Die Energieversorgung der Zukunft muss auf Abundance, also Fülle, und Nachhaltigkeit setzen. Dies bedeutet, dass wir unsere Energiequellen so gestalten müssen, dass sie minimale Auswirkungen auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit haben. Eine der zentralen Ideen, die in den letzten Jahrzehnten zunehmend an Popularität gewonnen hat, ist die Forderung nach einer „100 Prozent erneuerbaren Energie“. Doch dieser Begriff birgt Missverständnisse, die die Entwicklung einer effektiven und wirklich sauberen Energiewende erschweren.

Der Ursprung dieses Gedankens geht auf das Jahr 1975 zurück, als der dänische Physiker Bent Sørensen einen Artikel in der Zeitschrift Science veröffentlichte. Doch es war Amory Lovins, ein amerikanischer Energieexperte, der diese Idee populär machte. In den 1970er Jahren wurde Lovins, damals noch ein leidenschaftlicher Vertreter der Umweltorganisation Friends of the Earth, ein prominenter Fürsprecher für erneuerbare Energien und ein entschiedener Gegner der Kernenergie. Der Gedanke, fossile Brennstoffe durch ausschließlich erneuerbare Energien wie Solar-, Wind- und Wasserkraft zu ersetzen, erlangte breite Zustimmung, und Lovins prägte das Konzept einer zukünftigen Welt, die zu 100 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben wird.

Allerdings gibt es ein Problem mit diesem Konzept. Während erneuerbare Energien wie Sonnen- und Windkraft in der Theorie unerschöpflich sind, ist die Realität der Energiespeicherung und der Energiegewinnung weitaus komplexer. Auch wenn Kernenergie „sauber“ ist – das heißt, sie erzeugt keine direkten Treibhausgase während der Stromproduktion –, wird sie aus unterschiedlichen Gründen nicht als „erneuerbar“ betrachtet. Uran, der Hauptbrennstoff für Kernreaktoren, ist begrenzt und nicht unerschöpflich. Doch was bedeutet es überhaupt, wenn wir von „erneuerbarer Energie“ sprechen? Erneuerbare Energien sind solche, die sich auf natürliche Weise regenerieren, wie Wind, Sonne oder Erdwärme. Doch es gibt auch andere „erneuerbare“ Energien, die in der Praxis problematisch sind. Holz zum Beispiel gilt als erneuerbar, doch wenn Bäume abgeholzt und verbrannt werden, um Energie zu erzeugen, entstehen dabei Treibhausgase – ein klarer Widerspruch zu den Zielen der Klimapolitik.

Der Begriff „saubere Energie“ oder „null-Emissions-Energie“ ist eine präzisere Bezeichnung für solche Energiequellen, die keine oder nur sehr geringe Mengen an schädlichen Emissionen erzeugen. Doch auch bei den sogenannten „sauberen“ erneuerbaren Energiequellen gibt es Herausforderungen. Solarzellen und Windturbinen, die für die Gewinnung erneuerbarer Energie unverzichtbar sind, bestehen aus Materialien wie Silizium, Beton, Aluminium und Stahl, die alles andere als unerschöpflich sind. Der Produktionsprozess dieser Technologien ist energieintensiv und die Lebensdauer dieser Anlagen ist begrenzt – etwa zwanzig Jahre für Windturbinen und bis zu dreißig Jahre für Solarzellen. Diese Begrenzungen müssen bei der Planung eines nachhaltigeren Energiesystems berücksichtigt werden.

Es wird zunehmend deutlich, dass der Fokus auf „100 Prozent erneuerbare Energie“ nicht immer der beste Weg ist, um eine saubere und zuverlässige Energiezukunft zu gestalten. Die technische Möglichkeit, den gesamten Energiebedarf nur mit Solar-, Wind- und Wasserkraft zu decken, ist zwar denkbar, aber in der Praxis extrem schwierig und teuer. Diese Vision erinnert an die Idee, den gesamten Kalorienbedarf nur durch den Verzehr von Blumenkohl zu decken – es ist möglich, aber sehr unpraktisch und ineffizient. Unsere Energiezukunft sollte daher nicht auf einer rein erneuerbaren Strategie basieren, sondern auf einer Mischung aus verschiedenen sauberen Energiequellen, die je nach Region und Ressourcen verfügbar sind.

Kernenergie bleibt eine der vielversprechendsten Optionen für eine kohlenstoffarme Energiezukunft. Sie hat den Vorteil, dass sie auch bei schlechterem Wetter oder in der Nacht zuverlässig Energie liefern kann. Sie wird jedoch immer noch von vielen Menschen aufgrund der Bedenken hinsichtlich nuklearer Sicherheit und Abfallentsorgung abgelehnt. Doch das Problem ist nicht die Kernenergie selbst, sondern die Art und Weise, wie wir mit ihr umgehen – wie bei jeder anderen Technologie auch. Es ist an der Zeit, diese Ängste zu überwinden und Kernenergie als eine saubere, wenn auch nicht unerschöpfliche, Energiequelle zu akzeptieren.

Neben Kernenergie gibt es weitere vielversprechende saubere Energiequellen wie die Geothermie und die Nutzung von Meeresenergie. Diese Technologien sind noch in der Entwicklung, könnten jedoch in Zukunft eine wichtige Rolle in einem vielfältigen und stabilen Energiesystem spielen. Der Schlüssel zu einer nachhaltigen Zukunft liegt nicht in der Suche nach einer „magischen“ Energiequelle, sondern in der Entwicklung eines ausgewogenen Energiemixes, der alle verfügbaren sauberen Technologien integriert. Dies ermöglicht es, die verschiedenen Herausforderungen der Energieproduktion – von der Verfügbarkeit von Ressourcen über die Speicherung bis hin zur Effizienz – zu bewältigen.

Ein weiterer wichtiger Punkt, den es zu berücksichtigen gilt, ist die Notwendigkeit, die Infrastruktur und Technologie kontinuierlich weiterzuentwickeln. Wenn wir eine wirklich nachhaltige Energiezukunft erreichen wollen, müssen wir auch in die Verbesserung von Energiespeichertechnologien, Netzinfrastrukturen und intelligenten Stromnetzen investieren. Nur so können wir sicherstellen, dass die erzeugte Energie effizient genutzt und verteilt wird.

Die Diskussion um „100 Prozent erneuerbare Energie“ sollte uns nicht in die Irre führen. Es geht nicht darum, einen unrealistischen Standard zu erreichen, sondern darum, die besten und praktikabelsten Lösungen für eine saubere, zuverlässige und bezahlbare Energiezukunft zu finden. Anstatt uns in einer dogmatischen Debatte zu verlieren, sollten wir uns auf den Fortschritt konzentrieren und gemeinsam eine Energiestrategie entwickeln, die sowohl ökologische als auch ökonomische Nachhaltigkeit gewährleistet.

Warum die Angst vor Kernenergie auch heute noch unser Denken prägt

Die öffentliche Meinung über Kernenergie hat sich in den letzten Jahrzehnten weitgehend durch emotionale Reaktionen und Fehlinformationen geformt. Auch wenn Kernkraftwerke inzwischen mehrfach bewiesen haben, dass sie extrem sicher sind, lebt die Angst vor der Kernenergie noch immer weiter – ein Erbe aus einer Zeit, in der die Technik als bedrohlich und gefährlich galt. Besonders in den 1970er Jahren begann die oppositionelle Bewegung gegen die Kernkraft, die vor allem von Organisationen wie dem Natural Resources Defense Council (NRDC) getragen wurde. Die Argumente dieser Gruppe waren vielfältig: Sicherheitsbedenken, die Entsorgung von Atommüll und die Gefahr von Unfällen wie dem Drei-Meilen-Insel-Vorfall von 1979. Doch der Blick auf diesen Vorfall zeigt, dass vieles von dem, was die Öffentlichkeit über diesen Unfall weiß, nicht die ganze Wahrheit wiedergibt.

Der Unfall in Pennsylvania, bei dem ein Reaktor in einem Kernkraftwerk überhitzte und teilweise schmolz, wurde von den Medien als dramatisches Ereignis hochgespielt. Tatsächlich gab es eine Reihe von Pannen, menschlichen Fehlern und einfach schlechtem Timing, aber die Katastrophe blieb aus. Die Sicherheitsvorkehrungen des Werks verhinderten eine größere Strahlungsfreisetzung, und es gab keine Verletzten oder Todesopfer. Doch die Medien nutzten diese Gelegenheit, um die Ängste der Bevölkerung weiter zu schüren, was nicht zuletzt an der Veröffentlichung des Films The China Syndrome lag, der nur wenige Tage vor dem Vorfall in die Kinos kam. In diesem Thriller wurde die Gefahr eines nuklearen Unfalls thematisiert, bei dem die Schmelze eines Reaktors die Erde durchdringt und schließlich China erreicht. Obwohl Experten den Film als Fiktion bezeichneten, blieb der Eindruck einer nuklearen Bedrohung in den Köpfen vieler Menschen haften.

Nach dem Drei-Meilen-Insel-Vorfall formierten sich prominente Musiker zu einer Protestbewegung namens Musicians United for Safe Energy (MUSE). Ihre Konzerte in New York, die gegen die Kernenergie mobilisierten, erreichten eine breite Öffentlichkeit und trugen dazu bei, das Bild von Kernenergie als gefährlich und unkontrollierbar zu festigen. Ironischerweise wurde während dieser Demonstrationen oft der „Wohlgeruch von Holzfeuer“ besungen, obwohl das Verbrennen von Holz ebenfalls eine erhebliche Umweltbelastung darstellt. Holzöfen, die etwa 4 % der Heizenergie in den USA ausmachen, tragen zu 6 % der Feinstaubemissionen bei und verursachen weltweit Millionen von Todesfällen. Doch die symbolische Ablehnung von Kernenergie und die romantisierte Vorstellung von „natürlicher“ Energie setzten sich in der öffentlichen Wahrnehmung durch.

Diese anti-nukleare Haltung erlebte mit der Katastrophe von Tschernobyl 1986 ihren nächsten Höhepunkt. Die dramatischen Bilder aus der Ukraine, die das Bild der Kernenergie als unbeherrschbar und gefährlich verfestigten, ließen den Widerstand gegen Kernkraft weiter anwachsen. Doch was viele nicht wussten: In der Folge dieser Katastrophe wurde die Entwicklung sicherer und moderner Kernkraftwerke stark vorangetrieben, und die meisten Reaktoren, die seitdem gebaut wurden, sind weit sicherer und effektiver als ihre Vorgänger.

Die anti-nukleare Propaganda, die vor allem in den Medien und durch Popkultur wie die Simpsons verbreitet wurde, hatte weitreichende Auswirkungen. Die Darstellung von Homer Simpson, einem dummen und unfähigen Atomkraftwerker, der die Gefahr eines nuklearen Unfalls nur durch Zufall abwendet, trug dazu bei, das Bild von Kernkraftwerken als chaotischen und gefährlichen Einrichtungen zu verbreiten. In einer Episode wurde sogar gezeigt, wie Homer durch das Drücken von zufälligen Knöpfen einen drohenden Atomunfall abwenden konnte – eine Darstellung, die in der Realität weder realistisch noch hilfreich ist. Auch die ständige Darstellung von radioaktivem Abfall als „schmieriger, klebriger“ Müll in den Medien und in der Popkultur hat dazu beigetragen, das Vertrauen in die Sicherheit von Kernkraftwerken weiter zu untergraben.

Es gibt jedoch noch eine andere, oft übersehene Quelle für die anti-nukleare Haltung: die fossilen Brennstoffindustrien. Seit den 1980er Jahren investierten große Ölgesellschaften wie Exxon in die Finanzierung von Gruppen, die gegen die Kernkraft waren. Diese Investitionen hatten nicht nur ökologische, sondern auch wirtschaftliche Interessen, da die Förderung von Kernenergie als ernstzunehmende Konkurrenz für die fossilen Brennstoffe wahrgenommen wurde. So wurde gezielt eine Atmosphäre des Zweifels und der Angst geschaffen, um die öffentliche Meinung zugunsten fossiler Brennstoffe zu beeinflussen und von den potenziellen Vorteilen der Kernenergie abzulenken.

Es ist schwer zu übersehen, wie diese Narrative über Jahrzehnte hinweg die politische und gesellschaftliche Wahrnehmung von Kernenergie geprägt haben. Politiker erhielten Popularität durch die Schließung von Kernkraftwerken, obwohl dies immer zu einem Anstieg der CO2-Emissionen führte. Einige Staaten, wie New York, Pennsylvania und Massachusetts, sahen nach der Stilllegung ihrer Kernkraftwerke einen Anstieg der Treibhausgasemissionen. Die Entscheidung, Kernkraftwerke zu schließen und durch fossile Brennstoffe zu ersetzen, hat sich als nachteilig für das Klima erwiesen.

Es ist entscheidend zu erkennen, dass die öffentliche Wahrnehmung von Kernenergie nicht immer auf wissenschaftlichen Fakten basiert, sondern vielmehr auf emotionalen Reaktionen und jahrzehntelangen Fehlinformationen. Kernkraft ist eine Technologie, die nachweislich in der Lage ist, große Mengen an Energie sicher und effizient zu erzeugen, und die im Vergleich zu fossilen Brennstoffen eine deutlich geringere Umweltbelastung darstellt. Doch das Vertrauen in diese Technologie muss wieder aufgebaut werden, und das ist nur möglich, wenn die Ängste, die durch vergangene Ereignisse geschürt wurden, endlich auf eine objektive und sachliche Weise hinterfragt werden.

Wie die Fossilindustrie die Energiewende beeinflusst und die Atomkraft bekämpft

Im Jahr 2012 wurde bekannt, dass der Sierra Club, eine Umweltorganisation mit Basisstrukturen, zwischen 2007 und 2010 insgesamt 25 Millionen Dollar an Spenden aus der Methangasindustrie erhalten hatte. 2007 sagte der Direktor für globale Erwärmung des Sierra Clubs: „Der Umstieg von schmutzigen Kohlekraftwerken auf gefährliche Atomkraftwerke ist wie der Umstieg von Zigaretten auf Crack.“ Man kann nur anmerken, dass es wohl ein Zufall war. Ein weiteres interessantes Beispiel fand sich in einer Anzeige in einer Zeitung auf Long Island aus den 1970er Jahren. Zunächst unscheinbar, warb sie mit den Worten „LILCO [eine Versorgungsfirma] baut ein Atomkraftwerk in Ihrem Hinterhof“ und forderte zur Unterstützung von „Solar, nicht Atom“ auf. In kleinerer Schrift stand jedoch, dass diese Anzeige von der Öl-Heizungs-Industrie finanziert worden war. Warum sollte die Ölindustrie für Solarenergie eintreten? Es war klar, dass sie durch die Einführung von Atomstrom in den USA große Marktanteile verlieren würden. Und schließlich ein weiteres Beispiel aus Australien, 2007: Ein Plakat zeigte traurig blickende Kohlearbeiter und forderte sie auf, ein Gesetz zu unterstützen, das 1,5 Milliarden AUD in „saubere Kohletechnologie“ investieren wollte, was ein Widerspruch in sich ist. Doch das Beste war der fett gedruckte Text: „Atomkraft wird die Kohlenindustrie zerstören“. Ehrlich gesagt: Vielen Dank für diese Offenheit. Die Kohlenindustrie wusste, dass Atomstrom ihre Existenz bedrohte und versuchte alles, um diese Technologie in den Hintergrund zu drängen.

In den letzten Jahrzehnten hat die fossile Brennstoffindustrie erkannt, dass sie noch eine Weile im Geschäft bleiben kann, wenn wir auf intermittierende Energiequellen setzen, die eine Backup-Energiequelle benötigen. Methangasunternehmen begannen, ihr Produkt als perfekten Partner für erneuerbare Energien zu vermarkten, und das ist zu einem gewissen Grad auch gerechtfertigt. Methangas-Peakeranlagen, die nur dann laufen, wenn Bedarf besteht, können schnell hoch- oder runterfahren und bieten Backup, wenn erneuerbare Energien wie Wind und Sonne nicht verfügbar sind. Diese „clevere Zusammenarbeit“ hält uns an fossile Brennstoffe gebunden und lässt Unternehmen ihre Produkte als unverzichtbar für den Übergang zu sauberer Energie „grünwaschen“.

Doch die Geschichte wird noch düsterer. 1999 entschlossen sich Greenpeace-Aktivisten, ihren eigenen unabhängigen Energiedienstleister zu gründen – eine Genossenschaft in Deutschland, die ihren Kunden nachhaltige Energie aus Solar- und Windkraft versprach. Diese Genossenschaft lief zunächst unter dem Namen Greenpeace, aber im Jahr 2021 wurde sie still und leise in „Green Planet Energy“ umbenannt. 2011 stellte diese Genossenschaft ein Produkt namens „proWindgas“ vor. Sie könnten verwirrt sein, denn „proWind…gas?“ klingt sehr widersprüchlich. Was könnte dieses „magische Produkt“ also sein? Es stellte sich heraus, dass es nichts anderes als importiertes Methangas war – aus fossilen Quellen. Auf Kritik reagierte die Genossenschaft damit, dass das Ziel sei, das Methan irgendwann mit Wasserstoff aus erneuerbaren Energien zu mischen. Bis 2021 hatte man den Wasserstoffanteil auf beeindruckende 1 Prozent steigern können, während der Rest des Gemisches zu 10 Prozent aus Biogas (verbrennt aus Müll und menschlichen Abfällen) und 89 Prozent aus Methan bestand. Die Umbenennung in Green Planet Energy erfolgte aufgrund der Enttarnung des Projekts, bei dem russisches Methangas unter dem grün gewaschenen Namen „proWindgas“ verkauft wurde.

2015 versuchte die Genossenschaft, die Europäische Kommission zu verklagen, weil diese staatliche Subventionen für den Bau des Atomkraftwerks Hinkley Point C in Großbritannien genehmigte, da sie dieses als potenziellen Konkurrenten im Energiemarkt betrachtete. Zum Glück fand die Vernunft Gehör, und der Europäische Gerichtshof lehnte die Klage ab. Solche undurchsichtigen Machenschaften ziehen sich durch die ganze Industrie. 2019 zeigte das Magazin The Daily Beast, dass das American Petroleum Institute (API) gegen Investitionen in Atomstrom in Pennsylvania kämpfte. Ein vorgeschlagenes Gesetz, das Atomkraft als eine der sauberen Energiequellen anerkannte, wurde dank finanzieller Unterstützung des API für Werbemaßnahmen in sozialen Medien und Postsendungen gegen das Gesetz blockiert.

Selbst in einem Fall, der aus heutiger Sicht aus der Zeit gefallen zu sein scheint, kann man sagen, dass der Widerstand gegen Atomkraft zu einer gewissen Verzögerung des technologische Fortschritts geführt hat, was unserer Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen weiteren Aufschub verschaffte. Aber es gibt einen Aspekt dieser Geschichte, der nicht zu unterschätzen ist. Der Widerstand gegen die atomare Energiegewinnung hat den Menschen eine dringend benötigte Zeit verschafft, sich mit den Risiken und den ethischen Implikationen dieser Technologie auseinanderzusetzen. Der Umgang mit Atomenergie erfordert eine ganz andere Art von Verantwortung und ein tieferes Verständnis von Technologie, das die Menschheit anfangs nicht besaß.

Letztlich war dieser Widerstand ein komplexes Zusammenspiel von globalen Interessen, von der fossilen Brennstoffindustrie bis hin zu umweltbewegten Aktivisten, die in den 1970er Jahren die Umweltbewegung ins Leben riefen. Atomkraft wurde in dieser Zeit nicht nur als gefährlich und unkontrollierbar dargestellt, sondern war auch ein beliebtes Ziel in Hollywood-Filmen, die die Technologie regelmäßig als böse und bedrohlich darstellten. Dennoch ist der heutige Widerstand gegen Atomkraft, vor allem im Jahr 2025, nicht nur überholt, sondern gefährlich. Wir haben es hier mit einer Technologie zu tun, die nicht nur eine bedeutende Chance für den Übergang zu einer sauberen Energiezukunft bietet, sondern auch eine der besten und sichersten Energiequellen, die wir derzeit auf dem Planeten haben.

Die fossile Brennstoffindustrie, die sich nun mit erneuerbaren Energien arrangiert hat, indem sie sie mit Methangas als Backup kombiniert, tut dies, um ihre Position zu behaupten. Der Widerstand gegen Atomenergie hat der fossilen Industrie Zeit verschafft, ihre Produkte als „grün“ darzustellen und die wahren Möglichkeiten der Atomkraft zu ignorieren. Der Weg in die Zukunft ist nicht nur von der Umsetzung erneuerbarer Energie abhängig, sondern auch von einer ausgewogenen und verantwortungsvollen Integration der Atomkraft in das globale Energiesystem.

Warum wurde die Kernenergie in den westlichen Ländern so stark eingeschränkt?

Obwohl die Kernenergie das Potenzial hat, schnell ausgebaut zu werden und fossile Brennstoffe zu ersetzen, hat sogar das Land der Baguettes vorübergehend dem antinuklearen Propaganda-Gedanken nachgegeben. Um ein beliebiges Ziel für "erneuerbare Energien" zu erreichen, versprach der baldige Präsident François Hollande 2012, den Anteil der Kernenergie in Frankreich von 70 auf 50 Prozent des gesamten Stroms zu senken. Das Ziel war jedoch nicht, die Kohlenstoffemissionen des Landes zu verringern; es ging lediglich darum, den Anteil der erneuerbaren Energien zu steigern. Dies ist jedoch problematisch, da die zuverlässige, saubere Energie aus Kernreaktoren durch weniger zuverlässige, aber ebenfalls saubere Energie aus Solarpanels oder Windturbinen ersetzt würde, was ironischerweise zu höheren Emissionen führen würde. 2024 änderte die Regierung von Emmanuel Macron ihren Kurs und Frankreich kehrt wieder zur Kernenergie zurück. Der Plan sieht vor, sechs neue Reaktoren zu bauen, mit acht weiteren, die derzeit noch geprüft werden.

Der antinukleare Widerstand in der westlichen Welt, sowohl durch die Popkultur als auch durch die anhaltende Bewegung der Umweltaktivisten, hatte zweifellos Einfluss auf die öffentliche Meinung über die Kernenergie. Ja, Jane Fonda ist eine Ikone und „Die Simpsons“ hatten eine breite Reichweite. Aber es wäre naiv zu glauben, dass es eine Handvoll Hippies, einige Prominente und ein paar erfolgreiche Cartoons waren, die eine einst florierende Industrie zu Fall brachten. Was ist also wirklich passiert?

Die Geschichte der Kernenergie ist in den USA ein gutes Beispiel dafür, wie technische Herausforderungen und politische Fehlentscheidungen zusammenwirkten, um die Entwicklung von Kernkraftwerken stark zu bremsen. 1946 gründeten die Vereinigten Staaten die Atomenergie-Kommission, eine Regierungsbehörde, die die Kernenergie beaufsichtigte und die erste Welle neuer Kernreaktoren unterstützte. Zu Beginn waren diese Reaktoren teuer, wie jede neue Technologie. Doch innerhalb von fünfzehn Jahren fanden die Unternehmen Wege, die Kosten zu senken, indem sie die Reaktoren größer bauten. Die "amerikanische Kernkraft" war auf dem Vormarsch. Kernreaktoren boten einige der günstigsten Strompreise, an einem Punkt sogar günstiger als moderne Gaskraftwerke. Es überrascht nicht, dass die Versorgungsunternehmen immer mehr davon bestellten. Doch an diesem Punkt begann es, schief zu laufen.

Die Lieferkette für alle Komponenten, die für den Bau eines Kernkraftwerks benötigt wurden, war noch nicht robust oder ausgereift und geriet unter Stress, was zu Verzögerungen führte. Diese Verzögerungen trugen dazu bei, dass Kernkraftwerke zunehmend als unberechenbar hinsichtlich Kosten und Zeitplan wahrgenommen wurden. Hinzu kamen sich schnell ändernde Vorschriften für Kernkraftwerke, die es der Regierung ermöglichten, den Bau oder Betrieb von Reaktoren nach Belieben zu unterbrechen. Man stelle sich vor, man baue ein Haus mit einem festen Budget. Der Architekt, der Generalunternehmer und das gesamte Baupersonal fangen an, für notwendige Materialien wie Rohre und Beton Bestellungen aufzugeben. Doch diese Materialien kommen immer wieder verspätet an. Währenddessen muss das ganze Team weiterbezahlt werden, auch wenn sie nur warten. Und dann kommt die Stadtverwaltung mit neuen Bauvorschriften. Kaum sind die lang ersehnten Rohre angekommen und installiert, erfährt man, dass sie nun verboten sind. Also muss das Team die Rohre wieder herausreißen, die neuen, zugelassenen Rohre bestellen – die ebenfalls Verspätung haben – und sie erneut installieren. Am Ende wird der Bau des Hauses viel teurer als ursprünglich geplant. Genau das geschah auch bei den Kernkraftwerken: durch schwankende Vorschriften und ständige Verzögerungen verdoppelte sich der Preis für einen Reaktor bis Anfang der 1970er Jahre.

Die Ölkrise von 1973 setzte dem Ganzen die Krone auf. Zwar stieg die Nachfrage nach Kernenergie, doch auch die Inflation nahm zu, was durch die Finanzierung der Kraftwerke die Kosten in die Höhe trieb. Die Versorgungsunternehmen mussten Geld leihen, um die Anlagen zu bauen, und durch die steigenden Zinssätze explodierten die Kosten. Als die Ölkrise endete und fossile Brennstoffe wieder billig wurden, schien Kernenergie plötzlich nicht mehr notwendig. Der endgültige Schlag kam 1979 mit dem Unfall von Three Mile Island. Obwohl niemand zu Schaden kam, löste der Vorfall massive antinukleare Proteste aus, und die Versorgungsunternehmen wurden vorsichtiger. Die 51 Reaktoren, die sich noch im Bau befanden, erlebten weitere Verzögerungen, da die Sicherheitsvorschriften geändert wurden, was die Kosten weiter in die Höhe trieb. Schließlich wurden alle 120 Reaktoraufträge storniert, einer nach dem anderen, und zwischen 1978 und 2013 wurde kein einziger neuer Reaktor gebaut.

Die fossile Brennstoffindustrie profitierte davon. Der Anteil der Elektrizität in den USA, der 1985 noch 72 Prozent aus Gas, Kohle und Öl stammte, stieg bis 2013 auf 87 Prozent. Dreißig Jahre lang konnte sich die Kernenergie nicht weiterentwickeln – tatsächlich ging die Zahl der Kernkraftwerke sogar zurück, da viele stillgelegt wurden. Die Auswirkungen dieses Stillstands auf die Lieferketten, die Ausbildung von Fachkräften und die Gesetzgebung sind auch heute noch zu spüren und stellen die heutige Kernenergieindustrie vor große Herausforderungen.

Im Jahr 2024 wurde in den USA endlich der erste Reaktor seit dreißig Jahren in Betrieb genommen, der Vogtle Electric Generating Plant in Georgia. Aber das Projekt hat nicht gerade die Begeisterung für Kernenergie neu entfacht. Der Bau dauerte mehr als sieben Jahre länger als geplant und die Kosten stiegen auf 36 Milliarden Dollar – mehr als doppelt so hoch wie ursprünglich vorgesehen. Trotz der unvermeidlichen Verzögerungen aufgrund der COVID-Pandemie, die zu Engpässen bei der Lieferkette und dem Arbeitskräftemangel führten, litt Vogtle unter einem Mangel an Fachkräften, häufigen Designänderungen und gravierenden Projektmanagementfehlern. Die Bauarbeiten begannen sogar, bevor das Design vollständig abgeschlossen war.

Ein weiterer hartnäckiger Kritikpunkt der Kernkraftindustrie ist, dass sie nicht in der Lage war, Projekte zuverlässig und kostengünstig abzuschließen. Dies ist besonders bei den modernsten Projekten ein Problem. Im Vergleich zu Ländern wie China, Russland, Südkorea, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Japan, die den Bau neuer Reaktoren effektiver und günstiger gestaltet haben, haben die USA massiv versagt. Beispielsweise hat das Barakah-Kernkraftwerk in den Vereinigten Arabischen Emiraten vier Reaktoren erfolgreich gebaut, was 25 Prozent der landesweiten Stromerzeugung ausmacht. Der Bau dauerte zwar zwölf Jahre, aber der Erfolg ist nicht zu übersehen. In Südkorea konnte man nicht nur die Kosten unter Kontrolle halten, sondern auch die Bauzeit immer weiter verkürzen. Das lag unter anderem daran, dass sie einen stabilen regulatorischen Rahmen entwickelten und mit bewährten Reaktordesigns arbeiteten.

Der Kernenergieerfolg in Ländern wie Südkorea, China oder den Vereinigten Arabischen Emiraten zeigt, dass ein gut durchdachtes Projektmanagement und eine stabile regulatorische Umgebung entscheidend sind. Es wird auch deutlich, dass die Vereinheitlichung von Designs und die Zusammenarbeit mit wenigen zuverlässigen Partnern entscheidend zur Kostenkontrolle und zum Erfolg bei der Errichtung von Kernkraftwerken beiträgt. Ein solches System ist in den USA mit seiner Vielzahl an unterschiedlichen Versorgungsunternehmen und Designs schwer umsetzbar, was zu den immer wiederkehrenden Problemen bei der Errichtung von neuen Reaktoren führt.