Die Frage der Metaphysik und der natürlichen Gesetze ist seit jeher ein zentraler Bestandteil europäischer Weltanschauungen, und die Entwicklung moderner Ideologien, die sich von diesen Wurzeln entfernen, geht oft mit einem Verlust an tieferer spiritueller Identität einher. In diesem Kontext wird die Vision eines neuen Mythos für Europa formuliert, der sich auf die tiefen historischen und kulturellen Verbindungen zwischen dem Christentum und dem heidnischen Erbe stützt, um eine Synthese zu schaffen, die den modernen Herausforderungen der europäischen Gesellschaft begegnet. Dieser neue Ansatz basiert auf der Annahme, dass Europa in seinem Wesen aus einer heidnischen Vergangenheit erwachsen ist, in der das Christentum nicht nur als fremde Religion „übernommen“ wurde, sondern im Prozess der christianisierten Integration der europäischen Kultur gewissermaßen selbst eine europäische Identität annahm.

In einer Welt, die immer stärker von den Prinzipien der Aufklärung und des wissenschaftlichen Positivismus geprägt ist, wurde eine Ideologie formuliert, die sich auf die klassischen Tugenden – Stärke, Schönheit, Ehre und Exzellenz – stützt. Diese Ideologie ist besonders wertvoll, weil sie das Potenzial hat, über die aktuellen politischen und kulturellen Differenzen hinwegzusehen und eine vereinigte europäische Identität zu fördern. Die europäische Identität selbst wird dabei als eine Synthese aus christlichem und heidnischem Erbe verstanden, die in einer Art postmodernen, aber durchaus „religiösen“ Konvergenz die tieferen metaphysischen Fragen überbrückt.

Ein Beispiel für diese Sichtweise findet sich in der Betrachtung der Fernsehserie „Vikings“, die in einer Rezension auf der Webseite Radix (2014) vorgestellt wird. Der Rezensent nutzt die Serie als Anlass, um über die religiöse Vielfalt innerhalb der Alt-Right zu reflektieren. Insbesondere wird darauf hingewiesen, dass der christliche Mönch Athelstan, der im Laufe der Serie von einem Sklaven zu einem Freund Ragnar Lothbroks wird, eine Art „Rückkehr“ zu heidnischen Werten erlebt. Die Umkehrung des christlichen Glaubens hin zu einem paganeren Selbstverständnis wird dabei als eine Rückbesinnung auf eine authentischere europäische Identität verstanden. Dieser Wandel in Athelstan wird als symbolisch für das gesamte europäische Erbe angesehen – eine religiöse und kulturelle Verschmelzung von Christentum und Heidentum, die als notwendig erachtet wird, um die europäische Seele zu erneuern und zu stabilisieren.

Es wird argumentiert, dass das Christentum nicht nur das indoeuropäische Weltbild eroberte, sondern durch jahrhundertelange wechselseitige Akkulturation selbst von den heidnischen Wurzeln geprägt wurde. So ist das Christentum nicht nur als eine fremde Religion zu begreifen, sondern als ein europäischer Glaube, der durch die Eigenheiten der europäischen Kultur geformt wurde und dabei tiefere, ursprünglichere europäische Werte widerspiegelte.

Die Alt-Right Bewegung sieht in diesem Zusammenhang ein großes Potenzial für eine Wiederbelebung einer „futuristischen Religion“, die sowohl Elemente des Heidentums als auch des Christentums umfasst. Diese „Verschmelzung“ soll als ein Schritt auf dem „Aufstieg“ des europäischen Mannes gesehen werden, der sich sowohl von der modernen Welt als auch von einem bloßen Rekurs auf primitive Stammeskulturen abheben kann. Für viele Alt-Right Anhänger stellt sich die Frage, wie eine authentische europäische Spiritualität aus diesen verschiedenen historischen Erbequellen neu geschaffen werden kann.

Ein weiteres Beispiel für diese Debatte findet sich in einem Artikel von Vincent Law (2017), der das Bedürfnis der westlichen Gesellschaft nach einer Rückkehr zu einer „primitiven“ oder „noblen“ Stammesidentität anspricht. In einer Welt, die von der Rationalität und den Fortschritten der Moderne geprägt ist, spüren viele Europäer eine existenzielle Leere, die sich in einem Sehnsuchtsgefühl nach einer authentischen Verbindung zu ihren vorchristlichen, „wilden“ Ursprüngen äußert. Law verweist auf populäre Filme wie „The Last of the Mohicans“ und „The Last Samurai“, um dieses Bedürfnis nach einer „wilden“ Identität zu illustrieren, die angeblich von der westlichen Moderne entfremdet ist. Der Aufruf, diese „wilde“ Identität wiederzubeleben, ist allerdings auch ein Aufruf zur Fusion von Heidentum und Christentum, wobei das Ziel eine religiöse Synthese ist, die die europäische Identität in einer neuen, aber tief verwurzelten Form wiederherstellt.

Dieser Artikel wurde von verschiedenen Lesern und Kommentatoren in der Alt-Right Bewegung unterschiedlich aufgenommen. Einige sahen in der Idee einer Rückkehr zu heidnischen Werten einen Schritt in die richtige Richtung, andere jedoch kritisierten diese Herangehensweise als oberflächlich oder als eine bloße Fantasie. Besonders hervorzuheben ist die Kritik von Dave Overman, einem Kommentator, der das vorliegende Konzept als eine Art fantasievolle Wiederbelebung des „barbarischen“ Erbes Europas abtut. Überman argumentiert, dass das Christentum als ein äußeres, nicht-europäisches Element in die europäische Identität eingedrungen ist und dass eine Rückkehr zum wahren „heidnischen“ europäischen Erbe notwendig sei, um diese Identität zu erneuern.

Überman und andere Kritiker betonen, dass der Versuch, das Christentum mit heidnischen Traditionen zu vereinen, eine unzureichende Antwort auf die Herausforderungen der Moderne darstellt. Eine ernsthafte Rückbesinnung auf die wahre europäische Spiritualität erfordere eine vollständige Ablehnung des Christentums und eine radikale Rückkehr zu den tief verwurzelten, vorchristlichen Werten, die in den alten Mythen und Riten Europas verankert sind.

Im Gegensatz dazu tritt Carolyn Emerick, eine prominente Figur in der ethnonationalistischen Pagan-Rechten, als Kritikerin der Alt-Right Bewegung auf. Emerick, die die Folkright-Bewegung ins Leben gerufen hat, um gegen die zunehmenden Fehlentwicklungen der Alt-Right zu kämpfen, betont, dass eine echte Wiederbelebung der europäischen Identität nicht nur auf oberflächlichen Symbolen oder einer falschen Vereinigung von Christentum und Heidentum beruhen kann. In ihren Arbeiten und Videos erklärt sie, dass eine tiefe, authentische Rückkehr zu den Wurzeln europäischer Kultur nur dann möglich ist, wenn der historische Prozess der Christianisierung als Teil einer größeren ethnischen und kulturellen Selbstbestimmung verstanden wird.

Die Frage nach der Zukunft der Alt-Right und ihrer spirituellen Ausrichtung bleibt damit weiterhin offen. Ein grundlegendes Problem besteht darin, dass viele der Anhänger dieser Bewegung sich in einem Zustand der kulturellen und spirituellen Entwurzelung befinden und nach einer kohärenten, europäischen Identität suchen, die sowohl ihre Vergangenheit als auch ihre Zukunft umfassen kann. In diesem Zusammenhang bleibt es entscheidend, dass eine solche Identität nicht nur als politisches Projekt, sondern als tiefgründige und authentische Rückbesinnung auf die vielfältigen Wurzeln Europas verstanden wird.

Wie Vox Day den Konflikt zwischen Alt-Right und Christentum interpretiert: Eine kritische Perspektive

Vox Day, eine umstrittene Figur innerhalb der Alt-Right-Bewegung, hat in verschiedenen Schriften seine christliche Überzeugung und den Stellenwert von Religion in der politischen und sozialen Landschaft verteidigt. Er betrachtet das Christentum nicht als bloße kulturelle oder politische Verpflichtung, sondern als eine tief verwurzelte spirituelle Grundlage, die in seiner wahren Form immer noch von den westlichen Gesellschaften gepflegt wird. Doch was ihn von anderen Vertretern der Alt-Right unterscheidet, ist seine Ablehnung dessen, was er als „Churchianity“ bezeichnet – eine verdünnte und liberale Form des Christentums, die seiner Meinung nach die fundamentalen Prinzipien der Bibel entstellt hat. Dieser Begriff ist ein Schlüsselbegriff, um Vox Days kritische Haltung gegenüber der Verquickung von Christentum und sozialer Gerechtigkeit zu verstehen.

„Churchianity“ ist für Vox Day eine Form des Christentums, die vor allem von progressiven Evangelikalen vertreten wird und in deren Rahmen christliche Lehren oft als Vehikel für die Förderung sozialer Gerechtigkeit und globaler Ideale verwendet werden. Die traditionellen christlichen Werte, so Vox, werden hier zugunsten eines weltlichen, politisch korrekten Programms aufgegeben. Ein solches Christentum, das er als „cucked Christianity“ bezeichnet, wird von ihm als korrupt und dem wahren, bibelzentrierten Glauben entgegenstehend betrachtet. Vor allem der Fokus auf Themen wie Immigration und soziale Gerechtigkeit wird von ihm als verzerrte Auslegung der biblischen Botschaft kritisiert. Die alt-right Bewegung, so Vox, stehe nicht gegen das Christentum an sich, sondern gegen diese pervertierte Version des Glaubens, die den „globalistischen“ und „multikulturellen“ Idealen dient.

In seinen Schriften, insbesondere in „Cuckservative: How Conservatives Betrayed America“, stellt Vox Day seine Ansicht dar, dass viele der aktuellen konservativen Stimmen in den USA, die sich als „Christlich“ bezeichnen, in Wirklichkeit die christliche Lehre verraten haben. Im Kern geht es ihm darum, dass die konservativen Christlichen eine Gesellschaft predigen, die sich auf den Glauben an die fundamentalen Prinzipien der Bibel stützt, während sie gleichzeitig Elemente wie offene Grenzen und Multikulturalismus unterstützen, die er als unvereinbar mit christlichen Werten sieht.

Für Vox Day besteht der Hauptfehler in der aktuellen Interpretation von Bibeltexten, die in den letzten Jahrzehnten als Grundlage für die rechtfertigende Rhetorik von Sozialer Gerechtigkeit und progressiven politischen Zielen verwendet wurden. Insbesondere das Konzept des „guten Samariters“ aus dem Evangelium wird, so Vox, von modernen Kirchenführern als Grundlage für die Förderung von Zuwanderung und interkulturellen Programmen genutzt. In „Cuckservative“ argumentiert er, dass dieses Verständnis von Nächstenliebe eine Verzerrung darstellt, da es nicht nur auf eine übermäßige Integration von Fremden abzielt, sondern die eigenen kulturellen und religiösen Identitäten der westlichen Gesellschaften verwässert.

Vox Days Ablehnung von transrassischer Adoption und multikulturellen Programmen geht ebenfalls auf diese Sichtweise zurück. Die Förderung der Adoption von Kindern aus anderen ethnischen Gruppen, so Vox, sei ein weiteres Beispiel für das Fehlverständnis von christlicher Nächstenliebe. In seiner Sichtweise stehe diese Praxis nicht im Einklang mit der biblischen Vorstellung von Familie und Tradition. Vielmehr, so argumentiert er, sei sie ein Symptom des „fehlerhaften“ theologischen Verständnisses, das in den modernen Kirchen verbreitet sei. Die Bibel, so Vox, lehre die Wichtigkeit der Wahrung kultureller und ethnischer Identitäten, anstatt eine universelle Gleichmacherei zu predigen.

Zentral in Vox Day’s Argumentation ist die Differenzierung zwischen wahrem christlichen Glauben und der von ihm abgelehnten Version, die er als „Churchianity“ bezeichnet. Diese Unterscheidung ist in seiner Perspektive nicht nur eine theologische Frage, sondern auch eine politische und kulturelle. Das Christentum, das er verteidigt, ist ein Glaubenssystem, das auf historischen, europäischen Traditionen basiert und sich gegen die moderne, sozialistische und globalistische Weltanschauung richtet. Die Alt-Right-Bewegung, so erklärt er, ist nicht anti-christlich, sondern vielmehr anti-globalistisch, wobei sie die christliche Tradition als ein Fundament der westlichen Identität versteht.

Ein weiteres zentrales Thema in Vox Day’s Werk ist die Rezeption biblischer Texte, die in modernen sozialen und politischen Debatten oft als Argumente für sozialliberale Ziele herangezogen werden. So wird in vielen christlichen Kreisen das Bibelzitat aus Galater 3:28, „Es gibt weder Juden noch Griechen, weder Sklaven noch Freie, weder Mann noch Frau; denn ihr seid alle einer in Christus Jesus“, als ein Argument gegen Rassismus verwendet. Vox Day stellt jedoch klar, dass dieser Vers nur die geistliche Gleichheit vor Gott betont und keineswegs eine Ablehnung sichtbarer Unterschiede zwischen den Völkern oder Ethnien impliziert. In seiner Sichtweise geht es bei der wahren christlichen Lehre nicht um die Aufhebung solcher Unterschiede, sondern um deren Anerkennung in einem spirituellen Kontext.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Vox Day eine kritische Sicht auf die aktuelle Auslegung des Christentums in vielen konservativen und evangelikalen Kreisen vertritt. Er sieht das Christentum als eine Grundlage für das Überleben und die Weiterentwicklung der westlichen Zivilisation, wobei diese nur durch die Rückkehr zu den ursprünglichen biblischen Lehren bewahrt werden kann. Die Herausforderung, die er in den modernen Kirchen sieht, besteht darin, dass sie sich von diesen Lehren entfernt haben und stattdessen eine Form des Christentums propagieren, die seine politischen und kulturellen Werte untergräbt. In Vox Day’s Weltanschauung wird die wahre christliche Tradition als Schutzwall gegen die „Zerstörung“ der westlichen Gesellschaft durch globale, sozialistische und multikulturelle Kräfte angesehen.

Was bedeutet es, den systemischen Rassismus zu erkennen und zu bekämpfen?

Der 8. August 2018 war ein bedeutender Tag, an dem das Magazin Sojourners über ein Ereignis berichtete, bei dem eine historisch schwarze Kirche und eine überwiegend weiße Kirche in Washington, D.C., gemeinsam das Abendmahl teilten und einen Gebetsmarsch zum Martin Luther King Jr. Denkmal führten. Dieses Ereignis fand an dem ersten Jahrestag des tödlichen "Unite the Right"-Protests statt, der in Charlottesville, Virginia, stattgefunden hatte. Es war ein Moment der Reflexion und des Gebets, um sich der tief verwurzelten Probleme des Rassismus und der weißen Vorherrschaft zu stellen.

Die Reaktionen auf diesen und ähnliche Vorfälle waren in den religiösen Kreisen Amerikas vielfältig. Der Pastor Jim Wallis, Gründer von Sojourners, veröffentlichte kurz nach dem "Unite the Right"-Rallye einen Leitartikel, in dem er die Kirchen aufforderte, sich klar gegen den Rassismus zu positionieren. In seinem Artikel forderte Wallis die Pastoren auf, von ihren Kanzeln aus zu erklären, dass weiße Vorherrschaft eine Sünde ist. Er ging sogar so weit, eine Untersuchung darüber anzuregen, ob in den Kirchen oder Konfessionen der Vereinigten Staaten der Rassismus jemals öffentlich als Sünde bezeichnet wurde. Diese Erklärung reflektierte den Wunsch, dass jede Gemeinde, besonders in überwiegend weißen Kirchen, öffentlich gegen Rassismus und weiße Vorherrschaft Stellung beziehen müsse. Der Glaube Wallis’ war, dass die Kirche eine heilende und vereinigende Kraft gegen die Spaltungen und den Hass in der Gesellschaft darstellen müsse.

In seinem Buch „Christ in Crisis: Why We Need to Reclaim Jesus“ (2019) nahm Wallis diese Themen erneut auf und lenkte die Aufmerksamkeit auf den systemischen Rassismus, der sich in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen manifestiert, darunter in der Wählerunterdrückung und der übermäßigen Polizeigewalt gegen schwarze und farbige Gemeinschaften. Ein zentraler Punkt war die zunehmende Bedrohung durch den weißen Nationalismus, den Wallis als eine historische Kontinuität der rassistischen und xenophoben „Dämonen“ beschrieb, die in der amerikanischen Gesellschaft immer wieder aufbrachen und zu Gewalttaten führten – wie den Morden an Muslimen in Christchurch, Schwarzen in Charleston und Juden in Pittsburgh. Wallis machte deutlich, dass der weiße Nationalismus weltweit wächst und dass es Aufgabe der Kirche und aller gläubigen Christen ist, gegen diese Form der Gewalt und Diskriminierung zu kämpfen.

Ein weiterer wichtiger Beitrag kam von Lisa Sharon Harper, einer prominenten Aktivistin und Präsidentin von FreedomRoad.us, die 2018 im Sojourners-Magazin einen Artikel verfasste, in dem sie argumentierte, dass Donald Trumps Wahl nicht den Beginn einer neuen Ära für die Republikanische Partei markierte, sondern die weiße supremacistische Agenda der Partei noch mehr an die Oberfläche brachte. Auch Reverend Canon Kelly Brown Douglas, eine führende womanistische Theologin, stellte fest, dass viele weiße Christen in Amerika durch ihre Unterstützung Trumps nicht nur seine politischen Werte unterstützt hätten, sondern auch eine weiße supremacistische Vision für das Land bekräftigten. Diese historische Perspektive wurde durch Trumps Kampagne, Amerika „wieder groß“ zu machen, verstärkt, die mit evangelikal-christlichen Werten verbunden war, jedoch eine weiße christliche Hegemonie über Menschen anderer Hautfarbe und Religionen aufrechterhielt.

Diese Entwicklung ist jedoch nicht nur eine Reaktion auf den Alt-Right oder auf den Aufstieg eines einzelnen rassistischen Akteurs. Viele Beiträge aus der Sojourners-Community, sowohl von kirchlichen Führern als auch von engagierten Laien, verdeutlichten, dass die Problematik des Rassismus viel tiefer geht und in den grundlegenden Strukturen der amerikanischen Gesellschaft und ihrer Kirchen verankert ist. Jay Wamstead, ein Mathematiklehrer, brachte 2019 in einem Artikel die Argumentation auf, dass die wahren Gefahren des Rassismus nicht in den extremen Ausprägungen von Bewegungen wie dem Alt-Right zu finden sind, sondern in der weit verbreiteten Verdrängung und Normalisierung von Rassismus in der Gesellschaft. Es sei eine gewaltige Ablenkung, sich nur auf die extremen Auswüchse des Rassismus zu konzentrieren und dabei die subtile, aber tief verwurzelte rassistische Struktur innerhalb der Mehrheit der weißen Gesellschaft zu ignorieren. Diese weißen, oft gutmeinenden Christen sehen in den extremen Fällen des Rassismus wie bei Dylann Roof nur das „Gesicht des Rassismus“, während sie ihre eigene Rolle in der Aufrechterhaltung rassistischer Strukturen nicht wahrnehmen.

Die Probleme, die in Wallis’ und den Beiträgen von Sojourners thematisiert werden, gehen über die Identifizierung von extremistischen Gruppen hinaus und fordern eine tiefgreifende Selbstreflexion innerhalb der weißen Gemeinschaften und ihrer Kirchen. Der Fokus liegt weniger auf der Bekämpfung des Alt-Right oder spezifischer rassistischer Bewegungen, sondern vielmehr auf der Anerkennung und der Bekämpfung von systemischem Rassismus und der weißen Vorherrschaft, die nicht nur in extremistischen Ideologien, sondern auch in den alltäglichen Strukturen und sozialen Normen der Gesellschaft eingebettet sind.

Es ist wichtig zu verstehen, dass die Herausforderung nicht nur in der Verurteilung von extremistischen Akteuren wie dem Alt-Right oder Einzelereignissen wie den rassistisch motivierten Morden liegt. Vielmehr geht es um die tiefere Frage, wie die christliche Gemeinschaft und die Gesellschaft als Ganzes auf die strukturellen und institutionellen Formen des Rassismus reagieren können, die untrennbar mit der Geschichte und den sozialen Mechanismen der Vereinigten Staaten verbunden sind. Die weiße Vorherrschaft ist nicht nur ein politisches Phänomen, sondern ein soziales und kulturelles Konstrukt, das in vielen Bereichen des Lebens – von der Bildung über das Justizsystem bis hin zu den Kirchen – immer noch tief verwurzelt ist. Anerkennung und Rechenschaftspflicht sind der erste Schritt, um diese Strukturen zu verändern und die Gesellschaft in eine gerechtere und gleichberechtigtere Zukunft zu führen.

Die katholische Alt-Rechte und ihre Haltung gegenüber LGBTQ+ - Eine Auseinandersetzung mit traditioneller Orthodoxie und sozialer Veränderung

Michael Voris, ein prominenter Vertreter der sogenannten "katholischen Alt-Rechten", hat mehrfach auf seinem YouTube-Kanal „The Vortex“ scharfe Angriffe gegen den Jesuitenpater James Martin geführt. Martin, der wegen seiner Bemühungen um die Akzeptanz von LGBTQ+ - Menschen in der Kirche immer wieder in den Fokus geraten ist, wurde von Voris als „Häresie predigender, pro-sodomitischer Priester“ und „homo-sexualistischer Priester“ bezeichnet. Diese persönlichen Angriffe zielen nicht nur auf Martin ab, sondern richten sich auch gegen das, was Voris als das „Kirchenestablishment“ sieht, das seiner Meinung nach nicht genug „Treue zur Lehre der Kirche“ zeigt und sich stattdessen hinter der „schwulen Agenda“ versammelt.

Voris, wie auch andere Akteure der katholischen Alt-Rechten, kritisiert in diesem Zusammenhang eine angebliche Entfremdung von der orthodoxen Lehre der Kirche. Sie werfen den hierarchischen Kirchenvertretern vor, die christliche Lehre umzuinterpretieren, um politischen oder sozialen Bewegungen nachzugeben, die im Widerspruch zu den traditionellen katholischen Werten stehen. Voris selbst drückt diese Haltung in einem Zitat aus, das von Jenkins zitiert wird: „Erzbischöfe sind nicht die Kirche. Auch Kardinäle sind es nicht. Sie sind geweiht und ordiniert, um die Lehre zu bewahren, die ihnen überliefert wurde, nicht um sie neu zu erfinden oder neu zu interpretieren.“ Diese Betonung der Unveränderlichkeit der Lehre steht im Zentrum des Denkens der katholischen Alt-Rechten.

Im Jahr 2018 wurde die Diskussion um die katholische Alt-Rechte noch weiter angeheizt, als ein katholischer Lehrer entlassen wurde, weil er Verbindungen zu Richard Spencer und dessen National Policy Institute hatte. Dies brachte die Frage auf, inwieweit sich die katholische Kirche von politischen Bewegungen wie der Alt-Rechten distanzieren sollte, die sich oft durch eine aggressive Ablehnung der LGBTQ+ - Rechte und eine nostalgische Rückbesinnung auf konservative Werte auszeichnen. Websites wie Church Militant, LifeSite News und das Lepanto Institute sind bekannte Vertreter dieser Bewegung, die jedoch von ihren Anhängern vehement bestreiten, dass sie zur Alt-Rechten gehören. Sie argumentieren, dass ihre Positionen keine politischen Motive, sondern eine feste Bindung an die „unveränderlichen Lehren der katholischen Kirche“ widerspiegeln.

In der Debatte über die katholische Alt-Rechte zeigt sich, dass es nicht nur um die Frage geht, wie die katholische Kirche auf die politische und soziale Realität der LGBTQ+ - Menschen reagiert, sondern auch um eine viel grundlegendere Auseinandersetzung mit der Frage, was es bedeutet, ein katholischer Christ im 21. Jahrhundert zu sein. Für die Vertreter der katholischen Alt-Rechten geht es nicht nur um die Ablehnung der „Alt-Rechten“ selbst, sondern um die Wahrung der Traditionen der Kirche in einer sich schnell verändernden Gesellschaft. Sie sehen sich nicht als extremistische Randgruppe, sondern als Verteidiger der traditionellen orthodoxen Lehre, die sie als einzigen wahren Ausdruck des katholischen Glaubens betrachten.

Die Reaktionen auf das Buch „Building a Bridge“ von Pater James Martin, das sich für eine offenere Haltung der Kirche gegenüber LGBTQ+ - Menschen ausspricht, verdeutlichen die tiefen Gräben innerhalb der katholischen Gemeinschaft. Es sind nicht nur theologische Differenzen, die hier zur Sprache kommen, sondern auch eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit der Frage, wie sich die Kirche gegenüber sozialen und politischen Entwicklungen positionieren soll. Es geht nicht nur um die Haltung gegenüber Homosexualität, sondern auch um die Fähigkeit der Kirche, sich mit der Moderne auseinanderzusetzen, ohne ihre traditionellen Werte aufzugeben.

Ein zentrales Element der katholischen Alt-Rechten ist die Überzeugung, dass die Kirche ihre Lehre nicht den gesellschaftlichen Strömungen anpassen darf. Diese Haltung steht in scharfem Gegensatz zu denjenigen, die die Kirche dazu aufrufen, einen dialogischen und inklusiven Ansatz zu verfolgen, der auch LGBTQ+ - Menschen umfasst. Die katholische Alt-Rechte sieht sich selbst als Bollwerk gegen eine vermeintliche Verfälschung der katholischen Lehre, die sie als reinen Ausdruck der Wahrheit betrachtet.

Die Debatte über die katholische Alt-Rechte ist jedoch nicht nur eine Debatte innerhalb der katholischen Kirche, sondern spiegelt auch breitere gesellschaftliche Konflikte wider, die sich in der politischen Landschaft der USA seit der Präsidentschaft von Donald Trump manifestieren. Der Aufstieg des „Alt-Rechts“ in der Politik hat auch die religiöse Landschaft beeinflusst und zu einer Verschiebung in der Art und Weise geführt, wie viele Christen über ihre Rolle in der Gesellschaft nachdenken. In diesem Kontext stellt sich für die katholische Kirche die Frage, ob sie weiterhin als konservative Bastion gegen die Veränderungen der Moderne auftreten soll oder ob sie sich auf den Dialog mit der Gesellschaft einlassen muss, um eine breitere Akzeptanz zu finden.

Es ist dabei wichtig zu verstehen, dass diese Diskussion nicht nur eine theologische oder kirchliche Auseinandersetzung ist, sondern auch eine kulturelle und politische Dimension hat. Die katholische Alt-Rechte und ihre Gegner befinden sich in einem fortwährenden Konflikt darüber, wie Tradition und Moderne miteinander in Einklang gebracht werden können, ohne dass die fundamentalen Werte der Kirche kompromittiert werden. Diese Diskussion wird die katholische Kirche noch lange beschäftigen und wird sicherlich auch in Zukunft weiterhin ein zentrales Thema in den Debatten über den Platz der Kirche in der modernen Gesellschaft sein.

Welche Rolle spielte die Alt-Right-Bewegung in der Rassenfrage innerhalb der evangelikalen Kirchen der USA?

Inmitten der politischen und sozialen Umwälzungen, die die USA in den Jahren 2016 und 2020 prägten, gab es eine markante und kontroverse Entwicklung innerhalb der evangelikalen Gemeinschaft. Besonders die Unterstützung des damaligen Präsidenten Donald Trump durch weiße evangelikale Christen stieß auf massive Kritik und führte zu Spannungen innerhalb der Kirche. Zahlreiche afrikanisch-amerikanische Christen, die lange Zeit Teil der evangelikalen Bewegung waren, begannen, sich von ihr zu distanzieren, insbesondere aufgrund der rassistischen Rhetorik, die während Trumps Präsidentschaft immer wieder in den Vordergrund trat.

Ein deutliches Beispiel für diese Kluft ist die Haltung von John Onwuchekwa, einem ehemaligen aufstrebenden Stern der Southern Baptist Convention (SBC). Onwuchekwa erklärte in einem offenen Essay, dass seine Gemeinde sich von der SBC getrennt habe, da die Konvention seiner Meinung nach nicht in der Lage sei, eine Veränderung in Bezug auf die tief verwurzelten Rassenungerechtigkeiten und sozialen Ungleichgewichte zu bewirken, die das Land plagen. Er kritisierte die Konvention für ihre unzureichenden Bemühungen, sich mit der Geschichte der Sklaverei und der Rassentrennung auseinanderzusetzen und für ihre Unfähigkeit, die Rassenproblematik wirklich anzugehen. Onwuchekwa stellte fest, dass die Diskussion um "Rassenversöhnung" in der SBC oberflächlich geblieben sei und dass bei der Erwähnung von Themen wie sozialer Gerechtigkeit schnell Vorwürfe über die "Beeinflussung durch kritische Rassentheorie und kulturellen Marxismus" laut wurden.

Die Ablehnung von Onwuchekwa gegenüber der SBC war nicht isoliert. Auch andere afroamerikanische Christen äußerten ähnliche Bedenken gegenüber der evangelikalen Bewegung in den USA. Besonders problematisch war, dass viele weiße evangelikale Christen weiterhin eine enge Bindung zu Trump und der Republikanischen Partei pflegten, obwohl die rassistische Rhetorik, die von Trump während des Wahlkampfs 2016 verbreitet wurde, zunehmend immer mehr als toxisch empfunden wurde. Der frühere Bürgerrechtler John Perkins warf den Evangelikalen vor, ihre moralischen Werte zugunsten einer politischen Agenda aufgegeben zu haben, was zu einer Spaltung in der Kirche geführt habe.

Diese Spaltung fand auch ihren Ausdruck in den politischen und kulturellen Auseinandersetzungen, die die Wahlkampagne 2016 und die folgenden Jahre prägten. Die Alt-Right-Bewegung, die von Trump und seinen Anhängern angeheizt wurde, stellte für viele weiße Evangelikale eine Möglichkeit dar, sich gegen die aufkommenden sozialen und kulturellen Veränderungen zu stemmen. Doch für afroamerikanische Christen war die Unterstützung Trumps unvereinbar mit den Werten der Nächstenliebe und Gerechtigkeit, die sie in ihrem Glauben suchten.

Ein weiteres Problem war der wachsende Einfluss von Alt-Right-Gruppen wie "Church Militant", die versuchten, die rassistische Ideologie in den religiösen Diskurs einzubringen. Diese Gruppen spielten mit kulturellen Symbolen und provozierten bewusst Auseinandersetzungen, etwa als ein Alt-Right-Anhänger einen Kuchen mit einer homophoben Botschaft bestellte, um die Rechtsstaatlichkeit und die religiöse Freiheit herauszufordern.

Die Verbindung von Religion und Politik in den USA hat seit den Präsidentschaftswahlen 2016 eine neue Dimension erreicht. Für viele Evangelikale war die Unterstützung von Trump nicht nur eine politische Entscheidung, sondern ein Zeichen ihrer kulturellen und sozialen Identität. Gleichzeitig hat diese Unterstützung die evangelikale Bewegung in den USA in ihrer Glaubwürdigkeit und ihren moralischen Ansprüchen beschädigt, besonders in Bezug auf den Umgang mit Rassismus und sozialer Gerechtigkeit.

Es bleibt abzuwarten, wie die evangelikale Gemeinschaft in den kommenden Jahren mit diesen Herausforderungen umgehen wird. Für viele wird der Versuch, die Alt-Right-Ideologie zu entmachten und sich mit der Rassenfrage auseinanderzusetzen, nicht nur eine politische, sondern eine moralische und spirituelle Notwendigkeit sein. Wie Robert P. Jones in White Too Long (2020) schreibt: "Die Auseinandersetzung mit weißer Vorherrschaft ist für uns nun eine unvermeidliche moralische Entscheidung." Die anhaltende Relevanz der Alt-Right-Bewegung für die amerikanische Kirche liegt also nicht nur in ihrer Vergangenheit, sondern auch in ihrer Rolle bei der Neudefinition der moralischen Bedeutung des Christseins in den USA.