Unser physisches Sein ist buchstäblich Milliarden Jahre alt. Es besteht aus genau jenen Elementen, die nach dem Urknall ins Universum explodierten und sich mit der Zeit zu den Sternen, Planeten und letztlich zu uns formten. Der Körper, den du als "deinen" identifizierst, mag kommen und gehen, doch er verschwindet niemals völlig – er verwandelt sich lediglich. So wie ein Blatt wächst und dann wieder in neue Blätter zurückverwandelt wird, so auch deine Atome: Sie sind Teil eines fortlaufenden Kreislaufs, der aus der Umwelt stammt und wieder in neues Leben übergeht. Ein weiterer Vergleich ist der Ozean, in dem du nur eine Welle bist. Wenn du dich nur mit dieser Welle identifizierst, magst du versuchen, mit anderen Wellen zu konkurrieren oder sie festzuhalten. Aber Wellen sind nur Wasser in Bewegung. Sie erscheinen und verschwinden, doch sie sind nichts anderes als Formen, die durch das gesamte Meer erschaffen werden. In gleicher Weise bist du eine physische Manifestation, die durch zahllose Prozesse im Universum hervorgebracht wurde. Das Universum "waved" dich – du bist nicht die Welle, sondern der gesamte Ozean.
Diese Gedanken mögen anfangs entmutigend wirken. Es könnte der Eindruck entstehen, dass du dich verlierst, wie ein Tropfen Wasser, der im riesigen Ozean verschwindet. Doch genau das Gegenteil ist der Fall. Du bist nicht der Tropfen, du bist der Ozean selbst. Je mehr du dich mit dieser Sichtweise anfreundest, desto mehr kannst du die Welle genießen, in dem Wissen, dass du viel mehr bist als nur diese flüchtige Erscheinung. Das ganze Universum spielt die Rolle von dir und macht dies so überzeugend, dass selbst du getäuscht wurdest. Du hast einfach vergessen, dass du so viel mehr bist als ein isolierter Sack Haut. Du bist das gesamte Universum, das sich durch einen bestimmten Punkt der Wahrnehmung erfährt.
Zunächst mag sich dieses Konzept nur wie eine intellektuelle Übung anfühlen. Doch das, worauf du dein Denken ausrichtest, prägt das, was du wirst. Wenn du dich ständig mit Problemen und dem Überlebenskampf beschäftigst, wirst du dein Denken unweigerlich auf Angst und Besorgnis ausrichten. Mit der Zeit wird jedoch das Bewusstsein darüber, dass du mehr bist als nur ein isoliertes Individuum, beginnen, sich wie eine offensichtliche Wahrheit anzufühlen. Du wirst weiterhin deinen Lebensunterhalt verdienen, Rechnungen bezahlen, Beziehungen pflegen und deine alltäglichen Probleme meistern müssen, aber diese Dinge werden dich weniger beunruhigen, wenn du regelmäßig daran erinnerst wirst, wer du wirklich bist. Du kannst weiterhin in diesem "Spiel" mitwirken, aber du wirst weniger darin gefangen sein.
Es ist ein verbreitetes Missverständnis, dass wir uns nur durch unsere Gedanken und Emotionen definieren. Der Kern des Selbst ist nicht durch die Gedanken, die in unserem Kopf kreisen, begrenzt. Unsere Identität ist nicht nur das Produkt von Ängsten, Sorgen und ständigen Grübeleien. Vielmehr sind diese Gedanken nur Erscheinungen, die in unserem Bewusstsein auftauchen. Wenn wir uns nicht mit ihnen identifizieren und sie lediglich als das betrachten, was sie sind – Gedanken und nichts weiter – können wir mit ihnen anders umgehen.
Es gibt einen weit verbreiteten Zustand, der als kognitive Fusion bezeichnet wird. Dies bedeutet, dass wir uns so stark mit unseren Gedanken und den damit verbundenen Gefühlen identifizieren, dass wir sie für die Realität selbst halten. Menschen mit Angststörungen sind besonders anfällig für diese Fusion. Sie neigen dazu, in bestimmten Denkmustern zu verharren, wobei die Gedanken mit starken Emotionen und Erinnerungen verknüpft sind. In vielen Fällen sind diese Gedanken völlig unrealistisch oder unbegründet, aber das Denken hat so starke emotionale Verbindungen, dass es fast unmöglich erscheint, sie loszulassen. Ein Beispiel könnte die Angst vor einer bipolaren Störung sein, die sich immer wieder im Kopf manifestiert, obwohl keine objektiven Anzeichen vorliegen. In einem solchen Fall könnte der Therapeut dem Klienten helfen, den Gedanken als das zu erkennen, was er ist – ein Gedanke und nichts weiter.
Ein solches Umdenken kann sehr befreiend wirken. Der Klient muss nicht mehr in einen ständigen Kampf mit seinen Gedanken treten. Stattdessen kann er lernen, sie als das zu betrachten, was sie sind: vorübergehende Erscheinungen im Bewusstsein, die keine Macht über das tatsächliche Leben und die Identität des Menschen haben. Dieser Perspektivwechsel kann entscheidend dazu beitragen, die Angstsymptome zu lindern und dem Klienten zu helfen, sich von seinen Sorgen zu distanzieren.
Darüber hinaus ist es wichtig, das Konzept der psychischen Flexibilität zu verstehen. Diese Flexibilität bezieht sich auf die Fähigkeit, Gedanken und Emotionen zu erleben, ohne sich mit ihnen zu identifizieren oder von ihnen kontrollieren zu lassen. Wenn Menschen lernen, ihre Gedanken als vorübergehende Phänomene zu betrachten, die weder die Realität noch ihre Identität vollständig widerspiegeln, können sie sich von der Angst befreien, die oft mit dem Glauben an die Realität ihrer Gedanken verbunden ist. Es geht nicht darum, die Gedanken zu eliminieren oder zu bekämpfen, sondern vielmehr darum, ihre Macht über das eigene Leben zu verringern.
Es ist von entscheidender Bedeutung, dass jeder, der mit Angstzuständen oder anderen psychischen Herausforderungen zu kämpfen hat, versteht, dass das, was sie denken, nicht das ist, was sie sind. Gedanken sind nur Gedanken. Sie sind flüchtig, sie kommen und gehen, und sie definieren nicht die wahre Essenz des Selbst. Wenn man diesen Prozess regelmäßig übt, wird das Leben weniger belastend und mehr von einer inneren Freiheit geprägt sein, die es ermöglicht, auch mit den Herausforderungen des Lebens auf eine neue Weise umzugehen.
Warum wir uns selbst belügen: Die unbewusste Suche nach Akzeptanz und wie wir sie überwinden können
Es ist eine Erfahrung, die vielen vertraut ist: die „weiße Lüge“. Sie beginnt meist harmlos, als kleine Notlüge, um den Frieden zu wahren oder eine unangenehme Situation zu vermeiden. Doch diese Lüge führt oft zu einer weiteren, dann zu noch einer, bis schließlich ein Netz aus Unwahrheiten entsteht, das schwer zu entwirren ist. Der Moment, in dem die Wahrheit ans Licht kommt, ist in der Regel unangenehm – oft ist es nicht einmal der Zorn der betroffenen Person, der einen erschüttert, sondern das Gefühl, enttäuscht zu haben, und die unerklärte Notwendigkeit, sich selbst zu belügen.
Dies war auch der Fall bei Larry, einem Therapeuten, der sich immer wieder dabei ertappte, wie er seiner Frau Dinge verschwieg, obwohl er wusste, dass es nicht nötig war. Als er sich mir anvertraute, erklärte er: „Ich weiß, es ist dumm. Ich sollte einfach die Wahrheit sagen, auch wenn sie unangenehm ist.“ Doch auch die rationale Einsicht vermochte ihn nicht davon abzuhalten, die Lügen fortzusetzen. Der Grund für dieses Verhalten war tief in ihm verwurzelt und fand sich nicht in der aktuellen Beziehung, sondern in seiner Kindheit.
„Hast du das Gefühl, dass diese Lügen mit einem bestimmten Gefühl verbunden sind?“, fragte ich ihn. Die Antwort kam schnell. „Ich erinnere mich daran, wie ich als kleines Kind im Auto saß und meine Eltern sich stritten. Ich fühlte mich hilflos und versuchte, den Konflikt zu lösen.“ Das war die wahre Ursache seiner Unfähigkeit, Konflikte zuzulassen: der innere Drang, Frieden zu schaffen, der aus den frühen Erfahrungen seiner Kindheit stammte.
Wenn wir uns mit den Ursachen von Verhaltensweisen wie den „weißen Lügen“ auseinandersetzen, kommen wir häufig auf Erinnerungen zurück, die uns unbewusst beeinflussen. In Larrys Fall war es die tiefe, frühe Erfahrung von Konflikten und der damit verbundene Wunsch, diese zu vermeiden. Doch anstatt sich der Herausforderung zu stellen und Verantwortung für die eigenen Gefühle zu übernehmen, griff er auf Lügen zurück, um sich vor der vermeintlichen Gefahr eines Konflikts zu schützen.
Um die Wurzel des Problems zu verstehen und diese alten Muster zu durchbrechen, kann es hilfreich sein, sich mit den eigenen Gefühlen in Kontakt zu setzen. Ein nützliches Übung besteht darin, sich in einer ruhigen Umgebung einen Moment Zeit zu nehmen, um sich mit den eigenen Emotionen zu verbinden. Welche Gefühle sind gerade präsent? Wie äußern sich diese in deinem Körper? Welche Erinnerungen kommen dabei hoch? Dies ermöglicht es, in einen Dialog mit dem inneren Kind zu treten und zu fragen, was es damals gebraucht hätte, um sich sicher und gesehen zu fühlen.
Es kann eine emotionale Erfahrung sein, sich vorzustellen, wie das „alte Selbst“ damals Unterstützung, Trost oder Verständnis gebraucht hätte – etwas, das in der Kindheit oft nicht gegeben war. Indem man sich diese Unterstützung selbst zukommen lässt, kann man beginnen, die alten Muster zu durchbrechen und sich von der Notwendigkeit zu befreien, in der Gegenwart zu lügen, um Konflikten aus dem Weg zu gehen.
Es geht darum, zu lernen, sich selbst zu akzeptieren. Oft haben wir das Gefühl, wir müssen uns anpassen oder etwas verbergen, um geliebt oder akzeptiert zu werden. Doch wahre Akzeptanz beginnt mit der Annahme der eigenen Gefühle und Bedürfnisse, ohne sie zu verurteilen oder zu unterdrücken. Dieser Prozess kann schrittweise erfolgen – mit jedem Mal, in dem wir uns selbst mitfühlend begegnen, können wir mehr von dieser inneren Ruhe finden, die uns von alten Verhaltensmustern befreit.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist das Verständnis dafür, dass diese tief verwurzelten Muster nicht über Nacht verschwinden. Es braucht Zeit und wiederholte Auseinandersetzung, um sie zu verändern. Aber der erste Schritt ist immer der gleiche: die Bereitschaft, sich selbst und seine Gefühle zu erkennen und anzunehmen, auch wenn sie unangenehm oder schmerzhaft sind.
Darüber hinaus ist es von großer Bedeutung, dass wir uns in dieser Reise nicht alleine fühlen. Das Teilen unserer Erfahrungen mit einer vertrauensvollen Person, sei es ein Therapeut oder ein enger Freund, kann helfen, neue Perspektiven zu gewinnen und die Verantwortung für unsere emotionalen Reaktionen zu übernehmen. Es ist eine langsame, aber stetige Reise, auf der wir lernen, uns selbst in unserer Ganzheit zu akzeptieren und das Verlangen nach „weißen Lügen“ zu überwinden.
Im weiteren Verlauf dieses Prozesses ist es auch hilfreich, sich regelmäßig Momente der Selbstreflexion zu gönnen. Eine Übung, die in solchen Momenten besonders effektiv sein kann, ist die Vorstellung, sich selbst als Kind zu begegnen und zu erkennen, was es damals gebraucht hätte, um sich sicher und geliebt zu fühlen. Durch diese Begegnung mit dem „inneren Kind“ können wir alte Verletzungen heilen und uns von der Last befreien, die uns in der Gegenwart immer noch beeinflusst.
Es ist von entscheidender Bedeutung zu verstehen, dass es nicht nur um die Veränderung von Verhaltensweisen geht, sondern um die grundlegende Akzeptanz der eigenen Emotionen. Erst wenn wir lernen, unsere eigenen Gefühle ohne Urteil zu akzeptieren, sind wir in der Lage, aufrichtig und authentisch in unseren Beziehungen zu sein, ohne den Drang, uns hinter Lügen oder falschen Fassaden zu verstecken.

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