Der Wandel Costa Ricas hin zu einem globalen Vorreiter im Bereich nachhaltiger Entwicklung und Klimapolitik lässt sich nicht ohne die Rolle seiner politischen Elite und die gezielte internationale Positionierung des Landes verstehen. Während Präsident Óscar Arias Sánchez nicht primär als Umweltpolitiker galt, war er doch tief inspiriert vom Vermächtnis José Figueres Ferrers. Arias trat international hervor, indem er sich US-amerikanischen Interessen entgegenstellte und einen von Zentralamerikanern geführten Friedensplan vorschlug. Seine Auszeichnung mit dem Friedensnobelpreis 1987 markierte nicht nur eine persönliche Zäsur, sondern auch einen fundamentalen Wandel in der wirtschaftlichen Ausrichtung des Landes: Weg von der Agrarökonomie, hin zur „grünen“ Dienstleistungsökonomie, insbesondere durch den Aufbau des Ökotourismus. Costa Rica wurde dadurch für Jahrzehnte zum Inbegriff eines ökologischen Paradieses in der internationalen Wahrnehmung.
Arias berief Álvaro Umaña, einen in den Vereinigten Staaten ausgebildeten Experten, zum Leiter des Ministeriums MINEREM. Umaña prägte die Umweltpolitik jener Zeit maßgeblich und etablierte sich als zentrale Figur innerhalb der entstehenden grünen Elite. Diese Epoche legte das Fundament für spätere Klimapolitiken, doch der eigentliche Durchbruch in der klimapolitischen Agenda erfolgte erst Mitte der 1990er Jahre.
In dieser Zeit war der internationale Finanzfluss, insbesondere aus den USA, weitgehend versiegt. Costa Rica galt inzwischen als „Musterkind“ und hatte den Status eines „Mittleren Einkommenslandes“ erreicht. Die politische Elite des Landes erkannte früh, dass nachhaltige Entwicklung und Klimaschutz nicht nur moralisch geboten, sondern auch strategisch vorteilhaft waren, um neue internationale Unterstützung zu mobilisieren. Die Idee, sich als globales „Labor“ für nachhaltige Entwicklung zu präsentieren, wurde öffentlich formuliert und fand Anklang in multilateralen Foren.
José María Figueres Olsen, Sohn des Revolutionsführers „Don Pepe“, war als Präsident ab 1994 maßgeblich daran beteiligt, Costa Rica in die nächste Phase der Umwelt- und Klimapolitik zu führen. Seine politische Herkunft, seine familiäre Prägung und sein eigenes Interesse an der ökologischen Transformation machten ihn zu einer zentralen Figur dieses Paradigmenwechsels. Bereits während seiner Zeit als Landwirtschaftsminister hatte er ein tiefes Verständnis für die Herausforderungen der ländlichen Bevölkerung entwickelt. Nun, als Präsident, nutzte er dieses Wissen, um gezielte Maßnahmen für nachhaltige Entwicklung und Klimaschutz umzusetzen.
Zusammen mit Umweltminister René Castro stellte Figueres ein kleines, hochqualifiziertes Team zusammen – eine Mischung aus nationalen und internationalen Fachleuten – das mit Effizienz und Innovationskraft neue umweltpolitische Initiativen auf den Weg brachte. Diese Phase war von einem hohen Maß an institutioneller Kohärenz und technokratischer Agilität geprägt.
Bemerkenswert ist, dass die Präsidentschaft Rafael Ángel Calderón Fourniers (1990–1994) in der öffentlichen und wissenschaftlichen Wahrnehmung kaum als klimapolitisch bedeutsam erscheint, obwohl in dieser Zeit wichtige internationale Rahmenwerke wie die UN-Klimarahmenkonvention unterzeichnet wurden. Die fehlende persönliche Strahlkraft Calderóns im Vergleich zu Arias und Figueres sowie der Mangel an konkreten politischen Initiativen führten dazu, dass dieses Intervall weitgehend als politisches Vakuum gilt – ein Zeitraum des ideellen Reifens, nicht aber der politischen Umsetzung.
Costa Ricas damalige Abwesenheit als bedeutender Akteur beim Erdgipfel 1992 in Rio de Janeiro zeigt die Diskrepanz zwischen internem Umweltbewusstsein und internationaler Sichtbarkeit. Erst im Laufe der 1990er Jahre wurde diese Kluft überwunden, als Costa Rica begann, sich aktiv und selbstbewusst als Vorreiter nachhaltiger Entwicklung auf der globalen Bühne zu positionieren.
Ein wesentliches Element dieses Erfolgs war die enge Verzahnung zwischen politischer Führung und zivilgesellschaftlichem Umweltengagement. Die grüne Elite – ein Netzwerk aus Politikern, Technokraten und Intellektuellen – agierte als kohärente Kraft, die nationale Interessen mit globalen Diskursen zu verbinden wusste. Die familiäre Biografie José María Figueres’ ist dabei exemplarisch: Aufgewachsen
Wie die Ernennung von Christiana Figueres zur UNFCCC-Exekutivsekretärin Costa Ricas Klimapolitik prägte
Christiana Figueres’ Ernennung zur Exekutivsekretärin der UNFCCC (Vereinte Nationen Rahmenkonvention über Klimaänderungen) im Jahr 2010 war ein Wendepunkt in der globalen Klimapolitik und für Costa Rica. Es war eine Entscheidung, die nicht nur die internationale Anerkennung des Landes für seine nachhaltigen Klimainitiativen verstärkte, sondern auch die politische Landschaft Costa Ricas beeinflusste. Die Ernennung folgte auf die enttäuschende Klimakonferenz von Kopenhagen (2009), bei der die Weltgemeinschaft nicht in der Lage war, eine neue globale Klimaverpflichtung zu erzielen. Für viele in Costa Rica, darunter auch der damalige Präsident Arias und der Außenminister Bruno Stagno, war die Nominierung von Figueres ein symbolischer und strategischer Schritt. Figueres, eine prominente Figur im internationalen Klimadiskurs, hatte bereits in der Vergangenheit als Mitglied des nationalen Verhandlungsteams Costa Ricas und des Exekutivkomitees des CDM (Clean Development Mechanism) viel Erfahrung gesammelt. Ihre Ernennung repräsentierte nicht nur die internationale Anerkennung der Arbeit Costa Ricas in der Klimafrage, sondern auch die Hoffnung auf eine Erneuerung des globalen Engagements.
Trotz der weit verbreiteten Kritik an der Kopenhagener Konferenz als Misserfolg für den globalen Klimaschutz, sahen viele Costa Ricaner in Figueres’ Ernennung einen positiven diplomatischen Moment für das Land. Es war nicht nur ein Zeichen der Anerkennung für ihre persönlichen Leistungen, sondern auch ein Hinweis auf Costa Ricas aufrichtige Bemühungen, eine Vorreiterrolle im Klimaschutz zu übernehmen. Während die internationale Gemeinschaft die Kopenhagener Verhandlungen als gescheitert betrachtete, bot sich die Möglichkeit, Costa Ricas nationale Klimastrategien in den globalen Kontext zu stellen. Die Ernennung von Figueres wurde von vielen als ein wenig überraschender, aber entscheidender diplomatischer Erfolg für ein kleines Land wie Costa Rica angesehen, das dennoch immer wieder als Vorreiter bei der Klimapolitik und den Maßnahmen zur Kohlenstoffneutralität auftrat.
Die Wahl Figueres’ als UNFCCC-Exekutivsekretärin war ein klarer Ausdruck des Prestiges und der Glaubwürdigkeit, die Costa Rica im Bereich der globalen Klimadiplomatie erworben hatte. Ihre Expertise und ihre umfassende Erfahrung auf internationaler Ebene machten sie zu einer geeigneten Kandidatin, die die schwierige Aufgabe übernehmen konnte, das Vertrauen in den Klimaprozess nach dem Scheitern von Kopenhagen wiederherzustellen. Sie und ihre Kollegin Patricia Espinosa aus Mexiko führten die Aufgabe an, das Vertrauen in den UN-Prozess nach der Enttäuschung von Kopenhagen wieder aufzubauen. In Cancun (2010), bei der nächsten COP, mussten sie einen neuen Kurs für die internationale Klimakooperation entwickeln. Das global politische Umfeld war von Herausforderungen geprägt, aber es bot auch Chancen für Neuanfänge.
Trotz ihrer internationalen Rolle und dem damit verbundenen Prestige, war Figueres’ Ernennung nicht das einzige markante Ereignis in Costa Rica zur Zeit ihrer Amtsübernahme. Im Jahr 2010, während Figueres’ Eintritt in die UNFCCC, trat auch Laura Chinchilla ihr Amt als erste weibliche Präsidentin Costa Ricas an. Chinchilla setzte zu Beginn ihrer Amtszeit einen Fokus auf die Bewahrung der natürlichen Ressourcen des Landes und die „grüne“ Agenda. Doch während ihrer Amtszeit war es vielen Costa Ricanern zufolge klar, dass Umweltfragen, trotz anfänglicher Zusagen, in den politischen Diskussionen an Bedeutung verloren. Die Rolle der klimabezogenen Initiativen wurde zunehmend marginalisiert, und politische Dynamiken im Land verschoben sich. Die von Arias gegründete „Friedensinitiative mit der Natur“ konnte in Chinchillas Präsidentschaft nicht weitergeführt werden, da sie zu sehr mit seiner Person verknüpft war.
Die internationale Rolle von Costa Rica und die Bemühungen im Klimaschutz wurden also zunehmend von den geopolitischen Entwicklungen im Land überschattet. Auch die Präsidentschaft von Chinchilla führte zu weniger Fokus auf Klimafragen, was eine wichtige, aber nicht ganz unerwartete Wendung darstellte. Die Gründung der Dirección de Cambio Climático (DCC), ein neues Büro für Klimawandel, direkt vor dem Ende von Arias’ Amtszeit, war ein Versuch, das nationale Engagement für den Klimaschutz fortzuführen. Dennoch fehlte es an einer klaren Vision für die langfristige Weiterentwicklung der Klimapolitik des Landes, besonders in einer Zeit, in der globale Aufmerksamkeit auf den erfolglosen Klimagipfel von Kopenhagen gerichtet war.
Für Costa Rica, das bereits als Beispiel für nachhaltige Entwicklung galt, war es entscheidend, wie es die Aufmerksamkeit auf nationale Klimainitiativen lenken konnte, während es gleichzeitig mit den geopolitischen Herausforderungen und innenpolitischen Verschiebungen konfrontiert war. Figueres’ Amtsantritt symbolisierte nicht nur eine politische Entscheidung, sondern auch einen tiefgreifenden Wandel in der internationalen Klimadiplomatie und im Selbstverständnis Costa Ricas als führender Akteur im globalen Klimaschutz. Ihre Ernennung war ein diplomatischer Triumph, der jedoch in einem komplizierten innenpolitischen Umfeld stattfand, das sich weiterentwickeln musste.
Für den Leser ist es von Bedeutung zu verstehen, dass die Ernennung von Christiana Figueres nicht nur eine persönliche Leistung war, sondern das Ergebnis eines langjährigen Prozesses der internationalen Klimakooperation, bei dem Costa Rica eine entscheidende Rolle spielte. Diese Ereignisse erinnern uns daran, dass die Klimapolitik nicht isoliert betrachtet werden kann, sondern immer in einem globalen und lokalen Kontext eingebettet ist, in dem geopolitische, diplomatische und nationale Dynamiken eng miteinander verknüpft sind. Ein weiterführender Blick auf die Entwicklung der Klimapolitik in Costa Rica zeigt, wie wichtig es ist, dass ein Land, das internationale Anerkennung für seine Klimastrategien sucht, nicht nur auf den globalen Raum fokussiert bleibt, sondern auch im eigenen Land den politischen Willen und die Unterstützung für diese Strategien aufrechterhält.
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