Die wahre Bedrohung für die Demokratie in den Vereinigten Staaten war nicht nur Donald Trump und seine Versuche, das Wahlergebnis von 2020 zu entkräften, sondern vielmehr die Millionen von Republikanern, die seine falschen Behauptungen und Verschwörungstheorien über die Wahl akzeptierten und sogar förderten. Eine Umfrage von Reuters/Ipsos im November 2020 ergab, dass die Hälfte der Republikaner glaubte, Trump habe „zu Recht gewonnen“, während nur 29 Prozent Biden als legitimen Sieger anerkannten. Laut einer Umfrage der Monmouth University waren es sogar drei Viertel der Trump-Wähler, die überzeugt waren, Biden habe nur aufgrund von Wahlbetrug gewonnen. Diese Überzeugung wurde von konservativen Führern mit Feuereifer aufgenommen. Steve Bannon bezeichnete die Wahl als „massiven Betrug“ und verbreitete über 450 verschiedene Verschwörungstheorien. Die Medien, insbesondere Fox News und Breitbart, stellten Trumps falsche Realität dar, als sei sie die Wahrheit, und verbreiteten so eine gefährliche Hysterie.
Der politische Einfluss und die Macht von Trump und seiner Bewegung innerhalb der Republikanischen Partei gingen weit über bloße Worte hinaus. Trump versuchte aktiv, die Wahl zu manipulieren, indem er republikanische Wahlbeamte und Gesetzgeber unter Druck setzte, die Ergebnisse in Schlüsselstaaten zu annullieren. Ein berüchtigtes Beispiel dafür war sein Anruf bei Brad Raffensperger, dem republikanischen Secretary of State von Georgia, bei dem er versuchte, „11.780 Stimmen zu finden“, die ihm den Sieg ermöglichen würden. Als dies nicht geschah, verbreitete sich die Wut unter seinen Anhängern, und Bedrohungen gegen jene, die sich ihm widersetzten, wurden laut.
Dieser Mechanismus des Widerstandes gegen die Wahrheit war nicht nur auf die politische Führung der Republikanischen Partei beschränkt. Die republikanischen Wähler selbst bildeten das Fundament für diese Bewegung, eine Bewegung, die auf den Ängsten und Unsicherheiten ihrer Anhänger aufbaute. Die Propaganda, die durch eine Vielzahl von Medienkanälen verbreitet wurde, stützte sich auf Ressentiments, die viele bereits hegten – Ängste vor einem Verlust der traditionellen Werte, vor einer zunehmend vielfältigen Gesellschaft und vor dem Gefühl, dass ihre politische und soziale Stellung bedroht war. Der Einfluss von Medien wie Fox News, Breitbart und anderen rechten Plattformen auf die Wahrnehmung der Wähler war enorm. Sie schürten Misstrauen, Feindseligkeit und ein ungesunden Glauben an „alternativen Wahrheiten“, die tief in der politischen und sozialen Struktur der Gesellschaft verankert waren.
Die Tatsache, dass viele Republikaner Trumps falsche Behauptungen weiterhin glaubten, trotz der klaren Widerlegung durch Experten und sogar durch Trumps eigenen Justizminister Bill Barr, zeigt die Macht von Gruppenzugehörigkeit und den Einfluss von politischen Führern, die sich einer „alternativen Wahrheit“ verschrieben haben. Trumps Anhänger hielten fest an der Idee, dass ihre Ansichten, ihre Ressentiments und ihre Wahrheiten richtig waren, ungeachtet der Tatsachen, die ihnen präsentiert wurden. Sie betrachteten die Realität nicht mehr als eine objektive Tatsache, sondern als eine Frage der Identität und der Zugehörigkeit zu einer bestimmten politischen Bewegung. Diese Verblendung führte zu einem gefährlichen Bruch in der amerikanischen Demokratie, der nicht nur durch die Aktionen von Trump selbst, sondern auch durch die treue Anhängerschaft seiner Wähler ermöglicht wurde.
Diese Entwicklung wurde von politischen Strategen seit langem genutzt. Die Republikanische Partei hatte schon immer gewusst, wie man die Ängste und Unsicherheiten der Wähler ansprechen kann. Von McCarthyismus über die Southern Strategy bis hin zum Tea-Party-Bewegung – die GOP hat immer wieder auf die Ängste und Ressentiments der Amerikaner gesetzt, um politische Macht zu erlangen. In vielen Fällen gingen sie sogar so weit, diese Ängste zu schüren, um eine noch tiefere Kluft zwischen den verschiedenen Teilen der Gesellschaft zu ziehen. Diese Strategie hat sich als äußerst wirksam erwiesen, um die politische Landschaft in den Vereinigten Staaten zu polarisieren.
Was viele jedoch nicht erkennen, ist, dass diese Ängste und Ressentiments weit über die politischen Führer und ihre Anhänger hinausgehen. Sie sind ein Spiegelbild tief verwurzelter gesellschaftlicher Probleme. Die politische Kultur der Angst ist nicht nur eine Frage von Politik, sondern auch von sozialen und wirtschaftlichen Veränderungen, die viele Wähler als Bedrohung empfinden. Die Verschiebung von sozialen und wirtschaftlichen Hierarchien, das Gefühl des Verlustes von Status und Einfluss sowie die Unsicherheit über die Zukunft sind tief verwurzelte Themen, die in der heutigen politischen Landschaft eine entscheidende Rolle spielen.
Es ist wichtig zu verstehen, dass der Glaube an Verschwörungstheorien und der Appell an das Tribalismus nicht nur eine Frage der irrationalen Entscheidungen von Einzelnen ist. Sie sind Ausdruck eines breiteren gesellschaftlichen Prozesses, der von politischen Akteuren und Medien bewusst verstärkt wird. Wähler, die auf Verschwörungstheorien anspringen oder die Wahrheit in einer verzerrten Weise akzeptieren, sind oft nicht nur Opfer dieser Manipulation, sondern auch ein Spiegelbild einer Gesellschaft, die mit tiefen Unsicherheiten und Ängsten zu kämpfen hat.
Es ist auch wichtig zu erkennen, dass die Verbreitung von Desinformation und Verschwörungstheorien nicht nur politisches Verhalten beeinflusst, sondern auch das öffentliche Vertrauen in Institutionen und in die Demokratie selbst untergräbt. Wenn Menschen beginnen, die grundlegenden Prinzipien von Wahrheit, Fakten und objektiver Realität in Frage zu stellen, öffnet dies die Tür für autoritäre Tendenzen und für eine Politik, die auf Angst und Misstrauen basiert. Solche Bewegungen können nicht nur die politische Landschaft destabilisieren, sondern auch das soziale Gefüge einer ganzen Nation gefährden.
Wie der politische und religiöse Konservatismus die amerikanische Politik prägte
Die Geschichte der amerikanischen Politik der letzten Jahrzehnten zeigt, wie tiefgreifend religiöse und konservative Bewegungen die politische Landschaft verändert haben. Besonders seit den 1980er Jahren, als der konservative Aufschwung seinen Höhepunkt erreichte, sind die Verbindungen zwischen religiösem Eifer und politischer Macht zunehmend offensichtlich geworden. Besonders die Rolle der christlichen Rechten, angeführt von Figuren wie Pat Robertson, Jerry Falwell und der Christian Coalition, hat einen bleibenden Einfluss auf die politische Kultur und die politische Ausrichtung der Republikanischen Partei hinterlassen.
Ein wichtiger Aspekt dieser Entwicklung war die Verschmelzung von religiösen Überzeugungen mit politischen Zielen. Das Streben nach politischer Macht wurde zunehmend als ein heiliger Auftrag verstanden, der das moralische Fundament der amerikanischen Gesellschaft verteidigen sollte. Die christliche Rechte – insbesondere unter der Führung von Pat Robertson – stellte sich als Gegengewicht zum vermeintlichen moralischen Verfall der Gesellschaft dar und erhob ihre Stimme gegen Abtreibung, Homosexualität und die Trennung von Kirche und Staat.
Ein prägendes Ereignis war der Aufstieg von Rush Limbaugh, der als einer der ersten „Talk Radio“-Moderatoren eine enorme Anhängerschaft aufbaute, indem er radikal-konservative Standpunkte aufgriff und die politische Linke aufs Schärfste kritisierte. Limbaugh verstand es meisterhaft, seinen Einfluss in den Mainstream der politischen Diskussion zu integrieren und gleichzeitig die Rhetorik der „heiligen Kulturkriege“ zu fördern. Dabei war seine Sendung nicht nur ein Sprachrohr für konservative Werte, sondern auch ein entscheidender Bestandteil des politischen Kampfes, den viele Republikaner führten.
In dieser Zeit erlebte die Republikanische Partei auch die Integration einer zunehmend radikaleren Agenda. Politiker wie Newt Gingrich und seine „Contract with America“-Initiative spielten eine zentrale Rolle in der Neugestaltung des politischen Systems. Gingrich und seine Verbündeten setzten auf eine aggressive, oft feindliche Politik, die nicht nur gegen die Demokraten, sondern auch gegen die wachsende Diversität in der Gesellschaft ankämpfte. In dieser Phase begann sich auch die Bewegung der Milizen und die enge Verbindung zwischen der National Rifle Association (NRA) und konservativen Kräften stärker herauszubilden.
Ein weiterer prägender Moment war der Aufstieg von George H. W. Bush zum Präsidenten und die damit verbundene, von religiösen Gruppen unterstützte politische Agenda. Diese Entwicklung setzte sich während der Präsidentschaft von George W. Bush fort, der, unterstützt von seiner religiösen Basis, die Vereinigten Staaten in den Irakkrieg führte. Diese Entscheidung, die unter falschen Vorwänden getroffen wurde, verwickelte das Land in einen langwierigen Konflikt, der politische und gesellschaftliche Spaltungen hinterließ. Der Einsatz von Religion und konservativen Werten im Wahlkampf wurde zunehmend zentraler, nicht nur als moralische Grundlage, sondern auch als politisches Werkzeug zur Mobilisierung der Wählerschaft.
Die Geschichte der politischen Konservativen in den USA zeigt jedoch nicht nur die wachsende Macht der religiösen Rechte, sondern auch die Auswirkungen dieses Einflusses auf die demokratischen Institutionen. Der fortlaufende Kulturkampf hat dazu geführt, dass die politische Diskussion zunehmend polarisiert wurde. Die Versuche, die Rechte von Minderheiten und die Gleichberechtigung von Frauen und Homosexuellen zu unterdrücken, sind auch heute noch ein zentrales Thema. Auch die Frage, wie weit religiöse Prinzipien in die Politik einfließen dürfen, bleibt eine der umstrittensten Diskussionen in der amerikanischen Gesellschaft.
Ein weiterer wichtiger Aspekt dieser Entwicklung ist die Rolle von Medien, insbesondere von konservativen Medien wie Fox News, die unter der Leitung von Roger Ailes eine führende Rolle in der politischen Manipulation und in der Meinungsbildung spielten. Die Macht der Medien und ihr Einfluss auf die politische Meinung sind untrennbar mit dem Aufstieg des politischen Konservatismus verbunden. In einem zunehmend polarisierten Land trugen diese Medien zur Verstärkung der Spaltungen bei und lieferten den rechten Kräften eine Plattform, auf der ihre Botschaften ungehindert verbreitet werden konnten.
Was darüber hinaus in dieser Geschichte nicht unbeachtet bleiben darf, ist die Reaktion auf diese Entwicklungen. Während die konservative Revolution ihre Spuren hinterließ, gab es immer wieder Widerstand, sowohl auf politischer als auch auf gesellschaftlicher Ebene. Die Zunahme von Protestbewegungen, die Forderung nach mehr Gleichberechtigung und die wachsende Bedeutung der LGBTQ+-Rechte zeigen, dass die Auseinandersetzungen um Werte und Normen in den USA nicht nur die politische Landschaft, sondern auch die soziale Struktur herausfordern.
Der Blick auf die 1980er und 1990er Jahre ist entscheidend, um das heutige politische Klima der USA zu verstehen. Es ist auch wichtig, sich der Tatsache bewusst zu sein, dass die Spannungen, die damals begonnen haben, bis heute weiterbestehen. Die Frage, wie die Beziehung zwischen Politik, Religion und Medien in den kommenden Jahren weiter gestaltet wird, bleibt offen, aber eines ist sicher: Der Einfluss der christlichen Rechten auf die amerikanische Politik ist unbestreitbar und wird auch künftig ein prägendes Thema bleiben.
Wie konnte Clinton die politische Mitte zurückerobern und die republikanische Rechte isolieren?
Die politischen Kämpfe der Mitte der 1990er-Jahre in den Vereinigten Staaten lassen sich als ein dramatisches Ringen um Deutungshoheit, Machtbalance und politische Identität beschreiben. Präsident Bill Clinton und der republikanische Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus, Newt Gingrich, verkörperten gegensätzliche Visionen eines künftigen Amerika – Clinton als taktisch geschickter Zentrist, Gingrich als aggressiver Architekt eines neoliberalen Umbaus. Inmitten von Haushaltskrisen, ideologischen Grabenkämpfen und kulturellen Polarisierungen gelang es Clinton, nicht nur politisch zu überleben, sondern sich neu zu positionieren – als der pragmatische Verteidiger der Mitte gegen den Radikalismus der Rechten.
Der sogenannte „Government Shutdown“ im Winter 1995/96 war der Höhepunkt eines Haushaltsstreits, in dem Gingrich tiefgreifende Einschnitte forderte: Medicare und Medicaid sollten gekürzt, Umweltschutzbestimmungen zurückgenommen und Steuererhöhungen für Reiche rückgängig gemacht werden. Clinton hingegen präsentierte sich als kompromissbereiter Staatsmann, der zwar einen ausgeglichenen Haushalt anstrebte, jedoch nicht bereit war, zentrale soziale Sicherungen preiszugeben. Der Showdown endete in einem strategischen Desaster für Gingrich. Dessen persönliche Kränkung – ausgelöst durch einen als demütigend empfundenen Ausstieg aus der Präsidentenmaschine Air Force One – wurde öffentlich zum Symbol seiner Impulsivität und politischen Kurzsichtigkeit. Clinton hingegen nutzte die Gelegenheit, um sich als Hüter staatlicher Verantwortung zu inszenieren. Der Präsident hatte in dieser Phase nicht nur das sachliche Argument, sondern auch die öffentliche Sympathie auf seiner Seite.
Der Konflikt markierte auch einen entscheidenden Moment in Clintons langfristiger Strategie der sogenannten „Triangulation“. Anstatt sich in die Defensive drängen zu lassen, bemühte er sich, die traditionelle parteipolitische Achse zu durchbrechen. Er distanzierte sich bewusst von linken Dogmen der Demokraten und positionierte sich als Vertreter eines „dynamischen Zentrums“. Mit Reformvorschlägen zur Wohlfahrt und harter Kriminalitätsbekämpfung versuchte er, gesellschaftliche Ängste aufzugreifen, ohne sich den rhetorischen Extremen der Rechten auszuliefern. In seiner Rede zur Lage der Nation erklärte Clinton schließlich symbolisch: „The era of big government is over.“ Diese Botschaft war nicht nur taktisch geschickt – sie war auch ein Frontalangriff auf das republikanische Narrativ von den Demokraten als unersättlichen Bürokraten.
Die republikanische Antwort blieb hingegen verhaftet in einem anti-elitären Reflex, der mehr aus Ressentiment als aus realpolitischer Strategie gespeist war. Bob Dole, der designierte Präsidentschaftskandidat der Republikaner, versuchte Clinton in die Ecke eines weltfremden, liberalen Establishments zu drängen. Doch seine Rhetorik blieb blass, seine Präsenz wirkte müde, seine Botschaft diffus. Selbst in konservativen Hochburgen verlor er gegen rechtspopulistische Außenseiter wie Pat Buchanan oder den steuerreformbesessenen Steve Forbes. Dole rang mit seiner eigenen Partei – mit deren religiös-fundamentalistischen Flügeln, mit den Kulturkämpfern, mit jenen, die lieber Brandreden hielten als regieren wollten.
Auf dem republikanischen Parteitag in San Diego eskalierte dieser innere Widerspruch. Während Dole versuchte, eine inklusivere Botschaft zu senden, dominierten die ultrakonservativen Kräfte die Parteibasis. Der christliche Flügel der Partei setzte seine Positionen durch, ignorierte Appelle zur Toleranz, und beharrte auf einer harten Linie bei Abtreibung, Affirmative Action und Immigration. Dole, der versuchte zu beschwichtigen, musste kapitulieren. Seine Aussage, er habe das Parteiprogramm gar nicht gelesen und fühle sich nicht daran gebunden, war ein Ausdruck politischer Resignation.
Der Versuch, das Bild einer „Partei der Inklusion“ zu vermitteln, scheiterte spätestens mit dem Schlussgebet von Jerry Falwell, einem prominenten Vertreter verschwörungstheoretischer und intoleranter Strömungen. Die Partei konnte – oder wollte – sich nicht von ihren extremen Rändern lösen. Inmitten dieser ideologischen Kakophonie blieb Dole nur der Versuch, mit nostalgischer Rhetorik zu punkten: Er wolle eine Brücke bauen in eine frühere, vermeintlich bessere Zeit. Clinton konterte messerscharf: „Wir müssen keine Brücke in die Vergangenheit bauen – wir brauchen eine Brücke in die Zukunft.“ Damit war der Ton gesetzt, der die Wähler mobilisierte und Dole politisch ins Abseits stellte.
Wichtiger noch als die taktischen Manöver war jedoch die kulturelle Metapolitik, die sich in dieser Phase entfaltete. Clinton erkannte die Ermüdung der Bevölkerung durch ideologische Grabenkämpfe und präsentierte sich als Gegenmodell zum Zynismus der Rechten. Seine Fähigkeit, politische Komplexität in einfache moralische Botschaften zu übersetzen, ließ ihn als vernunftorientierten Vermittler erscheinen, während die Republikaner sich im Kampf gegen eine imaginierte liberale Verschwörung erschöpften.
Was dabei leicht übersehen wird: Die Konflikte der 1990er-Jahre waren nicht bloß politische Auseinandersetzungen, sondern Ausdruck eines tieferliegenden Wandels in der amerikanischen Gesellschaft. Die alten kulturellen Koordinaten verloren an Bindungskraft; neue Brüche entlang von Religion, Rasse, sozialer Herkunft und Medienkonsum bildeten sich heraus. Clinton verstand es, diese Dynamiken zu erkennen und in strategische Kommunikation umzusetzen. Seine Stärke lag nicht in ideologischer Kohärenz, sondern in der Kunst der Anpassung. In einer Zeit wachsender Unsicherheit war er der Präsident, der den Eindruck vermittelte, die Kontrolle zu behalten.
Wie der Anti-Katholizismus die politische Landschaft in den USA prägte und der GOP half, die Macht zu behalten
Der weit verbreitete Anti-Katholizismus in den Vereinigten Staaten des frühen 20. Jahrhunderts hatte tiefgreifende Auswirkungen auf die politische Landschaft und trug zur politischen Polarisierung bei. Besonders stark war die Ablehnung gegenüber katholischen Einwanderern, vor allem aus Irland und Italien, aber auch die Vorstellung, dass Katholiken ihren ersten Loyalitätsverpflichtungen nicht der Nation, sondern dem Papst in Rom nachkamen, verstärkte den Hass auf diese religiöse Gruppe. Dieses Misstrauen wurde genährt durch Verschwörungstheorien, die von anti-katholischen Kräften verbreitet wurden und die katholische Kirche als Bedrohung für die amerikanische Demokratie darstellten.
Ein markantes Beispiel für diesen politischen und religiösen Konflikt war die Präsidentschaftswahl von 1928, als der demokratische Kandidat Al Smith, ein Katholik, gegen den Republikaner Herbert Hoover antrat. Smiths Kandidatur löste eine Welle der Panik und Angst unter vielen protestantischen Wählern aus. Gerüchte verbreiteten sich, dass, wenn Smith gewählt würde, alle protestantischen Ehen annulliert würden und dass die katholische Kirche durch ihn die amerikanische Regierung übernehmen könnte. In der öffentlichen Wahrnehmung wurde Smith sogar als Marionette des Papstes dargestellt, was durch verteilte Flugblätter und Karikaturen verstärkt wurde. Eine solche Karikatur zeigte den Papst an der Spitze des Kabinetts von Präsidenten, wobei Smith in einer Nebenrolle als Kellner dargestellt wurde.
Obwohl Hoover selbst keine direkten Angriffe auf den Katholizismus unternahm, verbreiteten seine Unterstützer auf lokaler Ebene Hasspropaganda gegen Smith und die katholische Kirche. Zudem wurde behauptet, Smith habe keine Einwände gegen die Ehe zwischen verschiedenen Rassen. Diese Kampagnen bedienten sich der tief verwurzelten Ängste und Vorurteile der Bevölkerung und versuchten, die Wahl auf eine Art religiösen und rassistischen Gegensatz auszurichten. Dennoch war die Wahl zugunsten Hoovers nicht nur eine Folge dieser negativen Propaganda, sondern auch ein Ergebnis der stabilen Wirtschaftslage, die die Republikaner zu diesem Zeitpunkt als Garant des Wohlstands präsentierten.
Doch der vermeintliche Erfolg der GOP in den Jahren des Wirtschaftsbooms sollte sich bald als trügerisch erweisen. Am 29. Oktober 1929 brach die Weltwirtschaft ein, und die Große Depression setzte ein, die die wirtschaftliche Ordnung der USA erschütterte. Hoovers Regierung, die noch immer stark an der Ablehnung von Staatsausgaben und an der freien Marktwirtschaft festhielt, konnte keine wirkliche Lösung für die Krise bieten. Das Vertrauen in die Republikaner schwand, und ihre politische Position wurde zunehmend schwächer, was 1932 in der Wahlniederlage gegen Franklin D. Roosevelt gipfelte.
Mit dem Aufkommen des New Deal von Roosevelt erlebte die amerikanische Gesellschaft tiefgreifende Veränderungen. Die Demokraten begannen, sich für eine stärkere Rolle des Staates in der Wirtschaft und in sozialen Angelegenheiten einzusetzen. Dies führte zu einer Fraktionierung der Republikanischen Partei. Ein Teil der GOP, insbesondere der konservative Flügel, lehnte diese Neuerungen vehement ab und blieb dem Prinzip der kleinen Regierung und der Isolation gegenüber ausländischen Angelegenheiten treu. Doch der zunehmende Druck auf die Republik und die Notwendigkeit einer nationalen Antwort auf die Weltwirtschaftskrise zwangen die Republikaner, neue Wege zu finden, um gegen Roosevelt zu bestehen. Die Wahl von 1936, bei der Roosevelt mit überwältigender Mehrheit gewann, verdeutlichte dies. Die GOP wurde politisch marginalisiert, und ein Großteil ihrer Unterstützung in den städtischen Gebieten und unter den Minoritäten schwand.
Im Zweiten Weltkrieg und der nachfolgenden Nachkriegszeit veränderte sich das politische Klima erneut. Während die Republikaner weiterhin Isolationismus propagierten, wuchs der Einfluss der moderaten Fraktion, die sich den internationalen Verpflichtungen der USA und der Rolle des Staates in der sozialen Absicherung zuwendete. In den 1940er Jahren, insbesondere in der Präsidentschaftswahl von 1944, nahm die GOP eine gemäßigte Haltung ein, die die Modernisierung des Wohlfahrtsstaates und die Anerkennung der Notwendigkeit von Sozialschutzprogrammen beinhaltete. Doch trotz dieser Anpassung an den Zeitgeist war der wahre Wandel innerhalb der Partei noch nicht vollzogen. Die politischen Spannungen zwischen den konservativen und moderaten Kräften innerhalb der GOP blieben bestehen und setzten sich bis weit in das 20. Jahrhundert fort.
Die Umwälzungen in der amerikanischen Gesellschaft, die sowohl durch die Große Depression als auch durch den Zweiten Weltkrieg hervorgerufen wurden, zwangen die politischen Akteure, sich mit grundlegenden Fragen von Regierungseinfluss, sozialer Verantwortung und internationaler Politik auseinanderzusetzen. Die politische Identität der Republikaner, die sich zunächst als Partei des Business und der freien Märkte präsentierte, musste sich mit den Realitäten einer modernen Industriegesellschaft und den drängenden Fragen von sozialen Rechten und globaler Verantwortung auseinandersetzen.
Die politische Landschaft, in der sich die GOP bewegte, wurde zunehmend von den Erfahrungen der Großen Depression und den Reaktionen auf die globalen Herausforderungen des Zweiten Weltkriegs geprägt. Aber der wahre Wendepunkt für die Partei, der ihre Richtung in den folgenden Jahrzehnten bestimmen sollte, lag in der Unfähigkeit, den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel zu erkennen, der die politische Mitte in den USA formte.
Wie die Rote Angst die amerikanische Politik prägte: Von HUAC zu McCarthy
Die politische Landschaft in den USA nach dem Zweiten Weltkrieg war von einer tiefen Angst vor dem Kommunismus geprägt, die von der Republikanischen Partei geschickt genutzt wurde, um ihre politische Agenda zu fördern. Der Krieg gegen den Faschismus war zwar gewonnen, doch nun stand eine neue Bedrohung im Raum: der Kommunismus. Der Republikanischen Partei kam es gelegen, diese Angst als zentrales Thema ihrer politischen Strategie zu instrumentalisieren. Schon während der New Deal-Ära, als die Demokraten unter Roosevelt weitreichende soziale und wirtschaftliche Reformen durchführten, begannen die Republikaner, den Kommunismus als Hauptgegner zu identifizieren.
Ein entscheidendes Instrument dieser antikommunistischen Bewegung war das House Un-American Activities Committee (HUAC). Das HUAC war ursprünglich gegründet worden, um den Einfluss von Nazis und Faschisten zu bekämpfen, doch in der Zeit des Kalten Krieges wandte es sich zunehmend gegen Kommunisten. 1947, zu Beginn der McCarthy-Ära, verstärkte das HUAC seine Aktivitäten, um die „roten Unterwanderer“ in der Filmindustrie und in anderen Bereichen der Gesellschaft aufzuspüren. Ein prominenter Zeuge der antikommunistischen Jagd war der Schauspieler Ronald Reagan. Reagan erklärte, dass er Kommunisten verabscheue, jedoch gleichzeitig betonte, dass die Vereinigten Staaten niemals ihre demokratischen Prinzipien aus Angst oder Ressentiment gegenüber dieser Gruppe aufgeben sollten. Doch in der Praxis wurde die Furcht vor dem Kommunismus zunehmend zum politisch wichtigsten Werkzeug, um politische Gegner zu diskreditieren und zu bekämpfen.
Ein weiterer wichtiger Akteur auf dem antikommunistischen Feld war Richard Nixon, der später Präsident der Vereinigten Staaten wurde. 1946 hatte Nixon einen Sitz im Kongress gewonnen, indem er seinen demokratischen Vorgänger als „sozialistischer und kommunistischer“ bezeichnet hatte. Seine Karriere nahm einen entscheidenden Aufschwung, als er sich in die öffentlichen Anhörungen des HUAC einbrachte, die auf die Anschuldigungen von Whittaker Chambers reagierten, einem selbsternannten ehemaligen Kommunisten, der Alger Hiss, einen früheren Beamten des US-Außenministeriums, beschuldigte, Teil eines sowjetischen Spionagerings gewesen zu sein. Die Kontroverse um Hiss und die darauf folgende Hetzjagd auf Kommunisten verschafften Nixon die politische Bühne, um als bekannter antikommunistischer Kämpfer aufzutreten.
Doch die Republikanische Partei hatte mit all ihrer antikommunistischen Rhetorik noch nicht genug, um das Weiße Haus zu erobern. In der Präsidentschaftswahl von 1948 war der republikanische Kandidat Thomas Dewey gescheitert, trotz einer gespaltenen Demokratischen Partei und der Schwäche von Präsident Truman. Die Republikaner hatten gehofft, dass der Druck auf die Demokraten wegen ihrer Verwicklungen mit dem Kommunismus zu einem Sieg führen würde, doch die Wahl scheiterte. Der Verlust führte zu einer zunehmenden Unzufriedenheit unter den konservativen Republikanern, die die Partei als zu weich gegenüber den sozialen und wirtschaftlichen Reformen der Demokraten empfanden.
Erst nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Sowjets 1949 ihre erste Atomwaffe zündeten und der Kommunismus in China an die Macht kam, erhielt die antikommunistische Bewegung neuen Schwung. Der politische Diskurs in den USA war nun nicht nur von außen, sondern auch von innen bedroht – so sahen es viele Republikaner. Der Fall des britischen Physikers Klaus Fuchs, der 1950 des Spionierens für die Sowjetunion angeklagt wurde, und die Verurteilung von Alger Hiss stärkten den Glauben an eine tiefgreifende subversive Bedrohung im Innern des Landes. Es schien, als ob die Kommunisten sowohl von außen als auch von innen das Land destabilisieren wollten.
Der wahre Wendepunkt kam jedoch mit einem Mann, der die antikommunistische Hysterie auf eine neue, radikale Ebene brachte: Senator Joe McCarthy aus Wisconsin. McCarthy, der 1950 eine Rede hielt, in der er behauptete, eine Liste von 205 Kommunisten zu besitzen, die im US-Außenministerium arbeiteten, obwohl diese Liste nichts anderes war als eine Erfindung, erlangte nationale Bekanntschaft. McCarthy setzte auf eine politische Taktik der Angst, die die Gesellschaft spaltete und die Republikanische Partei immer weiter nach rechts zog. Der antikommunistische Diskurs von McCarthy richtete sich nicht nur gegen die Kommunisten, sondern auch gegen die politischen Eliten und die bürgerliche Gesellschaft, die er als „verräterisch“ und „unamerikanisch“ anklagte.
Es war diese Verbindung von kommunistischer Angst und politischer Mobilisierung, die McCarthy zu einer der zentralen Figuren in der amerikanischen Politik der 1950er Jahre machte. Mit seiner Behauptung, dass die wahre Gefahr für Amerika nicht von außen komme, sondern von inneren Feinden, setzte er einen gefährlichen Trend fort, der das politische Klima des Kalten Krieges prägen sollte. McCarthy und seine Anhänger behaupteten, dass die Eliten des Landes, die von den besten Ausbildungen und den größten Privilegien profitierten, im Geheimen gegen das Land arbeiteten. So wurde der Kommunismus nicht nur als ausländische Bedrohung, sondern als ein innenpolitisches Problem dargestellt, das durch Verrat von „innen“ die größte Gefahr darstelle.
Dieser Prozess der inneren Bedrohung und die Schaffung eines Feindes im eigenen Land wurden zu zentralen Elementen der politischen Kultur der 1950er Jahre und darüber hinaus. Die Republikanische Partei gewann durch diese Strategie zunehmend an Einfluss, auch wenn sie das Weiße Haus 1952 noch nicht erlangen konnte. Die politische Rhetorik von McCarthy und anderen Antikommunisten setzte Standards, die auch in den folgenden Jahrzehnten immer wieder aufgegriffen wurden, von Richard Nixon bis hin zu späteren Politikern, die auf ähnliche Ängste und Feindbilder setzten.
Der Aufstieg von McCarthy und seine anschließende Entlarvung als Scharlatan erinnern daran, wie leicht politische Diskurse durch Angst und Misstrauen manipuliert werden können. Die politische Kultur, die durch seine Aktionen geprägt wurde, hat in vielerlei Hinsicht bis heute Spuren hinterlassen und zeigt, wie die Instrumentalisierung von Angst und Feindbildern die politische Landschaft eines Landes nachhaltig verändern kann.

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