Die Entwicklung von Antibiotikaresistenzen bei Bakterien ist eine der größten Herausforderungen der modernen Medizin. Die Entstehung dieser Resistenzen kann nicht nur zu einer verminderten Wirksamkeit von Antibiotika führen, sondern auch die Anpassungsfähigkeit und Virulenz von Bakterien erhöhen. Ein entscheidender Aspekt hierbei ist die Rolle der genetischen Expression, die es Bakterien ermöglicht, unter suboptimalen Bedingungen zu überleben und sich zu vermehren. Dies ist besonders besorgniserregend, da selbst bei der Absetzung eines bestimmten Antibiotikums Bakterien, die Resistenzen entwickelt haben, weiterhin eine Bedrohung darstellen können.

Ein bekanntes Phänomen, das mit der Entstehung von Antibiotikaresistenzen in Verbindung steht, ist die bakterielle Persistenz. Bei der Persistenz handelt es sich um eine spezielle physiologische Zustand von Bakterien, in dem sie nicht mehr aktiv wachsen, aber dennoch resistent gegen Antibiotika sind. Dieser Zustand wurde erstmals bei Staphylococcus aureus beobachtet und gilt mittlerweile als ein weitverbreitetes Phänomen. In diesem Zustand können Bakterien inaktiv werden und später wieder in einen wachstumsfähigen Zustand übergehen, wenn die Antibiotikaeinwirkung nachlässt. Es handelt sich dabei nicht um eine stabile genetische Resistenz, sondern vielmehr um eine vorübergehende, die auch gegen alle Antibiotika wirkt. Das bedeutet, dass die Zellen, die als Persister überleben, nach einer Vermehrung nicht mehr gegen das Antibiotikum resistent sind.

Im Fall von Aggregatibacter actinomycetemcomitans, einem Erreger von Parodontalerkrankungen, konnte gezeigt werden, dass langsames Wachstum unter bestimmten Bedingungen zu einer höheren Überlebensfähigkeit führt. Mutanten, die langsamer wuchsen als der Wildtyp, zeigten eine bessere Überlebensfähigkeit aufgrund der geringeren Produktion von Metaboliten, die in einer schnell wachsenden Population in leicht saurem Milieu toxisch wären. Ein interessantes Experiment zeigte, dass durch die Inaktivierung eines Zuckertransportgens die Zellviabilität der Mutanten anstieg, weil sie langsamer wuchsen und so weniger empfindlich gegenüber den metabolischen Abfallprodukten waren.

Die Entwicklung von Antibiotikaresistenz ist jedoch nicht nur auf genetische Veränderungen in den Bakterien zurückzuführen, sondern kann auch durch äußere Faktoren begünstigt werden. Der übermäßige Einsatz von Antibiotika, insbesondere in der Landwirtschaft, führt zu einer kontinuierlichen Selektion von resistenten Bakterienstämmen. Antibiotika werden nicht nur zur Therapie von Tierinfektionen eingesetzt, sondern auch zur Förderung des Wachstums in der Tierhaltung. Dieser Einsatz von Antibiotika trägt zur Erhöhung des Pools von resistenten Bakterien bei und verschärft das Problem der Antibiotikaresistenz. Ein Bericht des US-amerikanischen Landwirtschaftsministeriums von 2010 beschreibt, dass in den USA jährlich mehr als zehn Milliarden Tiere für den Verzehr gezüchtet und geschlachtet werden. Von diesen sind 91 % Hühner, die für Fleischproduktion gehalten werden, und ein erheblicher Teil dieser Tiere wird mit Antibiotika behandelt.

Trotz des Verständnisses, dass der Einsatz von Antibiotika zur Behandlung von Infektionen in Tieren notwendig ist, müssen die Folgen dieses Gebrauchs erkannt werden. Auch wenn der direkte Kontakt von Antibiotika mit den menschlichen Konsumenten der Tiere in vielen Fällen vermieden wird, kann der verborgene Effekt in Form von resistenten Bakterien in der Umwelt bestehen bleiben. Antibiotika in der Landwirtschaft gelangen oft in den Boden und das Wasser und erhöhen somit die Wahrscheinlichkeit der Selektion von Resistenzen. Dies betrifft nicht nur Tiere, sondern auch Pflanzen, die in einigen Fällen mit Antibiotika behandelt werden, um Krankheiten zu bekämpfen.

Eine weitere problematische Praxis ist die Verwendung von Antibiotika in der Haustierhaltung. Es wird geschätzt, dass in den USA etwa 62 % der Haushalte ein Haustier haben, das ebenfalls Antibiotika zur Behandlung von bakteriellen Infektionen erhält. Der Kauf von Antibiotika ohne ärztliche Verschreibung aus Tierhandlungen ist weit verbreitet und führt zu einem Missbrauch der Medikamente, der die Antibiotikaresistenz weiter verstärken kann. Dies stellt eine Gefährdung für die Gesundheit von Mensch und Tier dar, da die Bakterien, die in Haustieren resistent werden, diese Resistenzen auf andere Bakterien übertragen können, die den Menschen infizieren.

Es ist von zentraler Bedeutung, dass Antibiotika nicht nur als Werkzeuge zur Bekämpfung von Infektionen betrachtet werden, sondern auch als Faktoren, die das ökologische Gleichgewicht zwischen Mikroben nachhaltig beeinflussen. Die Auswirkungen auf die Umwelt und die Entwicklung von Resistenzen sind genauso wichtig wie die Behandlung von Krankheiten selbst. Ein besseres Verständnis dieser Mechanismen hilft dabei, die Ausbreitung von Resistenzen einzudämmen und die Wirksamkeit von Antibiotika langfristig zu bewahren. Eine sorgfältige Überwachung des Einsatzes von Antibiotika in der Landwirtschaft und der Haustiermedizin sowie ein bewusster Umgang mit der Selbstmedikation sind entscheidende Schritte, um den Resistenzkreislauf zu brechen.

Wie die subtherapeutische Verwendung von Antibiotika in der Tierhaltung zur Entwicklung von Resistenzen beiträgt und welche Maßnahmen erforderlich sind

Die USA verwenden mehr als 70% ihrer gesamten produzierten Antibiotika in der Tierhaltung. Dabei wird festgestellt, dass der Einsatz von geringen Antibiotikadosen im Tierfutter das Wachstum der Tiere fördert, was für Landwirte zu höheren Gewinnen führt. Dieser Prozess, bekannt als subtherapeutische Anwendung von Antibiotika oder antimikrobielle Wachstumsförderung (AGP), trägt jedoch erheblich zur Entstehung von Antibiotikaresistenzen bei. Das Problem ist besonders gravierend, da der überwältigende Anteil des Antibiotikaeinsatzes in der Landwirtschaft auf diese Weise erfolgt, was die Wirksamkeit des Nationalen Aktionsplans zur Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen nahezu zunichte macht.

Bakterien, die gegenüber einem bestimmten Antibiotikum resistent werden, können auch gegen ganze Klassen von Antibiotika resistent werden, wenn diese denselben Wirkmechanismus besitzen. Deshalb ist es von entscheidender Bedeutung, den Einsatz von Antibiotika zur Wachstumsförderung sofort zu stoppen, um die Entstehung von Resistenzen zu verhindern. Viele Länder haben bereits entsprechende Maßnahmen ergriffen: So wurde der Einsatz von Antibiotika zur Wachstumsförderung in der Europäischen Union bereits im Jahr 2006 verboten, während die USA im Jahr 2017 den Einsatz von medizinisch wichtigen Antibiotika in der Tierhaltung untersagten, jedoch nicht alle Antibiotikaarten. In den letzten Jahren gab es langsame, aber stetige Fortschritte bei der Reduktion des subtherapeutischen Einsatzes von Antibiotika in der Hühnerzucht. Der Anteil an Hühnchen, das in den USA ohne Wachstumsförderung durch Antibiotika produziert wird, stieg von 3% im Jahr 2014 auf 51% im Jahr 2018.

Ein weiteres, zunehmend dringliches Problem im Zusammenhang mit der Entwicklung von Antibiotikaresistenzen ist die unsachgemäße Nutzung von Antibiotika durch Patienten. Besonders in vielen Entwicklungsländern, wo Antibiotika ohne Rezept erhältlich sind, neigen Patienten dazu, sich eigenständig zu behandeln, ohne sich ärztlichen Rat zu holen. Dies wird durch den Mangel an Ärzten und die finanziellen Hürden für medizinische Konsultationen noch verstärkt. In Ländern, in denen der Verkauf von Antibiotika nur mit Rezept erlaubt ist, umgehen Menschen dieses System häufig, indem sie Antibiotika für Tiere verwenden, die ebenfalls ohne Rezept erhältlich sind. Es gibt kaum Unterschiede zwischen den Antibiotika für Menschen und die für Tiere, was den Missbrauch weiter begünstigt.

Ein problematisches Verhalten vieler Patienten ist es, die verschriebene Antibiotikadosis nicht vollständig einzunehmen oder die Behandlung frühzeitig abzubrechen, sobald sie sich besser fühlen. Auch das Reduzieren der Dosis in der Hoffnung, das restliche Medikament für zukünftige Infektionen aufzubewahren, trägt zur Entstehung von Resistenzen bei. Auch die Verwendung von übrig gebliebenen Antibiotika zur Behandlung von Familienmitgliedern oder Freunden setzt nicht nur den einzelnen Patienten, sondern auch die Allgemeinheit einem erhöhten Risiko aus. Es ist wichtig, dass Patienten über die Gefahren solcher Praktiken aufgeklärt werden, insbesondere über die Notwendigkeit, eine verschriebene Antibiotikatherapie vollständig zu beenden, um das Risiko von Resistenzen zu minimieren.

Zusätzlich stellt der Missbrauch von minderwertigen, abgelaufenen oder gefälschten Arzneimitteln ein weiteres ernsthaftes Problem dar. Antibiotika mit unzureichender Konzentration des aktiven Wirkstoffs fördern die Entstehung von resistenten Bakterien. Das Fehlen entsprechender Ressourcen zur Durchsetzung von Vorschriften, besonders in Entwicklungsländern, verschärft diese Problematik. In wohlhabenderen Ländern hat die unregulierte Verwendung von Nahrungsergänzungsmitteln, die Antibiotika enthalten könnten, ebenfalls dazu beigetragen, die Entstehung von Resistenzen zu begünstigen. Viele Pflanzen sind heute als Quellen von Antibiotika bekannt, was den Bedarf an einer strengeren Regulierung von Nahrungsergänzungsmitteln verstärkt. Ein Beispiel ist Triclosan, ein Antibiotikum, das in zahlreichen Konsumprodukten wie Shampoos und Zahnpasten vorkommt. Trotz seiner Zulassung durch Regulierungsbehörden wie die FDA könnte der weitverbreitete Einsatz von Triclosan zur Entwicklung von Resistenzen beitragen.

Die Verantwortung des Staates ist in diesem Zusammenhang von entscheidender Bedeutung. Regierungen können durch Gesetze und finanzielle Unterstützung schneller Veränderungen im Bereich der Antibiotika-Resistenzbekämpfung herbeiführen. Ein besonders wichtiger Aspekt ist dabei der Kostenfaktor. Die Entdeckung neuer Antibiotika ist äußerst kostspielig und daher für die Pharmaindustrie unattraktiv. Zudem ist der Verkauf von Antibiotika nicht profitabel genug, da Infektionen keine chronischen Erkrankungen sind. Die geringen Verkaufszahlen und die Tatsache, dass Antibiotika in vielen Ländern subventioniert werden, verschärfen die Problematik. Während alle anderen Medikamente mit ablaufenden Patenten und neuen, verbesserten Alternativen auf den Markt kommen, gibt es bei Antibiotika ein wesentliches Problem: ihre Wirksamkeit nimmt mit der Zeit ab, da Resistenzen entstehen.

Aus dieser Perspektive heraus erfordert die Entwicklung neuer Antibiotika nicht nur Innovation, sondern auch eine tiefgreifende Umstrukturierung der politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Es muss ein Gleichgewicht zwischen dem sparsamen und zielgerichteten Einsatz von Antibiotika und der Notwendigkeit, neue Medikamente zu entwickeln, gefunden werden. Antibiotika sollten möglichst selten eingesetzt werden, damit sie langfristig als letzte Verteidigungslinie gegen Infektionen erhalten bleiben.