Akademisches Schreiben umfasst nicht nur die Texte von Hochschullehrenden, sondern steht exemplarisch für die intellektuelle Mission einer gesamten Gemeinschaft, die dringend einer Erneuerung bedarf. Die Gesellschaft begegnet wissenschaftlicher Kommunikation zunehmend mit Skepsis, und diese Haltung wird nicht zuletzt durch die Art und Weise geprägt, wie wir schreiben. Es geht dabei nicht allein um Inhalte, sondern maßgeblich auch um den Stil und die Art der Vermittlung. Schriftsteller, die es verstehen, eine Verbindung zum Leser herzustellen, schaffen ein Geflecht von wechselseitigem Verständnis, das das Wesen von Kommunikation ausmacht. Leider fehlt es in der akademischen Welt oft an diesem Bemühen, an dieser Menschlichkeit, an diesem Dialog – zu häufig dominiert eine distanzierte, bürokratische Sprache, die mehr abschreckt als einlädt.
In einer Zeit, in der Künstliche Intelligenz (KI) wie ChatGPT als Schreibhilfe oder sogar als Ersatz für menschliches Schreiben auftritt, wird die Bedeutung echten, bewussten Kommunizierens noch deutlicher. KI mag beeindruckende sprachliche Fähigkeiten besitzen, doch sie bleibt ohne Sensibilität, ohne Bewusstsein für Zusammenhang und tiefere menschliche Kommunikation. Schreiben, das über bloße formale Korrektheit hinausgeht, verlangt von uns Menschen, aktiv die Verbindung zum Leser zu suchen, sich in dessen Lage zu versetzen und mit ihm in einen echten Austausch zu treten. Dies ist eine Fähigkeit, die weit über das bloße Verfassen von Texten hinausgeht, und die das Schreiben selbst vermitteln kann.
Die Parallele zum Kochen verdeutlicht diesen Anspruch: Ein Koch wie Christopher Kimball verfolgt das Ziel, das perfekte Rezept zu finden – durch wiederholtes Experimentieren, durch genaue Kenntnis der Regeln, die ein Gericht definieren, und durch das bewusste Variieren innerhalb und außerhalb dieser Regeln. Ähnlich verhält es sich mit dem Schreiben: Regeln sind nicht als Einschränkungen zu verstehen, sondern als das Fundament, auf dem kreative und sinnvolle Innovationen gedeihen können. Erst wenn man die Regeln kennt, kann man sie brechen, ohne dabei als ignorant oder fehlerhaft wahrgenommen zu werden.
Diese Regeln sind mehr als bloße Konventionen; sie dienen dazu, Klarheit und Verständlichkeit zu schaffen, besonders in einer zunehmend vielfältigen akademischen Gemeinschaft. Gerade angesichts der Heterogenität der Stimmen in der Wissenschaft sind Regeln wichtig, um eine gemeinsame Sprache und Verständigungsbasis zu etablieren. Sie ermöglichen, dass unterschiedliche Perspektiven sich begegnen und produktiv miteinander diskutieren können. Somit tragen Regeln nicht zur Ausgrenzung bei, sondern fördern im Gegenteil den Aufbau von Gemeinschaften.
Dabei ist es entscheidend, dass jede Regel ihren Zweck erfüllt: Sie muss zu „gutem Schreiben“ führen, das heißt, Schreiben, das den Bedürfnissen des jeweiligen Publikums gerecht wird. Diese Bedürfnisse variieren stark je nach Kontext. Ein Benutzerhandbuch muss anders gestaltet sein als eine wissenschaftliche Abhandlung, doch in beiden Fällen muss die Sprache klar und effektiv sein. Starre und unreflektierte Regeln – wie etwa das dogmatische Verbot des Personalpronomens „ich“ im akademischen Schreiben – sind daher kontraproduktiv. Wenn der Schreibende selbst in den Text tritt, kann dies Authentizität und Nachvollziehbarkeit erhöhen, die unpersönliche, passive Formulierung dagegen oft Distanz schafft.
Auch das Vermeiden von Kontraktionen, ein oft gehörter Rat, zeigt, dass nicht jede formale Regel automatisch zu besserem Schreiben führt. Natürlich ist ein gewisser Grad an Formalität in akademischen Texten sinnvoll, doch zu steife Sprache kann die Lesbarkeit und das Gefühl von Nähe zum Leser beeinträchtigen. Der Klang und der Fluss eines Textes profitieren häufig von einer natürlicheren, lebendigeren Sprache, die auch mal verkürzte Formen zulässt. Die Wirksamkeit von Regeln bemisst sich an ihrem Ergebnis: Erleichtern sie das Verstehen und die Kommunikation oder erzeugen sie Barrieren?
Es ist wichtig, akademisches Schreiben als einen lebendigen Dialog zwischen Autor und Leser zu verstehen, der auf gegenseitigem Respekt und klarer Kommunikation basiert. Nur so kann die Wissenschaft ihre gesellschaftliche Relevanz bewahren und stärken. Die Herausforderung liegt darin, die Balance zu finden zwischen notwendiger Struktur und kreativer Freiheit, zwischen traditionellem Anspruch und modernem Bedarf an Verständlichkeit und Nähe.
Endtext
Wie Jargon und unverständliche Sprache akademische Kommunikation behindern
Akademische Texte und ihre speziellen Fachterminologien bilden oft einen hermetischen Raum, der für Außenstehende schwer zugänglich ist. Hierzu gehören nicht nur Fachbegriffe, sondern auch der Einsatz von sogenannten „Scare Quotes“ und abstrakten Konzepten, die nicht nur die Verständlichkeit erschweren, sondern den Leser häufig auch in ein Gefühl der Unzulänglichkeit versetzen. Dieser Sprachgebrauch hat Auswirkungen auf den wissenschaftlichen Diskurs und auf die Art und Weise, wie Wissen produziert und vermittelt wird.
Ein häufiges Beispiel für die Wirkung von Jargon zeigt sich in der wissenschaftlichen Beschreibung von Schreibprozessen, wie sie in Graduate-Programmen stattfinden. Wenn es heißt, dass das Schreiben und die Rückmeldungen von Professoren und Kommilitonen den Studierenden helfen, sich in die Disziplinen einzuarbeiten, wird dies in einer Sprache formuliert, die weniger der Klarheit dient als der Einhaltung eines spezifischen Diskurses. Begriffe wie „Disziplinarität“ oder „soziale Strukturen“ werden ohne nähere Erklärung verwendet und vermitteln eine Bedeutung, die nur für Eingeweihte im Fachgebiet verständlich ist. Der Effekt dieses Sprachgebrauchs ist eine exklusive Kommunikation, die es nur denjenigen ermöglicht, die bereits ein bestimmtes Maß an Wissen und Erfahrung in der Disziplin haben, die Bedeutung des Textes zu entschlüsseln.
Diese Tendenz, „Scare Quotes“ zu setzen, also Worte in Anführungszeichen zu stellen, um deren problematische Bedeutung zu kennzeichnen, verstärkt diese Exklusivität. Warum verwendet ein Autor einen Begriff wie „Erfolg“ oder „Sichtbarkeit“ in Anführungszeichen, wenn der Begriff doch eigentlich klar und verständlich ist? Die Frage, die hier aufgeworfen wird, ist, warum Begriffe, die potenziell ungenau sind, nicht direkt ersetzt werden, anstatt sie lediglich in ein Rahmenwerk von Unsicherheit zu stellen. Dies führt zu einer Sprachverwirrung, die den Leser vom Kern der Argumentation entfremdet.
Es gibt jedoch noch eine tiefere Problematik im Gebrauch von Jargon, die sich in den Aussagen von Autoren widerspiegelt, die versuchen, komplexe und schwer fassbare Konzepte wie die Struktur von Gesellschaften oder kollektive Phänomene zu beschreiben. Ein besonders schwieriger Abschnitt könnte sich etwa in einer Diskussion über „nationale Entitäten“ und „vorstellbare Gemeinschaften“ äußern. Hier nutzt der Autor vage Begriffe und stellt Verbindungen her, die so abstrakt sind, dass sie mehr Fragen aufwerfen, als sie beantworten. Was ist beispielsweise eine „irreparabel hypostasierte“ Gemeinschaft? Und was bedeutet es, wenn von „kollektiven Körpern“ die Rede ist, die sich in „schwarze Löcher der Verletzung“ verwandeln?
In diesen Fällen wird nicht nur eine unverständliche Fachsprache verwendet, sondern es wird auch eine Argumentationsweise aufgebaut, die es dem Leser schwer macht, ein klares Bild zu bekommen. Statt dass der Autor diese komplexen Ideen vereinfacht oder mit konkreten Beispielen untermauert, verstrickt er sich in abstrakten Konstrukten, die es dem Leser erschweren, den Text überhaupt zu begreifen. So wird Kommunikation weniger ein Werkzeug des Dialogs, sondern vielmehr eine Art Prüfstein, der nur diejenigen durchlässt, die in der Lage sind, den verschlüsselten Code zu entschlüsseln.
Diese Praxis der komplexen, oft unnötig verkomplizierten akademischen Sprache hat nicht nur Auswirkungen auf das Verständnis, sondern auch auf die emotionale Reaktion des Lesers. Lesen von solchen Texten führt nicht selten zu einem Gefühl der Verlegenheit und des Versagens. Man versteht die Bedeutung nicht auf Anhieb, muss immer wieder an bestimmten Passagen festhalten und ist unsicher, ob man einen wichtigen Punkt übersehen hat. Diese Unsicherheit führt zu einem Gefühl der Unzulänglichkeit, das besonders im akademischen Kontext problematisch ist. Anstatt den Leser zu ermutigen und zu fordern, wird er durch die Sprache entfremdet und in eine passive Rolle versetzt.
Dieses Phänomen betrifft nicht nur weniger erfahrene Autorinnen und Autoren, die möglicherweise aus einer gewissen Unsicherheit heraus schreiben, sondern auch etablierte und respektierte Wissenschaftler, die ihre Texte mit Jargon und abstrakten Begriffen füllen. Was hier auf den ersten Blick wie eine Strategie der Abgrenzung erscheint, ist in Wirklichkeit eine Form der Elitismus, der die Wissenschaft vom breiteren Publikum abkapselt. Dies ist nicht nur eine barrierehafte Praxis, sondern auch eine, die kommunikative Inklusion untergräbt. Die Frage, die sich hier stellt, ist, warum man als Autor das Bedürfnis hat, so zu schreiben, dass nur die „intellektuell Fittesten“ in der Lage sind, den Text zu verstehen.
Der Gebrauch von Jargon in der akademischen Welt hat somit nicht nur eine funktionale Bedeutung – er dient nicht nur der Spezifikation von Fachwissen –, sondern auch eine kulturelle und soziale. Durch den Gebrauch von Fachsprache und die Schaffung von In-Group-Ausdrücken wird eine Hierarchie der Wissensproduktion etabliert, die den Zugang zu diesem Wissen auf eine kleine, eingeschränkte Gruppe von „Eingeweihten“ beschränkt. Dies stellt die Frage nach der sozialen Verantwortung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern: Ist es wirklich gerechtfertigt, Wissen so zu verschlüsseln, dass es nur von wenigen verstanden werden kann? Und wie können wir die Wissenschaft wieder inklusiver und zugänglicher machen, ohne auf Präzision und Fachlichkeit zu verzichten?
Wie kann akademisches Schreiben den Leser erreichen und warum sind Metaphern dabei essenziell?
Nahezu 99 Prozent aller Leser, ganz zu schweigen von Laien, werden durch unklare oder überfordernde akademische Texte abgeschreckt. Kein Autor möchte einen derart großen Teil seines Publikums verlieren, doch genau das geschieht, wenn die Bedürfnisse der Leserschaft nicht bedacht werden. Ein weit verbreiteter Fehler ist die Tendenz, den Leser herablassend zu behandeln, oft ausgelöst durch die Unsicherheit des Autors, der seine Expertise demonstrieren will. Diese Haltung kann sich durch die gesamte akademische Laufbahn ziehen und wird leider häufig zur Waffe, mit der komplexe Gedanken statt verständlich vermittelt zu werden, als Beweis von Überlegenheit eingesetzt werden.
Akademisches Schreiben ist eine Form des Lehrens, die über das Unterrichten im Seminarraum hinausgeht. Es bedeutet, Forschung so zu vermitteln, dass der Leser etwas lernt. Dabei ist es unerheblich, ob die Zielgruppe Spezialisten oder ein breiteres Publikum sind; entscheidend bleibt, die Perspektive des Lesers einzunehmen und seine Voraussetzungen zu kennen. Wenn ein Autor etwa voraussetzt, dass der Leser bereits mit bestimmten Theorien oder Fachbegriffen vertraut ist, ohne diese zu erläutern, isoliert er einen Großteil seiner potenziellen Leserschaft. So entstehen Texte, die nur eine kleine, bereits eingeweihte Gruppe erreicht, während andere verloren gehen.
Diese Art des Schreibens ist letztlich respektlos gegenüber dem Leser. Gute akademische Texte „reichen dem Leser die Hand“, begleiten ihn und bauen eine Brücke des Verständnisses. Schlechte Texte hingegen lassen den Leser allein zurück, mit ausgestreckter Hand, ohne eine echte Verbindung herzustellen. Sie sind unfreundlich und ungerecht, denn sie verlangen Aufmerksamkeit und Zeit, ohne selbst entgegenzukommen. Ein akademischer Autor muss daher bestrebt sein, den Leser nicht nur zu fordern, sondern auch zu fördern und zu achten.
Metaphern spielen in diesem Kontext eine bedeutende Rolle. Sie werden oft als zu kreativ oder unpassend für wissenschaftliche Texte angesehen, doch genau das Gegenteil ist der Fall. Metaphern sind keine bloßen Schmuckelemente, sondern wesentliche Denkwerkzeuge. Laut den Linguisten George Lakoff und Mark Johnson sind menschliche Gedanken größtenteils metaphorisch strukturiert. Metaphern ermöglichen ein „Aha“-Erlebnis, das abstrakte oder komplexe Sachverhalte veranschaulicht und damit verständlicher macht.
Ein historisches Beispiel zeigt, wie wirkungsvoll Metaphern sein können: Wilbur Wright verglich den Fall eines Papierblattes mit dem Flug eines Vogels, um die Herausforderungen des Fliegens zu verdeutlichen. Dieses Bild vermittelte nicht nur technische Erkenntnisse, sondern erzeugte eine lebendige Vorstellung, die seine Zuhörer mitnahm. Durch solche Vergleiche werden Inhalte greifbar und zugänglich, ohne dabei an intellektueller Tiefe einzubüßen.
Darüber hinaus besitzen Metaphern eine Überzeugungskraft, die in politischen und sozialen Diskursen oft genutzt wird. Schlagworte wie „New Deal“ oder „Tausend Punkte Licht“ sind Beispiele dafür, wie metaphorische Sprache Botschaften verkürzt, emotionalisiert und somit nachhaltiger im Bewusstsein verankert.
Akademisches Schreiben profitiert also davon, wenn es nicht nur korrekt und fundiert, sondern auch anschaulich und leserfreundlich gestaltet wird. Die Kunst besteht darin, die Brücke zwischen komplexem Wissen und dem Verständnis des Lesers zu schlagen, ohne diesen zu überfordern oder auszuschließen. Dabei sind Metaphern ein unverzichtbares Werkzeug, das nicht nur Wissen vermittelt, sondern auch Freude am Lesen und Lernen fördern kann.
Es ist zudem entscheidend, dass Autoren sich bewusst machen, dass ihre Texte Teil eines kommunikativen Prozesses sind. Sie müssen empathisch schreiben, um eine Beziehung zum Leser herzustellen, die auf Respekt und Austausch beruht. Nur so kann akademisches Schreiben seine pädagogische Funktion erfüllen und die Rezipienten nicht nur informieren, sondern auch inspirieren.
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