Ein häufiger Fehler, den Menschen in der Auseinandersetzung mit ihren Gedanken machen, ist der Versuch, diese zu beurteilen, zu verändern oder zu stoppen. Besonders bei den Gedanken, die emotional belastend oder unangenehm sind, fällt es vielen schwer, sich davon nicht beeinflussen zu lassen. Doch die Realität ist, dass es wenig Sinn macht, gegen Gedanken zu kämpfen. Oft ist es viel hilfreicher, sich auf die Funktion dieser Gedanken zu konzentrieren und zu hinterfragen, wie sie unser Leben und unsere Beziehungen beeinflussen. Anstatt sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob ein Gedanke wahr oder falsch ist, sollte der Fokus darauf liegen, ob dieser Gedanke das Leben bereichert oder einschränkt. „Bereichert dieser Gedanke dein Leben?“ „Verändert dieser Gedanke deine Beziehungen zum Besseren?“ Wenn wir diese Fragen beantworten, kommen wir zu dem Schluss, dass manche Gedanken uns nicht weiterhelfen und wir uns entscheiden können, anders mit ihnen umzugehen.

Ein Ansatz, der in vielen therapeutischen Kontexten angewendet wird, ist die Akzeptanz der Gedanken, ohne sie sofort zu bewerten. Gedanken können oft automatisch entstehen, ohne dass wir es bewusst steuern können. Die Vorstellung, dass wir unsere Gedanken einfach anhalten oder stoppen können, ist eine Illusion. Ein alter Ansatz namens „Gedankenstopp“ rät dazu, einen unerwünschten Gedanken mit der Aufforderung „Stopp!“ zu unterbrechen. Während dies in bestimmten Situationen vorübergehend helfen kann, führt es selten zu dauerhaften Ergebnissen. In den meisten Fällen stärkt der Widerstand gegen den Gedanken lediglich dessen emotionale Kraft. Gedanken können klassisch konditioniert werden, sie sind ein Produkt der Erfahrungen und der Assoziationen, die unser Gehirn im Laufe der Zeit gebildet hat. Zu versuchen, diese Gedanken zu bekämpfen, sorgt nur dafür, dass sie sich noch stärker in unserem Bewusstsein verankern.

Es ist wichtig zu verstehen, dass wir unsere Gedanken nicht einfach löschen können. Das Gehirn funktioniert nicht so, dass es auf Befehl aufhört zu denken. Ein anschauliches Beispiel: Wenn ich dir sage, „Denke nicht an einen rosa Elefanten“, wirst du unweigerlich an einen rosa Elefanten denken. Das Unterbewusstsein lässt sich nicht durch bloße Befehle beeinflussen. Genau das passiert bei vielen der störenden oder ängstlichen Gedanken, die uns belasten. Ein Person, die in der Vergangenheit verletzt wurde, könnte automatisch den Gedanken entwickeln: „In einer Beziehung wird man mir untreu sein“. Dieser Gedanke ist eine Schutzstrategie, die durch frühere Erfahrungen geprägt wurde. Doch der Gedanke wird nicht hinterfragt und bleibt eine fest verankerte Annahme. Wenn wir gegen diese Gedanken kämpfen, schaffen wir nur Raum für mehr innere Konflikte. Es ist viel hilfreicher, sich zu sagen: „Da ist er wieder, dieser Gedanke.“ Auf diese Weise kann der Gedanke an Kraft verlieren, weil wir ihm weniger Aufmerksamkeit schenken und ihn nicht weiter aufladen.

Ein weiterer wesentlicher Aspekt, den wir verstehen sollten, ist, dass Gedanken im Grunde nichts weiter als Laute oder Worte im Kopf sind, die mit bestimmten Bedeutungen oder Emotionen aufgeladen werden. Der Ansatz der relationalen Rahmen-Theorie (RFT) zeigt, dass wir Bedeutung und Assoziationen nicht in den Gedanken selbst finden, sondern in den Verknüpfungen, die unser Gehirn zu diesen Gedanken herstellt. Worte und Gedanken sind an bestimmte Bedeutungen geknüpft, aber diese Bedeutungen sind nicht in den Wörtern selbst zu finden, sondern in den Erfahrungen und Assoziationen, die wir mit ihnen verbinden. Ein einfaches Beispiel: Wenn ich sage „Mary hatte ein kleines Lamm“, dann denken viele automatisch an das Wort „Lamm“. Diese Reaktion ist keine bewusste Entscheidung, sondern eine konditionierte Reaktion unseres Gehirns.

Das bedeutet nicht, dass unsere Gedanken keine Bedeutung haben – sie haben sie nur aufgrund der Verbindung, die wir in unserem Leben zu ihnen aufgebaut haben. Und genau deshalb ist es wichtig zu verstehen, dass wir die Kontrolle über unsere Gedanken nicht mit mehr Gedanken erlangen können. Stattdessen sollten wir lernen, unsere Gedanken zu akzeptieren und sie nicht als untrennbare Wahrheit zu betrachten. Wenn ein Gedanke aufkommt, können wir ihn wahrnehmen und ihn dann weiterziehen lassen, ohne ihm zusätzliche Bedeutung zu verleihen. Der Versuch, Gedanken zu bekämpfen oder sie zu unterdrücken, führt nur zu noch mehr Frustration und verstärkt die emotionale Ladung dieser Gedanken.

Wenn wir verstehen, dass Gedanken keine „Wahrheiten“ sind, sondern vorübergehende Phänomene, die oft automatisch entstehen, können wir beginnen, anders mit ihnen umzugehen. Die Bedeutung eines Gedankens liegt nicht in dem Gedanken selbst, sondern in der emotionalen Reaktion, die er hervorruft. Indem wir unsere Gedanken als das akzeptieren, was sie sind – einfach Gedanken – können wir beginnen, sie weniger persönlich zu nehmen und weniger zu kämpfen. Dies ist ein Schritt hin zu einer größeren inneren Freiheit, in der wir nicht mehr von den Launen unseres Geistes kontrolliert werden.

Es gibt noch einen weiteren wichtigen Punkt, den es zu berücksichtigen gilt: Die Gedanken, die wir haben, entstehen oft nicht aus dem Nichts. Sie sind oft tief in unserem Gehirn verankert und resultieren aus früheren Erfahrungen. Das bedeutet, dass sie in vielen Fällen auf Erfahrungen basieren, die wir bereits gemacht haben. Diese Gedanken können uns stark beeinflussen, ohne dass wir es bewusst merken. Wenn wir in einer Beziehung immer wieder den Gedanken haben, dass uns unser Partner betrügen wird, könnte das tief verwurzelte Ängste aus früheren Erfahrungen widerspiegeln. Diese Ängste haben sich durch wiederholte Erfahrungen und Konditionierung manifestiert und bleiben in unserem Geist aktiv, selbst wenn sie nicht mehr rational sind.

Es ist daher entscheidend, nicht in der Falle zu tappen, diese Gedanken als unveränderliche Wahrheit zu akzeptieren. Sie sind nicht „wahr“, sondern lediglich ein Produkt unserer bisherigen Erfahrungen und der Art und Weise, wie unser Gehirn gelernt hat, auf bestimmte Reize zu reagieren. Das Erkennen dieser Tatsache ist der erste Schritt, um sich von der Macht dieser Gedanken zu befreien. Wenn wir akzeptieren, dass unsere Gedanken nicht immer die Realität widerspiegeln, sondern oft von vergangenen Erfahrungen gefärbt sind, können wir lernen, uns weniger von ihnen beeinflussen zu lassen.

Wie Angst den Körper fängt: Ein Verständnis der Vermeidung und der Teufelskreis von Gedanken und Gefühlen

Angst ist ein bemerkenswert komplexes Phänomen, das viele Facetten unseres Lebens beeinflussen kann. Sie kann uns auf so subtile Weise fangen, dass wir uns oft nicht bewusst sind, wie tief diese Falle sitzt. Viele Menschen erleben Angst in Form von endlosen Gedanken und Grübeleien, die sie davon abhalten, ihren Körper wahrzunehmen. Während der Gedanke die Aufmerksamkeit absorbiert, scheint die Angst zu sinken, aber in Wahrheit werden wir einfach nur abgelenkt. Unser Gehirn interpretiert diesen Moment als eine Art Erleichterung und sagt sich: „Was immer du gerade tust, es fühlt sich weniger angsteinflößend an als das ständige Fühlen der Körperempfindungen. Also mach mehr davon – und wenn es bedeutet, zu denken, dann denke weiter.“ Diese Ablenkung durch Gedanken ist der Grund, warum Menschen ganze Nächte mit Grübeln verbringen können oder während des Tages immer wieder in ihren Gedanken versinken. Ein solches Verhalten verleiht zunächst den Eindruck, dass die Angst weniger intensiv ist, doch das ist nur eine kurzfristige Täuschung.

In Wirklichkeit vermeiden wir durch diese Ablenkung nur den direkten Kontakt mit den körperlichen Empfindungen der Angst. Sobald wir den Gedankensturm anhalten, treten die körperlichen Symptome der Angst deutlicher zutage. Hier beginnt der sogenannte „Extinktionssprung“: Die körperliche Angst wird unmittelbar spürbar, und unser Gehirn zieht sich wieder in die Gedankenwelt zurück, um sich vor diesem intensiven Gefühl zu schützen. Der Teufelskreis ist perfekt: Die Gedanken lösen neue Ängste aus, die wir wieder mit Gedanken zu vermeiden versuchen – ein endloser Kreislauf der Vermeidung, der uns in unserer Angst gefangen hält. Diese Dynamik erklärt, warum manche Menschen über Jahre oder sogar ein Leben lang mit Angstzuständen kämpfen können.

Das grundlegende Problem dabei ist der Mechanismus der Vermeidung. Wir neigen dazu, Situationen zu meiden, die Angst auslösen – wie etwa das Autofahren bei starkem Verkehr oder das Beisammensein mit Fremden. Die vermeintliche Lösung scheint darin zu bestehen, uns von solchen Situationen fernzuhalten, was jedoch langfristig das Leben einschränkt und unsere Angst verstärkt. Der intelligente Verstand sucht nach Wegen, sich vor der Angst zu schützen, aber dieses Vorgehen führt zu einer immer weiter wachsenden Distanz zu den eigenen Gefühlen. Es gibt sogar Menschen, die zu Alkohol oder Medikamenten greifen, um sich vor der Angst zu verstecken. Obwohl diese Strategien kurzfristig Erleichterung verschaffen, lösen sie das zugrunde liegende Problem nicht und können sogar weitere Schwierigkeiten verursachen. Insbesondere Medikamente wie Benzodiazepine können zu einer gefährlichen Abhängigkeit führen und in vielen Fällen den Zustand sogar verschlimmern, wenn sie abrupt abgesetzt werden.

Die Vermeidung von Angst mag uns zunächst wie eine hilfreiche Strategie erscheinen, doch sie verstärkt auf lange Sicht das Problem. Es ist, als würde man in eine „Fingerfalle“ geraten – ein klassisches Kinderspielzeug, das uns eine wichtige Lektion erteilt. Wenn wir versuchen, unsere Finger aus der Falle zu ziehen, wird sie nur fester. Die einzige Möglichkeit, aus dieser Falle zu entkommen, besteht darin, die Finger vorsichtig weiter hineinzuschieben, obwohl dies zunächst völlig unlogisch erscheint. Diese Metapher lässt sich auf die Angst übertragen: Um sich von der Angst zu befreien, muss man sich ihr in einer neuen, nicht vermeidenden Weise stellen.

Der Weg aus diesem Teufelskreis erfordert ein Umdenken. Statt weiter zu vermeiden, ist es notwendig, die Angst direkt zu erleben – aber auf eine kontrollierte und unterstützte Weise. Dieses Vorgehen mag kontraintuitiv erscheinen, doch es gibt zahlreiche wissenschaftliche Studien, die belegen, dass genau diese Konfrontation mit der Angst zu ihrer Minderung führt. Für viele Menschen kann es hilfreich sein, mit einem Fachmann zusammenzuarbeiten, der ihnen hilft, diesen schrittweisen Prozess zu durchlaufen. Es ist nicht nur wichtig, sich mit der Angst auseinanderzusetzen, sondern auch zu verstehen, dass der Körper als „Frühwarnsystem“ fungiert und uns vor potentiellen Gefahren schützen möchte. Wenn diese natürlichen Reaktionen jedoch übertrieben werden, entstehen die typischen Symptome der Angststörung.

Es ist wichtig, sich klarzumachen, dass dieses Verhalten, so schädlich es auch erscheinen mag, keineswegs irrational oder ein Zeichen von Schwäche ist. Im Gegenteil: Unser Gehirn versucht, uns zu schützen, indem es uns zum Vermeiden anregt. Diese Schutzmechanismen sind tief in unserem biologischen Erbe verankert. Doch sie können uns auch in einen Zustand der ständigen Angst und der Einschränkung führen. Es geht nicht darum, die Angst zu verurteilen oder zu unterdrücken, sondern sie zu verstehen und einen neuen Umgang mit ihr zu erlernen.

Angst kann uns im Griff halten, wenn wir nicht lernen, uns ihr zu stellen. Dies bedeutet nicht, die Kontrolle zu verlieren, sondern sie in einer gesunden und effektiven Weise zurückzuerlangen. Der erste Schritt ist oft der schwierigste: das Eingeständnis, dass die Vermeidung uns nicht weiterbringt und dass die Konfrontation mit den eigenen Ängsten der einzige Weg ist, sie zu überwinden.