Die Stylistik spielt in der Kunstgeschichte eine entscheidende Rolle, besonders wenn es darum geht, die Entstehungszeit und den kulturellen Kontext von Skulpturen zu bestimmen. Ein herausragendes Beispiel hierfür ist die Yaksha-Skulptur aus Parkham, die zunächst der Maurya-Zeit zugeordnet wurde. Später gaben einige Kunsthistoriker ihr aufgrund stilistischer Merkmale ein Datum im 1. Jahrhundert v. Chr. Doch die Inschrift auf ihrem Sockel in Brahmi-Schrift, die aus dem 3./2. Jahrhundert v. Chr. stammt, deutet darauf hin, dass die Skulptur möglicherweise älter ist. Diese Art der Datierung ist wichtig, da sie auf den fortlaufenden Dialog zwischen Stil und materiellen Beweisen hinweist, der für die Kunst der antiken Indiens so zentral ist.

Ein weiteres bemerkenswertes Beispiel stellt die Didarganj Yakshi dar, eine fein gearbeitete Figur, die in Patna gefunden wurde. Es gibt Hinweise darauf, dass es sich bei der dargestellten Figur eher um eine Begleiterin als um eine Yakshi handelt, was die Notwendigkeit aufzeigt, den symbolischen und funktionalen Kontext dieser Skulpturen genauer zu betrachten. Die stilistischen Merkmale, wie die polierte Oberfläche, deuten auf einen Zusammenhang mit der Maurya-Zeit hin, während die Art der Körperbehandlung und die Zierden in anderen Interpretationen eine Datierung ins 2. Jahrhundert n. Chr. nahelegen.

In Patna wurden auch zwei kopflose männliche Skulpturen entdeckt, die auffallende stilistische Ähnlichkeiten zur Didarganj-Figur aufweisen. Auch wenn es sich möglicherweise um Yakshas handelt, sind sie eher als Begleiterfiguren zu interpretieren. Wenn diese Skulpturen tatsächlich aus der Maurya-Zeit stammen, könnte dies auf mehrere Zentren der Steinbildhauerei hinweisen, die sowohl königliche als auch andere Auftraggeber bedienten. Diese Entdeckungen verdeutlichen, wie wichtig es ist, die Entstehung und Entwicklung von Kunstwerken innerhalb eines breiten zeitlichen und regionalen Rahmens zu verstehen.

Ein weiteres bedeutendes Fundstück in dieser Hinsicht ist die Stupa- und Säulenarchitektur, die in Deorkothar, Madhya Pradesh, entdeckt wurde. 1982 stieß Phani Kanta Mishra auf antike Keramiken und die Ruinen eines kleinen Ziegel-Stupas. Bei späteren Ausgrabungen zwischen 1999 und 2000 konnten mehrere Steinskulpturen und Inschriften aus der Maurya-Zeit identifiziert werden. Besonders erwähnenswert ist eine sechs-zeilige Inschrift in Brahmi auf einem monumentalen Pfeiler, die auf das Jahr 3. Jahrhundert v. Chr. datiert wird. Diese Entdeckungen bieten wertvolle Einblicke in die frühbuddhistische Architektur und Kunst, die als eine der fortschrittlichsten in der antiken Welt gilt.

Ein faszinierendes Detail, das in der Kunstgeschichte Indiens häufig übersehen wird, ist die Bedeutung von Terrakottafiguren, die in den urbanen Zentren florierten. Diese kleinen Skulpturen, die Tiere, Menschen und mythologische Wesen darstellen, gewähren uns einen Blick auf die populären religiösen Praktiken und das ästhetische Empfinden der damaligen Gesellschaft. Besonders interessant ist die Vielfalt der Figuren: Während einige von ihnen als Spielzeug interpretiert werden, könnten andere religiöse oder rituelle Bedeutungen haben. Der Kontext, in dem diese Terrakottas gefunden werden, spielt eine entscheidende Rolle für die richtige Interpretation ihrer Funktion und Symbolik.

Ein weiteres markantes Element sind die Yakshas und Yakshis, die in vielen archäologischen Funden auftauchen. Diese Wesen sind sowohl in ihrer Darstellung als auch in ihrer Bedeutung von enormer Vielfalt. Sie repräsentieren ursprünglich fruchtbarkeits- und naturverbundene Gottheiten und finden sich in zahlreichen steinernen und terrakottalen Abbildungen, die auf eine weit verbreitete Volksverehrung in der antiken indischen Gesellschaft hinweisen. Besonders hervorzuheben ist die gigantische Yaksha-Skulptur aus Parkham, die als eine der bekanntesten Darstellungen gilt. Diese Figur, die ursprünglich an einem Teich in Parkham gefunden wurde, zeigt die monumentale Stärke und den Schutzgedanken, die mit der Yaksha-Gestalt verbunden sind. Der massive Körper, die Höhe und die Haltung – möglicherweise in der Schutz- oder Segen-Geste – betonen den symbolischen Wert der Skulptur als Schutzherr für Händler und Reisende.

Während der Ursprung dieser Yaksha-Skulptur in den zeitgenössischen Quellen aufgrund von Stilfragen umstritten ist, wird ihre Bedeutung im kulturellen Gedächtnis der Region dennoch deutlich. Auch heute noch wird in Parkham jährlich ein Fest zu Ehren des Yaksha veranstaltet, bei dem eine kleinere Version der Statue verehrt wird. Dieser Akt der Verehrung zeigt, wie sehr die kulturelle Bedeutung und der Symbolgehalt der Kunstwerke über die Jahrhunderte hinweg erhalten bleiben können, auch wenn die Originale längst nicht mehr an ihrem Ursprungsort stehen.

Es ist entscheidend, dass der Leser sich nicht nur mit der formalen Ästhetik der antiken Kunstwerke befasst, sondern auch deren kulturelle und religiöse Bedeutung in den sozialen Kontext ihrer Entstehungszeit einbezieht. In der indischen Kunst dieser Periode spiegeln sich tiefe symbolische Bedeutungen wider, die weit über den ersten Blick hinausgehen und eine tiefere Auseinandersetzung mit den religiösen und sozialen Strukturen erfordern. Kunstwerke waren nicht nur Ausdruck von Schönheit, sondern auch von Glaube, Ritual und Gemeinschaftsverständnis, was sie zu wertvollen Zeugnissen der indischen Geschichte macht.

Was bedeutet der Kontakt zwischen Indien und der Mittelmeerkultur für das Verständnis von Kultur- und Handelsverhältnissen im antiken Zeitalter?

In der Darstellung von Barbarismus und Kultur in der griechischen Theatertradition nimmt die Fremdheit von Sprache und Erscheinung einen bedeutenden Platz ein. So auch in einer Anekdote aus einem antiken Drama, in dem eine Prinzessin, die sich in einem Tempel einer Göttin befindet, von ihrem Bruder und anderen gerettet werden soll. Doch auch er wird gefangen genommen. Nachdem ihm die Flucht gelingt, erscheinen barbarische Kriegerinnen mit Bögen und Pfeilen. Die Situation scheint aussichtslos, doch ein dummer Hofnarr, der Teil des Gefolges der Prinzessin ist, löst die Gefahr auf eine völlig unerwartete Weise: Durch einen lauten Furz. Das mag komisch erscheinen, doch in diesem Moment sorgt der Narr für einen entscheidenden Umschwung.

Im Verlauf der Erzählung schlägt der Narr vor, einige wertvolle Objekte aus dem Tempel der Göttin zu stehlen. Die Prinzessin lehnt ab, da dies ein ungehöriges Unterfangen sei. Stattdessen schlägt sie vor, Wein für die "Inder" vorzubereiten. Da diese mit dem Trinken nicht vertraut sind, würde der unverdünnte Wein sie betrunken machen, und die Griechen könnten unbemerkt entkommen. Als der König der "Inder" zusammen mit seinem Gefolge erscheint, sind sie noch in frischen Bädern und trinken den Wein ohne Wasserverdünnung. Die Wirkung lässt nicht lange auf sich warten: Sie werden trunken, beginnen zu singen und zu tanzen. Der Narr, der die "barbarische" Sprache imitiert, stellt eine Frage nach der anderen: "Was sagen sie?"

Letztlich überrascht der König der Inder alle, als er plötzlich auf Griechisch zu sprechen beginnt, gefolgt von seinem Gefolge. Der Narr stolpert und der König wird gefangen genommen. Wenig später erscheinen Kriegerinnen mit Bögen, doch Charition und ihre Begleiter können entkommen und segeln sicher nach Hause. Was diese Szene verdeutlicht, ist das greifbare Bild der Fremdheit und des Mysteriums der Barbaren, das durch Sprache und Verhalten in den griechischen Tragödien aufgerufen wird. Der Versuch, diese fremde Sprache nachzuahmen, lässt die ganze Szene wie ein farbenfrohes, humorvolles und zugleich beunruhigendes Abenteuer erscheinen.

Der Kontakt zwischen der mediterranen Welt und den fernöstlichen Regionen, insbesondere Indien, ist jedoch keineswegs nur in solchen Erzählungen zu finden. Archäologische und textuelle Quellen belegen einen regen Austausch zwischen den Kulturen. Ein Beispiel für die physischen Spuren dieses Handels ist die Entdeckung von römischen Amphoren und Terra Sigillata in Indien, die als Hinweise auf den Austausch von Waren und Kulturen dienen. Amphoren, große Tonkrüge, wurden für den Transport von Flüssigkeiten wie Wein, Öl und anderen kostbaren Gütern genutzt. Terra Sigillata, eine kunstvoll verzierte Keramik, die einst als „Arretine Ware“ bezeichnet wurde, ist heute ein Beweis für den Import von westlichen Luxusartikeln.

Die Stätte von Arikamedu an der Koromandelküste ist ein herausragendes Beispiel für den Handel zwischen dem römischen und dem indischen Subkontinent. Hier wurden sowohl römische Amphoren als auch Terra Sigillata gefunden, was darauf hindeutet, dass Arikamedu ein bedeutendes Handelszentrum war. Diese Funde belegen den Austausch nicht nur von Gütern, sondern auch von Kulturen. Die Handelsaktivitäten fanden hier bereits vor dem Höhepunkt des Indo-Römischen Handels im 1. Jahrhundert v. Chr. statt, was auf eine tief verwurzelte, lang andauernde Verbindung zwischen den beiden Kulturen hinweist.

Die Bedeutung von Arikamedu geht über die Entdeckung von Tonwaren hinaus. Weitere Funde wie Perlen, Muscheln und Goldschmuck belegen den florierenden Handel mit Luxusgütern. Besonders bemerkenswert sind die Überreste von „Arretiner Ware“, die ursprünglich mit Arezzo in Italien verbunden wurden, aber auch in Indien gefunden wurden – ein klarer Hinweis auf den römischen Einfluss und den kulturellen Austausch.

Neuere Ausgrabungen zeigen, dass der Handel in Arikamedu bis ins 7. Jahrhundert weiterging, was die lange Dauer der Beziehungen zwischen den beiden Regionen unterstreicht. Es ist auch auffällig, dass die antiken Textquellen, die zunächst von einer direkten Handelsbeziehung zwischen den Römern und den Indern sprachen, revidiert wurden. Der Handel zwischen diesen beiden Zivilisationen war nicht so direkt, wie früher angenommen, sondern wurde durch eine Vielzahl von Mittelsmännern, darunter arabische und griechische Händler, vermittelt.

Zusätzlich zu den materiellen Funden gibt es Hinweise darauf, dass auch kulturelle und sprachliche Einflüsse zwischen der griechischen, römischen und indischen Welt ausgetauscht wurden. Diese wechselseitigen Einflüsse sind nicht nur in den materiellen Gütern sichtbar, sondern auch in der Kunst, Architektur und den religiösen Praktiken. Die Darstellung der "Inder" in griechischen Dramen oder das Auftreten von „barbarischen“ Dialekten ist ein kulturelles Echo dieses Austauschs, auch wenn die Darstellung von Fremdsprachen in antiken griechischen Dramen oft unrealistisch oder humoristisch war.

Die Rolle der „barbarischen“ Sprachen in griechischen Dramen sollte nicht unterschätzt werden. Obwohl sie in der Regel als unverständlich oder seltsam dargestellt wurden, war dies ein bewusstes Mittel, um die Andersartigkeit und Fremdheit der dargestellten Kulturen zu betonen. Indische und andere fremde Sprachen wurden von den Griechen als exotisch und mysteriös empfunden, was nicht nur die griechische Weltsicht widerspiegelte, sondern auch ein tiefes Interesse an den Kulturen jenseits der eigenen Grenzen verdeutlichte.

Durch die Entdeckung solcher Handelszentren und den nachweisbaren Austausch von Waren und Ideen wird deutlich, dass der antike Handel nicht nur den Transfer von physischen Gütern, sondern auch von Wissen und kulturellen Praktiken beinhaltete. Dies trägt zu einem tieferen Verständnis der Verbindungen zwischen Indien und der mediterranen Welt bei und öffnet die Tür zu einer breiteren Perspektive auf den Austausch und die Verflechtung von Kulturen in der Antike.