Die politischen Eliten in Costa Rica haben im Laufe der Geschichte eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung der nationalen Identität und der Entwicklung des Staatsgebiets gespielt. Besonders bemerkenswert ist, wie diese Eliten das Land in Bezug auf geografische und soziale Inklusion konzipiert haben. Laut Paige (1998) betrachteten die Eliten das Land lange Zeit als „auf die ländliche Gesellschaft des zentralen Hochlands begrenzt“. Diese Vorstellung hatte weitreichende Folgen, da sie Bevölkerungsgruppen, die außerhalb dieses geographischen Bereichs lebten, systematisch ausschloss. Ein Beispiel hierfür sind die westindischen schwarzen Einwanderer, die als Arbeitskräfte auf den Bananenplantagen an der Karibikküste arbeiteten. Diese Gruppen, die eine wesentliche Rolle in der wirtschaftlichen Entwicklung Costa Ricas spielten, wurden jedoch von der politischen und sozialen Mainstream-Gesellschaft marginalisiert.

Die Exklusion dieser Arbeiter aus dem politischen und gesellschaftlichen Leben wurde noch verstärkt durch die rassistische Haltung der costa-ricanischen Gesellschaft, die Schwarze auf den Plantagen an der Karibikküste beschränkte und ihnen eine Ansiedlung in anderen Regionen des Landes verweigerte. Diese Haltung führte zu einer Identität des „Verlassenwerdens“ unter den schwarzen westindischen Arbeitern, die sich zunehmend als eine vernachlässigte und ignorierte Bevölkerung wahrnahmen. Erst mit den Arbeiterstreiks gegen das Unternehmen United Fruit Company in den Jahren 1918–1919, als einige Gewerkschaften aus San José Kontakt zu den Arbeitern aufnahmen, kam es zu ersten Formen der Mobilisierung und Zusammenarbeit zwischen den marginalisierten Arbeitergruppen und der breiteren Gesellschaft.

Diese historische Marginalisierung hat direkte Auswirkungen auf die heutige Politik Costa Ricas, insbesondere auf die Entwicklung der Klimaschutzstrategien. Die politischen Eliten, die aus einer sehr homogenen, urbanen und wohlhabenden Gesellschaftsschicht stammen, haben maßgeblich zu den klima- und umweltpolitischen Entscheidungen des Landes beigetragen. Diese Elite hat sich durch enge Verbindungen, ähnliche Bildungserfahrungen und eine geographische Isolation von den ärmeren und diverseren Bevölkerungsgruppen ausgezeichnet, was kollektiv orientiertes Handeln in Fragen des Klimaschutzes begünstigte. Infolgedessen ist die Klimapolitik des Landes weitgehend durch die Interessen und Visionen dieser politischen Eliten geprägt.

Die Struktur der costa-ricanischen Eliten hat auch den Zugang zu entscheidenden politischen Positionen wie dem Präsidentenamt und Ministerposten bestimmt, die eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung von Klimaschutzstrategien spielen. Diese Amtsträger, die typischerweise aus der urbanen Elite hervorgehen, haben direkten Einfluss auf die nationalen Klimapolitiken. So war beispielsweise Franz Tattenbach Capra, ein Ökonom und ehemaliger Präsident des Internationalen Instituts für nachhaltige Entwicklung, als Umweltminister eine prägende Figur in der Gestaltung der Klimaschutzmaßnahmen des Landes. Diese Führungspersönlichkeiten sind nicht nur durch ihre Positionen entscheidend, sondern auch durch ihre familiären und persönlichen Hintergründe, die häufig eine enge Verbindung zur grünen Elite aufweisen.

Die politischen Eliten Costa Ricas haben nicht nur durch ihre politischen Handlungen, sondern auch durch ihre ideologischen Ansichten das nationale Klima stark beeinflusst. So gibt es zahlreiche Beispiele von Präsidenten, die in entscheidenden Momenten reformistische Maßnahmen im Bereich der Umweltpolitik angestoßen haben, wie etwa die Bemühungen zur Verringerung der Abholzung im brasilianischen Amazonasgebiet unter den Präsidenten Fernando Henrique Cardoso und Luiz Inácio Lula da Silva. Diese Maßnahmen sind nicht nur auf die internationalen geopolitischen Strukturen zurückzuführen, sondern auch auf die Visionen und das Engagement einzelner politischer Führer.

Das Verständnis der Rolle von Präsidenten und Ministern in der Entwicklung von Umwelt- und Klimapolitik ist entscheidend für die Analyse von Veränderungen im nationalen politischen Klima. Ihre Visionen und politischen Entscheidungen sind es, die den Kurs des Landes in der Klimafrage maßgeblich bestimmen können. Es ist jedoch nicht nur die formale Macht, die diese Akteure auszeichnet, sondern auch ihre Fähigkeit, durch Charisma und persönliche Überzeugungskraft politische Veränderungen herbeizuführen. Weber (1978, 2013) beschreibt diese Dynamik als „charismatische Herrschaft“, bei der die Überzeugungskraft eines Einzelnen die gesellschaftliche Richtung beeinflusst.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Rolle der internationalen Verflechtungen und die Art und Weise, wie Costa Rica in globale Klimaschutzinitiativen eingebunden ist. Minister und Präsidenten des Landes haben aktiv an internationalen Abkommen und Konferenzen teilgenommen, um die Klimapolitik Costa Ricas auf die globale Bühne zu bringen. Das Engagement Costa Ricas auf internationaler Ebene, etwa im Rahmen des Kyoto-Protokolls oder der UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC), hat das Land zu einem Vorreiter in der Entwicklung umweltfreundlicherer Politiken gemacht.

Neben den politischen Akteuren und ihrer persönlichen Geschichte sind auch die institutionellen Strukturen von Bedeutung, die es ermöglichen, dass Klimaschutzmaßnahmen auf nationaler Ebene umgesetzt werden. Diese Strukturen müssen flexibel genug sein, um den Herausforderungen des Klimawandels gerecht zu werden und gleichzeitig den sozialen und wirtschaftlichen Bedürfnissen der verschiedenen Bevölkerungsgruppen Rechnung zu tragen. Diese Herausforderung wird besonders in einem Land wie Costa Rica deutlich, dessen politische und soziale Landschaft historisch von Exklusion und Ungleichheit geprägt ist.

Es wird immer wichtiger, dass die verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen, die in Costa Rica leben, in die Diskussionen über Klimaschutzstrategien einbezogen werden. Der fortwährende Dialog zwischen den Eliten und den marginalisierten Gruppen des Landes kann dazu beitragen, eine umfassendere und inklusivere Klimapolitik zu entwickeln. Nur durch die Anerkennung der unterschiedlichen sozialen und geographischen Realitäten kann eine nachhaltige und gerechte Klimapolitik geschaffen werden, die nicht nur den Interessen der urbanen Eliten, sondern auch der breiten Bevölkerung dient.

Warum Costa Rica eine führende Rolle im Klimaschutz übernimmt und was andere Länder daraus lernen können

Im Kontext des weltweiten Anstiegs der Emissionen und der katastrophalen Auswirkungen steigender globaler Temperaturen hat Costa Rica einen bemerkenswerten und oft als vorbildlich bezeichneten Weg im Bereich der Klimaschutzpolitik eingeschlagen. Während die Berichte des Weltklimarats (IPCC) die Dringlichkeit einer umfassenden Klimaschutzpolitik unterstreichen und ein klares Ziel formulieren – die Begrenzung der Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad Celsius bis zum Jahr 2050 – bleibt die Umsetzung in vielen Industrieländern unzureichend. Diese Lücke wirft die Frage auf: Warum haben einige Nationen wie Costa Rica bemerkenswerte Fortschritte beim Klimaschutz erzielt, während andere, darunter mächtige Industrieländer, weit hinter ihren Verpflichtungen zurückbleiben?

Seit den ersten internationalen Bemühungen zur Bekämpfung des Klimawandels – etwa der Unterzeichnung des UN-Klimarahmenabkommens 1992 in Rio – haben die meisten Nationen zumindest auf dem Papier ihre Bereitschaft gezeigt, Maßnahmen gegen den Klimawandel zu ergreifen. Doch trotz dieser Verpflichtungen bleibt die tatsächliche Umsetzung in vielen Ländern hinter den notwendigen Maßnahmen zurück. Besonders auffällig ist die geringe Bereitschaft der Industrieländer, ihre Emissionen signifikant zu reduzieren, obwohl sie eine historische Verantwortung für den Großteil der anthropogenen Treibhausgase tragen.

Costa Rica, ein kleines Land in Mittelamerika, hat sich jedoch als überraschender Vorreiter im Bereich des Klimaschutzes etabliert. Trotz seiner geringen Größe und begrenzten Ressourcen hat Costa Rica nicht nur national ambitionierte Klimaschutzziele formuliert, sondern auch konkrete Schritte unternommen, die das Land weltweit ins Rampenlicht rücken. Seit den 1990er Jahren hat Costa Rica eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, die es zu einem Modell für nachhaltige Entwicklung und Klimaschutz gemacht haben.

Bereits 1996 initiierte Costa Rica das weltweit erste Programm für Zahlungen an Landbesitzer, die ihre Wälder schützen und damit zur Kohlenstoffbindung und zum Klimaschutz beitragen. Dieses Programm, bekannt als Payments for Environmental Services (PES), hat nicht nur dazu beigetragen, die Entwaldung des Landes zu stoppen, sondern auch dazu, Costa Rica als weltweit anerkannten Pionier im Bereich der umweltfreundlichen Landnutzung zu positionieren. Durch die Förderung von Aufforstung und den Schutz von Wäldern hat Costa Rica einen bedeutenden Beitrag zur globalen Kohlenstoffbindung geleistet und konnte seine Wälder von einem deforestierenden Land in ein reforestierendes umwandeln.

Neben diesem innovativen Ansatz in der Forstwirtschaft hat Costa Rica auch andere bemerkenswerte Schritte unternommen. Im Jahr 2007 erklärte das Land auf einer globalen Konferenz der Vereinten Nationen, dass es sich zur "Kohlenstoffneutralität" verpflichten wolle. Diese Zusage wurde in den folgenden Jahren durch konkrete politische Maßnahmen unterstützt, wie der Festlegung von Zielen zur Reduktion von Emissionen und der Förderung erneuerbarer Energien. Im Jahr 2015 setzte Costa Rica ein weiteres Zeichen, als es im Rahmen der Pariser Klimakonferenz ein Ziel zur "Null-Netto-Emission" bis 2085 formulierte. Zwei Jahre später, 2019, kündigte das Land sogar an, seine Wirtschaft bis 2050 vollständig zu dekarbonisieren.

Dieser Wandel von einem reinen CO2-Neutralitätsziel hin zu einer vollständigen Dekarbonisierung der Wirtschaft stellt einen entscheidenden Schritt in der Klimapolitik dar und spiegelt eine zunehmende Ambition wider, die globalen Klimaziele zu erreichen. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass diese Ziele nicht nur als symbolische Gesten verstanden werden, sondern als konkrete Verpflichtungen, die mit einer detaillierten und weitreichenden Politik zur Emissionsreduktion einhergehen.

Ein weiterer wichtiger Faktor, der Costa Ricas Führung im Klimaschutz unterstreicht, ist die Tatsache, dass das Land nicht nur auf nationaler Ebene aktiv ist, sondern auch international eine Rolle spielt. Im Gegensatz zu vielen anderen Nationen des globalen Südens, die sich aus Projekten zur Klimafinanzierung der Industrieländer zurückzogen, hat Costa Rica aktiv in internationale Klimaschutzprojekte investiert und sich immer wieder zu globalen Klimainitiativen bekannt.

Trotz dieser beeindruckenden Erfolge steht Costa Rica vor Herausforderungen, die es weiterhin zu überwinden gilt. Dazu gehören etwa die Anpassung der Landwirtschaft an die sich verändernden klimatischen Bedingungen und die Sicherstellung, dass auch alle Sektoren der Gesellschaft von den Klimaschutzmaßnahmen profitieren. Die landwirtschaftliche Produktion, die einen wesentlichen Teil der Wirtschaft ausmacht, könnte durch den Klimawandel stark beeinträchtigt werden. Costa Rica muss daher innovative Lösungen finden, um die Landwirtschaft gleichzeitig umweltfreundlich und wettbewerbsfähig zu gestalten.

Zusätzlich sollte beachtet werden, dass der Erfolg von Costa Rica nicht nur der politischen Entschlossenheit der Führungspersonen zu verdanken ist, sondern auch einer breiten Unterstützung aus der Gesellschaft. Das Land hat es verstanden, Klimaschutz mit sozialer Gerechtigkeit zu verbinden und eine breite gesellschaftliche Akzeptanz für seine Maßnahmen zu erreichen. Dies zeigt, wie wichtig es ist, die Bevölkerung in den Prozess der Klimaschutzpolitik einzubeziehen und ein Bewusstsein für die langfristigen Vorteile solcher Maßnahmen zu schaffen.

Costa Rica zeigt uns, dass es möglich ist, als kleines Land eine bedeutende Rolle im globalen Klimaschutz zu spielen. Es bietet ein Modell für andere Nationen, die noch zögern, ihre Klimaziele ernsthaft umzusetzen. Doch der Weg von Costa Rica verdeutlicht auch die Komplexität und die Herausforderungen, die mit der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen auf nationaler Ebene verbunden sind. Es reicht nicht aus, einfach Ziele zu formulieren – die Politik muss diese Ziele auch in konkrete Maßnahmen übersetzen und die nötigen Ressourcen bereitstellen, um die gewünschten Veränderungen zu erzielen.

Wie das Engagement für nachhaltige Entwicklung in Costa Rica die Klimapolitik beeinflusst

In Costa Rica spielt das Zusammenspiel zwischen Regierung, Zivilgesellschaft und der akademischen Welt eine entscheidende Rolle in der Gestaltung der Klimapolitik und in der Umsetzung von Maßnahmen zur nachhaltigen Entwicklung. Die nachhaltige Entwicklung des Landes, insbesondere im Hinblick auf die Klimaneutralität und den Klimawandel, ist nicht nur das Resultat von politischem Handeln, sondern auch von der engen Zusammenarbeit verschiedener Akteure, die über Jahre hinweg kontinuierlich zusammengearbeitet haben. Die entscheidenden Akteure in diesem Prozess sind meist nicht nur in der Regierung tätig, sondern auch in Nichtregierungsorganisationen, akademischen Institutionen sowie in der internationalen Zusammenarbeit.

Die Interviews mit zentralen Akteuren dieser Politik verdeutlichen die Komplexität und das wechselseitige Zusammenspiel, das Costa Rica zu einem Vorreiter in Sachen Klimaneutralität gemacht hat. Die Interviews, die von 2013 bis 2021 geführt wurden, umfassen eine breite Palette an Fachleuten, darunter ehemalige Minister für Umwelt, Professoren, Berater und Fachleute aus der Zivilgesellschaft. So entstand über die Jahre ein Netzwerk von Experten, das die Gestaltung und Umsetzung von Klima- und Umweltpolitik maßgeblich prägte. Besonders auffällig ist dabei die Praxis, dass jeder Interviewpartner weitere relevante Kontakte und Quellen für neue Interviews vorschlug – ein Prozess, der oft als "Snowball Sampling" bezeichnet wird und der wesentlich zur Schaffung eines fundierten Überblicks beiträgt.

Die Interviews und die damit verbundene Recherche machten klar, dass die enge Vernetzung und der Austausch von Informationen unter den führenden Akteuren von entscheidender Bedeutung sind. Costa Rica, als kleines Land, ist ein typisches Beispiel für die enge Verflechtung von Politik und Zivilgesellschaft. Hier kann eine unbedachte Bemerkung schnell Folgen haben, was das Verhalten und die Haltung der Interviewpartner stark beeinflusst. Diese Kleinheit des politischen Raums verdeutlicht, wie wichtig Vertrauen und Diskretion in der Arbeit von Wissenschaftlern und politischen Beratern sind. Das Fehlen von Tonaufnahmen und das bloße Mitschreiben von Notizen während der Interviews spiegeln dieses Bedürfnis nach Vertraulichkeit wider, um die Offenheit der Gesprächspartner zu gewährleisten.

Besondere Aufmerksamkeit verdient die Rolle von sogenannten "Gatekeepers" – Personen, die in der Lage sind, den Zugang zu weiteren relevanten Akteuren zu ermöglichen. Einige dieser Gatekeeper waren auch ehemalige Minister, die nach und nach immer mehr Kontakte offenbarten. Diese Interviews sind von unschätzbarem Wert, da sie nicht nur die politische Landschaft widerspiegeln, sondern auch persönliche Erfahrungen und Eindrücke von den praktischen Herausforderungen der Klimapolitik in Costa Rica vermitteln.

Ein zentrales Thema, das während der Interviews immer wieder angesprochen wurde, ist die Bedeutung von Kohlenstoffneutralität. Costa Rica hat sich ambitionierte Ziele gesetzt, die jedoch in der politischen und wissenschaftlichen Diskussion oft unterschiedlich interpretiert werden. Kohlenstoffneutralität wird häufig als Ziel für den Ausgleich von CO2-Emissionen verstanden, wobei der Begriff nicht immer eindeutig definiert wird. Die Ambitionen des Landes, bis 2021 Kohlenstoffneutralität zu erreichen, standen unter der Bedingung, dass alle Emissionen durch verschiedene Maßnahmen wie CO2-Sequestrierung ausgeglichen werden müssten. Diese Art von Zielen ist jedoch nicht nur von der nationalen Politik abhängig, sondern auch von internationalen Partnerschaften und Vereinbarungen, die für die Erreichung dieser Ziele notwendig sind.

Für die Akteure in Costa Rica, die an der Umsetzung der Klimapolitik beteiligt sind, ist es entscheidend, dass die wissenschaftliche Forschung und die politische Praxis miteinander verbunden werden. Der Dialog zwischen verschiedenen Fachbereichen ist unerlässlich, um langfristige Lösungen zu finden. Besonders im Kontext von COP-Verhandlungen und der internationalen Zusammenarbeit spielen Akteure wie die Delegationen von Costa Rica eine wichtige Rolle. Diese Diplomatie ist nicht nur auf der globalen Bühne von Bedeutung, sondern auch in der nationalen Gestaltungspolitik.

Wichtig ist es zu verstehen, dass der Erfolg von Costa Rica im Bereich der Klimapolitik nicht nur auf guten Absichtserklärungen basiert, sondern auf einem langen, kontinuierlichen Aufbau eines Netzwerks von Experten und Praktikern, die über Jahre hinweg an einer gemeinsamen Vision gearbeitet haben. Diese Zusammenarbeit hat das Land in die Lage versetzt, innovative Lösungen zu entwickeln und diese in politische und praktische Maßnahmen umzusetzen. Ein weiterer Aspekt, der dabei nicht außer Acht gelassen werden sollte, ist die fortlaufende Evaluierung und Anpassung der Klimapolitik, die sich stets an neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen und internationalen Entwicklungen orientiert.

Es ist jedoch auch von Bedeutung, dass der Weg zur Klimaneutralität ein dynamischer und herausfordernder Prozess bleibt, der nicht ohne Rückschläge und schwierige Entscheidungen verläuft. Auch die Unsicherheiten, die mit den globalen Veränderungen und den globalen Klimaverhandlungen verbunden sind, dürfen nicht unterschätzt werden. Dabei ist die Frage, wie die Politik und die Gesellschaft auf unerwartete Herausforderungen reagieren, ebenso relevant wie die Frage nach den langfristigen Zielen.

Wie prägt koloniale Klassenstruktur die Klimapolitik in Lateinamerika?

Die Geschichte kolonialer Herrschaft hinterlässt tiefgreifende Spuren in den sozialen und ökonomischen Strukturen lateinamerikanischer Länder, die bis heute die politischen und klimapolitischen Entwicklungen beeinflussen. Ecuador stellt hierfür ein exemplarisches Beispiel dar. Während der ersten, merkantilistischen Kolonialphase lag der Fokus der Kolonisatoren ausschließlich auf der kurzfristigen Maximierung von Reichtum. Diese Zielsetzung formte eine starre Klassengesellschaft, in der eine kleine politische und wirtschaftliche Elite, bestehend aus Großgrundbesitzern und monopolistischen Händlern, die Macht innehatte. Die Mehrheit, insbesondere die indigenen Bevölkerungsgruppen, blieb in untergeordneter, oft ausbeuterischer Position. Schon im 17. Jahrhundert zeigte sich in Quito ein Zweiklassensystem, das durch die wirtschaftlichen Umbrüche des 18. Jahrhunderts, als billige textile Importwaren den lokalen Markt überschwemmten, noch verstärkt wurde. Die Küstenregion um Guayaquil entwickelte zwar eine gewisse wirtschaftliche Dynamik, doch diese Erfolge blieben regional begrenzt, während im Hinterland indigene Gemeinschaften weiterhin unter Zwangsarbeit und Schuldknechtschaft litten. Diese durch koloniale Ausbeutung zementierte soziale Ungleichheit erschwerte langfristig die Entwicklung liberaler Institutionen, die der sozialen und wirtschaftlichen Gerechtigkeit hätten dienen können.

Im Gegensatz dazu zeigt Costa Rica ein anderes Bild. Vor der Kolonialisierung war die Region dicht von indigenen Völkern besiedelt, doch Epidemien und der geringe wirtschaftliche Nutzen für die Spanier führten zu einer weitgehenden Entvölkerung indigener Gruppen in den zentralen Landtälern bis zum Ende des 17. Jahrhunderts. Die kleine spanische Kolonialbevölkerung und die marginale ökonomische Bedeutung der Region führten dazu, dass Costa Rica während der Kolonialzeit als Peripherie, als Randgebiet ohne intensive Ausbeutung, fungierte. Dies wurde nach der Unabhängigkeit 1821 und während der Föderation Zentralamerikas (1823–1838) fortgesetzt. Die politische Abgeschiedenheit und das Ausbleiben interner Kriege ermöglichten der costa-ricanischen Elite, bestehend aus alteingesessenen aristokratischen Familien und europäischen Einwanderern, frühzeitige liberale Reformen umzusetzen, die in anderen zentralamerikanischen Staaten durch konservative Machtkämpfe blockiert wurden. Diese politischen und sozialen Rahmenbedingungen bildeten die Grundlage für die Entwicklung einer eigenständigen, auf Kaffeeexport basierenden Wirtschaft.

Die Monokultur des Kaffees dominierte Costa Rica im 19. Jahrhundert, besonders im fruchtbaren Zentralbecken, das zur Siedlungs- und Machtbasis der wirtschaftlichen Elite wurde. Im Gegensatz zu anderen lateinamerikanischen Ländern, in denen Kaffeeanbau geografisch breiter verteilt war, führte die Konzentration in Costa Ricas zentralem Tal zur engen Verbindung von ökonomischer und politischer Macht. Dieses Modell prägte nicht nur die Sozialstruktur, sondern beeinflusst auch bis heute die politische Entscheidungsfindung, etwa im Bereich der Umwelt- und Klimapolitik. Die Spezialisierung auf hochwertige, milde Kaffeesorten für den europäischen Markt verschaffte Costa Rica wirtschaftlichen Erfolg und machte das Land zum wohlhabendsten in Mittelamerika. Trotz der theoretischen Gefahr, dass Agrarexporte zu Unterentwicklung und sozialen Starrheiten führen, schaffte Costa Rica es, seine periphere Stellung zu nutzen, um ein stabiles soziales Gefüge mit liberalen Institutionen zu etablieren.

Diese historischen Klassen- und Machtverhältnisse sind entscheidend für das Verständnis, warum Costa Rica heute eine führende Rolle im Klimaschutz einnimmt, während Länder mit ähnlichen natürlichen Ressourcen und Bevölkerungsstrukturen zurückbleiben. Die Konzentration von Macht in einer vergleichsweise homogenen Elite, die frühe Einführung liberaler Reformen und die fehlenden großen sozialen Konflikte erlaubten eine kohärente und ambitionierte Umweltpolitik. Darüber hinaus muss bedacht werden, dass klimatische Maßnahmen stets im Kontext historisch gewachsener gesellschaftlicher Strukturen zu bewerten sind. Die koloniale Vergangenheit formte nicht nur ökonomische Ausgangsbedingungen, sondern auch Machtverhältnisse, die den Handlungsspielraum heutiger Regierungen bestimmen. Daher sind soziale Gerechtigkeit und die Integration marginalisierter Bevölkerungsgruppen untrennbar mit wirksamer Klimapolitik verbunden.

Von zentraler Bedeutung ist es, die Folgen kolonialer Ungleichheit nicht nur als vergangene historische Fakten zu betrachten, sondern als lebendige Strukturen, die weiterhin soziale Dynamiken prägen. Das Verständnis dieser Kontinuitäten erklärt, warum wirtschaftliche Entwicklung, soziale Inklusion und Umweltpolitik in Lateinamerika eng miteinander verflochten sind. So stellt sich Klimapolitik nicht isoliert dar, sondern als ein komplexes Produkt historischer Klassenkämpfe, Machtverhältnisse und ökonomischer Pfadabhängigkeiten.