Die gegenwärtige Krise im Westen ist keine zufällige oder oberflächliche Erscheinung, sondern eine Folge der organischen Mechanismen des kapitalistischen Systems. Sie hat sich in den letzten Jahrzehnten als strukturelle Krise herauskristallisiert, die sowohl ökonomische als auch politische Dimensionen umfasst. Die gegenwärtigen Verhältnisse sind nicht das Resultat von äußeren Einflüssen oder von unausweichlichen Ereignissen, sondern die Ausdrucksformen, die die kapitalistische Krise im frühen 21. Jahrhundert annimmt. Diese Krise zeigt sich vor allem in zwei großen Entwicklungen: der wachsenden Ungleichheit und der Zunahme des Misstrauens gegenüber der politischen Elite.

Zunächst zeigt sich die Krise in einer tiefen Unzufriedenheit der Bevölkerung, die durch die neoliberale Politik der Austerität und der steigenden Ungleichheit verstärkt wurde. Die sichtbarsten Indikatoren dieser Ungleichheit sind die zunehmenden Vermögensunterschiede. Beispielsweise zeigte eine Liste der 400 reichsten Amerikaner des Forbes Magazins von 2018, dass die drei reichsten Männer – Jeff Bezos, Bill Gates und Warren Buffett – ein gemeinsames Vermögen besaßen, das mehr wert war als das gesamte Vermögen der ärmsten Hälfte der amerikanischen Bevölkerung. Gleichzeitig besaßen die reichsten 5 Prozent der Amerikaner zwei Drittel des gesamten Vermögens des Landes. Diese wachsende Kluft hat das Vertrauen in die neoliberale Ordnung erschüttert. Das Beispiel der niedrigen Löhne, die zwischen 2018 und 2019 nur um 9,11 Dollar pro Woche stiegen, obwohl die Preise für grundlegende Güter wie Gesundheitsversorgung und Bildung weiter explodierten, zeigt die tiefe Kluft zwischen den oberen 1 Prozent und der arbeitenden Bevölkerung.

Dieser scheinbare Erfolg des Neoliberalismus, der das Vermögen zunehmend in den Händen einer Superreichen Elite konzentriert, hat zu einer tiefen Skepsis gegenüber der politischen Elite geführt. Diese Wut und Frustration richten sich nicht nur gegen die Politiker, sondern auch gegen das gesamte politische System, das als zunehmend abgehoben und inkompetent wahrgenommen wird. Diese Wahrnehmung ist besonders ausgeprägt in den USA, wo der Wirtschaftsliberalismus, der durch die Krise von 2007-2008 und die darauf folgende große Rezession erschüttert wurde, als gescheitert gilt. Die neoliberale Ideologie, die auf freien Märkten und minimaler staatlicher Regulierung beruhte, wurde von der Realität widerlegt, als das System zusammenbrach und die Verantwortung für die weltweite Finanzkrise den führenden Banken und Ökonomen zugeschrieben wurde.

Neben dieser ökonomischen Krise erleben wir auch eine Rückkehr des Nationalismus und eine Verschiebung hin zu einem asymmetrischen Imperialismus, wie es besonders unter der Präsidentschaft von Donald Trump deutlich wurde. Die neoliberale Wirtschaftspolitik, die auf Globalisierung und freiem Handel basierte, hat zunehmend an Bedeutung verloren, da sich die USA als unipolare Macht in einem neuen multipolaren internationalen System wiederfinden. Trump, der den Nationalismus als Antwort auf die wirtschaftlichen und sozialen Probleme der Arbeiterklasse aufgriff, setzte gezielt auf Isolationismus und Protektionismus, was sich besonders in seiner Entscheidung widerspiegelte, das Transpazifische Partnerschaftsabkommen (TTP) zu kündigen.

Die geopolitischen Spannungen, insbesondere zwischen den USA, China und Russland, haben zugenommen und dominieren die internationalen Schlagzeilen. In diesem Kontext taucht immer häufiger der Begriff des neuen Imperialismus auf, der durch die Herausforderungen an die globale Vorherrschaft der USA gekennzeichnet ist. Trump und andere führende Politiker verstehen diese Entwicklungen als Bedrohung für die Vormachtstellung des Westens und reagieren mit einer Rückbesinnung auf nationale Interessen und eine aggressivere Außenpolitik. In diesem Zusammenhang wird der Nationalismus als Mittel zur Wiederherstellung nationaler Souveränität und zur Bewahrung der wirtschaftlichen Machtpositionen in einer zunehmend multipolaren Welt genutzt.

Ein weiterer wichtiger Aspekt dieser Entwicklung ist das Aufleben faschistischer Tendenzen, die in Krisenzeiten besonders in kapitalistischen Gesellschaften zutage treten. Trump’s Brand des Nationalismus erinnert an die Merkmale des Faschismus, wie sie von Michael Mann in seiner Analyse der faschistischen Bewegungen in Europa nach dem Ersten Weltkrieg beschrieben werden. Mann beschreibt den Faschismus als eine Bewegung, die auf einem organischen Verständnis der Nation basiert, das eine starke Abgrenzung zu anderen Ethnien und Kulturen impliziert. Diese Haltung führt zu einer extremen Form des Nationalismus, der durch Aggression gegenüber „Feinden“ – sowohl innenpolitischen als auch internationalen – gekennzeichnet ist. Diese aggressive Haltung wird durch die Notwendigkeit verstärkt, die „organische Einheit“ der Nation zu schützen.

Der Anstieg des Nationalismus und die Rückkehr autoritärer Tendenzen sind also nicht isolierte Phänomene, sondern stehen in direkter Verbindung mit der neoliberalen Krise und den internationalen Machtverschiebungen. In diesem Kontext spielt die mediale Darstellung von Weltgeschehen eine zentrale Rolle. Wie Graeme Wood treffend feststellt, hat die erhöhte Verfügbarkeit von Informationen die Menschen zwar besser informiert, aber auch verwirrt und entfremdet. Die Menschen sind zunehmend nicht nur gegenüber der globalen Wirtschaft, sondern auch gegenüber ihren eigenen politischen Institutionen misstrauisch, was den Boden für populistische und extremistische Bewegungen bereitet.

Diese Dynamiken, die im Zeitalter des Neoliberalismus und seiner Krise beobachtet werden können, sind ein tiefgreifendes Zeichen für die Widersprüche und Spannungen, die den globalen Kapitalismus durchziehen. Sie verdeutlichen nicht nur die Notwendigkeit, die Ursachen dieser Krise zu verstehen, sondern auch die Herausforderungen, die mit der Suche nach alternativen politischen und ökonomischen Systemen verbunden sind. Der Weg, den die Gesellschaften in der Zukunft einschlagen, wird entscheidend davon abhängen, wie diese Widersprüche politisch und sozial verarbeitet werden.

Wie Trumps Rhetorik die politische und soziale Landschaft in den USA prägte: Eine Analyse von Rassismus und „weißer Dummheit“

Donald Trump spielte eine entscheidende Rolle bei der Veränderung der politischen und sozialen Atmosphäre in den Vereinigten Staaten, indem er eine narrative Strategie verfolgte, die auf dem Schüren von Ängsten und Vorurteilen beruhte. Indem er mexikanische Einwanderer dämonisierte, Muslime ausgrenzte und schwarze Menschen sowie deren Gemeinschaften massiv stereotypisierte, schuf Trump ein Klima der Angst und Feindseligkeit. Besonders auffällig war seine wiederholte Verwendung von rassistischen Untertönen in seinen öffentlichen Reden, die es Weißen ermöglichte, ihre Abneigung gegenüber Menschen nicht-weißer oder ausländischer Herkunft offen zu zeigen. Seine rassistischen Äußerungen, die sowohl Einwanderer (ob legal oder illegal) als auch afroamerikanische und latinx Communities betrafen, entfalteten eine bemerkenswerte Wirkung. Viele Wähler, besonders Weiße, fühlten sich durch seine Worte bestärkt, ihre rassistischen Einstellungen laut und ohne Scham auszudrücken.

Die 2016er Präsidentschaftswahl in den USA zeigte, dass Rassismus eine Schlüsselrolle im Aufstieg von Trump spielte. Eine umfassende Untersuchung ergab, dass die rassistischen Aussagen und Politik Trumps – insbesondere seine anti-immigrantischen Haltung und seine Feindseligkeit gegenüber Schwarzen – entscheidend zum Wahlsieg beitrugen. Trotz des Verlustes der landesweiten Stimmen mit fast 3 Millionen weniger Stimmen als seine Gegnerin, erhielt Trump eine breite Unterstützung von evangelikalen Christen und ungebildeten Weißen, deren Vorurteile durch seine Rhetorik legitimiert wurden. Dies zeigte sich auch in den Wahlresultaten: Trumps Unterstützung war vor allem bei Wählern stark, die eine niedrige Bildung hatten und keine akademische Ausbildung abgeschlossen hatten. Im Gegensatz dazu zeigte sich, dass die schwarzen und latinx Wähler weit weniger für Trump stimmten. Trumps explizite rassistische Rhetorik trug dazu bei, dass diese Wählergruppen mit einem Gefühl der Entfremdung und Ablehnung konfrontiert wurden.

Es war keine Überraschung, dass Trump, durch das gezielte Schüren von rassistischen Ressentiments, eine Art Pandora’s Box des Rassenhasses öffnete, die es vielen ermöglichte, ihre oft unterdrückten Vorurteile offen zu äußern. Studien haben gezeigt, dass Trump seinen Wählern nicht nur eine Plattform für ihre rassistischen Überzeugungen bot, sondern diese auch aktiv anheizte. Bereits in den ersten Monaten seiner Präsidentschaft begannen viele Anhänger, seine rassistischen Äußerungen in ihrem eigenen Verhalten nachzuahmen. Dies führte zu einer Normalisierung von Hass und Diskriminierung in der Gesellschaft und den Medien. Die sogenannte „Fake News“-Kampagne von Trump, bei der er alles, was ihm negativ erschien, als „Fake News“ abtat, spielte eine entscheidende Rolle in der Weiterverbreitung dieser Narrative. Diese Strategie, bei der Kritiker der Trump-Politik als unglaubwürdig und voreingenommen dargestellt wurden, schuf eine Atmosphäre der Desinformation, die seine Anhänger nur weiter bestärkte.

Ein weiterer, sehr wichtiger Aspekt dieser Entwicklung war die Verwendung von Hassreden und verbaler Belästigung durch Trump als politisches Werkzeug. Durch seine Hetze gegen Muslime, Mexikaner und Schwarze führte seine Rhetorik zu einem drastischen Anstieg von Hassverbrechen, insbesondere gegen Muslime und Einwanderer. Ein Beispiel für die Folgen dieser Politik war die „Unite the Right“-Rally in Charlottesville 2017, die als direkte Folge der von Trump entfachten rassistischen Spannungen betrachtet wird. Diese Ereignisse zeigen, dass Trumps Rhetorik weit über verbale Angriffe hinausging und tatsächlich zur Erhöhung von Gewalt und Hass in der Gesellschaft beitrug.

Für Trump war es von entscheidender Bedeutung, das rassistische Narrativ seiner Präsidentschaft zu kontrollieren, und dies tat er auf jede erdenkliche Weise. Ein zentrales Element dabei war die Kontrolle über die Medienberichterstattung. Trump nutzte die Medien, um eine öffentliche Wahrnehmung von sich selbst zu gestalten, die mit seinen politischen Zielen übereinstimmte. Indem er als „Anti-Establishment“-Figur auftrat, schaffte er es, eine riesige Medienpräsenz zu generieren, die seine Botschaften verstärkte. Gleichzeitig verfolgte er die Strategie, negative Berichterstattung über sich als „Fake News“ zu entlarven. Diese Taktik ermutigte seine Anhänger, kritische Medienberichterstattung zu ignorieren und stattdessen der verzerrten Realität zu folgen, die er ihnen präsentierte.

Trumps Erfolg beruhte zu einem großen Teil auf seiner Fähigkeit, eine „weiße Dummheit“ zu kultivieren – eine Blindheit gegenüber der Realität, die seine Anhänger daran hinderte, sich mit der Komplexität der politischen und sozialen Probleme auseinanderzusetzen. Anstatt sich auf Fakten und fundierte Argumente zu stützen, bevorzugten viele seiner Unterstützer Nachrichten, die ihre bestehenden Vorurteile bestätigten. Dieser Zustand führte zu einer wachsenden Kluft zwischen der politischen Realität und den Vorstellungen vieler seiner Anhänger.

Es ist ebenfalls zu beachten, dass Trumps Einfluss auf die politische Landschaft nicht nur durch seine Worte, sondern auch durch seine direkte Handlungsweise manifestierte. Indem er Rassismus und Fremdenfeindlichkeit normalisierte, setzte er einen gefährlichen Trend in Gang, der nicht nur das gesellschaftliche Klima, sondern auch die politische Kultur veränderte. Das Aufkommen von sogenannten „alternativen Fakten“ und die Verbreitung von Fake News unter seinen Anhängern sind direkte Konsequenzen seiner manipulativen Medienstrategien. Diese Entwicklung hat nicht nur die politische Debatte in den USA geprägt, sondern auch die Weltbühne beeinflusst.

Es ist wichtig zu verstehen, dass diese Dynamiken weit über Trump selbst hinausgehen. Die gesellschaftlichen Spannungen, die durch seine Politik verstärkt wurden, sind tief verwurzelt und können nicht einfach durch einen Regierungswechsel oder eine Wahl rückgängig gemacht werden. Sie spiegeln eine größere Krise der politischen und sozialen Kommunikation wider, die über die Grenzen der USA hinausgeht und auch andere westliche Demokratien betrifft.