Die Berechnung der vertikalen Gesamtbelastung (𝜎v) erfolgt in mehreren Schritten und berücksichtigt die zunehmende Tiefe des Bodens. Die Berechnung kann mit einer einfachen Formel durchgeführt werden, bei der die Dichte des Bodens und die Tiefe als Eingabewerte dienen. Nehmen wir zum Beispiel eine Bodenschicht mit einer Dichte von 17,17 kN/m³ und einer Tiefe von 2 Metern. Die vertikale Gesamtbelastung in dieser Tiefe ist:

σv=(17,17kN/m3)×(2m)=34,34kN/m2\sigma_v = (17,17 \, \text{kN/m}^3) \times (2 \, \text{m}) = 34,34 \, \text{kN/m}^2

Wenn die Tiefe auf 3 Meter ansteigt, muss die Belastung durch die zusätzliche 1 Meter tiefe Sandschicht berechnet werden, deren Dichte 18,15 kN/m³ beträgt. Das ergibt:

σv=34,34+(18,15kN/m3)×(1m)=52,5kN/m2\sigma_v = 34,34 + (18,15 \, \text{kN/m}^3) \times (1 \, \text{m}) = 52,5 \, \text{kN/m}^2

Diese Berechnungen können für jede Tiefenstufe im Bodenprofil fortgeführt werden. Der Anstieg der vertikalen Gesamtbelastung mit zunehmender Tiefe wird in der Regel durch den Bodenaufbau bestimmt, da jede Schicht eine andere Dichte aufweist. In den Bodenprofilen (wie in Abbildung 2.1 gezeigt) ist der Verlauf der vertikalen Gesamtbelastung entlang der Tiefe als eine kontinuierliche Zunahme darstellbar.

Neben der vertikalen Gesamtbelastung ist auch der Porenwasserdruck von Bedeutung. Dieser Druck ist das Resultat des Grundwassers, das in den Hohlräumen des Bodens eingeschlossen ist. Um den Porenwasserdruck zu berechnen, muss der Wasserstand berücksichtigt werden. In einem hydrostatischen Zustand, bei dem es keine Bewegung des Grundwassers gibt, ist der Porenwasserdruck in einem bestimmten Punkt des Bodens einfach das Produkt der Dichte des Wassers (9,81 kN/m³) und der Tiefe unterhalb des Grundwasserspiegels (GWT). Beispielsweise bei einer Tiefe von 4 Metern, wenn der GWT bei 2 Metern liegt, ergibt sich der Porenwasserdruck zu:

u=(9,81kN/m3)×(2m)=19,6kPau = (9,81 \, \text{kN/m}^3) \times (2 \, \text{m}) = 19,6 \, \text{kPa}

Auf ähnliche Weise kann der Porenwasserdruck an verschiedenen Tiefen berechnet werden, wobei man berücksichtigt, dass der Druck über dem GWT als null angesehen werden kann, was jedoch nicht immer korrekt ist. Es kann auch negative Porenwasserdrücke oberhalb des GWT geben, die durch Kapillarität verursacht werden. Diese werden in der Regel bei Berechnungen der Bodenbelastung ignoriert, spielen aber in bestimmten geotechnischen Fragestellungen, wie der Überkonsolidierung, eine Rolle.

Die vertikale effektive Spannung (𝜎′v) ist ein weiterer wichtiger Parameter, der aus der vertikalen Gesamtbelastung und dem Porenwasserdruck abgeleitet wird. Laut Terzaghi und anderen (1996) setzt sich die effektive Spannung aus der Gesamtbelastung minus dem Porenwasserdruck zusammen. Dies lässt sich durch die Gleichung ausdrücken:

σv=σvu\sigma'_v = \sigma_v - u

Diese effektive Spannung ist entscheidend für das mechanische Verhalten des Bodens, da sie die Interaktion zwischen den festen Partikeln des Bodens und dem umgebenden Wasser beschreibt. Sie ist immer eine normale Spannung und beeinflusst die Stabilität und Festigkeit des Bodens. Die vertikale effektive Spannung kann durch die Differenz der vertikalen Gesamtbelastung und des Porenwasserdrucks an jedem Punkt im Bodenprofil berechnet werden. Beispielsweise ergibt sich bei einer Tiefe von 5 Metern eine vertikale effektive Spannung von:

σv=89,8kPa29,4kPa=60,4kPa\sigma'_v = 89,8 \, \text{kPa} - 29,4 \, \text{kPa} = 60,4 \, \text{kPa}

Die horizontale effektive Spannung (𝜎′h) kann ebenfalls aus der vertikalen effektiven Spannung berechnet werden. Diese wird mit einem sogenannten Erddruckkoeffizienten (K) multipliziert. Der Koeffizient K0, der für ruhende Erddruckbedingungen (also ohne seitliche Bewegungen) verwendet wird, wird durch den Reibungswinkel des Bodens und das Überkonsolidierungsverhältnis bestimmt. Eine häufig verwendete Annahme ist, dass K0 in den meisten Böden etwa 0,5 beträgt.

Die horizontale effektive Spannung wird dann einfach berechnet als:

σh=K0×σv\sigma'_h = K_0 \times \sigma'_v

Für die Beispielberechnung bei einer Tiefe von 5 Metern mit K0 = 0,5 ergibt sich eine horizontale effektive Spannung von:

σh=(0,5)×(60,4kPa)=30,2kPa\sigma'_h = (0,5) \times (60,4 \, \text{kPa}) = 30,2 \, \text{kPa}

Die horizontale Gesamtbelastung (𝜎h) wird aus der horizontalen effektiven Spannung und dem Porenwasserdruck berechnet:

σh=σh+u\sigma_h = \sigma'_h + u

Mit der gleichen Berechnung wie oben ergibt sich für die horizontale Gesamtbelastung an der Tiefe von 5 Metern:

σh=30,2kPa+29,4kPa=59,6kPa\sigma_h = 30,2 \, \text{kPa} + 29,4 \, \text{kPa} = 59,6 \, \text{kPa}

Die Berechnungen der Bodenbelastung und der Spannungen sind wichtige Schritte bei der Analyse von Bodeneigenschaften und der Stabilität von Bauwerken. Um sicherzustellen, dass alle Belastungen korrekt berücksichtigt werden, sollte der Berechnungsablauf stets von der vertikalen Gesamtbelastung über den Porenwasserdruck bis hin zur horizontalen Gesamtbelastung folgen. Eine grafische Darstellung, wie sie in den Diagrammen gezeigt wird, hilft dabei, die Berechnungen zu überprüfen und das Verhalten der Spannungen über die Tiefe hinweg zu visualisieren.

Die Bestimmung von Erddruckkoeffizienten und die Berücksichtigung der Bodenschichten sowie des Grundwasserspiegels sind dabei von zentraler Bedeutung. Ein tiefes Verständnis dieser Konzepte ermöglicht präzisere Berechnungen und eine zuverlässigere Einschätzung der Bodenstabilität und der zu erwartenden Setzungen unter Last.

Wie man den Mohr-Kreis für Spannungszustände im Boden konstruiert und interpretiert

Die Konstruktion und Anwendung von Mohr-Kreisen kann für Studierende eine einschüchternde Aufgabe darstellen. Es ist nicht ungewöhnlich, dass man zu Beginn entmutigt wird, doch sollte man sich nicht von diesem ersten Eindruck abschrecken lassen. Mit Übung und Geduld wird das Verständnis für den Mohr-Kreis wachsen, und seine Handhabung wird zunehmend einfacher.

Ein Mohr-Kreis stellt eine visuelle Methode zur Analyse der Spannungszustände auf beliebigen Ebenen innerhalb eines Bodenelements dar. Um den Mohr-Kreis zu konstruieren, beginnen wir mit der Beschreibung der Spannungszustände im realen Raum und zeigen anschließend, wie diese Spannungen im Diagramm des Mohr-Kreises dargestellt werden. Zunächst betrachten wir die Spannungsbedingungen auf einem rechteckigen Element im Boden. In Abbildung 2.4 sind die Normal- und Schubspannungen dargestellt, die auf den Seiten dieses Elements wirken.

Auf einer horizontalen Fläche wirken eine vertikale Normalspannung (𝜎A) und eine Schubspannung (𝜏AB), während auf der vertikalen Fläche eine horizontale Normalspannung (𝜎B) und eine entgegengesetzte Schubspannung (−𝜏AB) auftreten. Zudem zeigt Abbildung 2.4 die Kombination von Normal- und Schubspannungen (𝜎𝛼, 𝜏𝛼) auf einer beliebigen Ebene, die unter einem Winkel α zur horizontalen Ebene ausgerichtet ist.

Ein zentraler Punkt bei der Konstruktion des Mohr-Kreises ist die Wahl der Vorzeichenkonventionen, die für Spannungen und Winkel verwendet werden. In der Geotechnik wird die normale Kompressionsspannung als positiv betrachtet. Für die Schubspannung wird nach der Methode von Holtz et al. (2010) verfahren, wobei positive Schubspannungen Momente erzeugen, die im Uhrzeigersinn wirken. Diese Konvention ist entscheidend für die korrekte Bestimmung der Spannungen im Mohr-Kreis.

Die Darstellung im Mohr-Kreis erfolgt im Spannungsdiagramm, bei dem die x-Achse die Normalspannung und die y-Achse die Schubspannung repräsentiert. Ein wesentlicher Aspekt bei der Übergabe von Spannungszuständen aus dem realen Raum in den Spannungsraum ist die Tatsache, dass Kombinationen von Normal- und Schubspannungen, die in einem bestimmten Winkel zueinander stehen, auf dem Mohr-Kreis um den doppelten Winkel voneinander entfernt liegen.

So sind beispielsweise die Spannungen (𝜎A, 𝜏AB) und (𝜎B, −𝜏AB), die auf rechtwinklig zueinander stehenden Ebenen wirken, auf dem Mohr-Kreis um 180° voneinander entfernt. Diese Eigenschaft, dass auf rechtwinklig zueinander stehenden Ebenen die Spannungen immer 180° voneinander entfernt auf dem Mohr-Kreis liegen, ist äußerst nützlich. In der Praxis reicht es oft aus, nur zwei Punkte auf dem Mohr-Kreis zu kennen, wenn diese genau entgegengesetzt zueinander stehen.

Die Konstruktion des Mohr-Kreises wird abgeschlossen, indem wir den Mittelpunkt (𝜎cent) und den Radius r bestimmen. Der Mittelpunkt des Kreises ist der Durchschnitt der Normalspannungen 𝜎A und 𝜎B. Der Radius lässt sich mit dem Satz des Pythagoras berechnen und beschreibt die maximale Schubspannung, die auf das System wirkt.

Ein weiteres wichtiges Konzept sind die Hauptspannungen, die die maximalen und minimalen Normalspannungen angeben. Diese Hauptspannungen treten auf, wenn die Schubspannung null ist und sind als die Hauptnormalspannungen (𝜎1 und 𝜎3) bekannt. Die maximale Schubspannung (𝜏max) entspricht dem höchsten Punkt des Mohr-Kreises.

Es ist auch möglich, den Mittelpunkt des Mohr-Kreises auf verschiedene Weisen zu bestimmen. Falls die beiden bekannten Punkte nicht genau entgegengesetzt zueinander liegen, kann der Mittelpunkt durch eine Konstruktion aus Linien und deren Mittelpunkten gefunden werden. Eine Linie zwischen den beiden bekannten Punkten wird gezeichnet, und der Mittelpunkt dieser Linie gibt den Mittelpunkt des Mohr-Kreises an.

Sobald der Mohr-Kreis konstruiert ist, kann er verwendet werden, um die Spannungen (𝜎𝛼, 𝜏𝛼) auf einer beliebigen Ebene, die unter einem bestimmten Winkel α ausgerichtet ist, zu bestimmen. Die Orientierung dieser Ebene wird durch den sogenannten „Pol“ des Mohr-Kreises angegeben. Der Pol ist der Punkt im Mohr-Kreis, von dem aus Linien zu den Punkten des Kreises gezogen werden. Die Orientierung dieser Linien entspricht der Orientierung der Ebenen im realen Raum, auf denen die jeweiligen Spannungen wirken.

Um den Pol zu finden, zeichnet man Linien durch die bekannten Spannungen (𝜎A, 𝜏AB) und (𝜎B, −𝜏AB) und bestimmt den Punkt, an dem sich diese Linien im Mohr-Kreis schneiden. Jede Linie, die vom Pol zu einem Punkt auf dem Kreis gezogen wird, entspricht einer Ebene im realen Raum, auf der die Spannungen (𝜎𝛼, 𝜏𝛼) wirken.

Ein praktisches Beispiel zeigt, wie der Mohr-Kreis für Spannungszustände im Boden unter einer flachen Oberfläche konstruiert wird. Angenommen, wir befinden uns 4 Meter unter der Oberfläche eines flachen Geländes, wo die vertikale und horizontale Gesamtspannung 71,1 kPa und 45,4 kPa betragen. Da es keine Schubspannungen auf den horizontalen und vertikalen Ebenen gibt, entspricht die vertikale Spannung der größten Hauptspannung (𝜎1) und die horizontale Spannung der kleineren Hauptspannung (𝜎3). Die Konstruktion des Mohr-Kreises für diesen Zustand erfordert lediglich das Zeichnen der beiden Spannungen auf dem Diagramm, und das Ergebnis wird die Verteilung der Spannungen auf allen Ebenen zeigen.

Der Mohr-Kreis ist ein äußerst nützliches Werkzeug zur Bestimmung von Spannungszuständen im Boden und kann verwendet werden, um sowohl die maximale Schubspannung als auch die Hauptspannungen zu ermitteln. Um jedoch eine vollständige Vorstellung von den Spannungszuständen im Boden zu erhalten, muss der Leser auch die Auswirkungen von Bodenstruktur, Materialverhalten und äußeren Belastungen auf diese Spannungen berücksichtigen. Es ist von entscheidender Bedeutung zu verstehen, dass der Mohr-Kreis zwar eine sehr nützliche Darstellung bietet, aber nicht alle physikalischen Phänomene und komplexen Wechselwirkungen in einem Bodenmassiv vollständig beschreibt.