen oder hemmen, abhängig von der Art der Beziehung. Eltern spielen eine zentrale Rolle, indem sie für günstige soziale Umgebungen sorgen und durch empathische, respektvolle Erziehung die emotionale und soziale Kompetenz ihrer Kinder fördern. Nur so kann ein Gleichgewicht zwischen der Förderung von Eigenständigkeit und der Sicherung von Verantwortungsbewusstsein erreicht werden.

Wie formuliert man klare Grenzen, die Respekt und Kooperation fördern?

Es gibt verschiedene Wege, wie Grenzen formuliert werden können, die entweder Widerstand hervorrufen oder zur Kooperation einladen. Ein hilfreicher Ansatz ist, den Wunsch des Kindes zunächst anzuerkennen, um eine Verbindung herzustellen: „Du möchtest heute Abend ins Kino gehen.“ Darauf folgt eine klare, aber einfache Aussage der Regel: „Aber bei uns gibt es an Schultagen kein Kino.“ Damit wird dem Kind die Grenze verständlich gemacht, ohne dass es sich persönlich angegriffen fühlt. Gleichzeitig ist es wichtig, Alternativen aufzuzeigen: „Du kannst am Freitag oder Samstag ins Kino gehen.“ Dies mildert die Ablehnung der Regel und zeigt Handlungsspielraum.

Darüber hinaus ist es sinnvoll, dem Kind Raum zu geben, seine möglicherweise aufkommende Unzufriedenheit auszudrücken, und diese Gefühle zu spiegeln: „Es ist offensichtlich, dass dir die Regel nicht gefällt.“ „Du wünschst dir, dass es keine solche Regel gäbe.“ „Wenn du erwachsen bist, wirst du diese Regel sicher ändern.“ So wird das Kind ernst genommen und lernt, eigene Emotionen wahrzunehmen und auszudrücken.

Nicht immer ist es möglich oder notwendig, diese Schritte in der genannten Reihenfolge zu vollziehen. In Situationen, die schnelles Eingreifen erfordern, zum Beispiel wenn ein Kind droht, seiner Schwester einen Stein zuzuwerfen, muss die Grenze direkt und ohne Umschweife gesetzt werden: „Nicht auf sie, wirf den Stein zum Baum!“ Gleichzeitig ist es hilfreich, alternative Wege aufzuzeigen, wie das Kind seine Wut äußern kann, ohne jemanden zu verletzen: „Du darfst wütend auf deine Schwester sein. Du kannst auch wütend sein und sie innerlich ablehnen, aber niemand darf verletzt werden.“ So wird die emotionale Intensität anerkannt, aber eine gewaltfreie Lösung gefördert.

Grenzen sollten stets in einer Sprache formuliert werden, die das Selbstwertgefühl des Kindes nicht angreift. Klare, sachliche Aussagen wie „Kein Kino an Schultagen“ sind besser akzeptiert als persönlich gerichtete oder belehrende Formulierungen wie „Du weißt doch, dass du an Schultagen nicht ins Kino gehen darfst.“ Auch kurze, prägnante Sätze wie „Zeit fürs Bett“ sind oft wirkungsvoller als lange Erklärungen oder Vorwürfe. Ebenso zeigt sich, dass das Aufzeigen der Funktion eines Gegenstandes („Der Stuhl ist zum Sitzen, nicht zum Stehen“) besser verstanden und akzeptiert wird als Verbote mit Begründungen oder Verboten allein.

Ein oft unterschätzter Aspekt in der Erziehung ist das Bedürfnis von Kindern nach gesunder körperlicher Betätigung. Viele Disziplinprobleme entstehen, wenn motorische Aktivitäten zu stark eingeschränkt werden. Kinder brauchen Raum und Möglichkeiten zum Rennen, Springen, Klettern und Spielen, um ihre körperliche und seelische Gesundheit zu fördern. Übermäßige Zurückhaltung körperlicher Aktivitäten kann zu innerer Anspannung und aggressivem Verhalten führen. Daher sollten Eltern Umgebungen schaffen, in denen Kinder ihre Energie angemessen ausleben können, sei es durch Sport, Bewegungsspiele oder andere aktive Tätigkeiten.

Wenn Grenzen klar, bestimmt und ohne unnötige Diskussionen durchgesetzt werden, folgen Kinder ihnen in der Regel. Bei Grenzverletzungen ist es wichtig, als Elternteil eine freundliche, aber konsequente Haltung einzunehmen. Ausführliche Erklärungen oder Diskussionen über die Gerechtigkeit der Regel sind selten zielführend und erhöhen nur die Anspannung. Kurze, klare Aussagen, die die Gefühle der Eltern ehrlich ausdrücken, sind effektiver: „Es macht mich wütend, wenn du das machst!“ oder „Diese Dinge sind nicht zum Werfen da!“ So wird Stärke gezeigt, ohne in einen Machtkampf zu geraten.

Konflikte entstehen oft, wenn Eltern und Kinder in einen Machtkampf geraten, etwa wenn ein Kind nicht gehen möchte, aber der Elternteil aufsteht und sagt „Ich sage, wir gehen jetzt.“ Eine einfühlsamere Variante berücksichtigt den Wunsch des Kindes, ohne ihm die Macht abzusprechen: „Ich sehe, dass dir das hier gefällt. Du würdest gern noch länger bleiben, vielleicht sogar zehn Stunden. Aber jetzt ist es Zeit nach Hause zu gehen.“ Wenn das Kind dennoch protestiert, sind klare Handlungen der Eltern notwendig, die mehr Wirkung haben als Worte.

Ein unverrückbarer Grundsatz ist, dass Kinder niemals ihre Eltern schlagen dürfen. Solche Angriffe erzeugen Angst, Wut und Unsicherheit auf beiden Seiten. Eltern müssen diese Grenze konsequent durchsetzen, ohne Kompromisse oder das Erlauben von „ein bisschen Schlagen“, da dies nur zu Verwirrung führt und das Kind herausfordert, die Grenze auszutesten. Effektive Erziehung basiert auf gegenseitigem Respekt bei gleichzeitiger Wahrung der elterlichen Autorität.

Es ist wichtig zu verstehen, dass klare Grenzen und liebevolle Begleitung sich nicht ausschließen. Sie sind vielmehr zwei Seiten derselben Medaille: Grenzen geben Kindern Orientierung und Sicherheit, während die Anerkennung ihrer Gefühle und Bedürfnisse ihnen hilft, diese Grenzen zu akzeptieren und sich selbst zu regulieren. Elternschaft verlangt daher ein sensibles Gleichgewicht zwischen Konsequenz und Empathie, zwischen Festigkeit und Verständnis.