Die Vorstellung, dass wirtschaftliches Wachstum am besten durch das Vertrauen in die „Magie des Marktes“ zu erreichen sei, ist keine neue Erscheinung der Reagan-Ära. Schon unter Präsident Jimmy Carter begann in den Vereinigten Staaten eine Phase der Deregulierung – etwa in der Luftfahrt, im Transportwesen und in weiteren Sektoren. Dieses Vertrauen in Marktmechanismen setzte sich durch die Präsidentschaften von Bill Clinton, George W. Bush und selbst Barack Obama fort. Clinton arbeitete eng mit dem britischen Premierminister Tony Blair zusammen, um den sogenannten „Washington Consensus“ zu etablieren. Dieser beruhte auf neoliberalen Prinzipien: niedrige Steuern, Handelsliberalisierung, Deregulierung, Schutz des Privateigentums und die Förderung von Wettbewerbsfähigkeit. Der Begriff „Konsens“ implizierte, dass jeder vernünftige Mensch diese Positionen akzeptieren müsse, obwohl dieser „Konsens“ regulatorische Aspekte zum Schutz von Arbeitern, Konsumenten und Umwelt weitgehend ignorierte.

Trotz der wachsenden sozialen Ungleichheit und der Bedrohung durch den Klimawandel ist das Vertrauen in die Effizienz des freien Marktes weiterhin tief verwurzelt. Meinungsumfragen belegen, dass ein Großteil der amerikanischen Bevölkerung Unternehmen mehr vertraut als dem Staat. Ökonomen und Politiker berufen sich weiterhin auf die angebliche „Magie des Marktes“ als Allheilmittel.

Diese Überzeugungen waren jedoch einst marginal. Wie kam es, dass sie zur dominierenden Ideologie wurden, obwohl sie empirisch nicht haltbar und moralisch fragwürdig sind? Die Antwort liegt in einem jahrzehntelangen, systematisch betriebenen Überzeugungsprozess: einer organisierten Kampagne zur Verbreitung neoliberaler Ideen, insbesondere der Verknüpfung von wirtschaftlicher Freiheit mit politischer Freiheit – mit dem Ziel, das System der freien Marktwirtschaft als untrennbar mit Demokratie und Freiheit zu verankern. Ein zentrales Element dieser Strategie war eine gezielte Propagandakampagne, die in den 1930er-Jahren als Reaktion auf den New Deal begann und stark auf das damals dominierende Medium – das Radio – setzte.

Bereits vor der Veröffentlichung von Friedrich Hayeks The Road to Serfdom und der Gründung der Mont Pelerin Society begann ein Netzwerk von US-Unternehmern, organisiert um die National Association of Manufacturers (NAM), mit der Verbreitung der These, dass staatliche Eingriffe nicht nur ökonomisch falsch, sondern auch eine Bedrohung für die amerikanische Freiheit darstellten. Diese Argumentation stützte sich auf eine als selbstverständlich präsentierte Verbindung zwischen freiem Unternehmertum und politischer Freiheit.

Die NAM, unterstützt von weiteren Industrieverbänden, konservativen Denkern, politischen und religiösen Führungspersönlichkeiten sowie libertären Thinktanks, konstruierte und verbreitete eine Erzählung, in der der Held das „freie Unternehmertum“ war und der Feind aus Gewerkschaften, Sozialisten und „der Regierung“ bestand. Dieses Narrativ diente der Rechtfertigung von Steuersenkungen, dem Abbau von Regulierung und der Leugnung von Marktversagen.

Ein zentrales Motiv dieser Argumentation war die sogenannte „Unteilbarkeitsthese“ – die Überzeugung, dass politische und wirtschaftliche Freiheit untrennbar miteinander verbunden seien. Diese Idee wurde bereits Jahre vor Hayeks Werk propagiert. Die These besagte, dass jegliche staatliche Einschränkung wirtschaftlicher Aktivitäten – sei es durch Arbeitszeitregelungen, Mindestlöhne oder Kinderschutzgesetze – zwangsläufig zur Untergrabung der politischen Freiheit führe.

Diese Perspektive war nicht bloß theoretisch. Im späten 19. Jahrhundert wurde allgemein anerkannt, dass Kapitalismus ohne staatliche Aufsicht zu Exzessen neigte, die Arbeiter, Konsumenten und letztlich den Kapitalismus selbst gefährdeten. Gesetze wie der Sherman Antitrust Act (1890), der Pure Food and Drug Act (1906) oder der Keating-Owen Act (1916) waren direkte Reaktionen auf solche Gefahren. Doch mit dem Erstarken der Arbeiterbewegung und dem Aufkommen von Forderungen nach besseren Arbeitsbedingungen formierte sich Widerstand in der Industrie.

Organisationen wie die NAM und die American Liberty League reagierten mit einer ideologischen Gegenoffensive. Ihr Ziel war es, das Bild des „American Way of Life“ als ein durch unbegrenzte unternehmerische Freiheit bestimmtes Ideal zu etablieren. Steuerpolitik wurde als Angriff auf Investitionsfähigkeit dargestellt. Regulierung wurde als schleichender Weg in den Autoritarismus interpretiert. Die Metapher des „Freiheitstripods“ veranschaulichte dies: amerikanische Demokratie ruhe auf drei Beinen – repräsentativer Regierung, bürgerlich-religiöser Freiheit und freier Wirtschaft. Wenn eines dieser Beine geschwächt werde, so die Argumentation, stürze das ganze System ein.

J. Howard Pew, Vorstandsmitglied der NAM, brachte dies 1948 prägnant auf den Punkt. In einem Brief an die libertäre Autorin Rose Wilder Lane, die bereits die Geschichten ihrer Mutter Laura Ingalls Wilder im Geiste dieser Ideologie beeinflusst hatte, schrieb er: „Ich glaube, dass Freiheit unteilbar ist; wenn ein Teil genommen wird, ist das, was bleibt, nicht länger Freiheit.“ Für Pew bedeutete „Freiheit“ in erster Linie unternehmerische Freiheit – und deren Einschränkung durch gesetzlich vorgeschriebene Maßnahmen wurde als Vorstufe zur Zwangsherrschaft interpretiert.

Diese Position wurde nicht zufällig gewählt. Von der Verteidigung der Kinderarbeit im frühen 20. Jahrhundert bis zu den Angriffen auf den New Deal – stets wurde argumentiert, dass jeglicher Eingriff in unternehmerische Freiheit das gesamte Gefüge der amerikanischen Freiheit bedrohe.

Was dabei oft übersehen wurde: Der Begriff „Freiheit“ wurde systematisch umgedeutet. Gemeint war nicht die Freiheit der Bürger, sondern die Freiheit des Kapitals – und diese wurde gegen demokratisch legitimierte Maßnahmen des Gemeinwohls ausgespielt. Die Gleichsetzung von wirtschaftlicher mit politischer Freiheit diente somit vor allem der Erhaltung wirtschaftlicher Machtstrukturen und nicht der Ausweitung individueller Rechte.

In der heutigen Debatte ist es daher entscheidend, diesen historischen Ursprung zu verstehen. Denn die Überzeugung, dass staatliche Regulierung automatisch zur Tyrannei führe, hat nichts mit empirischer Notwendigkeit zu tun – sie ist das Ergebnis eines gezielten ideologischen Projekts.

Die Rolle der Regulierung in der neoliberalen Welt: Ein unverzichtbares Element oder eine bedrohliche Macht?

In der neoliberalen Denkweise wird das Thema Regulierung oft als feindlicher Eingriff in die Freiheit des Marktes dargestellt. Die Vorstellung, dass weniger Regulierung zu einer effizienteren und besseren Gesellschaft führt, ist weit verbreitet, besonders in den Vereinigten Staaten. Der Glaube an die Selbstregulierung des Marktes, gestützt durch das Prinzip der „unsichtbaren Hand“ von Adam Smith, hat sich tief in den westlichen Diskurs eingegraben. Doch dieser Glaube verkennt die fundamentale Bedeutung der Regulierung, die weit mehr ist als ein bürokratisches Hindernis oder eine Bedrohung der individuellen Freiheit. Es stellt sich vielmehr die Frage, in welchem Maße Regulierung notwendig ist, um das Überleben und die Stabilität von Gesellschaften und Märkten zu sichern.

Regulierung kann als eine Form des Managements verstanden werden, das für das Überleben von Systemen entscheidend ist – sei es in der Natur oder in der Gesellschaft. In biologischen Systemen ist Regulierung unumgänglich: Ohne sie könnten weder einzelne Organismen noch ganze Ökosysteme existieren. In ähnlicher Weise ist auch in sozialen und wirtschaftlichen Systemen eine gewisse Regulierung notwendig, um ein geordnetes Zusammenleben und eine funktionierende Wirtschaft sicherzustellen. Doch der Übergang von Regulierung zu Planung ist ein weiterer Punkt, der im neoliberalen Diskurs oft zu Verwirrung führt. Während Regulierung die Erhaltung von Ordnung und Fairness gewährleisten soll, wird Planung in vielen Fällen als eine Bedrohung der Freiheit verstanden – als Eingriff, der das Wirtschaftssystem vollständig kontrolliert und von der Regierung bestimmt wird.

Die Konfusion zwischen diesen beiden Konzepten, Regulierung und Planung, hat zu einer weit verbreiteten Fehleinschätzung geführt. Es ist wichtig, zu erkennen, dass Regulierung nicht zwangsläufig die Einführung einer zentralisierten Planung bedeutet. Regulierung dient vielmehr dazu, die Bedingungen für Wettbewerb und Fairness zu schaffen, Marktversagen zu verhindern und sicherzustellen, dass die Interessen der Gesellschaft als Ganzes gewahrt bleiben. In einem Markt ohne Regulierung könnten sich Monopole oder Oligopole bilden, die den Wettbewerb und die Freiheit der Verbraucher einschränken. Daher kann Regulierung als ein notwendiger Rahmen betrachtet werden, der den Markt in einer Weise steuert, die sowohl die Marktteilnehmer schützt als auch sicherstellt, dass Märkte effizient und gerecht funktionieren.

Das Beispiel der USA verdeutlicht diesen Konflikt zwischen der Vorstellung von einem freien Markt und der Notwendigkeit von Regulierung. Die weit verbreitete Überzeugung, dass der Markt von selbst funktioniert und keine Eingriffe von außen benötigt, führt dazu, dass das Vertrauen in die Regierung als ineffizient und störend betrachtet wird. Der Neoliberalismus hat diese Haltung verstärkt, indem er den Staat als „Feind“ des Marktes darstellt, der durch zu viele Eingriffe die „magische“ Selbstregulierung der Märkte stört. Dieser Glaube ist jedoch gefährlich, denn er ignoriert die Tatsache, dass Märkte ohne Regeln und Schutzmechanismen in ihrer Funktionsweise versagen können. Ein Markt, der keiner Regulierung unterliegt, kann Ausbeutung, Ungleichheit und unfaire Geschäftspraktiken begünstigen.

Darüber hinaus wurde diese Denkweise auch politisch genutzt, um den Einfluss von Regierungen zu minimieren und die Macht von Unternehmen zu stärken. In einer Welt, in der Märkte als die effizientesten Problemlöser angesehen werden, wurden Regierungen oft als ineffizient oder sogar als Bedrohung für den Wohlstand dargestellt. Dies führte zu einer Idealisierung des privaten Sektors und einer stetigen Untergrabung des öffentlichen Sektors, was in vielen neoliberalen Ländern zu einer verringerten Fähigkeit der Staaten führte, öffentliche Dienstleistungen bereitzustellen oder auf gesellschaftliche Herausforderungen angemessen zu reagieren.

Die schiere Bedeutung von Regulierung sollte daher nicht unterschätzt werden. Sie ist der Kitt, der gesellschaftliche Strukturen zusammenhält und verhindert, dass die Wirtschaft in Chaos versinkt. Doch Regulierung allein reicht nicht aus. Sie muss kontinuierlich an die Bedürfnisse der Gesellschaft und die Dynamiken der globalen Wirtschaft angepasst werden. Dies ist besonders wichtig in Zeiten globaler Herausforderungen wie dem Klimawandel, der Finanzkrise oder der Digitalisierung, die neue Formen der Regulierung und Kooperation erfordern. In diesen Kontexten wird die Notwendigkeit eines ausgewogenen Ansatzes zwischen Marktkräften und staatlicher Verantwortung besonders deutlich.

Ein weiteres oft übersehenes Element ist die Fähigkeit von Regulierungsbehörden, nicht nur auf bestehende Probleme zu reagieren, sondern auch präventiv zu handeln. In vielen Fällen sind es gerade die rechtzeitigen Eingriffe und regulativen Maßnahmen, die verhindern, dass sich Katastrophen entwickeln. Daher muss Regulierung als ein dynamischer Prozess verstanden werden, der sowohl proaktive als auch reaktive Elemente umfasst. Es ist nicht genug, nur auf Marktversagen zu reagieren; die präventive Gestaltung von Rahmenbedingungen, die den Interessen der Gesellschaft dienen, ist ebenso wichtig.

In der Diskussion über Regulierung und ihre Rolle in der modernen Gesellschaft sollte daher immer berücksichtigt werden, dass ein gut funktionierendes Regulierungssystem die Voraussetzung für eine funktionierende Demokratie, eine gerechte Wirtschaft und ein nachhaltiges Zusammenleben ist. Auch wenn die neoliberale Rhetorik weiterhin versucht, Regulierung zu dämonisieren, bleibt die Realität, dass ohne sie weder Markt noch Gesellschaft langfristig erfolgreich sein können.

Wie kann die öffentliche Medienoption die journalistische Krise lösen und die Demokratie stärken?

Der Journalismus in den USA steht aktuell vor einer existenziellen Krise. Während der Druck auf die Medienwelt weltweit steigt, bleibt die Unterstützung des Journalismus im Vergleich zu anderen globalen Systemen in den USA schwach. Besonders betroffen sind marginalisierte Gruppen und Regionen, wie ethnische Minderheiten, ländliche Gebiete und einkommensschwache Viertel. Eine wachsende Zahl an Studien dokumentiert die negativen sozialen Auswirkungen, die durch die Informationsarmut und das Aufkommen von "News Deserts" entstehen. Diese Gemeinschaften, die keinen Zugang zu zuverlässigen Nachrichtenquellen haben, sind politisch schlechter informiert, weniger bürgerlich engagiert, wählen seltener, sind stärker polarisiert und erleben einen Anstieg von Korruption in lokalen Regierungen. Diese Probleme dürften sich in den kommenden Jahren noch verschärfen.

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie man zuverlässige Nachrichtenquellen, insbesondere jene journalistischen Formate, die der Markt unzureichend unterstützt, wie lokale, internationale, investigative und politische Berichterstattung, stärken kann. Wie gehen andere demokratische Nationen mit dieser Krise um und was hat Amerika historisch getan, um den Journalismus zu fördern? Gibt es alternative Modelle, die weniger anfällig für Marktversagen sind, besonders im digitalen Medienbereich? Wie könnten Reformen und öffentliche Politiken diese unterstützen?

Die Geschichte zeigt, dass demokratische Gesellschaften, wenn sie mit scheinbar unlösbaren sozialen Problemen konfrontiert sind, diese oft durch fundierte öffentliche Politik lösen können. Doch dies erfordert eine sorgfältige Untersuchung und Diskussion der strukturellen Ursachen sozialer Probleme. Vielversprechende Experimente und politische Vorschläge beginnen sich bereits zu zeigen, doch sie befinden sich noch in einem frühen Stadium. Angesichts der immer größer werdenden Probleme, denen die Medien gegenüberstehen, hat die Forschung in diesem Bereich nicht Schritt gehalten. Es gibt jedoch einen wachsenden empirischen Beleg dafür, dass Gemeinschaften, die Zugang zu starken öffentlichen Mediensystemen haben, besser vor Fehlinformationen geschützt sind.

Das amerikanische öffentliche Mediensystem ist jedoch unterfinanziert und zunehmend gezwungen, auf quasi-kommerzielle Unterstützung angewiesen zu sein, um das aktuelle Niveau der Nachrichtenproduktion aufrechtzuerhalten. Während öffentliche Mediensysteme in Europa und Japan jährlich etwa 50 bis 150 Dollar pro Kopf erhalten, erhält das US-System nur bescheidene 1,40 Dollar pro Kopf an Bundesmitteln. Angesichts dieser finanziellen Benachteiligung stellt sich die Frage, wie ein neues amerikanisches öffentliches Mediensystem im digitalen Zeitalter aufgebaut werden kann, das vollständig finanziert, wirklich öffentlich und in der Lage ist, die entscheidenden Informationsbedürfnisse der USA zu erfüllen.

Die aktuelle Krise bietet jedoch auch eine Gelegenheit, den Journalismus neu zu erfinden und die Demokratie zu stärken. Mit dem zunehmenden öffentlichen Interesse an den Bedrohungen der Integrität unseres Informationssystems ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um Reformen zu prüfen, die den amerikanischen Journalismus auf das digitale Zeitalter ausrichten. In dieser Analyse wird der strukturelle Charakter der journalistischen Krise und mögliche systemische Alternativen hervorgehoben. Eine Lösung könnte die Schaffung eines neuen öffentlichen Mediensystems sein, das durch sorgfältige politische Überlegungen und die Nutzung internationaler Erfahrungen realisiert werden kann.

Die BBC zum Beispiel hat ihre Ressourcen genutzt, um die britische Nachrichtenindustrie zu stärken, indem sie 150 "lokale Demokratie-Reporter" bei Medienorganisationen im ganzen Land finanzierte, um sich auf lokale Politik zu konzentrieren und diese Berichterstattung mit anderen Nachrichtenanbietern zu teilen. Solche Kooperationen, wie etwa ein "Local News Partnership" oder ein "News Hub", das den Partnern Zugang zu umfangreichem BBC-Material gewährt, sind Beispiele dafür, wie öffentlich geförderte Medien Projekte zur Unterstützung des lokalen Journalismus initiieren können.

Ein „öffentliche Option“ für den Journalismus könnte helfen, die tief verwurzelten Probleme der kommerziellen Medien zu adressieren, die unser Informationssystem anfällig für Krisen machen. Durch die Untersuchung internationaler Modelle, die Lücken in der lokalen Berichterstattung schließen, sowie der Geschichte der amerikanischen Infrastruktur für öffentliche Medien, wie etwa das Postsystem oder der öffentliche Rundfunk, kann man sich ein Bild davon machen, wie ein neues öffentliches Mediensystem im digitalen Zeitalter aussehen könnte. Eine solche vergleichende und historische Forschungsagenda kann dazu beitragen, grundlegende Fragen zu durchdenken, von normativen Überlegungen über die Rolle öffentlicher Medien in einer Demokratie bis hin zu technischen und politischen Fragen der Gestaltung und Governance, insbesondere im Hinblick auf digitale Formate.

In vielen Ländern der Welt existieren verschiedene Formen staatlich unterstützten Journalismus, die durch politische Entscheidungen sicherstellen, dass die Medienlandschaft vielfältig bleibt. In demokratischen Gesellschaften, insbesondere in Europa, hat der Staat traditionell stark in öffentlich subventionierte Rundfunksysteme investiert. In vielen westlichen und nordischen Ländern wird auch die Printmedienbranche direkt und indirekt durch staatliche Subventionen unterstützt. In Norwegen beispielsweise werden Zeitungen subventioniert, um den kommerziellen Druck zu verringern und Monopole in der Zeitungsbranche zu verhindern. Ein ähnliches Modell existiert in Schweden, wo die Regierung vor fünfzig Jahren mit einer Subventionspolitik für Zeitungen reagierte, um die Pressevielfalt zu sichern. Diese Subventionen, die zwar nur einen kleinen Teil der Gesamteinnahmen der Zeitungen ausmachen, haben dennoch dazu beigetragen, dass keine „Ein-Zeitungs-Städte“ entstehen und die Medienlandschaft vielfältig bleibt.

Ein weiteres Beispiel für eine öffentliche Medienförderung bietet Kanada, das bedeutende Reformen im Steuerrecht vorgenommen hat, um steuerlich absetzbare Beiträge für gemeinnützige Medieninstitutionen zu ermöglichen. Die kanadische Regierung hat zudem Gelder für die Förderung des lokalen Journalismus bereitgestellt, etwa 595 Millionen CAD über fünf Jahre. Obwohl diese Vorschläge teils Kritik von kleineren Verlagen erfahren haben, haben sie eine wichtige Diskussion über öffentliche Eingriffe zur Unterstützung journalistischer Institutionen angestoßen.

Um die journalistische Krise und die Problematik der Fehlinformationen zu bewältigen, ist es entscheidend, dass Länder wie die USA Modelle entwickeln, die dem öffentlichen Mediensystem zugutekommen. Öffentlich finanzierte und unabhängig agierende Medieninstitutionen können eine stabile Grundlage bieten, die nicht den Schwankungen der Marktlogik unterliegt, und somit das Vertrauen der Bevölkerung in den Journalismus langfristig sichern.

Wie politische Stiftungen und Medien den demokratischen Diskurs in den USA prägen

Die Entwicklung privater Stiftungen in den USA stellt ein beispielloses Wachstum dar: von etwa 200 Stiftungen in der Mitte des 20. Jahrhunderts auf nahezu 100.000 im Jahr 2014 mit einem Kapital von fast 800 Milliarden Dollar. Dieses rapide Wachstum wurde maßgeblich von wohlhabenden Akteuren wie den Koch-Brüdern vorangetrieben, die dabei eine Strategie entwickelten, die philanthropische Aktivitäten in ein wirkmächtiges Instrument politischer Einflussnahme verwandelte. Beginnend in den 1970er Jahren schuf Charles Fink ein dreistufiges System der Einflussnahme, das sich an industriellen Prozessen orientiert: Zunächst dienen universitäre Forschungseinrichtungen als Produzenten neuer ideologischer Rohstoffe, die anschließend in libertäre Politikvorschläge transformiert werden, ehe diese durch ein Geflecht vermeintlich bürgernaher Organisationen einer breiten Öffentlichkeit und Gesetzgebern vermittelt werden. Das Mercatus Center an der George Mason University, gegründet durch Fink mit großzügiger Unterstützung der Koch-Brüder, steht exemplarisch für die erste Phase.

In der zweiten Phase übernehmen Think Tanks wie das Cato Institute oder das Ludwig von Mises Institute die Ausarbeitung und Verbreitung dieser Ideen. Die dritte Phase besteht aus sogenannten Astroturf-Organisationen, die sich als Graswurzelbewegungen ausgeben, in Wahrheit jedoch zentral gesteuerte Kampagnen zur Verbreitung spezifischer politischer Agenden sind. Beispiele hierfür sind „Americans for Prosperity“ oder der „Center to Protect Patient Rights“, die mit massivem finanziellen Rückhalt der Koch-Stiftung und anderer Milliardärsfamilien Kampagnen gegen Gewerkschaften, Gesundheitsreformen und Klimapolitik führen.

Neuere Entwicklungen erweitern dieses Modell um eine vierte Dimension: eine digitale Informationsökosphäre, die über rechte Talkradios, Fox News und diverse Online-Plattformen eine aggressiv populistische Kommunikationsform etabliert hat. Charakteristisch für dieses Ökosystem ist die Verbreitung von Empörungs- und Identitätsinhalten, die sich nicht an Fakten, sondern an emotionaler Mobilisierung orientieren. Diese Inhalte unterminieren systematisch das Vertrauen in etablierte Institutionen – von Regierung über Universitäten bis hin zu Medien –, die als Teil eines vermeintlich liberalen Establishments diffamiert werden. Persönlichkeiten wie Rush Limbaugh prägten Narrative, die staatliche und wissenschaftliche Autoritäten als Täuscher brandmarken, was sich in der politischen Sprache und öffentlichen Wahrnehmung tief eingraviert hat.

Die Deregulierung der Medienlandschaft, insbesondere die Abschaffung der Fairness-Doktrin 1987 und die Liberalisierung der Medienkonzentration durch den Telekommunikationsgesetz von 1996, trug entscheidend zu dieser Entwicklung bei. Die Folge war eine zunehmende Konzentration der Medienmacht in wenigen Händen, die gezielt rechte Informationsstrategien finanzieren und fördern. Die Koch-Stiftungen und andere vermögende Förderer subventionieren konservative Medienakteure und schaffen so eine asymmetrische Informationswelt, die demokratische Debatten verzerrt und ideologische Polarisierung vorantreibt.

Parallel dazu finanzieren konservative Stiftungen Organisationen wie das Media Research Center, dessen erklärte Mission seit den 1980er Jahren die Diskreditierung der „liberalen Medien“ ist. Durch die ständige Wiederholung von Begriffen wie „liberale Medien“ oder „Fake News“ wird das Vertrauen in unabhängigen Journalismus systematisch untergraben und eine rechtspopulistische Deutungshoheit gefestigt. Die damit einhergehende Forderung nach „Fairness“ im Sinne einer vermeintlichen politischen Ausgewogenheit führt zu einer sukzessiven Verschiebung der Medienberichterstattung nach rechts und schwächt die demokratische Meinungsvielfalt.

Wichtig ist dabei, dass dieses System nicht nur die Verbreitung eigener Ideen verfolgt, sondern gezielt konkurrierende politische und gesellschaftliche Positionen marginalisiert und delegitimiert. Die Strategie besteht nicht allein in der Vermittlung einer libertären Ideologie, sondern in der aktiven Zerstörung alternativer Diskurse und Institutionen, die eine pluralistische Demokratie ausmachen.

Dem Leser sollte klar sein, dass diese Prozesse ein komplexes Zusammenspiel von Finanzkraft, institutionellen Netzwerken und medialer Inszenierung darstellen. Die wirtschaftliche Macht einiger weniger Akteure ermöglicht eine unverhältnismäßige Einflussnahme auf demokratische Strukturen. Gleichzeitig ist es essentiell, die Rolle der Medienregulierung und der Digitalisierung als Verstärker dieser Dynamiken zu verstehen. Nur mit diesem Wissen lässt sich die heutige politische Polarisierung und die Erosion demokratischer Diskursräume in ihrer Tiefe begreifen.

Warum unterstützen viele weiße Männer autoritäre Populisten trotz deren frauenfeindlichen Verhalten?

Ein erheblicher Teil der Unterstützung für autoritäre Populisten wie Donald Trump lässt sich nur verstehen, wenn man die komplexen Wechselwirkungen von Identität, Klasse und Rassismus berücksichtigt. Viele dieser Männer stammen aus weißen Arbeiterklassenmilieus, die sich ökonomisch benachteiligt fühlen. Trotz scheinbarer wirtschaftlicher Erholung nach der Finanzkrise von 2008 blieb ein großer Teil dieser Bevölkerungsschicht zurück – Studien zeigen, dass etwa ein Drittel der Arbeiterklasse nicht in der Lage wäre, eine unerwartete Ausgabe von 400 Dollar zu decken. Dieses Gefühl von wirtschaftlicher Unsicherheit und der Eindruck, das System sei zugunsten der Eliten manipuliert, wurde von populistischen Politikern während des Wahlkampfs bewusst angesprochen und führte zu einer unerwarteten Unterstützung autoritärer Politik.

Doch die ökonomische Analyse greift zu kurz, wenn sie das Phänomen isoliert betrachtet. Rassistische Ängste und Ressentiments spielen eine ebenso zentrale Rolle. Bei der US-Präsidentschaftswahl 2016 bevorzugten weiße Wähler Trump mit einem deutlichen Vorsprung. Besonders weiße Evangelikale sahen in seiner Wahl eine Möglichkeit, die Zusammensetzung des Obersten Gerichtshofs zugunsten konservativer, oft anti-feministischer und anti-reproduktiver Rechte zu verändern. Die offene rassistische Rhetorik Trumps war nicht nur eine Begleiterscheinung, sondern ein Kernstück seiner Kampagne und seines politischen Handelns.

Historisch betrachtet sind Rasse und Klasse in den USA untrennbar miteinander verwoben. Seit den Kämpfen um die Abschaffung der Sklaverei und später während der New Deal-Ära wurden Fragen von Eigentumsrechten, Macht und sozialer Ungleichheit durch das Zusammenspiel von rassistischen und ökonomischen Faktoren geprägt. Rassismus bot dabei oft die emotionale Energie, um ansonsten unbeliebte wirtschaftspolitische Positionen, wie jene der Libertären, gesellschaftlich durchsetzbar zu machen. Die sogenannte „Rückbesinnung auf das weiße Patriarchat“ wurde zu einer politischen Ressource, mit der Ängste gegen einen als „liberal“ und „staatlich“ wahrgenommenen Machtapparat mobilisiert wurden.

Die Geschichte zeigt, wie politische Bewegungen immer wieder versucht haben, patriarchale und rassistische Nostalgie als Instrument zu nutzen, um demokratische Institutionen zu schwächen. Bereits Ronald Reagan nutzte 1980 in Mississippi den Begriff „States’ Rights“ als unterschwelliges Signal an weiße Südstaatenwähler, die den Widerstand gegen Bürgerrechtsgesetze aufrechterhalten wollten. Dieses Vorgehen ist kein Zufall, sondern Ausdruck einer längerfristigen Strategie, die rassistische Ängste in politischen Machtgewinn umzumünzen.

Neben sozialen und ökonomischen Faktoren spielt heute die technologische Dimension eine immer größere Rolle. Untersuchungen und Berichte, darunter auch solche von US-Senatskomitees, zeigen, dass russische Akteure die amerikanischen Wahlsysteme 2016 gezielt angegriffen haben – sowohl durch direkte Cyberangriffe auf Wahlinfrastrukturen als auch durch die gezielte Verbreitung von Desinformation in sozialen Medien. Diese Desinformationskampagnen zielen darauf ab, gesellschaftlichen Zusammenhalt zu untergraben, Ängste zu schüren und insbesondere Spannungen rund um Themen wie Einwanderung und Rassismus zu verstärken.

Soziale Medien verstärken diese Spaltung zusätzlich durch algorithmische Verstärkung extremistischer Inhalte. Plattformen wie Twitter, Facebook und YouTube sind so konzipiert, dass sie polarisierende und radikale Inhalte bevorzugen, um die Nutzerbindung zu maximieren und Werbeeinnahmen zu steigern. Diese strukturelle Dynamik ist kein technischer Fehler, sondern ein systemimmanentes Problem, das die gesellschaftliche Spaltung weiter vertieft.

Dabei zeigen sich deutliche Unterschiede im internationalen Vergleich: Länder mit stabileren und vertrauenswürdigeren demokratischen Institutionen, wie die baltischen Staaten, begegnen Desinformationskampagnen oft mit einem höheren Maß an gesellschaftlicher Kohäsion und Resilienz. Die US-amerikanischen Institutionen hingegen wurden über Jahrzehnte durch finanzstarke Netzwerke und Denkfabriken systematisch geschwächt, die darauf abzielen, demokratische Kontrollmechanismen zu unterminieren und das Regulierungspotenzial des Staates einzuschränken.

Das Verständnis der gegenwärtigen Krise erfordert eine multidimensionale Analyse. Rassismus, Klassenzugehörigkeit und Geschlechterrollen sind nicht nur Themen sozialer Ungerechtigkeit, sondern dienen als emotionale Triebkräfte für politische Mobilisierung, die oft dazu genutzt wird, ökonomische Ungleichheit und demokratische Kontrolle zu unterminieren. Der Angriff auf die Legitimität demokratischer Institutionen und der Umgang mit Desinformation sind eng verbunden mit dem Strukturwandel in Wirtschaft, Medien und Gesellschaft.

Wichtig ist zu begreifen, dass ökonomische Ungleichheit und soziale Spaltung nur zusammen betrachtet werden können. Die Verfestigung von Desinformation und die Erosion des Vertrauens in öffentliche Institutionen funktionieren wie ein System, in dem wirtschaftliche Interessen, soziale Identität und technologische Entwicklungen zusammenwirken. Maßnahmen gegen die Demokratiekrise müssen daher umfassend ansetzen: Sie benötigen neben Medienkompetenz auch strukturelle Reformen, die ökonomische Sicherheit stärken und gesellschaftlichen Zusammenhalt fördern. Ohne die Stärkung demokratischer Institutionen und die Bekämpfung sozialer Ungleichheit bleibt die Gefahr bestehen, dass autoritäre und rassistische Bewegungen weiter Auftrieb erhalten.