Verträge sind ein grundlegendes Instrument, um in Geschäftsbeziehungen Sicherheit zu schaffen und das Risiko von Abhängigkeiten zu verringern. Dennoch ist es eine Tatsache, dass kein Vertrag jemals vollständig ist. Dies führt zu einer zentralen Problematik in der Wirtschaft: der sogenannten Hold-up-Problematik. Bei dieser handelt es sich um die Gefahr, dass eine der Parteien in einer Geschäftsbeziehung versucht, die andere auszunutzen, indem sie ihre Verhandlungsposition auf Grundlage unvollständiger vertraglicher Regelungen stärkt. Besonders dann, wenn eine Partei in einer Weise von der anderen abhängig ist, die nicht klar im Vertrag geregelt ist, entstehen so genannte „residuale Kontrollrechte“. Diese verbleibenden Kontrollrechte, die über die im Vertrag festgelegten Bestimmungen hinausgehen, bieten den Parteien Raum, ihre Machtposition zu erweitern, was zu einem Hold-up führen kann.

Der bekannte Wirtschaftswissenschaftler Oliver Hart hat dieses Phänomen als unvollständige Verträge bezeichnet, bei denen stets ein gewisses Maß an Verhandlungsmacht für eine der Parteien übrig bleibt. Selbst wenn der Vertrag umfassend und detailliert ist, bleibt eine Lücke, die durch solche residualen Rechte gefüllt werden kann. Wenn eine Partei auf eine Situation stößt, die im Vertrag nicht explizit geregelt ist oder bei der es Unklarheiten gibt, wird dies oft zu Nachverhandlungen führen. In diesen Nachverhandlungen können die verbleibenden Kontrollrechte zu einem Machtfaktor werden. Ein klassisches Beispiel hierfür ist der Fall des Vertragspartners, der als Auftragsfertiger tätig ist und in der Lage ist, durch die Ausübung dieser Rechte zusätzliche Vorteile zu erzielen, indem er beispielsweise Preise erhöht oder senkt.

Trotz der detaillierten Vertragsregelungen bleibt das Problem der Abhängigkeit von den Partnern immer bestehen, was bedeutet, dass ein vollständiger Schutz vor dem Hold-up-Problem durch Verträge allein nicht realisierbar ist. Hart und andere Wirtschaftsexperten haben daher gezeigt, dass Organisationen zusätzliche Strategien entwickeln müssen, um ihre Abhängigkeit zu verringern und so das Risiko eines Hold-ups zu minimieren. Es gibt drei gängige Taktiken, die Unternehmen einsetzen, um sich vor einer solchen Abhängigkeit zu schützen.

Die erste Strategie ist die Verwendung mehrerer Lieferanten anstelle nur eines einzigen. Diese Praxis ist weit verbreitet und wird seit den späten 1970er Jahren in der Wirtschaftslehre propagiert. Sie schützt vor dem Hold-up, da die Abhängigkeit von einem einzigen Anbieter verringert wird. Allerdings hat diese Strategie auch ihre Nachteile: Die Verwaltung mehrerer Lieferanten ist in der Regel teurer und komplexer als die Zusammenarbeit mit einem einzigen Lieferanten.

Eine zweite Strategie besteht darin, die Produktion selbst in die Hand zu nehmen, indem das Unternehmen durch vertikale Integration die verbleibenden Kontrollrechte über die Produktion behält. Doch auch diese Strategie ist nicht ohne Herausforderungen. Die Produktion innerhalb des Unternehmens kann ineffizient sein, da der Käufer nicht immer der beste Anbieter für bestimmte Dienstleistungen oder Produkte ist. Die vertikale Integration kann zudem zusätzliche Probleme mit sich bringen, die durch externe Lieferanten nicht entstanden wären.

Die dritte Strategie umfasst den Versuch, Verträge zu gestalten, die dem anderen Vertragspartner keine Möglichkeit bieten, seine Machtposition auszuspielen, indem er seine verbleibenden Kontrollrechte nutzt. Eine solche Strategie wird häufig durch eine umfangreiche Sammlung von Vertragsklauseln realisiert, die genau regeln, was jede Partei darf und was nicht. Ein aktuelles Beispiel hierfür ist ein Facility-Management-Vertrag, der über 800 Seiten umfasst und mehr als 500 detaillierte Kennzahlen enthält, um den Lieferanten zu überwachen und zu managen. Doch führt diese Methode wirklich zum gewünschten Erfolg? Laut Hart und anderen Wirtschaftswissenschaftlern ist die Suche nach einem perfekten Vertrag eine Illusion. Alle Verträge sind unvollständig, und auch die detaillierteste vertragliche Regelung kann das Problem der Residualrechte nicht vollständig lösen.

Aus dieser Perspektive ist es von zentraler Bedeutung, dass Unternehmen sich der Unvollständigkeit ihrer Verträge bewusst sind und alternative Mechanismen entwickeln, um die verbleibenden Risiken zu steuern. Eine der wichtigsten Erkenntnisse aus Harts Forschung ist, dass Organisationen nicht auf die perfekte Vertragsgestaltung setzen sollten, sondern vielmehr auf den realistischen Umgang mit unvollständigen Verträgen. Diese Erkenntnis spiegelt sich in der Anwendung von relationalen Verträgen wider, die gezielt auf die Unvollständigkeit von Vereinbarungen eingehen und eine flexiblere Handhabung von Konflikten ermöglichen.

Im Kontext der neuen Institutionenökonomik – einem Bereich der Wirtschaft, der sich mit den Kosten von Transaktionen beschäftigt – wird deutlich, dass auch die Kosten von Geschäftsbeziehungen nicht zu unterschätzen sind. Transaktionskosten entstehen bei der Suche nach Geschäftspartnern, der Aushandlung von Verträgen, der Überwachung der Vertragserfüllung und, nicht zuletzt, bei der Lösung von Streitigkeiten. Transaktionskosten umfassen also alle Kosten, die mit der Durchführung eines Geschäfts verbunden sind. Diese können unterschiedlich ausfallen, etwa als Kosten für die Entwicklung von Leistungsbeschreibungen, Beratungskosten, Kosten für den Übergang von Aufgaben zu einem neuen Anbieter oder die Verwaltungskosten für das Management der Geschäftsbeziehung.

Ein weiteres Konzept, das für die Gestaltung von Verträgen und Geschäftsbeziehungen von Bedeutung ist, stammt von Ronald Coase, der das Konzept der Transaktionskosten maßgeblich geprägt hat. Coase argumentierte, dass die Kosten für den Einsatz des Marktes oft höher sind als die Kosten, die bei der internen Organisation von Geschäften innerhalb eines Unternehmens entstehen. Dies führt zu der entscheidenden Frage: Ist es wirtschaftlicher, Geschäfte auf dem Markt zu tätigen oder sollte man sie besser intern organisieren? Die Antwort hängt von den spezifischen Transaktionskosten ab, die in jedem Fall anfallen. In manchen Fällen können die Kosten der Marktkoordination höher sein als die einer internen Lösung.

Neben Coase haben auch andere Ökonomen wie Douglass North und Oliver Williamson zur Entwicklung der neuen Institutionenökonomik beigetragen, indem sie das Verständnis für die Rolle von Institutionen und Transaktionskosten weiter vertieften. Ihre Arbeiten geben wichtige Hinweise darauf, wie Unternehmen ihre Vertragsstrategien optimieren und die Effizienz ihrer Geschäftsbeziehungen steigern können, indem sie die Kosten von Transaktionen minimieren.

Das Verständnis dieser Konzepte ist für alle, die im Bereich der Vertragsgestaltung tätig sind, unerlässlich. Die Prinzipien der neuen Institutionenökonomik bieten wertvolle Erkenntnisse für die Verbesserung der Effizienz und die Reduzierung von Risiken in Geschäftsbeziehungen. Der Schlüssel zum Erfolg liegt nicht nur in der Ausarbeitung detaillierter Verträge, sondern auch in der flexiblen Handhabung von Abhängigkeiten und der aktiven Steuerung von Transaktionskosten.

Wie man das passende Beziehungsmodell im Sourcing auswählt: Eine Fallanalyse der pharmazeutischen Industrie

Die Wahl des richtigen Beziehungsmodells zwischen einem Käufer und einem Lieferanten spielt eine entscheidende Rolle im Erfolg von Geschäftsstrategien. Besonders in komplexen Branchen wie der pharmazeutischen Industrie, wo Fachkenntnisse und Innovation von zentraler Bedeutung sind, müssen Unternehmen eine differenzierte Herangehensweise an das Supplier Relationship Management wählen. Ein nützliches Modell zur Bestimmung des optimalen Vertragsmodells ist das „UT Sourcing Business Model Mapping Toolkit“. Es hilft Unternehmen, die Merkmale ihrer Geschäftsbeziehungen zu bewerten und das geeignete Modell auszuwählen. Dieses Modell, das auf der Arbeit von Oliver Williamson basiert, klassifiziert die Beschaffungsbedürfnisse eines Unternehmens in drei Hauptkategorien: Markt (transaktionale Modelle), Hybrid (relationale/hybride Modelle) und Hierarchie (investitionsbasierte Modelle).

Die Wahl des richtigen Modells hängt von mehreren Faktoren ab, wie zum Beispiel der Abhängigkeit von Lieferanten, der Verfügbarkeit von Produkten oder Dienstleistungen auf dem Markt sowie der Risikobewertung der Geschäftsbeziehung. In der pharmazeutischen Industrie, wo die Forschung und Entwicklung sowie regulatorische Anforderungen von höchster Bedeutung sind, zeigt sich, dass in vielen Fällen das relationale Vertragsmodell am besten geeignet ist.

Ein zentraler Aspekt, der das Geschäftsmodell einer pharmazeutischen Firma beeinflusst, ist die Lieferantenabhängigkeit. Eine Analyse des Geschäftsmodells zeigte, dass die pharmazeutische Industrie stark von ihren CRO (Contract Research Organizations)-Lieferanten abhängt. Interviews mit Schlüsselpersonen ergaben, dass diese Lieferanten hochqualifizierte Fachkräfte benötigen, und die Kosten, einen Lieferanten zu wechseln, sind erheblich. Daher ist eine enge, kollaborative Zusammenarbeit mit den Lieferanten unerlässlich. Das relationale Vertragsmodell eignet sich hierbei am besten, um eine enge Partnerschaft aufzubauen und langfristig von dieser Zusammenarbeit zu profitieren.

Ein weiteres entscheidendes Kriterium ist die Verfügbarkeit von Dienstleistungen oder Produkten auf dem Markt. Marktanalysen haben gezeigt, dass eine Vielzahl von CRO-Lieferanten in der Lage sind, die erforderlichen Dienstleistungen zu erbringen. Doch die pharmazeutische Firma benötigt spezialisierte Anbieter, die über mehr als nur grundlegende Dienstleistungen hinausgehen, um komplexe Anforderungen zu erfüllen. Diese spezialisierte Expertise lässt sich durch das relationale Vertragsmodell am besten integrieren, das eine langfristige Partnerschaft mit den Lieferanten fördert, die auf kontinuierlicher Innovation und Qualität basiert.

Ein weiteres wichtiges Kriterium ist die Bedeutung der Dienstleistung als „Kernkompetenz“ für das Unternehmen. Hier zeigt sich, dass die pharmazeutische Firma nicht in der Lage oder willens ist, ihre klinische Forschung vollständig in Eigenregie durchzuführen. Zwar könnte sie in die Verbesserung ihrer internen Fähigkeiten investieren, doch hat der Markt bereits reife CRO-Anbieter hervorgebracht, die in der Lage sind, diese Aufgaben effizient zu übernehmen. Die Fähigkeit, schnell auf Veränderungen zu reagieren und Innovation voranzutreiben, ist entscheidend, weshalb auch hier das relationale Modell, das auf Kooperation und Wissensaustausch setzt, die beste Wahl darstellt.

Die Risikoanalyse ist ebenfalls ein wesentlicher Bestandteil der Auswahl des richtigen Vertragsmodells. Ein erfolgreicher CRO-Lieferant kann sich sowohl positiv als auch negativ auf das Endergebnis eines pharmazeutischen Unternehmens auswirken. In diesem Fall, in dem regulatorische Vorschriften und Nachfrageschwankungen eine große Rolle spielen, ist es von entscheidender Bedeutung, mit einem Partner zusammenzuarbeiten, der in der Lage ist, das Risiko gemeinsam zu tragen. Daher empfiehlt sich auch hier das relationale Vertragsmodell, das auf eine enge Zusammenarbeit und das Teilen von Risiken ausgerichtet ist.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Wahl des wirtschaftlichen Modells. Die traditionellen transaktionalen Modelle, bei denen der Lieferant für eine bestimmte Dienstleistung oder Produkt eine festgelegte Gebühr erhält, sind für moderne Unternehmen in vielen Bereichen nicht mehr ausreichend. Der Trend geht hin zu Output-basierten und Outcome-orientierten Modellen, bei denen der Lieferant für das Erreichen bestimmter Ergebnisse oder Geschäftsergebnisse vergütet wird. In der pharmazeutischen Industrie, in der Innovation und Geschwindigkeit zur Markteinführung entscheidend sind, erweist sich ein Outcome-basiertes Modell als am besten geeignet. Hierbei werden die Lieferanten für das Erreichen spezifischer strategischer Ziele bezahlt, was beide Partner motiviert, kontinuierlich hohe Leistungen zu erbringen.

Die Potenzialanalyse zur Wertschöpfung zeigt, dass CRO-Lieferanten erhebliches Potenzial zur Steigerung des Umsatzes und zur Förderung von Innovationen haben. Das Outcome-basierte wirtschaftliche Modell stellt sicher, dass sowohl die pharmazeutische Firma als auch der Lieferant gleichermaßen von den Ergebnissen profitieren. Dies stärkt nicht nur die Zusammenarbeit, sondern fördert auch den Innovationsdruck und die Suche nach effizienten Lösungen.

Die Art des Arbeitsumfangs ist ebenfalls ein entscheidender Faktor bei der Auswahl des wirtschaftlichen Modells. Wenn die CRO-Anbieter die Kontrolle über den Erfolg der Projekte haben und eine klare Vereinbarung über die Erfolgskennzahlen getroffen wird, kann das Outcome-basierte Modell einen hohen Wert schaffen. Es erfordert jedoch eine klare Definition der KPIs und eine enge Zusammenarbeit zwischen den Partnern. Dies führt zu einer langfristigen Partnerschaft, in der beide Seiten kontinuierlich daran arbeiten, gemeinsame Ziele zu erreichen.

Es ist wichtig zu verstehen, dass die Wahl des Beziehungs- und Geschäftsmodells nicht nur eine strategische Entscheidung ist, sondern auch tief in der Unternehmenskultur verankert sein muss. Unternehmen müssen sich darüber im Klaren sein, dass langfristige Partnerschaften nur dann erfolgreich sind, wenn beide Seiten auf gegenseitigem Vertrauen und einem klaren Verständnis ihrer jeweiligen Ziele basieren. In der pharmazeutischen Industrie ist dies besonders relevant, da die Komplexität der Anforderungen und die Notwendigkeit für kontinuierliche Innovation die Wahl eines geeigneten Modells noch dringlicher machen.

Wie man mit unvorhergesehenem Umfang und Haftungsfragen in langfristigen Verträgen umgeht

In großen Outsourcing-Verträgen, insbesondere im Kontext komplexer Geschäftsbeziehungen, gibt es ein häufig auftretendes Problem, das als „Scope Creep“ bezeichnet wird. Dies tritt auf, wenn der Umfang des Vertrags nach seiner Unterzeichnung wächst, oft ohne dass alle beteiligten Parteien den neuen Umfang vorhergesehen haben. Das Minimieren dieser unvorhergesehenen Entwicklungen stellt eine der größten Herausforderungen für die Vertragspartner dar, insbesondere wenn sie nicht frühzeitig eine klare Vereinbarung über den Umgang mit solchen Situationen getroffen haben.

Ein Ansatz, der sich als besonders hilfreich erwiesen hat, ist das sogenannte „Joint Baselining“. Dabei setzen Käufer und Lieferant nach Vertragsunterzeichnung gemeinsam einen Baseline fest, der die genaue Menge an Arbeit und die spezifischen Anforderungen definiert, die der Vertrag abdeckt. Ein anschauliches Beispiel für diesen Ansatz liefert die Partnerschaft zwischen Microsoft und Accenture, bei der Microsoft seine Backoffice-Finanzoperationen an Accenture ausgelagert hat. Beide Unternehmen bildeten ein Transitionsteam, das gemeinsam den Übergang der Arbeit strukturierte und so den Umfang der zu erbringenden Dienstleistungen klar definierte. Diese Art der transparenten Zusammenarbeit hilft nicht nur, Missverständnisse und unvorhergesehene Änderungen des Vertragsumfangs zu vermeiden, sondern sorgt auch für eine beidseitige Ausrichtung auf das gemeinsame Ziel der Kosten- und Risikominderung.

Trotz dieses proaktiven Ansatzes bleibt es oft unvermeidlich, dass sich im Verlauf eines großen Projekts unvorhergesehene Anforderungen ergeben. In solchen Fällen ist es entscheidend, dass die Vertragspartner einen klaren, gemeinsamen Prozess entwickeln, um mit dieser Problematik umzugehen. Ein solcher Prozess sollte beinhalten, wie die Parteien miteinander verfahren, wenn der Umfang des Projekts sich erweitert, und wer die Verantwortung für das Risiko des unvorhergesehenen Umfangs übernimmt.

Dabei ist es wichtig, zwischen zwei Arten von Umfangserweiterungen zu unterscheiden: Erstens, dem unvorhergesehenen Umfang, der vor Vertragsunterzeichnung hätte erkannt werden können, und zweitens, dem Umfang, der nach der Unterzeichnung des Vertrages auftritt. In Bezug auf die erste Art des Umfangs bietet das Loyalitätsprinzip eine klare Regel: Das Risiko sollte von der Partei getragen werden, die vor der Unterzeichnung des Vertrages den unvorhergesehenen Umfang zu den geringstmöglichen Kosten hätte erkennen können. In der Praxis bedeutet dies, dass die verantwortliche Partei ausreichend Zeit und Zugang zu den notwendigen Informationen erhalten muss, um den Umfang des Projekts zu validieren – ein Aspekt, der häufig übersehen wird, wenn es darum geht, den Vertrag schnell zu unterzeichnen.

Die zweite Art des Umfangs, der nach der Unterzeichnung des Vertrages auftritt, erfordert eine differenzierte Betrachtung. Hier müssen die Parteien ein Gleichgewicht finden, indem sie das Prinzip der Fairness anwenden. Der Grundgedanke des Fairnessprinzips ist es, sicherzustellen, dass die Partei, die das Risiko trägt, für ihre Bemühungen entweder durch eine transparente Risikoprämie oder durch einen Preisnachlass angemessen entschädigt wird. Eine solche Kompensation sollte nicht nur den Risiken, sondern auch den potenziellen Vorteilen, die aus der Übernahme des Risikos resultieren, gerecht werden.

Neben den Risiken des unvorhergesehenen Umfangs gibt es auch die Problematik der Haftungsbegrenzung. In traditionellen Verträgen wird häufig versucht, das Risiko auf die andere Partei zu verschieben. Der Käufer möchte in der Regel, dass der Lieferant für Schäden haftet, insbesondere für Schäden, die über eine festgelegte Haftungsobergrenze hinausgehen. Aus Sicht des Lieferanten ist es jedoch wichtig, dass diese Haftungsobergrenze möglichst niedrig bleibt, um die eigenen Gewinnmargen zu schützen.

Im Kontext eines relationalen Vertragsansatzes geht es jedoch nicht nur darum, das Risiko zu verschieben, sondern auch darum, gemeinsam einen Prozess für das kontinuierliche Risikomanagement zu entwickeln. Dabei ist es sinnvoll, dass die Parteien regelmäßig Risiken identifizieren, klassifizieren und gemeinsam Maßnahmen zur Risikominderung beschließen. Der grundlegende Gedanke ist, dass die Partei, die am besten in der Lage ist, ein Risiko zu minimieren, auch die Verantwortung für dessen Minderung übernimmt. Sollte es dennoch zu einem Schadensfall kommen, ist es wichtig, dass die Haftungsfragen nach den Prinzipien von Loyalität und Fairness behandelt werden. Die Partei, die die günstigste Versicherung gegen ein Risiko hat, sollte dieses Risiko übernehmen. Andernfalls muss eine Kompensation für die Übernahme von unversicherten Risiken vereinbart werden.

Ein weiteres häufiges Thema in langfristigen Verträgen ist die Kündigungsklausel, insbesondere die Kündigung „aus Bequemlichkeit“. Langfristige Verträge sind immer dem Risiko ausgesetzt, dass sich Annahmen oder Faktoren nach der Unterzeichnung ändern. Ein Käufer möchte oft eine Kündigungsmöglichkeit, die es ihm ermöglicht, den Vertrag aus strategischen Gründen zu beenden. Gleichzeitig möchte der Lieferant in der Regel einen Schutz vor Verlusten, die durch solche Kündigungen entstehen könnten, insbesondere wenn Investitionen getätigt wurden, die nicht wiederverwendet werden können.

Auch hier kann das Prinzip der Fairness helfen, eine ausgewogene Lösung zu finden. Wenn eine Kündigung aus Bequemlichkeit vorgesehen ist, muss sichergestellt werden, dass der Lieferant für seine Investitionen entschädigt wird. Eine Kündigungsmöglichkeit, die dem Käufer die Flexibilität gibt, den Vertrag nach eigenem Ermessen zu beenden, ohne dass der Lieferant für bereits geleistete Investitionen entschädigt wird, verstößt gegen das Fairnessprinzip. Statt einer solchen Klausel sollten die Parteien eine Kündigung aus wichtigem Grund vereinbaren, bei der klare, gerechte Bedingungen festgelegt werden. Die Kündigungsbedingungen sollten transparent und symmetrisch sein, wobei beiden Parteien eine angemessene „Auszeit“ gewährt wird, um den Vertrag aufzulösen und sich neu zu orientieren.

In komplexen und langfristigen Geschäftsbeziehungen ist es von entscheidender Bedeutung, dass alle Vertragsparteien nicht nur den Umfang und die Haftungsbedingungen zu Beginn des Projekts klar definieren, sondern auch einen gemeinsamen, kontinuierlichen Prozess zur Risikomanagement und zum Umgang mit unerwarteten Entwicklungen einführen. So lässt sich nicht nur das Risiko von Scope Creep minimieren, sondern es wird auch eine solide Grundlage für eine langfristige und erfolgreiche Zusammenarbeit geschaffen.