Aus der Vogelperspektive zeigt sich Caesarea an der Küste des heutigen Israels als ein vielschichtiger Ort, an dem sich unter der Wasseroberfläche noch immer massive Hafenanlagen von Herodes dem Großen erhalten haben, die einst zu Ehren Kaiser Augustus errichtet wurden. Diese Zeugnisse markieren den Übergang von einer archäologisch geprägten Vorgeschichte zu einer historischen Epoche, in der sich das Mittelmeer als Bühne für wenige, aber mächtige Akteure entwickelte, die zunehmend in staatliche Infrastruktur investierten und um die Vorherrschaft in bi- oder tripolaren Machtkonstellationen kämpften.
Im zentralen Mittelmeerraum, nach der Wiederherstellung einer gewissen maritimen Ordnung im 9. Jahrhundert v. Chr., entstanden bald Städte von großer Bedeutung, die über ihre Region hinaus Einfluss gewannen. Zwei der wichtigsten rivalisierenden Mächte, Syrakus und Rom, begannen erst nach 500 v. Chr. ihre regionalen Konkurrenten hinter sich zu lassen. Syrakus lag geografisch nahezu im Mittelpunkt des Mittelmeers und war während des 5. und 4. Jahrhunderts v. Chr. mehrfach nah daran, politische Hegemonie zu erringen, die seiner wirtschaftlichen und kulturellen Bedeutung entsprach.
Rom hingegen war im 6. Jahrhundert v. Chr. eine bedeutende Stadtstaat mit einem Territorium von etwa 800 Quadratkilometern, ähnlich stark wie der nahegelegene Rivalen Veii. Während in Etrurien weitere politische Führungen entstanden, gelang es Rom durch Reformen wie der Einbeziehung der Plebs in die Politik, der Gründung von Kolonien und der Reform des Heeres, Bürger zu mobilisieren und Gebiete zu kontrollieren. Doch erst 396 v. Chr. wurde Veii besiegt und annektiert, und die Eingliederung weiterer Stadtstaaten der italienischen Halbinsel dauerte noch über ein Jahrhundert. Erst ab etwa 270 v. Chr. beschleunigte sich Roms Aufstieg zur alleinigen Supermacht, begleitet von einem langwierigen Konflikt mit Karthago, der 146 v. Chr. mit der Zerstörung Karthagos und der Eroberung Korinths endete.
Die dritte Macht im zentralen Mittelmeer war Karthago, dessen Aufstieg vor 500 v. Chr. bereits außergewöhnlich war. Karthago wurde wahrscheinlich zur größten Stadt des Mittelmeerbeckens, nachdem Babylon seine Aktivitäten im Levantegebiet beendet hatte. Trotz spärlicher archäologischer Quellen und feindlicher Textfragmente ist seine Bedeutung nicht zu unterschätzen. Karthago war von Anfang an ein wichtiger Knotenpunkt phönizischer Diaspora und verfolgte eine eigenständige Politik im zentralen Mittelmeer.
Die Übergänge von der phönizischen zur punischen Identität Karthagos sind komplex und sollten nicht überzeichnet werden. Auch wenn die Einführung neuer Götter eine bewusste Abgrenzung von Tyros zeigte, blieb eine starke Kontinuität bestehen. Die Verehrung von Tanit und die Rituale an den Tophets waren schon in phönizischen Zentren verbreitet, ebenso die Praxis des Elite-Selbstmords in Extremsituationen, wie die Geschichte von Elissa belegt.
Im 6. und frühen 5. Jahrhundert v. Chr. entwickelte sich Karthago zu einem mächtigen Stadtstaat mit großer Seeherrschaft, der Tribute von entfernten Häfen eintrieb, die ihrerseits ihre Hinterlandregionen stärkten. Die später sichtbare militärische Expansion Karthagos beruhte zum Teil auf einer Reaktion auf Bedrohungen durch andere Mächte, vor allem die griechischen Kolonien. Die Befestigung am Kap Bon im 5. Jahrhundert v. Chr. war eine defensive Maßnahme gegen angreifende Spartaner und griechische Mächte in Sizilien.
Landwirtschaftlich und territorial machte Karthago bis zum 4. und besonders im 3. Jahrhundert v. Chr. nur moderate Fortschritte außerhalb des Kerngebiets in Nordafrika. Die Entstehung indigener „Numidischer“ Polities im Maghreb war eine Reaktion auf diese Expansion. Auch nahe gelegene Städte wie Utica blieben lange unabhängig. Auf Sardinien begann Karthago im 6. Jahrhundert v. Chr. erste Landbesitzungen und Besiedlungen, wobei die Insel zwischen Nordafrika und Zentralitalien zunehmend an strategischer Bedeutung gewann.
Wichtig ist zu verstehen, dass sich die Machtkonstellationen im Mittelmeerraum über Jahrhunderte langsam, aber kontinuierlich entwickelten. Sie waren geprägt von kulturellen Kontinuitäten ebenso wie von neuen politischen und militärischen Strukturen, die nicht abrupt, sondern evolutionär entstanden. Der Übergang von Handelsstädten zu territorialen und militärischen Großmächten ist eine komplexe Prozessgeschichte, die stets im Kontext der gegenseitigen Einflüsse und Konkurrenz zu sehen ist.
Haben Neandertaler im Mittelmeerraum seefahrende Fähigkeiten entwickelt?
Die archäologischen Funde von Neandertalern entlang der Küsten des Mittelmeers zeigen, dass sie gelegentlich Meeresressourcen nutzten, allerdings eher in begrenztem Umfang und bevorzugt bei langsam beweglichen oder immobilen Arten wie Muscheln und Schildkröten. Beispiele dafür finden sich unter anderem an Fundstellen wie Gibraltar, Latium und der Grotta di Sant’Agostino. Die Ernährung dieser Menschen schien eher opportunistisch zu sein, ausgelöst durch günstige Umstände oder Notwendigkeiten, und nicht Ausdruck einer umfassenden maritimen Lebensweise.
Im Gegensatz dazu weisen anatomisch moderne Menschen, die etwa zeitgleich in Südafrika oder an den Küsten Nordafrikas lebten, regelmäßige Belege für Fischfang und den Gebrauch von komplexeren Werkzeugen wie Harpunen auf. Dies deutet auf eine intensivere Nutzung maritimer Ressourcen hin und möglicherweise auch auf eine differenziertere maritime Kultur.
Die entscheidende Frage lautet, ob Neandertaler im Mittelmeer tatsächlich über das bloße Sammeln von Strandgut hinausgingen und kleine Meeresüberfahrten unternahmen. Moderne Menschen, die bald nach Neandertalern aus Afrika auswanderten, verfügten zweifellos über diese Fähigkeiten – sie konnten Wasserfahrzeuge bauen, planen und navigieren. Die Zuschreibung solcher Kompetenzen zu Neandertalern ist jedoch umstritten und durch spärliche archäologische Belege erschwert. Zum Beispiel fehlen eindeutige mittelpaläolithische Funde auf großen Mittelmeerinseln wie Sizilien, Sardinien oder Korsika, obwohl diese ausreichend Ressourcen für eine dauerhafte Besiedlung boten.
Dennoch gibt es Andeutungen, dass einige Neandertaler kurze Seeüberfahrten unternommen haben könnten. Werkzeuge aus der Mittelpaläolithischen Zeit wurden auf griechischen Inseln wie Kefalonia gefunden, welche geologisch nie direkt mit dem Festland verbunden waren. Auch auf weiteren Inseln der Ägäis gibt es mögliche Funde, deren Datierung allerdings unklar bleibt. Sollte sich bestätigen, dass diese Werkzeuge von Neandertalern stammen und nicht von frühzeitlichen modernen Menschen, wäre dies ein Hinweis darauf, dass zumindest einige Neandertaler rudimentäre Wasserfahrzeuge nutzten.
Die handwerklichen Fähigkeiten, die zum Bau einfacher Flöße oder Paddel erforderlich sind, erscheinen nicht außerhalb der Möglichkeiten der Neandertaler. Funde aus Abric Romaní belegen die Bearbeitung von Holz in Form von Stämmen, Planken und geschnitzten Stöcken. Die kleinen Inselgrößen und ihre Entfernung vom Festland sprechen jedoch eher für temporäre Aufenthalte, möglicherweise als Reaktion auf Umweltveränderungen oder demografische Schwankungen, als für dauerhafte Siedlungen.
Diese möglichen frühen maritimen Aktivitäten in der komplexen Geographie der griechischen Inselwelt markieren einen wichtigen Ansatzpunkt, um die Entwicklung menschlicher Innovationen im Mittelmeerraum zu verstehen. Sie eröffnen die Perspektive, dass bereits Neandertaler in diesem Becken gesellschaftliche und technologische Veränderungen initiierten, lange bevor moderne Menschen das Mittelmeer dominierten.
Wichtig bleibt dabei die Erkenntnis, dass die Nutzung mariner Ressourcen und die Fähigkeit zur Seefahrt nicht zwangsläufig exklusiv moderner Menschen vorbehalten waren, sondern vielmehr graduelle Prozesse darstellen, die durch Umweltbedingungen, soziale Bedürfnisse und technologische Möglichkeiten beeinflusst wurden. Das Fehlen von Funden auf großen Inseln und die begrenzte Nutzung maritimer Nahrung bei Neandertalern deuten auf eine stark kontextabhängige Nutzung hin, die sich von der systematischeren maritimen Kultur moderner Menschen unterscheidet.
Endtext
Wie sich das frühe mediterrane Leben im 6. Jahrtausend v. Chr. entfaltete
Zwischen 5500 und 3500 v. Chr. erlebte das Mittelmeergebiet eine Vielzahl von kulturellen Entwicklungen, die von den ersten sesshaften Gesellschaften bis hin zu den komplexeren sozialen Strukturen reichten. Das mediterrane Umfeld war zu dieser Zeit von einer bemerkenswerten Vielfalt geprägt: verschiedene Völker, die unterschiedliche Lebensweisen praktizierten, oft isoliert voneinander, aber dennoch in Austausch standen. In dieser Periode traten Gesellschaften hervor, deren Existenz heute nur durch die Hinterlassenschaften in Form von Artefakten, Ruinen und Felsmalereien dokumentiert ist. Diese Gesellschaften, viele von ihnen längst verschwunden, hatten das Potenzial, die späteren Entwicklungen des Mittelmeers nachhaltig zu beeinflussen – hätten die Umstände ihrer Geschichte nicht zu ihrem Verfall geführt. Die Frage, wie diese Gesellschaften sich weiterentwickelt hätten, bleibt ein faszinierendes Gedankenexperiment, das zu spekulativen Überlegungen anregt, was die mediterrane Welt heute sein könnte.
Die jüngste Forschung bietet Einblicke in die ersten landwirtschaftlichen Siedlungen der Region, die mit der Entwicklung von Viehzucht und später auch der Metallbearbeitung zusammenfielen. Im Südosten des Mittelmeers, insbesondere im Nildelta, erlebte die Entwicklung von Viehzucht eine bemerkenswerte Transformation. Die Entstehung von nomadischen, viehzüchtenden Gesellschaften im Gebiet der Sahara, der sogenannten „Mittleren Pastoralperiode“, war ein entscheidender Faktor, der den Kurs der mediterranen Zivilisation für Jahrtausende prägte. Diese Gruppen, die zu Beginn des 6. Jahrtausends v. Chr. aus dem Nordosten Afrikas kamen, brachten ihre neuen Lebensweisen und Technologien mit und verbreiteten sich entlang der Küsten des Mittelmeers und in die inneren Gebirgsländer.
Besonders bemerkenswert ist die Expansion der Rinderzucht, die sich bis in die zentralen und westlichen Teile der Sahara ausbreitete. Diese neue Lebensweise schuf eine nomadische Kultur, die ihre Gesellschaften nicht auf dauerhaften Siedlungen aufbaute, sondern auf mobilen Lebensstilen, die stark von den Bewegungen ihrer Herden bestimmt wurden. Es ist wahrscheinlich, dass dieser neue Lebensstil als Antwort auf die klimatischen Veränderungen jener Zeit entstand, insbesondere auf die Rückkehr eines feuchteren Klimas nach dem sogenannten „6200-Ereignis“. Das zunehmende Bedürfnis nach stabileren Nahrungsquellen und die Entwicklung von Viehzucht halfen den Menschen, in einer sich ständig verändernden Umwelt zu überleben.
Die Gesellschaften, die diese Form der Viehzucht praktizierten, unterschieden sich in vielerlei Hinsicht von den landwirtschaftlichen Gemeinschaften im östlichen und nördlichen Mittelmeer. Statt auf den Anbau von Nutzpflanzen und die Besiedlung von Dörfern setzten sie auf die Haltung von Tieren, insbesondere Rindern, Schafen und Ziegen. Dieser neue Lebensstil spiegelte sich auch in der Kunst wider: Felsmalereien aus der Sahara aus dieser Zeit zeigen Szenen der Viehzucht, bei denen Rinder gemolken und Männer beim Hüten von Herden dargestellt werden.
In der Sahara bildeten sich so Gesellschaften, die auf den Austausch von Tieren und die Kontrolle über Vieh als Zeichen des Wohlstands angewiesen waren. Die soziale Hierarchie war in diesen Gemeinschaften deutlich anders strukturiert als in den frühen landwirtschaftlichen Siedlungen des Mittelmeers. Der Besitz von Tieren wurde zu einem Hauptsymbol des sozialen Status, und der Wohlstand einer Familie oder eines Stammes hing von der Größe und Gesundheit der Herden ab. Diese Gesellschaften hinterließen markante Grabstätten, die sowohl Menschen als auch Tiere umfassten. Dies unterstreicht die zentrale Bedeutung der Tiere nicht nur im Alltag, sondern auch im religiösen und kulturellen Leben.
Zur gleichen Zeit, aber in anderen Teilen des Mittelmeers, entwickelten sich noch ganz andere Gesellschaftsstrukturen. In Regionen wie dem südlichen Europa und dem Nahen Osten begannen die Menschen, sich zunehmend mit dem Anbau von Pflanzen zu beschäftigen, was zu den ersten stabilen Siedlungen führte. In der Levante beispielsweise führte die Züchtung von Schafen und Ziegen sowie der Anbau von Getreide zu einer der frühesten Formen der Landwirtschaft im mediterranen Raum. Diese Gesellschaften waren jedoch nicht so nomadisch wie ihre afrikanischen Pendants, sondern begannen, dauerhafte Dörfer und Gemeinschaften zu bilden, die durch den Anbau von Nahrungsmitteln und den Handel miteinander verbunden waren.
Die dynamische Interaktion zwischen diesen verschiedenen Gesellschaften – den Viehzüchtern der Sahara, den frühen Bauern im Osten und den Seefahrern im Westen – prägte die Entwicklung des Mittelmeers. Die Entstehung von Handelsrouten, die Verbreitung von Technologien und die Vermischung kultureller Praktiken führten zu einem Austausch von Ideen und Waren, der den mediterranen Raum zu einem der bedeutendsten kulturellen Schmelztiegel der Antike machte.
Es ist wichtig zu verstehen, dass die Gesellschaften des 6. Jahrtausends v. Chr. nicht in einer isolierten Weise existierten. Sie waren miteinander verbunden, selbst wenn sie geografisch weit voneinander entfernt waren. Der Austausch von Technologie, Wissen und Gütern fand sowohl über Land- als auch über Seewege statt, was die Entstehung eines zunehmend globalisierten Netzwerks im Mittelmeerraum beförderte. Diese frühen Verbindungen legten den Grundstein für die spätere Entwicklung von Handelsimperien, die das Mittelmeer über Jahrtausende hinweg prägten.
Zusätzlich ist es von Bedeutung, dass diese frühzeitigen Gesellschaften nicht nur durch ihre materiellen Hinterlassenschaften, sondern auch durch ihre sozialen Strukturen und die Art und Weise, wie sie ihre Umwelt wahrnahmen, definiert wurden. Während für die einen die Viehzucht und die mobile Lebensweise im Vordergrund standen, entwickelten andere Formen von Landwirtschaft und Urbanisierung. Diese unterschiedlichen Ansätze zum Leben in einer sich verändernden Welt sind entscheidend, um die späteren Entwicklungen in der Region zu verstehen. In gewissem Sinne war das Mittelmeer damals ein riesiges Experimentierfeld für verschiedene Lebensweisen, die, wie sich herausstellen sollte, in unterschiedlichen Teilen der Region sehr unterschiedliche Auswirkungen hatten.

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