Polysaccharide, hochmolekulare Polymere aus Monosacchariden, zeichnen sich durch eine bemerkenswerte strukturelle Vielfalt aus. Ihre chemische Struktur, insbesondere die Art und Weise, wie die Polymerketten verzweigt oder linear angeordnet sind, sowie die Art der enthaltenen Monosaccharide, bestimmen maßgeblich ihre physikalischen Eigenschaften. Diese Eigenschaften sind besonders relevant für die Textur und die Konsistenz von Lebensmitteln, weshalb Polysaccharide eine zentrale Rolle in der Lebensmittelchemie spielen.

Die Vielfalt der Polysaccharide und ihre unterschiedlichen Strukturen finden sich hauptsächlich in pflanzlichen Lebensmitteln, da sie in der Tierwelt eine untergeordnete Bedeutung haben. Ein bedeutendes Beispiel aus dem tierischen Bereich ist Glycogen, das in der Leber und den Muskeln als Energie- und Kohlenhydratspeicher dient. Glycogen ähnelt strukturell Amylopektin, einem der Hauptbestandteile von Stärke, das als pflanzlicher Kohlenhydratspeicher in Samen und Knollen vorkommt. Im Gegensatz dazu kommen andere tierische Polysaccharide wie Chitin oder Proteoglykane in speziellen biologischen Funktionen vor, insbesondere in Exoskeletten und Bindegeweben.

In Pflanzen übernehmen Polysaccharide zwei Hauptfunktionen: Sie dienen als Energiereserve in Samen und Knollen und als strukturelles Gerüst in den Zellwänden der Pflanzen. Diese unterschiedlichen Rollen erfordern eine Vielzahl an Polysacchariden mit unterschiedlichsten physikalischen Eigenschaften, die wiederum die Eigenschaften der Lebensmittel beeinflussen, die aus diesen Pflanzen gewonnen werden. Besonders bemerkenswert ist die Rolle von Polysacchariden in der menschlichen Ernährung, wobei sie weit mehr leisten als nur die Bereitstellung von Energie.

Stärke, ein Polysaccharid, das in großen Mengen in Samen wie Weizen, Reis und Mais sowie in Knollen wie Kartoffeln und Maniok vorkommt, wird im menschlichen Darm leicht verdaut und liefert somit eine wesentliche Energiequelle. Dies ist besonders wichtig, da Stärke in vielen unserer täglichen Nahrungsmittel enthalten ist und einen großen Teil des menschlichen Energiebedarfs deckt. Im Gegensatz dazu spielen andere Polysaccharide wie Cellulose, Pektine und Hemicellulosen, die oft unter dem Begriff "Ballaststoffe" zusammengefasst werden, eine essenzielle Rolle für die Gesundheit des Verdauungssystems. Diese sogenannten "nicht-stärkehaltigen Polysaccharide" (NSPs) tragen nicht nur zur gesunden Funktion des Dickdarms bei, sondern beeinflussen auch die Aufnahme von Nährstoffen im Dünndarm.

Die Textur von Lebensmitteln ist oft der erste Bereich, in dem der Konsument die Wirkung von Polysacchariden wahrnimmt. Polysaccharide, die als Verdickungsmittel oder Gelbildner verwendet werden, wie Pektin in Marmeladen oder Agar-Agar in Gelees, beeinflussen das Mundgefühl und die Konsistenz von Lebensmitteln erheblich. Darüber hinaus spielt die Struktur von Polysacchariden eine entscheidende Rolle bei der Stabilität und Lagerfähigkeit von Lebensmitteln, da sie die Feuchtigkeit binden und verhindern, dass die Lebensmittel zu schnell austrocknen oder verderben.

Interessant ist auch die zunehmend erkennbare Bedeutung von "funktionellen" Polysacchariden in der modernen Ernährung. Diese Polysaccharide haben neben ihrer Rolle als Energielieferanten und strukturelle Komponenten von Lebensmitteln auch gesundheitsfördernde Eigenschaften. So gibt es Hinweise darauf, dass bestimmte Polysaccharide positive Effekte auf das Mikrobiom des Darms haben, Entzündungen reduzieren und sogar das Risiko für chronische Erkrankungen wie Herzkrankheiten oder Diabetes verringern können.

Ein weiterer Aspekt, der nicht übersehen werden sollte, ist die Bedeutung der Ballaststoffe in der Ernährung. Diese nicht-digestierbaren Polysaccharide spielen eine wichtige Rolle bei der Regulierung der Verdauung und der Aufrechterhaltung eines gesunden Blutzuckerspiegels. Sie fördern das Wachstum von nützlichen Bakterien im Darm und tragen dazu bei, Verstopfung zu verhindern. Darüber hinaus gibt es zunehmend Erkenntnisse, dass eine ballaststoffreiche Ernährung mit einem geringeren Risiko für verschiedene chronische Erkrankungen verbunden ist.

Die chemische Struktur und das Verhalten von Polysacchariden in der Lebensmitteltechnologie und Ernährungswissenschaft sind ein komplexes, aber äußerst faszinierendes Thema. Die Vielfalt an Polysacchariden und ihre jeweiligen Eigenschaften eröffnen eine Vielzahl von Möglichkeiten, die Textur, Stabilität und Nährstoffdichte von Lebensmitteln gezielt zu steuern und die gesundheitlichen Vorteile zu maximieren.

Wie die chemische Struktur von Fetten und Ölen ihre Eigenschaften beeinflusst

Die Eigenschaften von Fetten und Ölen, die für ihre Anwendung in Lebensmitteln entscheidend sind, hängen maßgeblich von der chemischen Struktur der enthaltenen Triglyceride ab. Zu Beginn war man der Ansicht, dass Fette aus einfachen Triglyceriden bestehen, also aus Verbindungen wie Tripalmitin, Tristearin oder Triolein, die jeweils nur eine Art von Fettsäure enthalten. Die Realität ist jedoch deutlich komplexer, da Fette in der Regel eine Mischung aus unterschiedlichen Triglyceriden darstellen. Dabei handelt es sich nicht nur um einfache Triglyceride, sondern auch um Mischtriglyceride, die verschiedene Fettsäuren an den drei Positionen des Glycerolmoleküls tragen.

Die Bestimmung der genauen Triglyceridzusammensetzung eines Fettes ist ein äußerst komplexer Prozess. Frühe Versuche, diese Verbindungen zu trennen, basierten auf der fraktionierten Kristallisation aus Aceton, was zeigte, dass weit mehr Triglyceridarten vorhanden sind, als ursprünglich vermutet. Diese Entdeckung führte zu einem tieferen Verständnis der Vielfalt an Triglyceriden in Fetten und Ölen. In einem einfachen Fett, das nur aus drei Fettsäuren besteht, sind theoretisch 27 verschiedene Triglyceride möglich, wenn jede der Fettsäuren an jeder der drei Positionen des Glycerols erscheinen kann. Allerdings wird die Anzahl auf 18 reduziert, da die Positionen 1 und 3 des Glycerols als gleichwertig angesehen werden.

Ein interessantes Detail ist, dass Triglyceride in ihren optischen Eigenschaften variieren können. Triglyceride, bei denen sich Fettsäuren an den äußeren Positionen unterscheiden, sind asymmetrisch und können optische Aktivität aufweisen. Diese optische Aktivität zeigt sich in bestimmten natürlichen Fetten, bei denen ein Triglycerid als Enantiomer und nicht als racemische Mischung vorkommt. Dies deutet darauf hin, dass bei der Biosynthese von Triglyceriden eine Differenzierung zwischen den Positionen 1 und 3 des Glycerolmoleküls stattfindet.

Ein weiterer wichtiger Punkt bei der Analyse von Triglyceriden ist die Unterscheidung zwischen isomerischen Paaren von Glyceriden, wie beispielsweise POP und PPO. Diese Unterscheidung ist von Bedeutung, wenn man Fette wie Schweineschmalz und Kakaobutter miteinander vergleicht, da sich ihre Triglyceridkompositionen erheblich unterscheiden können, obwohl ihre Fettsäurezusammensetzung ähnlich ist. In Schweineschmalz findet sich eine klare Tendenz, dass ungesättigte Fettsäuren an den äußeren Positionen des Glycerols gebunden sind, während bei Kakaobutter das Gegenteil der Fall ist. Diese Unterschiede spiegeln eine grundlegende Unterscheidung zwischen tierischen und pflanzlichen Fetten wider, wie in der weiteren Verteilung der Triglyceridzusammensetzung dargestellt.

Die Triglyceridkomposition von Fetten variiert erheblich, selbst wenn die Fettsäurezusammensetzung ähnlich ist. In Milchfetten, zum Beispiel, finden sich Triglyceride in drei breiten Klassen: In der ersten Klasse sind alle drei Positionen des Glycerols mit langkettigen Fettsäuren besetzt, in der zweiten Klasse befinden sich langkettige Fettsäuren an den Positionen 1 und 2, während an der Position 3 kurzkettige Fettsäuren gebunden sind. In der dritten Klasse sind mittelkettige Fettsäuren an den Positionen 1 und 2 und entweder mittelkettige oder kurzkettige Fettsäuren an Position 3 zu finden.

Die Bestimmung der Triglyceridzusammensetzung erfordert eine präzise chromatographische Technik, da isomerische Paare wie SUS und SSU, die für den Unterschied zwischen Kakaobutter und Schweineschmalz verantwortlich sind, unterschieden werden müssen. Hier hat sich die Hochleistungsflüssigkeitschromatographie (HPLC) als besonders erfolgreich erwiesen, wobei Silicagel, das mit Silbernitrat imprägniert ist, als stationäre Phase genutzt wird. Silberionen komplexieren sich mit den Doppelbindungen der ungesättigten Triglyceride, wodurch deren Mobilität verringert wird und eine Trennung der Isomere möglich ist.

Ein weiteres Hilfsmittel zur Identifizierung von Triglyceriden ist die Verwendung von Pankreaslipase, einem Enzym, das die Esterbindungen an den Positionen 1 und 3 des Triglycerids spaltet. Dies ermöglicht die Bildung von Fettsäuren und Monoglyceriden, die dann durch Gaschromatographie weiter analysiert werden können.

Die Schmelz- und Kristallisationseigenschaften eines Fettes sind ebenfalls von grundlegender Bedeutung für die Lebensmittelchemie. Diese physikalischen Eigenschaften hängen stark von der Kettenlänge und der Ungesättigtheit der Fettsäuren ab. Die Art und Weise, wie Fette schmelzen oder kristallisieren, beeinflusst nicht nur ihre Textur und ihr Aussehen, sondern auch ihre Verwendung in verschiedenen Lebensmitteln. So spielt beispielsweise die Fähigkeit eines Fettes, bei bestimmten Temperaturen zu schmelzen, eine wesentliche Rolle bei der Herstellung von Produkten wie Schokolade oder Margarine.

Ein weiterer Aspekt, der bei der Verwendung von Fetten und Ölen in Lebensmitteln berücksichtigt werden muss, ist die Stabilität gegenüber Oxidation. Oxidation kann zu unangenehmen Geschmacksveränderungen und einer verringerten Haltbarkeit führen. Hier kommen natürliche Antioxidantien ins Spiel, die aus pflanzlichen Quellen wie Rosmarinextrakten gewonnen werden können. Diese Extrakte bieten nicht nur antioxidative Vorteile, sondern verleihen den Lebensmitteln auch einen charakteristischen Geschmack. In diesem Zusammenhang spielen pflanzliche Antioxidantien eine zunehmend wichtige Rolle, insbesondere in Lebensmitteln, die als „biologisch“ gekennzeichnet werden und in denen synthetische Antioxidantien wie BHT nicht verwendet werden dürfen.

Wie beeinflussen moderne Analysemethoden die Wahrnehmung von Lebensmitteln und deren Inhaltsstoffen?

Die neuesten Analysemethoden sind heute so empfindlich, dass viele Bestandteile von Lebensmitteln in extrem niedrigen Konzentrationen nachgewiesen und quantifiziert werden können. Diese Empfindlichkeit ermöglicht es, Rückstände von Pestiziden oder Umweltgiften bis hin zu einem Niveau von nur wenigen Mikrogramm pro Kilogramm zu erkennen. Allerdings stellt sich die Frage, ob diese minimalen Mengen tatsächlich eine biologische oder gesundheitliche Relevanz haben. Dies ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn die Nachweisgrenzen der Analyse in Bereichen liegen, in denen man sich nicht sicher sein kann, ob solche Spuren in der Nahrung tatsächlich eine Auswirkung auf den menschlichen Organismus haben.

Die Fortschritte in der Lebensmittelsicherheit und -chemie sind im Vergleich zu den Methoden der 1960er Jahre erheblich. Damals kämpften Lebensmittelchemiker noch mit schwierigen Analyseverfahren, die oft manuell und mit aufwändigen Laborgeräten durchgeführt wurden. Heute sind viele dieser Methoden automatisiert und effizienter geworden, was den gesamten Prozess erheblich vereinfacht und schneller macht. Dabei ist es ein beruhigendes Gefühl für die älteren Generationen der Lebensmittelchemiker, dass einige der Techniken, mit denen sie einst arbeiteten, nach wie vor verwendet werden, wenn auch in moderneren Geräten und Systemen.

In der Mitte des 20. Jahrhunderts schien es so, als ob viele der Fragen, die Lebensmittelchemiker und Ernährungswissenschaftler beschäftigten, beantwortet waren. Die Chemie konnte die wesentlichen Fragen über die Bestandteile von Lebensmitteln und ihre Mengen beantworten. Dabei ging es nicht nur um die „wünschenswerten“ Nährstoffe, sondern auch um die Substanzen, die Lebensmitteln ihre charakteristischen und oft geschätzten Eigenschaften wie Geschmack, Farbe und Textur verleihen. Dies war eine Zeit, in der der Lebensmittelsektor versuchte, die wachsende Liste unerwünschter Substanzen zu identifizieren, die entweder natürlich in Lebensmitteln vorkommen oder durch chemische Synthese hinzugefügt wurden.

Die Entwicklungen in der Biochemie haben zu einer veränderten Sichtweise geführt: Anstatt sich auf zweidimensionale Strukturformeln zu konzentrieren, wie sie in vielen Lehrbüchern zu finden sind, konnte man nun dreidimensionale Modelle von Molekülen erstellen. Diese Modelle, die sogar die Form von großen Proteinen und Polysacchariden beschreiben, ermöglichen tiefere Einblicke in die Wechselwirkungen zwischen Molekülen, sowohl in lebenden Geweben als auch in den Nahrungsmitteln, die wir konsumieren. Diese Erkenntnisse haben unser Verständnis darüber erweitert, wie die verschiedenen Lebensmittelbestandteile miteinander interagieren, und wie diese Wechselwirkungen die Nährwertigkeit sowie die Akzeptanz und Verdauung von Lebensmitteln beeinflussen können.

Ein großes Augenmerk liegt mittlerweile auf den Änderungen, die während der Verarbeitung, Lagerung und Zubereitung von Lebensmitteln auftreten. Einige dieser Veränderungen sind eindeutig chemisch, wie etwa die karamellisierten Reaktionen oder die Entstehung von Ranzigkeit. Andere hingegen sind weniger dauerhaft und betreffen weniger stabile chemische Wechselwirkungen, wie sie beim Gelieren von Polysacchariden oder Proteinen durch Wasserstoffbrücken entstehen. Darüber hinaus gibt es biologische Veränderungen, die durch Enzyme katalysiert werden und die seit Jahrhunderten unbeabsichtigt ausgenutzt werden, aber erst in den letzten Jahren vollständig verstanden wurden. Die zunehmende Bedeutung von Enzymen, insbesondere von Mikroorganismen, bei der Lebensmittelverarbeitung ist ein weiteres spannendes und wachsendes Forschungsfeld.

Ein weiteres Element, das in der modernen Lebensmittelforschung immer mehr ins Blickfeld rückt, ist der Zusammenhang zwischen Lebensmittelproduktion und globalen Herausforderungen wie Umweltfragen und Wirtschaft. In den letzten Jahrzehnten sind die Erwartungen an Lebensmittel gewachsen, was sich nicht nur in den entwickelten Ländern zeigt, wo der Zugang zu einer Vielzahl von Lebensmitteln nicht mehr durch finanzielle Mittel eingeschränkt ist, sondern auch in Entwicklungsländern, wo immer mehr Menschen auf eine abwechslungsreiche Ernährung, oft mit Fleisch, angewiesen sind. Diese Entwicklungen werfen Fragen zur Nachhaltigkeit und den Auswirkungen der Lebensmittelproduktion auf die Umwelt auf, etwa bei der Produktion von Sojaprotein oder der Abholzung von Wäldern für den Anbau von Ölpalmen.

Neben diesen komplexen globalen Herausforderungen gibt es noch andere Fragen, die die Bedeutung von Lebensmitteln betreffen. So sind Geschmack und Textur von Nahrungsmitteln für die Verbraucher von ebenso großer Bedeutung wie die Nährstoffe, die sie liefern. Die Ernährungswissenschaftler, Physiologen und anderen Wissenschaftler erkennen zunehmend, dass es beim Thema Ernährung nicht nur um das richtige Verhältnis von Nährstoffen geht, sondern auch darum, wie Lebensmittel aussehen und schmecken. Dies gilt nicht nur für die Lebensmittel in wohlhabenden Gesellschaften, sondern auch für die Versorgung in Katastrophengebieten, in denen der Nährwert von Lebensmitteln nur dann vollständig ausgeschöpft werden kann, wenn diese von den Empfängern auch akzeptiert werden.

Ein wichtiges Thema der letzten Jahre ist die öffentliche Wahrnehmung von "Chemikalien" in Lebensmitteln. In der Vergangenheit wurde das Wort „Chemikalie“ häufig mit negativen Assoziationen verbunden, was zu einer verzerrten Wahrnehmung geführt hat. Während in der Vergangenheit viele Menschen diese Begriffe als bedrohlich empfanden, ist heute ein zunehmendes Interesse an den chemischen Aspekten von Lebensmitteln festzustellen. Dies betrifft nicht nur natürliche Bestandteile von Lebensmitteln, sondern auch Zusätze, die der Lebensmittelsicherheit, Frische, dem Geschmack oder der Textur dienen. Die Öffentlichkeit hat jedoch oft nur eine begrenzte Vorstellung von den genauen Funktionen dieser Chemikalien und neigt dazu, sie zu hinterfragen. Ein Paradebeispiel ist die Etikettierung von Lebensmitteln, bei der Zutaten wie Essigsäure oder Carotinoide häufig fälschlicherweise als unnatürlich oder schädlich wahrgenommen werden. Die moderne Lebensmittelforschung hat jedoch gezeigt, dass viele dieser "Chemikalien" in Wirklichkeit natürliche Bestandteile sind, die in den rohen Materialien vorkommen.

Diese Betrachtungen verdeutlichen die Wichtigkeit, sowohl die chemischen als auch die biologischen Eigenschaften von Lebensmitteln zu verstehen, da sie maßgeblich das Wohlbefinden des Menschen beeinflussen können. Auch wenn manche Veränderungen in der Lebensmittelproduktion als oberflächlich erscheinen mögen, ist ihre Bedeutung im Gesamtzusammenhang von Ernährung und Gesundheit nicht zu unterschätzen. Lebensmittelwissenschaftler spielen eine entscheidende Rolle dabei, eine Balance zwischen dem Nutzen von Nährstoffen und der Gewährleistung der Sicherheit und Qualität von Lebensmitteln zu finden.

Welche Rolle spielen Casein und andere Proteine in der Milchverarbeitung?

Die Struktur der Caseinmicellen in Milch spielt eine entscheidende Rolle bei vielen Prozessen der Milchverarbeitung. In Bezug auf die Milchproteine ist Casein besonders wichtig, da es die Grundlage für die Herstellung von Käse bildet. Casein existiert in Form von Micellen, die sich in der Milch als winzige Cluster aggregieren. Diese Micellen sind von besonderem Interesse, da sie in einem komplexen Netzwerk organisiert sind, das nicht nur die physikalischen Eigenschaften der Milch bestimmt, sondern auch die Basis für die Herstellung von Milchprodukten wie Käse bildet.

In den Caseinmicellen sind besonders die C-terminalen Regionen des κ-Caseins hervorzuheben, die mit Trisaccharid-Einheiten verknüpft sind. Diese Hydrophilie der C-terminalen Bereiche bestimmt maßgeblich die Interaktionen der Proteine auf der Oberfläche der Micellen. Diese Interaktionen verhindern, dass die Micellen in einem zu festen Netzwerk miteinander verbunden werden, wodurch die Milch in ihrer flüssigen Form bleibt. Im Gegensatz dazu begünstigen Monomere mit mehreren Verknüpfungsgruppen die Bildung eines stark vernetzten, starren Netzes, wie es in der Herstellung von Käse erforderlich ist.

Die Herstellung von Käse beginnt mit der Ausfällung von Casein, was zu einer Klumpenbildung führt. In Produkten wie Joghurt oder Quark wird diese Ausfällung oft durch einen niedrigen pH-Wert verursacht, der durch die Fermentation von Laktose zu Milchsäure durch Laktobazillen erreicht wird. Dabei spielen Starterkulturen eine Schlüsselrolle. Im Fall von festen Käsesorten wie Cheddar oder Gruyère wird der pH-Wert durch mikrobielle Aktivitäten weiter gesenkt, was die Zugabe von Lab erforderlich macht. Lab enthält das Enzym Chymosin, das speziell ein Peptid in κ-Casein hydrolysiert. Dies führt dazu, dass der Hydrophobe Teil von κ-Casein in die Micelle integriert bleibt, während der hydrophile Teil, das κ-Casein-Glykopeptid, in die Molke übergeht. Dies ermöglicht eine stärkere Vernetzung der Micellen und führt zur Bildung eines festen Quarks.

Ein weiterer wichtiger Aspekt bei der Herstellung von Käse ist der Reifungsprozess, der mehrere Monate dauern kann. Während dieser Zeit spielt eine Reihe von Enzymen eine Rolle, darunter auch Lipasen, die Fettsäuren aus den Milchfetten freisetzen, was den Geschmack des Käses beeinflusst. Zudem führen Proteasen, die sowohl aus der mikrobiellen Fermentation als auch aus dem Lab stammen, zu einem gewissen Proteinabbau, der ebenfalls zur Entwicklung des charakteristischen Geschmacks und der Textur des Käses beiträgt.

Die Veränderung der Milchproduktion hat in den letzten Jahren ebenfalls Auswirkungen auf die Käseherstellung. Durch die höheren Milchmengen, die heute von Kühen erzeugt werden, gibt es weniger Kälber, aus denen das für die Käseherstellung benötigte Lab gewonnen wird. Dies hat die Käsehersteller dazu gezwungen, nach alternativen Quellen für Chymosin zu suchen. Fungi-basiertes Lab, insbesondere von Rhizomucor meihei, und gentechnisch veränderte Mikroorganismen wie Kluveromyces lactis oder Escherichia coli, die in der Lage sind, das Enzym in großen Mengen zu produzieren, bieten mögliche Lösungen.

Neben den Caseinen gibt es auch andere Milchproteine, die in der Milch eine bedeutende Rolle spielen. Besonders die Immunoglobuline, die als Antikörper bekannt sind, haben das Interesse von Lebensmittelwissenschaftlern geweckt. Sie spielen eine entscheidende Rolle bei der Immunabwehr, insbesondere bei der Abwehr von Bakterien und Viren. Die Immunoglobuline, insbesondere die Makroglobuline, finden sich in der Muttermilch und tragen zur Immunität von Neugeborenen bei. Sie bieten einen einzigartigen Schutz, den keine industrielle Milchverarbeitung nachahmen kann, was ein wesentlicher Unterschied zwischen menschlicher und Kuhmilch darstellt.

Das Verständnis der Rolle dieser Proteine und deren Verhalten während der Milchverarbeitung ist nicht nur für die Lebensmittelindustrie von Bedeutung, sondern auch für die Entwicklung neuer Verfahren und Produkte, die die Qualität und die Nährstoffzusammensetzung der Milchprodukte verbessern können. Besonders im Hinblick auf die Herstellung von Produkten für Lacto-Vegetarier ist es wichtig, die Auswirkungen alternativer Enzyme auf die Textur und den Geschmack von Käse genau zu beobachten.

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Wie beeinflusst die Verarbeitung von Lebensmitteln den Gehalt an Vitamin B6 und Niacin?

Vitamin B6 und Niacin spielen beide eine entscheidende Rolle in einer Vielzahl biochemischer Reaktionen im menschlichen Körper. Diese Vitamine sind, wie viele andere wasserlösliche Vitamine, in verschiedenen Formen vorhanden, die unterschiedlich stabil sind und auf verschiedene Weise in Lebensmitteln verarbeitet werden. Besonders die Verarbeitung und Zubereitung von Nahrungsmitteln hat einen direkten Einfluss auf ihren Gehalt und ihre Wirksamkeit.

Das Vitamin B6, das als Pyridoxalphosphat in enzymatischen Reaktionen wirkt, ist in der Lage, in einer Vielzahl von Reaktionen als Katalysator zu fungieren. Fast alle diese Reaktionen betreffen Aminosäuren, mit Ausnahme derjenigen, die von Phosphorylase katalysiert werden. Die Umwandlung und Stabilität von Pyridoxalphosphat während der Lebensmittelverarbeitung ist jedoch komplex. Unter normalen Kochbedingungen ist Pyridoxol, eine der Vorstufen des Vitamins, relativ stabil, während die anderen Formen des Vitamins weniger widerstandsfähig sind. Ein Beispiel für den Verlust von Vitamin B6 bei der Verarbeitung ist die Herstellung von verdampfter oder kondensierter Milch, bei der Pyridoxal in Pyridoxamin umgewandelt wird, wodurch die Vitamineigenschaft verloren geht. Ähnlich verhält es sich bei der Herstellung von getrocknetem Milchpulver, bei dem Pyridoxal durch die Wechselwirkung mit freien Schwefelhydrylgruppen der Proteine verloren gehen kann. Die Stabilität von Pyridoxalphosphat während des Kochens hängt in hohem Maße vom pH-Wert und der Art der Zubereitung ab. So führt das Kochen von Fleisch und das Trocknen von Milch zu erheblichen Verlusten, die auf chemische Reaktionen zurückzuführen sind, die zwischen dem Vitamin und den Proteinstrukturen in den Lebensmitteln ablaufen.

Niacin (Vitamin B3), das aus den beiden Formen Nikotinsäure und Nikotinamid besteht, hat eine vergleichbare Bedeutung im Stoffwechsel, besonders in Bezug auf den Energiestoffwechsel. Es ist Bestandteil von NAD (Nikotinamidadenindinukleotid) und NADP, die als Elektronenüberträger in der Zellatmung fungieren. Diese Moleküle sind in der Lage, Elektronen von organischen Säuren zu übernehmen und sie in Form von NADH an den oxidativen Phosphorylierungsprozess in den Mitochondrien weiterzugeben. Der Gehalt an Niacin in Lebensmitteln variiert je nach Quelle erheblich. Fleisch ist die reichhaltigste Quelle, mit einem Gehalt von 5–15 mg pro 100 g, während Milchprodukte und Eier nur sehr geringe Mengen enthalten. Auch viele pflanzliche Lebensmittel wie Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte sind nützliche Quellen, aber vor allem Mais erfordert besondere Beachtung. In Mais ist Niacin oft in gebundener Form vorhanden, die für den menschlichen Körper schwer zugänglich ist. Traditionell wird Mais in vielen Kulturen durch den Einsatz von Kalkwasser behandelt, um diese gebundene Form von Niacin verfügbar zu machen, was erklärt, warum Menschen in Mexiko, die Maistortillas aus solchem behandelten Mais konsumieren, weniger häufig an Pellagra, der durch Niacinmangel verursachten Krankheit, erkranken. In westlichen Ländern hingegen, in denen der Mais meist nicht durch diese Alkali-Behandlung geht, können die Niacinwerte durch den Konsum von Maisprodukten reduziert sein.

Ein weiterer interessanter Aspekt ist die Fähigkeit des menschlichen Körpers, Niacin selbst zu synthetisieren. Tryptophan, eine Aminosäure, kann in einem komplexen Stoffwechselweg in Niacin umgewandelt werden, allerdings ist dieser Prozess ineffizient und konkurriert mit anderen Stoffwechselprozessen. Etwa 60 mg Tryptophan sind erforderlich, um 1 mg Niacin zu produzieren, was bedeutet, dass der Körper bei einer unausgewogenen Ernährung möglicherweise nicht genug Niacin produzieren kann. Dies zeigt, wie wichtig es ist, eine ausgewogene Ernährung zu haben, die sowohl die direkte Aufnahme von Vitaminen als auch die notwendigen Bausteine für die körpereigene Synthese sicherstellt.

Die Verarbeitung von Lebensmitteln hat auf den Gehalt von Niacin in Lebensmitteln ebenfalls weitreichende Auswirkungen. So wird beispielsweise bei der Mühle von Getreide, wie es bei Weizen oder Reis der Fall ist, ein Großteil des Niacins entfernt, da es im Keim des Korns konzentriert ist. Dies erklärt, warum Vollkornprodukte wie Vollkornbrot oder brauner Reis höhere Niacingehalte aufweisen als ihre weißen Alternativen. Dennoch kann auch Niacin in bestimmten Getreidearten durch Verarbeitung und bestimmte chemische Bindungen in den Lebensmitteln schwer verfügbar sein.

Beide Vitamine, B6 und Niacin, sind stabil unter den normalen Koch- und Verarbeitungsbedingungen, doch extreme Temperaturen und unvorsichtige Handhabung können den Verlust an aktivem Vitamin zur Folge haben. Besonders bei der Zubereitung von Fleisch oder Milchprodukten sollte auf eine schonende Verarbeitung geachtet werden, um den Vitaminverlust zu minimieren. Eine ausgewogene und vielfältige Ernährung ist daher entscheidend, um die empfohlenen täglichen Mengen dieser wichtigen Mikronährstoffe zu gewährleisten.