Die Messung von Produktivitätswachstum ist eine komplexe Aufgabe, die eine Reihe von Annahmen, Methodiken und Anpassungen erfordert. Eine der grundlegenden Unterscheidungen, die hierbei getroffen werden muss, betrifft die Art der Produktivität, die gemessen wird: Bruttooutput oder Wertschöpfung. Der Bruttooutput, gemessen als Bruttowertschöpfung pro Einheit Arbeit, hängt nicht nur von der Effizienz des eingesetzten Kapitals ab, sondern auch davon, wie sich das Verhältnis von Zwischenprodukten zu Arbeit verändert. Eine zunehmende Auslagerung von Produktionsprozessen, die oft mit einer Substitution von Arbeitskräften durch Zwischenprodukte einhergeht, hat zum Beispiel Auswirkungen auf das Bruttooutput-basierte Produktivitätswachstum. Wenn Unternehmen zum Beispiel ihre Fertigungstätigkeiten an externe Dienstleister abgeben, steigt die Produktivität, da diese Aufgabe nun durch effizientere Produktionsprozesse bei Dritten erledigt wird. Umgekehrt sinkt das Produktivitätswachstum, wenn Unternehmen dazu übergehen, diese Tätigkeiten wieder selbst zu übernehmen.
Das, was auf den ersten Blick wie ein technischer Unterschied erscheint, hat weitreichende Folgen für die wirtschaftliche Erzählung eines Landes oder einer Region. Während die US-amerikanische Arbeitsstatistikbehörde BLS die Wertschöpfung als Maß für die Produktivität heranzieht, nutzt die KLEMS-Datenbank für die Berechnungen den Bruttooutput. Obwohl beide Datenbanken ähnliche Trends abbilden, können sie je nach gewählter Methode zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Ein genauerer Blick auf die frühe Phase der 2000er Jahre zeigt, wie diese unterschiedlichen Annahmen die Interpretation des Produktivitätswachstums beeinflussen können.
Neben der Wahl des Produktivitätsmaßes sind auch die vielen praktischen Herausforderungen der Messung zu berücksichtigen. Eine dieser Herausforderungen ist die Anpassung an Qualitätsänderungen der Inputs und Outputs. Während die theoretische Anpassung durch sogenannte Qualitätsdeflatoren erfolgt, die für Veränderungen in der Zusammensetzung der Arbeitskraft und der Arbeitszeiten verantwortlich sind, ist dies in der Praxis oft mit Schwierigkeiten verbunden. Besonders im Hinblick auf die Veränderungen im Qualifikationsniveau der Arbeitskräfte und die Zunahme von Teilzeitbeschäftigung müssen Anpassungen vorgenommen werden, um eine präzise Messung zu gewährleisten. Zudem ist es wichtig, den Kapitalaufwand, der für die Produktion notwendig ist, korrekt zu berechnen, was häufig durch Schätzungen der Dienstleistungsflüsse aus dem eingesetzten Kapital erfolgt.
Die Berücksichtigung immaterieller Investitionen – wie Software oder Forschung und Entwicklung – wird zunehmend wichtiger. Diese Investitionen, die häufig als "intangible capital" bezeichnet werden, stellen eine wesentliche Herausforderung bei der Erfassung von Produktivität dar, da sie sich schwerer quantifizieren lassen als physische Investitionen in Maschinen und Anlagen. Trotzdem gewinnen diese immateriellen Vermögenswerte für das Verständnis von Produktivitätswachstum zunehmend an Bedeutung.
Trotz der Komplexität in der Messung des Produktivitätswachstums bleibt eines klar: Es gibt seit Mitte der 2000er Jahre eine spürbare Verlangsamung des Produktivitätswachstums, die jedoch schwer zu erklären ist. Die Vielzahl der zugrundeliegenden Annahmen und Messmethoden hilft zu erklären, warum es so schwierig ist, einen breiten Konsens über die Ursachen dieser Verlangsamung zu finden.
Ein weiterer Ansatz zur Analyse des Produktivitätswachstums ist die Untersuchung der verschiedenen Sektoren einer Volkswirtschaft. Hier stellt sich die Frage, ob das Produktivitätswachstum breit über die Wirtschaft verteilt ist oder ob es in bestimmten Sektoren konzentriert ist. In der Finanzbranche etwa führte die Finanzkrise zu einer drastischen Reduzierung der Produktivität, was von vielen als Folge einer zunehmenden regulatorischen Belastung angesehen wird. Der Übergang in der Automobilindustrie hin zu Elektrofahrzeugen hat ebenfalls spezielle Auswirkungen auf die Produktivität dieses Sektors. Diese sektorspezifischen Diagnosen bieten wertvolle Einblicke in die Gründe für Produktivitätsrückgänge und helfen, die Ursachen für das gesamtwirtschaftliche Phänomen besser zu verstehen.
Bei der sektoralen Analyse ist es jedoch entscheidend, die richtigen methodischen Entscheidungen zu treffen. Die korrekte Deflation von nominalen Werten und der Umgang mit unterschiedlichen Preistrends zwischen den Sektoren stellen eine der größten Herausforderungen dar. Insbesondere in Sektoren, in denen es keine Marktpreise gibt – wie im öffentlichen Sektor oder in Bereichen, in denen der Output geschätzt werden muss, etwa im Immobiliensektor – können Schwierigkeiten auftreten. Daher ist es entscheidend, bei der Aggregation und Decomposition von Daten sorgfältig vorzugehen, da sich die Ergebnisse stark verändern können, je nachdem, wie der Preisindex konstruiert wird.
Zudem gibt es innerhalb der sektoralen Analyse unterschiedliche Methoden zur Gewichtung von Output und Inputs, die ebenfalls das Gesamtbild der Produktivität verzerren können. Insbesondere die Wahl der Deflatoren – ob sie auf realen oder nominalen Werten basieren – beeinflusst, wie sehr die Veränderungen in der Produktivität den inter-sektoralen Preisänderungen zugeschrieben werden oder ob sie innerhalb eines Sektors durch Veränderungen in der Effizienz erklärt werden.
Die Beantwortung der Frage, wie produktiv ein Land oder eine Volkswirtschaft ist, ist daher keineswegs eine triviale Angelegenheit. Es ist vielmehr das Ergebnis einer Vielzahl von Annahmen und methodischen Entscheidungen, die die Interpretation der Daten erheblich beeinflussen können. Wichtig ist, dass der Leser ein tieferes Verständnis dafür entwickelt, dass Produktivität mehr ist als nur eine Zahl in einer Statistik – sie ist das Produkt vieler komplexer Faktoren, die miteinander verknüpft sind. Die Herausforderung der Produktivitätsmessung erfordert daher nicht nur technisches Wissen über statistische Methoden, sondern auch ein Verständnis für die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und technologischen Prozesse, die hinter den Zahlen stehen.
Was ist menschliches Kapital und warum ist es so schwer zu messen?
Die Idee des menschlichen Kapitals, also der Menschen als wirtschaftliche Ressource, ist eine der fundamentalen Konzepte der modernen Wirtschaftstheorie. Es bezieht sich auf das Wissen, die Fähigkeiten, die Erfahrungen und die Gesundheit der Menschen, die als potenzielle Ressourcen zur Steigerung von Einkommen und Produktivität genutzt werden können. Diese Ressourcen sind jedoch schwer messbar und können nicht direkt in die offiziellen Wirtschaftsstatistiken integriert werden, was zu einer Reihe von theoretischen und praktischen Herausforderungen führt.
Menschliches Kapital ist jedoch nicht nur eine abstrakte ökonomische Theorie. Es hat praktische Bedeutung, wenn man darüber nachdenkt, wie die Investition in Bildung und Gesundheit das langfristige wirtschaftliche Wachstum fördern kann. Einige Schätzungen der Weltbank zeigen, dass menschliches Kapital mehr als 60 Prozent des gesamten Wohlstands eines Landes ausmacht, was seine enorme Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung unterstreicht. Dennoch wird dieses Kapital in den nationalen Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen nicht als Vermögenswert erfasst, sondern als Konsum betrachtet, insbesondere die Ausgaben für Bildung. Der Grund dafür liegt in der schwer fassbaren Natur des menschlichen Kapitals. Es ist immateriell und nicht in einer physischen Form, die gehandelt werden kann, was die Einordnung als "Vermögenswert" erschwert.
Es gibt drei Hauptansätze zur Bewertung des menschlichen Kapitals: die Bildungsstufe, die Kosten des Erwerbs von Fähigkeiten und die Schätzung des zukünftigen Einkommenspotentials. Der letztere Ansatz, der die zukünftigen Einkommen berücksichtigt, ist besonders nützlich, um eine Schätzung des menschlichen Kapitals in umfassenderen Wohlstandsbilanzen vorzunehmen. Er erfordert jedoch eine Vielzahl von Annahmen, wie zum Beispiel den angenommene Rentenbeginn und den Diskontierungssatz. Dieser Ansatz geht zudem davon aus, dass Menschen nach ihrem "marginalen Produkt" bezahlt werden, was in realen Arbeitsmärkten jedoch nicht immer zutrifft. Auch andere Formen von Einkommen, wie etwa Rückflüsse aus unternehmerischen Tätigkeiten, oder Fähigkeiten, die nicht zu formalen akademischen Qualifikationen führen, bleiben außen vor.
Ein weiteres wichtiges Element, das oft vernachlässigt wird, ist die Gesundheit. Schätzungen für Großbritannien und Kanada zeigen, dass gesundheitliche Probleme wie chronische Krankheiten oder psychische Erkrankungen einen erheblichen Einfluss auf das menschliche Kapital haben können, indem sie entweder die Arbeitsfähigkeit verringern oder die Produktivität im Arbeitsmarkt beeinträchtigen. Studien zeigen, dass Menschen mit geringeren Bildungsabschlüssen häufiger unter langfristigen gesundheitlichen Problemen leiden, was wiederum ihre wirtschaftlichen Chancen verringert und den Zusammenhang zwischen Bildung, Gesundheit und ökonomischer Mobilität verdeutlicht.
Die Einbeziehung von Gesundheit in die Messung des menschlichen Kapitals ist von entscheidender Bedeutung. Langfristige Krankheiten, insbesondere solche wie Rückenprobleme oder psychische Gesundheitsstörungen, können die wirtschaftliche Leistung eines Individuums erheblich beeinträchtigen und sogar zu einer vorzeitigen Rente führen. Diese gesundheitlichen Einschränkungen erhöhen das Risiko einer Arbeitslosigkeit und senken die Produktivität. Ein Mangel an Gesundheit führt zu einer Verminderung des "produktiv genutzten menschlichen Kapitals", was die gesamtwirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Landes schwächt.
Es gibt also eine tiefe Wechselbeziehung zwischen Bildung, Gesundheit und den wirtschaftlichen Möglichkeiten eines Menschen. Dieser Zusammenhang ist besonders sichtbar bei der Betrachtung von Regionen oder Ländern, in denen sowohl Bildungsstand als auch Gesundheitsniveau niedriger sind. In solchen Kontexten sind die Chancen für wirtschaftlichen Erfolg oft stark eingeschränkt, da Menschen ohne eine ausreichende Ausbildung und ohne Zugang zu Gesundheitsdiensten weniger in der Lage sind, sich in einem wettbewerbsorientierten Arbeitsmarkt zu behaupten.
Während Bildungsausgaben und Gesundheitsausgaben zweifellos wesentliche Investitionen in das menschliche Kapital sind, bleibt die Frage, warum diese Ausgaben in den nationalen Konten weiterhin als Konsum und nicht als Investition erfasst werden. Auch wenn diese Ausgaben das Wachstum des menschlichen Kapitals langfristig fördern, hat die internationale Gemeinschaft bislang keine umfassende Initiative ergriffen, um Bildung und Gesundheit als langfristige Investitionen zu klassifizieren. Für die zukünftige Entwicklung der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen, insbesondere im Hinblick auf das Jahr 2025, sind jedoch neue Ansätze zur Integration von humanem Kapital in die Wirtschaft erforderlich.
Neben der reinen Berechnung des menschlichen Kapitals gibt es weitere Herausforderungen bei der praktischen Anwendung dieser Konzepte. Viele OECD-Länder haben begonnen, sogenannte Satellitenkonten zu entwickeln, die speziell das menschliche Kapital messen. Diese Konten berücksichtigen neben dem Erwerbsleben eines Individuums auch Faktoren wie Gesundheit, Weiterbildung und zukünftige Einkommen. Doch trotz dieser Fortschritte bleibt die genaue Erfassung des menschlichen Kapitals aufgrund der Vielzahl von Variablen und Annahmen, die dabei berücksichtigt werden müssen, eine komplexe und im Wesentlichen noch unvollständige Aufgabe.
Es ist jedoch von grundlegender Bedeutung, dass die Gesellschaft und ihre Entscheidungsträger den Wert von Bildung, Gesundheit und anderen immateriellen Vermögenswerten erkennen. Diese Investitionen in den Menschen sollten nicht nur als Ausgaben betrachtet werden, sondern als langfristige Ressourcen, die das wirtschaftliche Potenzial eines Landes stärken und den Wohlstand der Gesellschaft insgesamt fördern. Der richtige Umgang mit menschlichem Kapital könnte somit einen Schlüssel zu einer nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung darstellen.
Wie gut ist unser Wohlstand wirklich? Die Messung des Wohlbefindens im Kontext moderner Wirtschaftstheorien
Die Konzepte des Wohlbefindens und der sozialen Wohlfahrt haben sich in den letzten Jahrzehnten stark weiterentwickelt. Früher galt das Bruttoinlandsprodukt (BIP) als der Hauptindikator für den wirtschaftlichen Fortschritt und das Wohl einer Gesellschaft. Doch zunehmend wird diese Kennzahl hinterfragt, da sie wichtige Dimensionen menschlichen Wohlbefindens und sozialen Fortschritts nicht abbildet. In diesem Zusammenhang gewinnen alternative Maßstäbe wie die Messung des subjektiven Wohlbefindens (SWB, Subjective Well-Being) an Bedeutung. Sie zielen darauf ab, den Lebensstandard und das Wohlbefinden von Individuen umfassender und realistischer zu erfassen, indem sie verschiedene Lebensbereiche wie Einkommen, Gesundheit, Bildung und die Umwelt in den Blick nehmen.
Ein Paradebeispiel für einen alternativen Ansatz ist der sogenannte Human Development Index (HDI), der neben der ökonomischen Leistung auch Indikatoren für Bildung und Lebenserwartung berücksichtigt. Der SWB-Ansatz geht noch einen Schritt weiter und integriert auch die subjektive Erfahrung von Glück und Zufriedenheit. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist das „New Zealand Living Standards Framework“, das nicht nur materiellen Wohlstand, sondern auch den Wert von sozialen, natürlichen und menschlichen Kapitals misst, um eine nachhaltige Entwicklung zu fördern.
Trotz der zunehmenden Anerkennung dieser alternativen Modelle bleibt ein wesentliches Problem bestehen: Die Unmöglichkeit, Wohlstand und Wohlbefinden mit einem einzigen Maßstab zu fassen. Der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler Anderson (1995) machte darauf aufmerksam, dass die Unmöglichkeit eines universellen Maßes für Wohlstand und Werte in unterschiedlichen gesellschaftlichen Kontexten offenkundig ist. Dies bedeutet, dass eine Politik, die Wohlstand maximieren möchte, immer auch auf einer Reihe von Annahmen basieren muss, die von der Komplexität der gesellschaftlichen Bedürfnisse und Wünsche nur unzureichend abgebildet werden.
In der Diskussion um das subjektive Wohlbefinden spielt auch die sogenannte „Easterlin-Paradox“ eine zentrale Rolle. Dieser Paradox besagt, dass auf den ersten Blick ein klarer Zusammenhang zwischen Einkommen und Lebenszufriedenheit besteht – je höher das Einkommen, desto zufriedener die Menschen. Auf lange Sicht jedoch wird dieser Zusammenhang schwächer, und ab einem bestimmten Einkommensniveau flacht der Anstieg der Lebenszufriedenheit ab. Die Ursache dieses Phänomens wird häufig in sozialen Vergleichen und der relativen Wahrnehmung des Wohlstands gesehen. Langfristig ist das Wohlbefinden weniger mit der absoluten Höhe des Einkommens verknüpft als mit den sozialen und psychologischen Faktoren, die damit einhergehen.
Ein weiteres Problem in der Messung des Wohlbefindens ist das Phänomen der „hedonischen Anpassung“. Dies bezeichnet die Tendenz der Menschen, ihre Zufriedenheit nach einem positiven oder negativen Lebensereignis wieder auf ein vorheriges Niveau zurückzuführen. Ein Mensch, der beispielsweise ein besseres Einkommen erzielt oder eine neue Lebenssituation erfährt, wird zwar kurzfristig eine höhere Lebenszufriedenheit verspüren, doch mit der Zeit wird sich die Wahrnehmung wieder an das gewohnte Niveau anpassen. Ein weniger bekanntes Phänomen ist das der „Skalennormierung“. Hierbei passt ein Individuum die Skala seiner Zufriedenheit je nach dem Kontext oder den Erfahrungen über die Zeit an – etwa, wenn er in ein anderes Land zieht oder eine Naturkatastrophe erlebt.
Diese Probleme zeigen die Herausforderungen bei der Messung von Wohlbefinden und deren Verwendung als Grundlage für politische Entscheidungen. Auch wenn es eine Vielzahl von Umfragen und Skalen gibt, die weltweit verwendet werden, gibt es keine universelle Methode, um Wohlbefinden eindeutig zu messen. Ein Beispiel für eine häufig verwendete Skala ist die WHO5, die eine kurze, selbstberichtete Umfrage ist, bei der die Befragten angeben, wie oft sie in den letzten zwei Wochen verschiedene positive oder negative Gefühle erlebt haben. Doch auch hier gibt es keine einheitliche Antwort auf die Frage, wie diese Gefühle langfristig das Wohlbefinden beeinflussen.
Das zentrale Ziel der Wohlstandsmessung sollte nicht nur darin bestehen, Zahlen zu liefern, die den ökonomischen Erfolg abbilden, sondern vielmehr dazu dienen, politisches Handeln zu steuern, das das Wohlergehen der Menschen tatsächlich verbessert. Dabei wird jedoch oft übersehen, dass Wohlbefindensforschung aus einer anderen Disziplin stammt – der Psychologie – und dass viele der verwendeten empirischen Modelle aus der Wirtschaftswissenschaft nicht immer eine solide Grundlage für politische Empfehlungen bieten. Die Messung von Wohlbefinden darf nicht zu einem technokratischen Werkzeug werden, das von oben herab diktiert wird, sondern sollte im besten Fall eine Grundlage für demokratische Entscheidungsprozesse bilden, bei denen die subjektive Wahrnehmung der Bürger im Mittelpunkt steht.
Ein weiterer Aspekt, der in diesem Zusammenhang oft untergeht, ist die Bedeutung von sozialen und psychologischen Faktoren im Vergleich zu materiellen Indikatoren. Wohlbefinden hängt nicht nur von Geld oder materiellen Gütern ab, sondern auch von den sozialen Beziehungen, der Lebensqualität und der persönlichen Erfüllung. Daher ist es wichtig, dass Wohlstandsmessungen auch diese weichen Faktoren in den Fokus rücken, um ein vollständigeres Bild vom tatsächlichen Wohlstand einer Gesellschaft zu erhalten.
Die Forschung zu Wohlstand und Wohlbefinden ist noch lange nicht abgeschlossen. Viele offene Fragen und Herausforderungen bleiben bestehen, sowohl in Bezug auf die theoretische Fundierung als auch auf die praktischen Anwendungen. Doch die zunehmende Anerkennung von Wohlbefindensmessungen als legitime Ergänzung zu klassischen Wirtschaftszahlen zeigt, dass es ein wachsendes Interesse gibt, den Fortschritt einer Gesellschaft nicht nur durch das BIP zu messen, sondern auch durch die Lebensqualität ihrer Mitglieder.
Wie verändert sich die öffentliche Wahrnehmung der Wirtschaft und welche Rolle spielt dabei der Einsatz von KI und maschinellem Lernen?
In Anbetracht der sich verändernden Weltwirtschaft, die von Krisen wie dem Ukraine-Konflikt, weltweiter Inflation und extremen Wetterereignissen geprägt ist, zeichnen sich deutliche Veränderungen in der öffentlichen Philosophie über die Funktionsweise der Wirtschaft ab. Diese Veränderungen gehen über die digitale Transformation der Wirtschaft hinaus und beeinflussen auch die politischen Rahmenbedingungen und die Entscheidungsprozesse der Regierungen. Vor allem die Rückkehr einer expliziten Industriepolitik in vielen Ländern deutet darauf hin, dass ein fundamentaler Wandel im Gange ist. Gleichzeitig sind in der akademischen Wirtschaftsforschung bemerkenswerte Verschiebungen zu beobachten, die die traditionelle Hochburg der freien Marktwirtschaft zunehmend hinter sich lassen (Coyle, 2007, 2022). Diese Entwicklungen haben tiefgreifende Auswirkungen auf die Art und Weise, wie wir heute über wirtschaftliche Fragestellungen nachdenken.
Die Art und Weise, wie wir heute wirtschaftliche Entscheidungen treffen, steht unter dem Einfluss von neuen Technologien und Methoden. Ein markantes Beispiel ist der Einsatz von maschinellem Lernen (ML) und generativen KI-Systemen, die zunehmend bei der Entscheidungsfindung eine Rolle spielen. Diese Technologien sind nicht nur ein Werkzeug zur Effizienzsteigerung, sondern auch eine Möglichkeit, ökonomische Entscheidungen mit einer bislang unerreichten Präzision zu treffen. Das mag zunächst verlockend erscheinen, doch gleichzeitig bringt diese Entwicklung erhebliche Herausforderungen mit sich.
Im Gegensatz zu früheren Zeiten, als Wirtschaftsdaten einfach heruntergeladen und ohne viel Nachdenken verwendet wurden, ist es heute schwieriger denn je, die genaue Herkunft und Qualität von Daten zu beurteilen. Daten, die für ökonomische Analysen genutzt werden, sind keineswegs objektiv oder selbstverständlich – sie sind gemacht, nicht gegeben. Doch oft wird diese Tatsache in der Praxis ignoriert, was zu einer falschen Anwendung der Daten und zu fehlerhaften Schlussfolgerungen führen kann. Diese Entwicklung hat erhebliche Folgen, insbesondere wenn man bedenkt, dass viele wichtige Entscheidungen, die das Leben von Menschen beeinflussen, zunehmend auf automatisierten Systemen basieren.
Die Bedeutung der Herkunft von Daten wird oft unterschätzt. Häufig wird angenommen, dass Daten, die auf Computern angezeigt werden, unveränderlich und objektiv sind. Doch wie Oskar Morgenstern bereits 1950 in seinem Werk On the Accuracy of Economic Observations betonte, gibt es zahlreiche Quellen für Messfehler, die in der ökonomischen Analyse berücksichtigt werden müssen. Diese Messunsicherheiten sind nicht nur theoretischer Natur, sondern haben auch praktische Auswirkungen. Sie können die Ergebnisse wirtschaftlicher Forschung dramatisch verändern und sollten daher bei der Interpretation von Daten stets mitbedacht werden. Dennoch wird dieser Punkt in der wirtschaftswissenschaftlichen Praxis häufig vernachlässigt.
Die Einführung von maschinellem Lernen in die Wirtschaftspolitik wirft neue Fragen zur Datenqualität und zu den Auswirkungen von Datenverzerrungen auf. In einer Welt, in der viele wirtschaftliche und soziale Entscheidungen durch Algorithmen getroffen werden, ist es entscheidend, die Qualität und die potenziellen Verzerrungen in den verwendeten Daten zu verstehen. Ein Beispiel für die Problematik von Datenverzerrungen liefert Cathy O'Neil in ihrem Buch Weapons of Math Destruction (2016), in dem sie aufzeigt, wie Algorithmen zur Bewertung von Kunden oder zur Risikobewertung von Straftätern dazu führen können, dass bestehende gesellschaftliche Ungleichgewichte reproduziert werden. Diese Verzerrungen sind besonders problematisch, wenn sie als Grundlage für weitreichende Entscheidungen dienen, etwa im Strafjustizsystem oder in der Sozialpolitik.
Ein weiteres Problem tritt auf, wenn Algorithmen dazu verwendet werden, Entscheidungen in Bereichen mit widersprüchlichen Zielen zu treffen. In der Strafjustiz zum Beispiel stehen sich verschiedene Vorstellungen über den Zweck der Bestrafung gegenüber: Ist sie auf Rehabilitation oder auf Vergeltung ausgerichtet? Die Notwendigkeit, diese unterschiedlichen Wertvorstellungen in einem mathematischen Modell zu vereinheitlichen, stellt eine enorme Herausforderung dar. In vielen Fällen wird versucht, durch eine gewichtete Kombination von Zielen eine Lösung zu finden, doch dies setzt voraus, dass diese Ziele miteinander vereinbar sind – was nicht immer der Fall ist. Ein Beispiel dafür ist der Brexit, bei dem die Entscheidung von der Gesellschaft nicht durch eine objektive Funktion in einem Algorithmus abgebildet werden kann, da die unterschiedlichen Werte und Überzeugungen der Bürger nicht in einer einzigen Funktion zusammengefasst werden können.
Diese Herausforderungen führen zu grundlegenden Fragen über Fairness und die Definition von gerechtfertigten gesellschaftlichen Ergebnissen. Algorithmen zur Vorhersage von Rückfällen im Strafjustizsystem beispielsweise zeigen, dass maschinelles Lernen in bestimmten Fällen zu ungerechten Ergebnissen führen kann. Studien haben gezeigt, dass Algorithmen mit höherer Wahrscheinlichkeit fälschlicherweise vorhersagen, dass schwarze Häftlinge erneut Straftaten begehen werden, was zu einer höheren Inhaftierungsquote dieser Gruppe führt, obwohl die Algorithmen insgesamt genauere Vorhersagen treffen können. Diese Spannungen zwischen algorithmischer Effizienz und sozialer Gerechtigkeit sind eines der drängendsten Probleme der modernen Wirtschaftspolitik.
Die Nutzung von maschinellem Lernen in der Entscheidungsfindung erfordert daher eine besonders sorgfältige Auseinandersetzung mit den zugrunde liegenden Daten und den mit ihnen verbundenen Verzerrungen. Es ist nicht nur eine technische Herausforderung, sondern auch eine ethische. Die zunehmende Abhängigkeit von automatisierten Entscheidungssystemen stellt uns vor die Frage, wie wir als Gesellschaft die Verantwortung für diese Entscheidungen übernehmen und sicherstellen können, dass sie im Einklang mit unseren Werten und Zielen stehen.
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