Der Aufstieg des modernen amerikanischen Konservatismus ist ohne die tiefen ideologischen Strömungen an seinem rechten Rand nicht zu verstehen. Diese Entwicklung verlief keineswegs linear oder homogen, sondern war durch eine Reihe von Brüchen, Radikalisierungen und strategischen Allianzen geprägt, die tiefgreifende Spuren in der amerikanischen Gesellschaft und politischen Kultur hinterließen.
Zentral ist die Rolle der sogenannten „New Right“, die sich in den 1960er- und 1970er-Jahren als politische Kraft mit ideologischem Rückgrat und institutioneller Schlagkraft etablierte. Organisationen wie die John Birch Society fungierten nicht nur als Sprachrohr einer ultrakonservativen Weltanschauung, sondern auch als ideologisches Labor für Verschwörungsdenken, Antikommunismus, Antiglobalismus und eine aggressive Form des christlichen Nationalismus. Figuren wie Robert Welch prägten durch ihre konspirative Rhetorik eine politische Ästhetik, die bis weit in die republikanische Partei hineinwirkte. Der Glaube, dass eine kleine Elite die amerikanische Freiheit untergrabe, wurde zu einem Gründungsmythos der radikalen Rechten.
Der Fall von Barry Goldwaters Präsidentschaftskandidatur 1964 markierte einen Wendepunkt. Auch wenn er eine deutliche Niederlage erlitt, gelang es seiner Bewegung, den Diskurs zu verschieben – hin zu marktradikalen und zugleich identitätspolitischen Erzählungen, die die Basis für Ronald Reagans späteren Erfolg legten. Reagans Allianz mit der Christian Right war keine bloße Zweckgemeinschaft, sondern Ausdruck einer tiefergehenden ideologischen Konvergenz. Die Religion wurde zum politischen Hebel, der konservative Moralvorstellungen mit dem Kampf gegen den liberalen Staat verknüpfte.
Diese Verschmelzung von konservativer Politik und religiösem Fundamentalismus fand ihren institutionellen Ausdruck in Netzwerken wie der Moral Majority und in Persönlichkeiten wie Tim LaHaye, die die Politik als spirituelle Schlacht betrachteten. In der Bush-Ära manifestierte sich dieser Trend in einer Wissenschaftsfeindlichkeit und einer Ausgrenzung kritischer Diskurse, wie sie etwa von Esther Kaplan dokumentiert wurde. Die politische Agenda orientierte sich nicht länger am rationalen Diskurs, sondern an moralischer Gewissheit und religiöser Überzeugung.
Mit dem Aufstieg von Talk-Radio-Hosts wie Rush Limbaugh wurde die Rhetorik zunehmend aggressiv, tribalistisch und binär. Politik verwandelte sich in einen Kulturkrieg, in dem Abweichung als Verrat galt. Die Republikanische Partei, einst ein Sammelbecken für wirtschaftsliberale und außenpolitisch pragmatische Positionen, wurde in den 1990er- und 2000er-Jahren von einer neuen Art politischer Kommunikation durchdrungen, die auf Polarisierung und Desinformation beruhte. Diese Entwicklung wurde durch konservative Medienökosysteme beschleunigt, die systematisch ein alternatives Weltbild konstruierten.
Der Aufstieg Donald Trumps war keine Anomalie, sondern die logische Fortsetzung dieser Dynamiken. Die strategische Nutzung von Verschwörungstheorien, etwa rund um QAnon, und die Verharmlosung rechtsextremer Akteure wurden nicht nur geduldet, sondern aktiv in den politischen Diskurs integriert. Die Ereignisse rund um den 6. Januar 2021 sind kein Betriebsunfall, sondern ein Ausdruck der Radikalisierung, deren Wurzeln tief in der republikanischen Geschichte liegen. Figuren wie Steve Bannon oder Michael Flynn agierten als ideologische Katalysatoren eines autoritären Populismus, dessen Ziel nicht mehr nur die politische Macht, sondern die vollständige Umgestaltung demokratischer Institutionen war.
Wichtig ist zu erkennen, dass diese Prozesse nicht im luftleeren Raum stattfanden. Sie wurden getragen von einem Netzwerk finanzstarker Akteure, die wie in Jane Mayers Recherchen dargelegt, hinter den Kulissen Einfluss nahmen. Der Aufstieg des konservativen Fundamentalismus wurde durch „Dark Money“, durch Stiftungen, Think Tanks und Medienplattformen ermöglicht, die systematisch gegen öffentliche Bildung, Wissenschaft und soziale Gerechtigkeit agierten.
Gleichzeitig darf man die Rolle der sogenannten „Mainstream“-Akteure nicht unterschätzen, die in ihrer strategischen Kurzsichtigkeit rechte Tendenzen verharmlosten oder in den politischen Diskurs integrierten. Der Übergang vom Goldwater-Konservatismus zum Trumpismus verlief nicht abrupt, sondern durch kontinuierliche Normalisierung radikaler Positionen. Der Niedergang der moderaten Republikaner, wie von Geoffrey Kabaservice dokumentiert, verdeutlicht, dass nicht der Extremismus das politische System überrumpelte, sondern dieses selbst seine immunologischen Abwehrkräfte sukzessive verlor.
Wichtig ist zu begreifen, dass die Radikalisierung des Konservatismus nicht nur ein amerikanisches Phänomen ist, sondern ein Modell für transnationale Bewegungen darstellt, die ähnliche kulturelle Ängste und ideologische Muster aufgreifen. Die Koalition aus religiösem Fundamentalismus, ökonomischem Libertarismus, kulturellem Chauvinismus und autoritärer Rhetorik bildet ein flexibles, aber äußerst wirkungsvolles Machtinstrument.
Der Leser muss verstehen, dass der moderne Konservatismus nicht durch einen organischen Wandel entstand, sondern durch gezielte ideologische Mobilisierung, finanzielle Infrastruktur und eine konsequente Delegitimierung demokratischer Normen. Die Geschichte der amerikanischen Rechten ist somit auch eine Geschichte des politischen Gedächtnisverlusts, der historischen Mythenbildung und der instrumentellen Nutzung von Feindbildern zur Schaffung einer neuen politischen Wirklichkeit.
Was geschah am 6. Januar 2021 und welche Rolle spielte die Rhetorik?
Am 6. Januar 2021, dem Tag der Zertifizierung des Wahlergebnisses im Kapitol, kam es zu einem beispiellosen Angriff auf die amerikanische Demokratie. Die Ereignisse wurden von den Rufen und der Rhetorik eines Mannes angestoßen: Donald Trump. Zuvor hatte er bei einer Großkundgebung vor seinen Anhängern behauptet, die Wahl sei „gestohlen“ worden und dass er mit einer „Erdrutschsieg“ gewonnen habe. Diese Lügen und die damit verbundene Ermutigung zu einem gewaltsamen Widerstand sollten zu einem der dunkelsten Kapitel in der Geschichte der Vereinigten Staaten führen.
Trump hatte die Menge wiederholt zu Kampf und Widerstand aufgerufen. In seinen Aussagen vor der Versammlung bezeichnete er die Medien und „radikale linke Demokraten“ als Feinde, die angeblich den Wahlsieg von Joe Biden sabotiert hätten. Mit der Rhetorik, die „Schwäche“ als Verrat an der amerikanischen Demokratie darstellte, betonte er die Notwendigkeit, „stark“ zu bleiben und das Land zurückzuholen. Trump sprach von einem „illegitimen Präsidenten“, der das Land zerstören würde, und warnte davor, dass eine Niederlage für ihn den endgültigen Verfall der Nation bedeuten könnte. Diese Aussagen, voller Verachtung für die etablierten politischen Institutionen, gaben den Ton an und riefen zu extremen Handlungen auf.
Während sich die Menschenmengen vor dem Kapitol versammelten, wurde die Vorstellung von einer „Verschwörung“ gegen das Volk weiter angeheizt. Redner wie Donald Trump Jr., Mo Brooks, Rudy Giuliani und andere intensivierten den Druck auf die Menge, mit aggressiven und aufrührerischen Reden. Giuliani rief zu einem „Kampfprozess“ auf, während Brooks die Teilnehmer zu „Tritten“ und „Schlägen“ ermunterte. Die Atmosphäre war von einem schier grenzenlosen Misstrauen gegenüber den politischen Gegnern und einer tiefen Überzeugung, dass die Demokratie „gestohlen“ worden sei, geprägt.
Diese Stimmung fand in der Menge eine unheilvolle Resonanz. Viele der Demonstranten waren bereits durch vorherige Kundgebungen in Washington und anderen Städten aufgeheizt worden. Der Anführer der „Stop the Steal“-Bewegung, Ali Alexander, sprach von einem „Putsch“, den es zu verhindern gelte, und ermutigte seine Anhänger zu einem „Widerstand“ gegen das, was er als eine illegale Machtübernahme darstellte. Die Bühne war bereitet: Ein gefährlicher Cocktail aus Paranoia, Verschwörungstheorien und der Hetze gegen die „Elite“ des Landes schuf ein explosiv aufgeladenes Klima.
Am Tag der Attacke auf das Kapitol spitzte sich die Situation weiter zu. Der ehemalige Präsident führte seine Anhänger in Richtung des Kapitols, während diese Rufe wie „Take the Capitol“ anstimmten. In einem erschreckend orchestrierten Chaos begannen die Demonstranten, das Kapitol zu stürmen. Sie drangen gewaltsam in das Gebäude ein, zerstörten Büros, bedrohten Politiker und setzten die Demokratie mit ihren Taten in Gefahr. Sie riefen nach der Hinrichtung von Mike Pence, dem damaligen Vizepräsidenten, und errichteten eine Galgenfigur vor dem Kapitol. Trump hatte in seinen Tweets weiter Öl ins Feuer gegossen, indem er Pence öffentlich angegriffen hatte und ihm vorwarf, nicht „den Mut zu haben“, die Wahl zu annullieren.
Die Gewalt nahm immer brutalere Züge an. Die Demonstranten, die sich von den Aussagen führender Republikaner wie Trump und seinen Verbündeten motiviert fühlten, verwüsteten das Kapitol und hielten die Senatoren und Abgeordneten in Gefangenschaft. Während der Ausschreitungen mussten Pence und die Gesetzgeber in Sicherheit gebracht werden, und die Zertifizierung der Wahlstimmen wurde unterbrochen. Die Bilder von rudernden Angreifern und dem „Chaos“ in den heiligen Hallen der Demokratie wurden in Echtzeit in die Welt übertragen.
Die Bedeutung dieser Ereignisse und die Art und Weise, wie sie durch Worte angeheizt wurden, können nicht genug betont werden. Es war ein drastisches Beispiel dafür, wie gefährlich die Manipulation öffentlicher Wahrnehmung und das Schüren von Misstrauen gegenüber demokratischen Prozessen sein können. Die Rhetorik der Spaltung, die von Trump und seinen Mitstreitern verbreitet wurde, verschleierte die Realität einer fairen Wahl und verführte viele dazu, gewaltsam gegen den verfassungsmäßigen Prozess vorzugehen. Auch die Verherrlichung der „Stärke“ und die Aufforderung zu „Kämpfen“ machten deutlich, wie der Verfall demokratischer Normen durch Sprache und Aufrufe zur Gewalt gefördert werden kann.
Für den Leser ist es entscheidend, die Rolle der Sprache in der politischen Landschaft zu verstehen. Worte haben Macht, und sie können nicht nur die öffentliche Meinung beeinflussen, sondern auch zu realen, gefährlichen Taten führen. Es ist wichtig zu erkennen, dass die aufgebrachten Rufe und die Hetze gegen die demokratischen Institutionen nicht nur zufällig oder harmlos waren, sondern gezielt die Spaltung der Gesellschaft und die Entwertung des politischen Prozesses vorantreiben sollten.
Endtext
Wie Ronald Reagan die politische Landschaft prägte: Die Kunst, das Extreme zu verkaufen
Nach seinen zwei Amtszeiten als Gouverneur von Kalifornien strebte Ronald Reagan eine Karriere als öffentliche Persönlichkeit an. Er hielt öffentliche Reden, die ihm schließlich 5.000 Dollar pro Auftritt einbrachten, und verbreitete seine Botschaften über unzählige Radiosender und Zeitungsartikel. In all diesen Medien nutzte Reagan die Möglichkeit, seine Hörer mit scharfen Angriffen auf die Unzulänglichkeiten der Regierung und Bürokratie sowie mit volkstümlichen Anekdoten über den Wert des freien Unternehmertums und die Tugenden Amerikas zu füttern. Er stellte seine wahre Feindbilder dar – jene Politiker und Intellektuellen, die das Land der Freiheit in eine sozialistische Hölle verwandeln wollten, unterstützt von einer liberalen Medienlandschaft.
Reagan war bekannt dafür, seine Argumentationen mit „Fakten“ zu untermauern, wobei er jedoch oft unbelegte oder schlichtweg falsche Behauptungen aufstellte. Ein Beispiel dafür war seine Geschichte über eine Frau in Chicago, die sich unter verschiedenen Identitäten Sozialhilfe und andere staatliche Unterstützungen erschlich und angeblich 150.000 Dollar pro Jahr verdiente. In Wirklichkeit war die Frau jedoch für einen Betrug von 8.000 Dollar angeklagt worden. Solche Übertreibungen und falschen Darstellungen prägten seine politischen Auftritte, die oft von einer einfachen, aber fesselnden Rhetorik getragen wurden.
„Die Regierung ist nicht die Lösung des Problems, sie ist das Problem“, rief er regelmäßig, obwohl er selbst Jahre der öffentlichen Dienstleistung hinter sich hatte. Diese Art der Rhetorik erregte große Aufmerksamkeit und löste bei vielen Wählern eine starke Reaktion aus. Reagan verstand es, sich als Mann des Volkes zu inszenieren, der die Wut der einfachen Amerikaner verstand und ihre Missstände ansprach, ohne dabei unhöflich oder aggressiv zu wirken. Als „freundlicher Wüterich“ konnte er die gleichen Themen wie seine konservativen Vorbilder George Wallace und Spiro Agnew ansprechen, jedoch auf eine Art und Weise, die nicht als extremistisch wahrgenommen wurde.
Im Vorfeld seiner Präsidentschaftskandidatur stellte sich jedoch eine entscheidende Frage: Würde er als Extremist wahrgenommen werden? Trotz seines Erfolges als Gouverneur von Kalifornien hatte er nach wie vor das Image des B-Movie-Schauspielers, der in Filmen wie Bedtime for Bonzo mit einem Schimpansen auftrat. Um sich von diesem Image zu lösen, musste Reagan ein heikles Gleichgewicht finden, um die konservative Basis zu mobilisieren, ohne den Eindruck eines radikalen Außenseiters zu erwecken.
Ein Paradebeispiel für seine politische Strategie war die Frage des Panama-Kanals. Reagan nutzte die Verhandlungen der US-Regierung, die unter Präsident Ford auf eine größere Kontrolle Panamas über den Kanal hinauszielten, um seine konservative Anhängerschaft zu mobilisieren. Er nahm die Linie der extremen Rechten auf, die den Verlust der vollständigen Kontrolle als Verrat ansahen und propagierte, dass der Kanal „uns gehört, wir haben ihn gebaut“. Diese Haltung stieß bei vielen auf Zustimmung, obwohl sie von Fakten weit entfernt war und die geopolitischen Realitäten der Zeit ignorierte.
Seine Kampagne wurde jedoch nicht nur von politisch gemäßigten Kräften unterstützt. Reagan konnte auf die Hilfe der radikaleren Teile der Rechten zählen, insbesondere auf die Unterstützung des Politikers Jesse Helms, der in der Vergangenheit die Bürgerrechtsbewegung als kommunistischen Vorstoß diffamiert und die Sozialversicherung als „Almosen“ bezeichnet hatte. Reagan verbündete sich mit dieser extremen Rechten, was ihm schließlich half, bei den Vorwahlen in North Carolina einen überraschenden Sieg gegen Ford einzufahren. Der Erfolg war das Ergebnis einer sorgfältigen Strategie, bei der rassistische Ängste und anti-kommunistische Paranoia geschürt wurden.
Was Reagan jedoch verstand, war die Kunst, extreme Positionen zu vertreten, ohne sich als Extremist zu präsentieren. Seine Fähigkeit, die weit verbreiteten Ängste und Unsicherheiten der amerikanischen Wähler zu kanalisieren und dabei eine freundliche, nahezu unaufgeregte Sprache zu verwenden, war entscheidend für seinen Erfolg. Er sprach die tief verwurzelte Angst vor einem Verlust amerikanischer Werte und Einfluss an, ohne dabei die Wähler zu überfordern. Reagan verstand es, sich als Hüter des „wahren Amerikas“ zu inszenieren, das gegen die Bedrohungen durch eine entfremdete Bürokratie, eine wachstumsstarke Regierung und eine zunehmend linksliberale Gesellschaft kämpfte.
Die politische Landschaft Reagans war also nie eine einfache Bühne des Rechtsextremismus, sondern eine sorgfältig inszenierte Auseinandersetzung zwischen den traditionellen Werten Amerikas und der wahrgenommenen Bedrohung durch den „liberalen“ Staat. Reagan konnte es geschickt vermeiden, als radikaler Außenseiter abgestempelt zu werden, während er gleichzeitig die konservativen, oft extremistischen Forderungen der Rechten ansprach. Diese Strategie sollte sich später als äußerst erfolgreich erweisen, als er 1980 schließlich zum Präsidenten gewählt wurde.
In den kommenden Jahren stellte sich jedoch heraus, dass die politische Rhetorik, die Reagan verwendete, nicht nur die Grundlage für seine Wahl zum Präsidenten bildete, sondern auch die politische Kultur Amerikas nachhaltig beeinflusste. Reagan prägte eine neue Ära des politischen Diskurses, in der die Grenzen zwischen konservativen und extremistischen Ideen zunehmend verschwammen und die politische Mitte in eine zunehmend rechte Richtung driftete.
Wie sich die christliche Rechte unter der Bush-Administration verstärkte und die politische Landschaft veränderte
Die Ära der Bush-Administration war ein Wendepunkt für die politische und gesellschaftliche Landschaft der USA, insbesondere in Bezug auf den Einfluss der religiösen Rechten. Während des Präsidentschaftswahlkampfs und in den ersten Jahren seiner Amtszeit zeigte sich George W. Bush als ein erklärter Verbündeter der christlichen Konservativen, die in dieser Zeit enormen Einfluss auf die politische Agenda ausübten. Das Engagement der Administration in Glaubensbasierte Initiativen sowie die Förderung von Programmen, die von religiösen Gruppen unterstützt wurden, dokumentierten eine neue Form der politischen Allianzen, die bis dahin nicht in diesem Maße sichtbar gewesen war.
Die religiöse Rechte, vertreten durch Organisationen wie die von Paul Weyrich gegründete Moral Majority und der Traditional Values Coalition, hatte seit den 1980er Jahren zunehmend Einfluss auf die Republikanische Partei gewonnen. Durch regelmäßige Treffen und enge Zusammenarbeit mit den politischen Entscheidungsträgern wurde der religiöse Fundamentalismus in die politischen Strukturen der USA integriert. Besonders während der Präsidentschaft von Bush, der den Einfluss dieser Gruppen in seiner Politik beständig förderte, kam es zu einer Verstärkung dieser Verbindung. Weyrich, ein prominenter Berater und Mitgestalter der strategischen Ausrichtung der christlichen Rechten, fand in der Bush-Administration eine gehörige Plattform. Während einer HIV-Präventionsgipfel-Konferenz im Weißen Haus wurde das Thema Homosexualität nicht nur als moralisches Problem dargestellt, sondern auch als eine Bedrohung für die gesellschaftliche Ordnung. In dieser Zeit entwickelte sich ein besonders starkes politisches Bündnis zwischen den Evangelikalen und der Republikanischen Partei.
Doch nicht nur in Bezug auf gesellschaftliche Fragen wie Abtreibung und Homosexualität erlebte die religiöse Rechte einen Aufschwung. Die Anschläge vom 11. September 2001, die das Land in einen dramatischen Zustand des Schocks und der Unsicherheit versetzten, wurden von führenden Persönlichkeiten der religiösen Rechten wie Jerry Falwell und Pat Robertson als Bestätigung ihrer moralischen Weltanschauung gedeutet. Falwell ging so weit, das Unglück als göttliche Strafe für die säkulare Politik der USA und die "Sünden" des Landes zu bezeichnen. Diese Aussagen, die liberalen Gruppen wie Abtreibungsbefürwortern, Feministen und Homosexuellen die Schuld für die Terroranschläge zuschrieben, stießen nicht nur auf heftige Kritik, sondern riefen auch ein starkes politisches Echo hervor. Doch anstatt sich von diesen extremen Positionen zu distanzieren, stützte sich die Bush-Administration oft auf die religiöse Rechte, die in vielen Bereichen eine sehr aggressive und polarisierende Agenda verfolgte.
Ein besonders bemerkenswerter Aspekt dieser Ära war die Haltung der Administration gegenüber dem Islam und den muslimischen Gemeinschaften in den USA. Nach den Terroranschlägen des 11. Septembers versuchte Bush zwar, durch seinen Besuch im Islamischen Zentrum von Washington und seine Aussagen zur Toleranz und dem Frieden des Islams, die antimuslimischen Tendenzen in der Gesellschaft zu mildern. Doch diese Bemühungen stießen bei seiner evangelikalen Basis auf Widerstand. Franklin Graham, der Sohn des berühmten Predigers Billy Graham, bezeichnete den Islam als "sehr böse und teuflisch", und ähnliche Aussagen von anderen führenden Vertretern der religiösen Rechten sorgten für eine zunehmende Islamfeindlichkeit. Die Aussagen, die Muslime mit dem "Bösen Reich" verglichen und den Islam als "terroristisch" brandmarkten, fanden in der republikanischen Politik und bei konservativen Medien wie Fox News großen Widerhall.
Die Verbindungen zwischen der Bush-Administration und der religiösen Rechten während dieser Jahre lassen sich als eine Mischung aus politischem Kalkül und tatsächlichem Glauben an die Werte dieser Gruppen verstehen. Die christliche Rechte, die ihre politische Legitimation aus moralischen und religiösen Überzeugungen zog, fand in der Regierung Bush einen Verbündeten, der ihre Agenda in die politische Praxis umsetzte. Besonders in Bezug auf die Kriege im Nahen Osten, die Überwachungspolitik und die Verteidigung von „amerikanischen Werten“ wurde die Rhetorik der religiösen Rechten immer mehr zu einem integralen Bestandteil der republikanischen Politik.
In der Folge der Terroranschläge des 11. Septembers 2001 begann sich der politische Diskurs in den USA zu verschieben. Die Angriffe, die viele Amerikaner tief erschütterten, wurden nicht nur zu einem Wendepunkt im weltpolitischen Kontext, sondern auch zu einem Katalysator für die politischen und sozialen Spannungen innerhalb der USA. Während Bush versuchte, eine einheitliche Nation in den Kampf gegen den Terrorismus zu führen, verstärkten sich die Risse in der Gesellschaft, die von den politischen Akteuren aus der religiösen Rechten zunehmend ausgenutzt wurden.
Es war diese Allianz zwischen der religiösen Rechten und der Republikanischen Partei, die das Land in eine neue Ära des politischen und kulturellen Krieges führte. Der Einfluss der Evangelikalen auf die Politik der Bush-Administration war deutlich sichtbar und prägte die politische Kultur der USA für Jahre. Doch dieser Einfluss blieb nicht ohne Konsequenzen. Die Polarisierung der Gesellschaft nahm zu, und die Rolle der Religion in der Politik wurde stärker und stärker in Frage gestellt. Die Ereignisse rund um die Bush-Ära, der 11. September und der Krieg gegen den Terrorismus hinterließen einen bleibenden Eindruck auf die politische Landschaft, der noch lange nach dem Ende der Amtszeit von George W. Bush spürbar war.
Es ist wichtig zu verstehen, dass der Einfluss der religiösen Rechten in dieser Zeit nicht nur auf moralische Fragen beschränkt war, sondern tief in die Struktur der amerikanischen Politik eindrang. Die Zusammenarbeit zwischen der religiösen Rechten und der Bush-Administration stellte eine grundlegende Veränderung in der politischen Kultur der USA dar, die sowohl Chancen als auch Gefahren mit sich brachte. Es ist entscheidend, die langfristigen Auswirkungen dieser Allianz zu analysieren und zu verstehen, wie sie die politische Landschaft und das gesellschaftliche Klima nachhaltig beeinflussten.

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