Die Diskussion um den Veridikalismus macht deutlich, dass viele gängige antiskeptische Strategien nicht in der Lage sind, das eigentliche epistemologische Problem zu lösen. Insbesondere zeigt sich, dass die Ablehnung von Prämisse (2) – also der Behauptung, dass Wissen über gewöhnliche Dinge Wissen über die Falschheit skeptischer Hypothesen voraussetzt – keineswegs ausreicht, um dem Skeptizismus zu entkommen. Veridikalismus versucht, (2) zu verwerfen, um (4) zu vermeiden – die Aussage, dass wir nicht wissen, dass es gewöhnliche Dinge gibt. Doch dieser Versuch scheitert, da er einen anderen Skeptizismus impliziert: einen Skeptizismus über das, was Dinge eigentlich sind (wassk).
Denn auch wenn man behauptet, dass es einen Tisch gibt, bleibt unter dieser Strategie offen, ob es sich dabei nicht um einen BIV-Tisch handelt – ein Objekt innerhalb einer Gehirn-im-Tank-Simulation. Solange man nicht weiß, ob man sich in einem solchen Szenario befindet, weiß man nicht, was der Tisch ist. Und genau dies – das Nichtwissen darüber, was Dinge sind – ist epistemisch ebenso besorgniserregend wie das Nichtwissen, ob es überhaupt Dinge gibt.
Andere Strategien, die (2) verwerfen, wie etwa die Ablehnung des epistemischen Abschlussprinzips (closure), versuchen, das Verhältnis zwischen Alltagswissen und skeptischen Hypothesen anders zu definieren. Diese Strategien behaupten, dass man wissen kann, dass es einen Tisch gibt, ohne zu wissen, dass man kein Gehirn im Tank ist. Der Grund hierfür liegt nicht in der Beschaffenheit des Tisches, sondern in der Konzeption von Wissen selbst. Aber auch hier bleibt das Problem bestehen: Wenn man nicht weiß, ob sk (skeptisches Szenario) zutrifft, weiß man nicht, was der Tisch ist – ein was-sk-Skeptizismus bleibt bestehen.
Allerdings gibt es Ansätze, die versuchen, diesem Problem zu entkommen. So postulieren wittgenstein-inspirierte Positionen wie jene von Avnur oder Coliva, dass man, um etwas wie „es gibt einen Tisch“ zu wissen, ein pragmatisches Vertrauen oder eine Annahme der Falschheit von sk (nicht-sk) machen muss. Diese Annahme ist weder begründet noch als Wissen qualifizierbar, aber notwendig für die Möglichkeit des Wissens über gewöhnliche Dinge. Ohne die implizite Annahme von nicht-sk ist Wissen über Tische nicht möglich. Das bedeutet: Wer tatsächlich weiß, dass es einen Tisch gibt, hat damit auch bereits ausgeschlossen, dass es sich um einen BIV-Tisch handelt – wenn auch nicht evidential, so doch pragmatisch oder sozial-praktisch. In solchen Fällen entsteht kein was-sk-Skeptizismus.
Diese Lösung ist jedoch nicht für alle closure-leugnenden Positionen verfügbar. Autoren wie Dretske oder Nozick vertreten die Auffassung, dass man durchaus wissen kann, dass es einen Tisch gibt, während man völlig offen lässt, ob sk zutrifft. Nach Dretske etwa kann man wissen, dass sich Wein in einer Flasche befindet, ohne zu wissen, dass es sich nicht um gefärbtes Wasser handelt – sogenannte „heavyweight implications“ entziehen sich dem Wissen. Übertragen auf den Skeptizismus bedeutet dies: Man kann wissen, dass es einen Tisch gibt, ohne zu wissen, dass es sich nicht um einen BIV-Tisch handelt. Auch hier tritt also ein was-sk-Skeptizismus auf.
Die entscheidende Lehre ist, dass jede erfolgreiche antiskeptische Strategie nicht nur (2), sondern auch (1) direkt behandeln muss: die Aussage, dass man nicht weiß, ob sk zutrifft. Der Fokus des 20. Jahrhunderts, besonders seit G.E. Moore, lag zu sehr auf der Beziehung zwischen unseren Überzeugungen über Alltagsobjekte und deren metaphysischem Status. Doch dieser Fokus greift zu kurz. Die grundlegende skeptische Herausforderung liegt nicht primär in der Frage, ob es Dinge wie Tische gibt, sondern darin, was die Ursachen unserer Erfahrungen sind und ob wir uns in radikal irreführenden Zuständen befinden.
Ein zentrales Versäumnis vieler Positionen liegt darin, dass sie (1) einfach stehen lassen – also das Eingeständnis, dass man nicht weiß, ob man ein Gehirn im Tank ist – und sich nur auf die Widerlegung von (2) konzentrieren. Solange man nicht erkennt, dass (1) selbst das eigentliche epistemologische Problem darstellt, bleibt jede antiskeptische Strategie unvollständig oder gar inkohärent. Selbst wenn man behauptet, dass Wissen ohne die Sicherheit von nicht-sk möglich ist, bleibt unklar, in welchem Sinne dieses Wissen über Dinge tatsächlich epistemisch gesichert ist.
Auch wenn Kinder oder Personen ohne die nötigen Konzepte – wie Coliva anmerkt – wissen können, dass es Tische gibt, geschieht dies nur durch ihre Teilnahme an sprachlich-sozialen Praktiken, die die Falschheit skeptischer Szenarien implizit voraussetzen. Diese Praktiken beinhalten ein rationales Vorverständnis von nicht-sk, das im Wissen über die Welt mitgeführt wird – auch wenn es nicht explizit geglaubt wird. Der soziale Rahmen liefert somit eine epistemische Grundlage, die sich nicht aus individualistischer Rechtfertigung ergibt, sondern aus der Integriertheit in eine geteilte Praxis.
Die Debatte um sogenannte „hinge commitments“ bei Pritchard führt diesen Gedanken weiter. Er unterscheidet zwischen Glaubensobjekten und epistemischen Voraussetzungen, die nicht selbst geglaubt, sondern „gehalten“ werden müssen. Diese „Scharnierüberzeugungen“ wie „Ich bin nicht grundsätzlich und radikal im Irrtum“ bilden den Rahmen jeder möglichen Wissensbehauptung. Die Frage bleibt jedoch, ob solche Hinges ausreichen, um was-sk-Skeptizismus wirklich zu vermeiden – oder ob sie diesen nur verschieben.
Wichtig ist, dass jede ernsthafte antiskeptische Position eine kohärente Theorie darüber liefern muss, in welchem Sinne wir nicht nur wissen, dass es Dinge gibt, sondern auch wissen, was sie sind. Dazu gehört nicht nur eine Analyse von Wissensbedingungen, sondern auch eine explizite Positionierung gegenüber den skeptischen Hypothesen selbst – sei es durch deren Zurückweisung, durch ihre pragmatische Entwertung oder durch eine systematische Integration in das epistemische Rahmenwerk. Erst dadurch wird aus bloßem Widerstand gegen den Skeptizismus eine epistemologisch tragfähige Alternative.
Wie kann Veridikalismus skeptische Argumente überwinden?
Der Veridikalismus stellt eine ungewöhnliche, jedoch bedeutende antiskeptische Strategie dar, die sich gegen klassische skeptische Argumente richtet, ohne deren Grundannahme zu verwerfen, nämlich die Unsicherheit darüber, ob wir uns in einem skeptischen Szenario befinden. Während die klassische skeptische Argumentation darauf hinausläuft, dass wir, wenn wir nicht sicher wissen, dass ein skeptisches Szenario (sk) nicht zutrifft, auch nicht wissen können, dass es überhaupt gewöhnliche Objekte wie Tische gibt, verweigert der Veridikalismus gerade diese Folgerung. Er behauptet, dass es durchaus Tische geben kann, selbst wenn sk wahr ist, weil das, was in einem solchen Szenario als Tisch erscheint, tatsächlich ein Tisch ist.
Das bedeutet, dass wir nicht wissen müssen, ob wir in einem skeptischen Szenario leben, um zu wissen, dass es Tische gibt. Diese Position akzeptiert ausdrücklich, dass wir nicht wissen, dass das skeptische Szenario nicht zutrifft (1), und widerspricht nur der Annahme (2), die Wissen über die Nichtexistenz von sk für notwendig hält, um Wissen über das Vorhandensein von Tischen zu haben. Somit entlastet der Veridikalismus den Erkenntnisprozess von der schwierigen Verpflichtung, die Gültigkeit der Außenwelt unter der Voraussetzung auszuschließen, dass ein skeptisches Szenario nicht wahr ist.
Diese Sichtweise erscheint auf den ersten Blick paradox: Wie kann etwas, das nur eine Simulation oder eine Täuschung eines Tisches ist, selbst als Tisch gelten? Traditionell versteht man Tische als reale, unabhängige Gegenstände der physischen Welt. Dennoch liefert der Veridikalismus eine metaphysische Neufassung, die es erlaubt, solche „Tische“ auch in einem skeptischen Szenario als echte Tische anzuerkennen. Eine prominente Variante davon stammt von David Chalmers, der Veridikalismus auf eine strukturalistische Grundlage stellt. Nach Chalmers ist eine Eigenschaft wie die Masse oder räumliche Eigenschaften durch ihre kausalen Rollen bestimmt, nicht durch irgendeine zugrundeliegende ontologische Substanz. In einem skeptischen Szenario könnte also das, was die kausale Rolle eines Tisches erfüllt – also etwa das Hervorrufen von Erfahrungen, die wir mit einem Tisch verbinden –, tatsächlich als Tisch gelten.
Der Vorteil dieser Position besteht darin, dass sie die epistemologische Last umgeht, den Wahrheitsgehalt von sk auszuschließen. Stattdessen verschiebt sie den Fokus auf die metaphysische Definition dessen, was ein Tisch ist. Dabei werden traditionelle skeptische Zweifel nicht einfach ignoriert, sondern auf eine neue ontologische Ebene gehoben, die den Zweifel zwar anerkennt, aber dessen epistemologische Implikationen relativiert.
Es gibt jedoch auch konkurrierende Strategien, die den Skeptizismus auf andere Weise bekämpfen, etwa die direkten Ansätze, welche die erste Prämisse (1) ablehnen, indem sie versuchen zu zeigen, dass wir sehr wohl wissen können, dass sk nicht zutrifft. Berühmte Vertreter sind hier Putnams semantischer Externalismus und Berkeleys Idealismus, die beide versuchen, den Skeptizismus a priori auszuschließen. Diese Ansätze stehen dem Veridikalismus entgegen, der gerade die Unwissenheit über sk akzeptiert, aber die Existenz gewöhnlicher Gegenstände trotzdem behauptet.
Darüber hinaus gibt es epistemologische indirekte Strategien, die die sogenannte Wissensabschlussregel (Closure) ablehnen, wonach Wissen über eine Tatsache automatisch Wissen über alle daraus folgenden Konsequenzen bedeutet. Diese Strategien sind epistemologisch motiviert und greifen nicht die metaphysische Grundlage des Skeptizismus an. Im Gegensatz dazu stellt der Veridikalismus eine metaphysische Reinterpretation dar, die auch die epistemologische Struktur des Wissens über die Welt neu bewertet.
Wichtig ist, dass der Veridikalismus die Diskussion über Skeptizismus nicht einfach ersetzt, sondern sie vertieft: Er zeigt, dass die Skepsis über die Existenz der Außenwelt auch eine Skepsis über die Identität und Natur der Dinge impliziert. Das bedeutet, dass es nicht genügt, nur die epistemologischen Bedingungen für Wissen zu analysieren; es muss auch verstanden werden, was es metaphysisch bedeutet, dass es Dinge gibt, selbst in einem skeptischen Szenario.
Leser sollten bedenken, dass der Veridikalismus eine radikale Neuorientierung in der Erkenntnistheorie erfordert. Er zwingt uns, die Grenzen unserer traditionellen Vorstellungen von Realität und Wissen neu zu definieren und anerkennt die Möglichkeit, dass unser Begriff von „Existenz“ und „Wirklichkeit“ in einem skeptischen Szenario anders zu verstehen ist als im gesunden Menschenverstand. Dies bedeutet nicht, dass die Welt, wie wir sie erfahren, weniger real ist, sondern dass „Realität“ und „Wissen“ nicht notwendigerweise so verbunden sind, wie wir es intuitiv erwarten.
Eine weiterführende Auseinandersetzung mit dem Veridikalismus sollte auch die Grenzen und Herausforderungen der strukturalistischen Metaphysik sowie die Konsequenzen für die Erkenntnistheorie umfassen. Es ist von zentraler Bedeutung zu verstehen, dass Skeptizismus nicht nur ein epistemologisches Problem darstellt, sondern auch tiefgehende metaphysische Fragen über die Natur der Existenz und des Seins aufwirft. Nur durch die Integration dieser Perspektiven lässt sich die Skepsis umfassend adressieren.
Wie spricht man über den Garten? Eine mehrsprachige Reflexion über Natur, Werkzeuge und Gestaltung
Wie man Integrale in der Praxis verwendet: Anwendungen und Methoden
Wie man sich selbst beruhigt und den Moment wieder findet: Techniken für mehr Achtsamkeit und innere Ruhe
Wie kann regelmäßiges Rückentraining Körperbewusstsein, Resilienz und Lebensqualität stärken?
Wie man die perfekten Riegel zubereitet: Einfache Rezepte für den Alltag

Deutsch
Francais
Nederlands
Svenska
Norsk
Dansk
Suomi
Espanol
Italiano
Portugues
Magyar
Polski
Cestina
Русский