Wenn Redner nicht unmittelbar die Überzeugungen der Menschen verändern können, warum bemühen sich Präsidenten dann dennoch, mit rhetorischen Mitteln die öffentliche Meinung zu beeinflussen? Die Antwort liegt nicht in einer kurzfristigen Meinungsänderung, sondern darin, dass Rhetorik den öffentlichen Diskurs prägt – sie setzt die Themen und bestimmt, wie diese thematisiert werden. Die Macht der Rhetorik zeigt sich über die Zeit, indem sie Teil des Agenda-Setting-Prozesses wird und so die Art und Weise formt, wie politische Themen wahrgenommen und diskutiert werden.

Insbesondere bei Präsidentschaftswahlen richten sich Reden an Schlüsselwähler in sogenannten Swing States, deren Stimmen oft entscheidend sind. Diese Wählergruppen sind überwiegend weiß und werden durch subtile, häufig codierte Botschaften angesprochen, die Rasse und Politik miteinander verknüpfen. Solche Botschaften sind selten explizit, sondern bedienen sich impliziter Andeutungen, etwa in Bezug auf Sozialleistungen, Kriminalität oder Bildung. Die rhetorische Konstruktion von Werten dient dabei dazu, ein nationales Identitätsgefühl zu formen, das wiederum die Unterstützung dieser Wählergruppen mobilisiert.

Die Verknüpfung von „Whiteness“ – also der Vorstellung von Weißsein – mit nationaler Identität ist ein zentrales Element dieser politischen Kommunikation. Obwohl „Whiteness“ oft nicht explizit thematisiert wird, ist sie in der politischen Sprache allgegenwärtig und wirkt als kulturelle Konstruktion, die sowohl sichtbar als auch unsichtbar ist. Sie entzieht sich einer direkten Analyse, indem sie als universell und selbstverständlich erscheint, schafft jedoch gleichzeitig eine normative Grundlage, die weiße Dominanz in der Gesellschaft reproduziert. Das Unsichtbare der „Whiteness“ führt dazu, dass sie häufig mit dem Begriff der Nationalität gleichgesetzt wird und damit implizit bleibt.

Diese implizite Verknüpfung von Whiteness und nationaler Identität wird ergänzt durch das Verhältnis von Whiteness zu Ethnizität. Während Whiteness als singulares Konzept fungiert, ist die Kategorie der „Anderen“ pluralisiert. Ethnizität wird dabei oft explizit genannt und als kulturelle Herkunft verstanden, die von Rasse und Nationalität getrennt betrachtet wird. Dieses Spannungsverhältnis ermöglicht es Politikern, Whiteness indirekt durch den Kontrast zu pluralisierten ethnischen Gruppen zu artikulieren, ohne sie ausdrücklich benennen zu müssen.

Darüber hinaus ist das Zusammenspiel von Ethnizität und Immigration zentral für das Verständnis der heutigen politischen Rhetorik. Der Begriff „ethnisch“ hat seine Wurzeln in einer historischen Unterscheidung von Nationen und religiösen Gruppen, heute aber bezeichnet er kulturelle Herkunft und Identität, die sich von rassischen und nationalen Kategorien unterscheiden lässt. So können Menschen gleichzeitig einer weißen amerikanischen Mehrheitsgesellschaft angehören und dennoch eine spezifische ethnische Identität besitzen, etwa als italienischstämmige Amerikaner.

Das Verständnis dieser komplexen Zusammenhänge ist essenziell, um die tieferliegenden Botschaften in der politischen Kommunikation zu erkennen. Die Analyse enthüllt, wie politische Akteure subtile rhetorische Strategien einsetzen, um bestimmte Wählergruppen anzusprechen, nationale Identität zu definieren und die soziale Ordnung zu stabilisieren. Dabei wird die „Whiteness“ als unausgesprochener, doch wirkmächtiger Bezugsrahmen genutzt, um politische Anliegen und gesellschaftliche Werte zu rahmen.

Die Bedeutung der medialen Agenda-Setting-Funktion darf dabei nicht unterschätzt werden: Während Medien nicht vorschreiben, wie Menschen denken sollen, bestimmen sie maßgeblich, welche Themen als wichtig wahrgenommen werden. Präsidenten nutzen diese Dynamik, um durch rhetorische Inszenierung Einfluss auf die öffentliche Wahrnehmung und Debatte zu nehmen, insbesondere in Wahlkampfzeiten.

Diese Erkenntnisse legen nahe, dass der Diskurs über Rasse und nationale Identität in den USA weniger durch explizite, sondern vielmehr durch implizite und kodierte Sprache geprägt ist. Es zeigt sich, dass politische Rhetorik nicht nur Botschaften übermittelt, sondern auch ein ideologisches Geflecht webt, das soziale und politische Machtverhältnisse reproduziert.

Das Verständnis dieses Mechanismus erfordert daher auch eine kritische Reflexion über die Rolle von „Whiteness“ als normative Bezugsgröße, die in der politischen und gesellschaftlichen Kommunikation oft unsichtbar bleibt, aber fundamentale Auswirkungen auf die Gestaltung von Identität und Zugehörigkeit hat. Ebenso wichtig ist das Bewusstsein, dass ethnische Vielfalt und Migration die Konstruktion von nationaler Identität kontinuierlich herausfordern und verändern.

Wie wurden „Family Values“ und soziale Gerechtigkeit zum Schlachtfeld politischer Rhetorik in den USA?

In der Geschichte der amerikanischen Politik markieren Begriffe wie „Family Values“, „Welfare Reform“ oder „Law and Order“ keine neutralen politischen Konzepte. Vielmehr dienen sie seit Jahrzehnten als rhetorische Werkzeuge, mit denen tiefgreifende gesellschaftliche Umbrüche, kulturelle Ängste und ökonomische Ungleichheiten verhandelt und ideologisch überformt werden. Die politische Sprache ist dabei nie bloß Beschreibung, sondern immer Konstruktion – von Identitäten, von Gegnern, von vermeintlichen Ordnungen.

Schon Lyndon B. Johnsons Krieg gegen die Armut war nicht nur ein soziales Projekt, sondern ein rhetorischer Akt der Rezentrierung des amerikanischen Selbstbildes nach innen. Seine öffentliche Rhetorik, wie dokumentiert in David Zarefskys Analyse, positionierte Armut nicht als individuelles Versagen, sondern als strukturelle Herausforderung für die amerikanische Demokratie. In scharfem Kontrast dazu steht der politische Diskurs der folgenden Jahrzehnte, insbesondere unter Nixon, Reagan und Clinton, der zunehmend individuelle Verantwortung betonte, soziale Hilfsprogramme dämonisierte und kulturelle Differenz als Bedrohung rahmte.

Die berühmte Rede Nixons zur Wohlfahrtsreform im August 1969 ist hierfür exemplarisch. Unter dem Deckmantel der Reform wurde ein Fundament gelegt, auf dem spätere Narrative von moralischem Verfall, Sozialstaatsabhängigkeit und „undeserving poor“ aufgebaut werden konnten. Reagan griff dieses rhetorische Repertoire mit der Figur der „Welfare Queen“ auf – ein medial wirksames Feindbild, das Schwarze Frauen symbolisch als parasitäre Subjekte des Staates kodierte. Diese Erzählung hatte langfristige Folgen für die Wahrnehmung sozialer Ungleichheit und legitimierte Kürzungen im Sozialstaat durch moralische Delegitimierung seiner Empfänger.

Clinton setzte diese Strategie mit seinem „Sistah Souljah Moment“ fort und unterzeichnete 1996 eine Wohlfahrtsreform, die mehr von der Sprache konservativer Kulturkritik als von liberalem Sozialbewusstsein getragen war. Hier zeigt sich die ideologische Verschiebung des demokratischen Diskurses: von struktureller Solidarität hin zur Anpassung an republikanische Diskurshegemonie. Dabei wurde der Topos der „Family Values“ zunehmend als normativer Maßstab benutzt, um gesellschaftliche Integrität zu behaupten und gleichzeitig Differenz – sei sie rassisch, kulturell oder ökonomisch – als deviant auszugrenzen.

Bushs Versuch, die „Family Values“-Rhetorik zu retten, wie die New York Times 1992 beschreibt, zeigt, dass dieser Diskurs nicht nur ein konservatives Anliegen war, sondern sich als zentrales Referenzsystem für politische Legitimität etabliert hatte. Dabei war das Ideal der Familie nie neutral: Es war weiß, heteronormativ, christlich, fleißig – und damit implizit ausschließend gegenüber all jenen, die nicht in dieses Bild passten. Das Schlagwort „Family Values“ wurde zu einem kulturellen Code, der nicht gesellschaftlichen Zusammenhalt, sondern kulturelle Hierarchie artikulierte.

Die Verbindung von politischer Rhetorik und struktureller Ungleichheit zeigt sich auch in Loïc Wacquants Analysen, insbesondere in Punishing the Poor. Der Neoliberalismus ersetzt soziale Sicherheit durch moralische Kontrolle, Armut wird kriminalisiert, und der Staat zieht sich nicht zurück, sondern reorganisiert sich repressiv. Die Strafjustiz ersetzt das Wohlfahrtssystem – ein Prozess, der nicht zufällig parallel zur rassistischen Kodierung des Sozialstaates verlief.

Die Wahlanalyse von Pew Research zur Präsidentschaft Trumps zeigt, wie tief diese kulturellen Codierungen verankert sind. Seine Kampagne, in der Emotionalität und kulturelle Abgrenzung zentrale Rollen spielten, war keine Anomalie, sondern Konsequenz eines über Jahrzehnte aufgebauten Narrativs. Die Spaltung entlang von Rasse, Klasse und Bildung wurde nicht verursacht, sondern mobilisiert – mit gezieltem Rückgriff auf Begriffe wie Ordnung, Familie und nationale Identität.

Was dabei oft verloren geht, ist die Analyse der Rolle der Medien in dieser Konstruktion. Studien wie die von Wanta und Foote zur „Agenda-Setting“-Funktion des Präsidenten zeigen, wie politische Akteure und Medien in symbiotischer Beziehung politische Realitäten erzeugen. Die Wahrnehmung dessen, was als Problem gilt – Kriminalität, Sozialhilfe, Immigration –, wird durch politische Kommunikation kanalisiert und affektiv aufgeladen.

Diese Verflechtung von Sprache, Macht und Identität ist zentral für das Verständnis amerikanischer Politik. Politische Begriffe sind nie rein funktional – sie sind symbolische Ordnungsinstrumente. Wer sie kontrolliert, kontrolliert die Deutungshoheit über die gesellschaftliche Wirklichkeit.

Wichtig ist dabei zu verstehen, dass politische Sprache nicht nur beschreibt, sondern Wirklichkeit erschafft. Wer als „arbeitsunwillig“, „kriminell“ oder „systemnutzend“ bezeichnet wird, verliert nicht nur politische Rechte, sondern auch kulturelle Anerkennung. Umgekehrt kann Rhetorik, wenn sie solidarisch und inklusiv gestaltet ist, neue Räume der Zugehörigkeit schaffen. Der Kampf um Worte ist damit immer auch ein Kampf um Gesellschaft.

Wie sprach Nixon italienisch-amerikanische Wähler an und welche politischen Implikationen hatte seine Strategie?

Im Jahr 1972, als Nixon vor italienisch-amerikanischen Publikum sprach, befanden sich viele Angehörige dieser Gruppe in einer besonderen gesellschaftlichen Position: Sie hatten den Status „weißer Ethnien“ erreicht, der aus der Spannung zwischen ihrem rechtlichen Status als Nachkommen von Einwanderern und ihrer sozialen Position als Teil der weißen Mehrheitsgesellschaft resultierte. Diese „in-between“-Position erlaubte es ihnen, sich sowohl von anderen Minderheiten abzugrenzen als auch Teil der amerikanischen Mehrheitsgesellschaft zu sein.

Nixons Reden an italienisch-amerikanische Zuhörer offenbarten eine ausgeklügelte Strategie, die auf ethnische Identität und kulturelle Werte zielte. So bezeichnete er Italiener als besonders patriotisch, religiös und familienverbunden, mit einer starken Arbeitsmoral und einem festen Glauben an Selbstverdienst. Gleichzeitig hob er die kulturellen Beiträge dieser Gruppe zur amerikanischen Vielfalt hervor – von Musik über Religion bis hin zur Stärkung der Gesellschaft. Indem Nixon italienisch-amerikanische Werte lobte, zeichnete er ein Bild, das einerseits ihre Zugehörigkeit zur weißen Mehrheitsgesellschaft bestätigte, andererseits aber ihre ethnische Besonderheit betonte.

Diese Strategie diente jedoch nicht nur dazu, die italienisch-amerikanische Gemeinschaft anzusprechen, sondern auch politisch zu nutzen. Indem Nixon diese Gruppe mit einer Reihe von Tugenden verband, die im Gegensatz zu anderen, nicht näher genannten Gruppen standen, schuf er eine Rhetorik, die gleichzeitig Solidarität mit weißen Ethnien erzeugte und die Basis für Kritik an Sozialprogrammen wie Wohlfahrt und Affirmative Action legte. So wurde etwa die Forderung einiger italienisch-amerikanischer Führungspersönlichkeiten nach Affirmative Action zurückgewiesen, und der Begriff der „weißen Ethnien“ diente als Argument gegen eine Ausweitung solcher Maßnahmen.

Ein wichtiger Aspekt dieser Strategie war die bewusste Abgrenzung von Gruppen, die von Sozialleistungen profitierten, wobei italienisch-amerikanische Bürger als diejenigen dargestellt wurden, die hart arbeiteten und keine „Handouts“ erwarteten, sondern lediglich Chancen suchten. Diese Positionierung half Nixon, sich von Vorwürfen des Rassismus zu distanzieren, da er sich als Verfechter einer inklusiven amerikanischen Identität präsentierte, die verschiedene ethnische Hintergründe umfasste – „Weiß“, „Schwarz“ und „italienisch“.

Im Kontext der Schulbusse (Busing) als Instrument der Desegregation zeigte sich eine weitere Facette von Nixons Strategie. Er betonte offiziell die Notwendigkeit, Rassentrennung zu beenden, stellte sich aber gleichzeitig gegen eine schnelle Umsetzung und adressierte die Sorgen weißer ethnischer Gruppen, insbesondere katholischer Amerikaner, die eine ablehnende Haltung gegenüber Busing hatten. Durch diese doppelte Botschaft gelang es Nixon, sich sowohl als Befürworter der Bürgerrechte zu präsentieren als auch die Unterstützung einer wichtigen Wählergruppe zu sichern, die sich von den Folgen der Desegregation bedroht fühlte.

Die öffentliche Meinung jener Zeit spiegelt diese Spannung wider: Während eine Mehrheit der weißen Ethnien gegen Busing war, unterstützten viele nicht-weiße Wähler die Maßnahme. Nixons Anti-Busing-Rhetorik sprach vor allem enttäuschte weiße Wähler an, die in ihm einen Anwalt gegen die als belastend empfundenen Veränderungen sahen. Die Politik und die öffentliche Debatte um Busing verdeutlichen, wie Nixons ethnische Strategie funktionierte: durch eine vage, aber wirkungsvolle Betonung von kultureller Vielfalt bei gleichzeitiger Stärkung einer weißen, aber „ethnisch“ geprägten Identität.

Darüber hinaus manifestierte sich in Nixons Politik und Rhetorik eine wichtige Dynamik, die weit über den spezifischen Fall der italienisch-amerikanischen Gemeinschaft hinausgeht: Die Verschiebung und Auflösung der Grenzen zwischen Ethnizität und Weißsein, die mit tiefgreifenden politischen und sozialen Konsequenzen verbunden ist. Diese Veränderung beeinflusste nicht nur die Selbstwahrnehmung der ethnischen Gruppen, sondern auch die Gestaltung von Politik, insbesondere im Bereich der Bürgerrechte und der sozialen Gerechtigkeit.

Wichtig zu verstehen ist, dass Nixons Strategie die ethnische Identität nicht nur als kulturelles Merkmal, sondern auch als politisches Instrument nutzte. Die Betonung gemeinsamer Werte und die Abgrenzung gegenüber anderen Gruppen erlaubten es, soziale Spannungen zu kanalisieren und Wählergruppen auf eine Weise zu adressieren, die ideologische Konflikte verschleierte. Diese rhetorische Konstruktion von Identität wirkte langfristig auf die politische Landschaft und die Debatte über Rasse, Ethnizität und soziale Gerechtigkeit in den USA.

Die Politik Nixons zeigt, wie politische Führung ethnische Identitäten flexibel interpretieren und instrumentalisieren kann, um Wählergruppen zu gewinnen und gleichzeitig gesellschaftliche Hierarchien zu stabilisieren oder zu verändern. Diese Vielschichtigkeit verdeutlicht, wie wichtig es ist, die Verbindung zwischen Ethnizität, sozialem Status und politischen Strategien in einem historischen und politischen Kontext zu analysieren.

Wie Richard Nixon die Rassentrennung im amerikanischen Bildungssystem umformulierte: Der Fall des Busing und die Schaffung eines neuen Narrativs

Nixon verstand es meisterhaft, politische Themen so zu formulieren, dass sie den Interessen seiner Anhänger entsprachen, ohne dabei in eine offen konfrontative Haltung gegenüber den politischen Gegnern zu verfallen. Ein gutes Beispiel hierfür ist seine Haltung zur Rassentrennung im Bildungssystem, insbesondere in Bezug auf die Praxis des "Busing". Diese Methode, bei der schwarze Kinder in überwiegend weiße Schulen transportiert wurden, um die Segregation zu überwinden, stieß auf massiven Widerstand in vielen weißen Vororten. Nixon schaffte es, diesen Widerstand geschickt zu kanalisieren und in eine politische Agenda zu verwandeln, die er als Verfechter von Bürgerrechten präsentieren konnte.

In einer Reihe von Reden und Erklärungen stellte Nixon die Praxis des Busing als schädlich für die schwarze Gemeinschaft dar. Er argumentierte, dass das Busing schwarze Amerikaner in eine abhängige Position versetze, indem es sie von weißen Gemeinschaften abhängig mache. Dies unterstrich er mit der Bemerkung, dass, wer auf systemweite Rassenbalance pocht, in den meisten Gemeinden Schulen schaffen wolle, die von Weißen geführt und dominiert würden, wobei Schwarze dort eine permanente Minderheit blieben, ohne Aussicht auf eine Veränderung dieses Status. Nixon insinuierte, dass es besser wäre, die bestehenden, mehrheitlich schwarzen Schulen zu erhalten, statt durch Busing eine „weiße Vorherrschaft“ zu fördern. Diese Argumentation stellte er als einen notwendigen Schritt für die Förderung von Rassengleichheit dar, indem er in gewisser Weise die Segregation als Schutzmaßnahme für die schwarze Gemeinschaft präsentierte.

Doch Nixon begnügte sich nicht nur mit rhetorischen Erklärungen. In seiner Botschaft an den Kongress vom 17. März 1972 präsentierte er ein Gesetz, das er als Alternative zum Busing verstand. Das Gesetz zur Chancengleichheit in der Bildung (Equal Educational Opportunities Act von 1972) sollte die Bildungsungleichgewichte im Land angehen, ohne jedoch Rassenkonflikte zu verschärfen. Nixon stellte das Gesetz als etwas dar, das nicht nur schwarze Amerikaner anspreche, sondern auch andere Minderheitengruppen wie Mexikaner, Puerto-Ricaner und Indianer berücksichtigte. Die Erweiterung seines Bildungsplans auf andere ethnische Gruppen war nicht zufällig; sie stellte die Befürworter des Busing als eine unzureichende Lösung dar, die die Bedürfnisse aller Minderheiten nicht berücksichtigte. Dadurch setzte Nixon geschickt den Begriff der Ethnizität ein, um die Anhänger des Busing als engstirnig und intolerant darzustellen.

Ein weiteres bemerkenswertes Element in Nixons Rhetorik war seine Betonung auf den Wert der lokalen Entscheidungsfindung und die Ablehnung einer zentralisierten Machtstruktur. Durch seine Aussagen, dass Entscheidungen über die Schulbildung nicht von „angemessenen Richtern und Beamten in Washington“ getroffen werden sollten, sondern von den „Menschen“ vor Ort, positionierte sich Nixon als Verfechter der Staatsrechte. Dabei sprach er oft von der Gefahr, dass Kinder in die Hände sozialer Planer in Washington übergeben würden und dass dies die familiären Werte untergrabe. Diese Argumentation war nicht nur politisch geschickt, sondern sprach auch die Ängste der weißen Mittelschicht an, die sich von der Bundesregierung und ihren Vorschriften zunehmend bevormundet fühlte.

Im Rahmen seiner Kampagne sprach Nixon mehrfach davon, dass das Busing nicht das eigentliche Problem im amerikanischen Bildungssystem anspreche. Das wahre Problem, so seine Argumentation, sei die schlechte Qualität der Bildung selbst, die durch eine unzureichende Finanzierung und ineffiziente Verwaltung gekennzeichnet sei. Der Fokus auf Busing lenke nur von den wirklichen Herausforderungen ab. In einer seiner Radioreden im Oktober 1972 erklärte Nixon, dass mehr Geld in das Lernen selbst investiert werden müsse und weniger in erzwungenes Busing. Diese Rhetorik zielte darauf ab, den Eindruck zu erwecken, dass er sich weniger mit der spezifischen Frage der Rassentrennung beschäftige, sondern vielmehr mit der allgemeinen Verbesserung des Bildungssystems.

Die Rhetorik Nixons hatte tiefgreifende Auswirkungen auf die Wahrnehmung des Themas in der breiten Öffentlichkeit. Durch die geschickte Verknüpfung von Rassentrennung und lokaler Entscheidungsgewalt setzte er einen diskursiven Rahmen, der es ihm ermöglichte, die weiße Vorstadtbevölkerung als unpolitische Verteidiger von „amerikanischen Werten“ darzustellen. Diese Darstellung war für Nixon nicht nur politisch vorteilhaft, sondern trug auch zur Schaffung eines moralischen Narrativs bei, das die Ablehnung von Busing und ähnlichen Maßnahmen als Ausdruck einer vernünftigen Sorge um die Zukunft der Nation legitimierte.

Es ist von zentraler Bedeutung, dass Leser verstehen, dass Nixon in seiner Politik nicht nur gegen das Busing war, sondern ein umfassendes Bild der Gesellschaft präsentierte, das die weißen Vororte als moralische Mitte und die staatliche Intervention als Bedrohung für individuelle Freiheiten darstellte. Dies hatte weitreichende Konsequenzen für die politische Landschaft der 1970er Jahre, indem es die rassistische Rhetorik in einen scheinbar akzeptablen Diskurs über „Elitenverschwörung“ und „staatliche Eingriffe“ verwandelte. Der Kampf gegen das Busing war für Nixon also nicht nur eine Frage der Rassentrennung, sondern ein vielschichtiger politischer Diskurs, der tief in den kulturellen und sozialen Ängsten der weißen Mittelschicht verwurzelt war.

Wie hat sich die Rassenrhetorik in der US-Politik unter George W. Bush und Barack Obama entwickelt?

George W. Bushs Rhetorik gegenüber afroamerikanischen Wählern stellte eine strategische Kombination aus egalitären, aber auch klassisch konservativen Elementen dar. Obwohl er rhetorisch Gleichberechtigung unterstützte, nutzte er die Sprache der ökonomischen Chancen, um eine breite Wählerschaft anzusprechen – insbesondere Weiße, die eine wirtschaftliche Expansion als Schlüssel zu gesellschaftlichem Fortschritt betrachteten. Sein Auftritt vor der National Urban League 2004 zeigte diese Doppelstrategie besonders deutlich: Bush begann mit der Aussage „Ich kümmere mich nicht um deine Parteizugehörigkeit“ und präsentierte dann ein Programm, das auf Wirtschaftswachstum, Arbeitsplatzschaffung, erschwinglicher Gesundheitsversorgung und Steuersenkungen beruhte. Diese Themen verband er mit konservativen Werten wie Eigenverantwortung, Familienwerten und der Bedeutung von Eigentum, was auf die Traditionen der Reagan-Ära zurückgriff.

Bushs Rhetorik enthielt zudem eine subtile Kritik an der Demokratischen Partei, die er als ein politisches System darstellte, das sich zu sehr auf „Klassenkampf“ konzentriere und die Rolle von Familie und Glaubensgemeinschaften unterschätze. Damit setzte er auf eine bewusst provokante Abgrenzung und forderte die Afroamerikaner indirekt auf, die vermeintliche Monopolstellung der Demokraten in Frage zu stellen. Die Rede spiegelte eine altbekannte Dynamik wider: Republikaner präsentierten sich als Alternative, die traditionelle Werte bewahrt und gleichzeitig ökonomische Fortschritte verspricht, während die Demokraten als weniger kompetent oder nicht an Familienwerten interessiert dargestellt wurden.

Von besonderer Bedeutung war auch Bushs differenzierende Darstellung der Latino-Bevölkerung. Er schuf eine Dichotomie zwischen „hart arbeitenden, moralisch geprägten“ Latinos und illegalen Einwanderern, Kriminellen oder Drogenhändlern. Diese Rhetorik trug zur weiteren Rassifizierung der Latino-Identität bei und zeigte, wie politische Sprache ethnische Gruppen innerhalb des amerikanischen Rassenschemas positioniert.

Im Gegensatz dazu setzte Barack Obama in seinem Wahlkampf 2012 auf eine „post-rassische“ Strategie, die suggerierte, dass Identitätspolitik in einer modernen Gesellschaft keine dominierende Rolle mehr spiele. Seine Ansprache versuchte, verschiedene Gruppen – Latinos, Afroamerikaner, junge Wähler, LGBTQ-Community und weiße Liberale – in einer breiten Koalition zu vereinen. Dennoch war Rasse weiterhin zentral, da Obama als erster schwarzer Präsident auf dem Wahlzettel stand und seine Identität politisch stets präsent war.

Obamas Unterstützung bei weißen Wählern war geringer als bei früheren demokratischen Präsidentschaftskandidaten, doch diese Wählergruppe blieb ein wichtiger Teil seiner Koalition. Seine rhetorischen Strategien enthielten weiterhin kodierte Hinweise auf amerikanische Werte und Identität, die auch vor ihm von Präsidenten wie Clinton und Carter benutzt wurden. Dabei zeigte sich, dass die demographische Entwicklung der USA – insbesondere das Wachstum ethnischer Minderheiten – die politischen Strategien zwang, vielfältigere und komplexere Ansätze zu entwickeln.

Wichtig ist zu verstehen, dass trotz der sich wandelnden demographischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen die politische Rassenrhetorik häufig auf tradierte Muster zurückgreift, um Wählerschaften zu mobilisieren oder zu spalten. Sowohl Bush als auch Obama nutzten rhetorische Mittel, die auf amerikanischen Wertvorstellungen fußen, diese aber unterschiedlich interpretieren und einsetzen. Die implizite Verbindung von ökonomischem Erfolg, Familienwerten und ethnischer Identität bleibt dabei ein wiederkehrendes Motiv.

Darüber hinaus muss berücksichtigt werden, dass die politische Landschaft durch das Fehlen ernsthafter Alternativen für Minderheitengruppen geprägt ist. Die weitgehende Bindung der afroamerikanischen Wähler an die Demokratische Partei erklärt sich auch daraus, dass eine wirkliche politische Konkurrenz kaum existiert. Dies verfestigt bestehende Machtverhältnisse und führt dazu, dass politische Parteien Wählergruppen nicht immer aktiv umwerben oder deren Interessen effektiv vertreten müssen.

Die dichotome Darstellung von ethnischen Gruppen, wie bei Bushs Abgrenzung der „guten“ und „schlechten“ Latinos, offenbart, wie politische Rhetorik ethnische Identität durch moralische Kategorien strukturiert und so bestehende soziale Spannungen reproduziert. Gleichzeitig zeigt sich, dass Obama versuchte, über solche Dichotomien hinweg eine inklusivere, wenn auch nicht frei von Rassenbewusstsein geprägte, politische Identität zu schaffen.

Insgesamt verdeutlicht die Analyse, dass politische Kommunikation über Rasse und Ethnizität in den USA trotz scheinbarer Fortschritte weiterhin von einer komplexen Verknüpfung aus historischen Narrativen, ökonomischen Versprechen und kulturellen Werten geprägt ist. Die Relevanz von Rasse als zentrales Thema in der amerikanischen Politik bleibt ungebrochen, auch wenn sich die Formen der Ansprache und Mobilisierung stetig wandeln.