Die Rolle der Gebrechlichkeit als unabhängiger Prädiktor für unerwünschte klinische Ereignisse bei älteren Patienten mit akutem Koronarsyndrom (ACS) gewinnt zunehmend an Bedeutung. Verschiedene Studien belegen, dass gebrechliche Patienten nicht nur ein höheres Risiko für schwere Blutungen innerhalb von 30 Tagen nach einem ACS aufweisen, sondern auch generell eine schlechtere Prognose im Verlauf zeigen. Die TRILOGY-ACS-Studie verdeutlicht, dass insbesondere Patienten ohne ST-Streckenhebung (NSTEMI) mit ausgeprägter Gebrechlichkeit eine erhöhte Sterblichkeit und Komplikationsrate aufweisen. Diese Beobachtungen werden durch weitere Analysen wie aus dem ACTION-Register gestützt, die einen direkten Zusammenhang zwischen Gebrechlichkeit und Blutungskomplikationen nach Myokardinfarkt belegen.

Die Präsenz von Koronarkalk, ein Marker für fortgeschrittene Atherosklerose, ist bei älteren und insbesondere gebrechlichen Patienten signifikant häufiger. Bei Diabetikern sowie Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz ist dieser Befund zusätzlich verstärkt und geht mit einer erhöhten kardiovaskulären Ereignisrate einher. Auch die Bildgebung mittels optischer Kohärenztomographie zeigt bei gebrechlichen Patienten auffällige Plaquemerkmale, wie dünne fibröse Kappen und vermehrte Plaqueerosionen, die mit einem instabileren Verlauf assoziiert sind.

Interventionelle Studien wie ISAR-TEST 4 und 5 zeigen, dass das Ausmaß der koronaren Verkalkung signifikant mit der Langzeitprognose nach Stentimplantation zusammenhängt. Gleichzeitig wird deutlich, dass polymerbasierte Strategien bei stark verkalkten Läsionen an ihre Grenzen stoßen. In der täglichen Praxis führt dies häufig zur Notwendigkeit individualisierter Ansätze, wobei nicht selten eine inkomplette Revaskularisation in Kauf genommen wird, insbesondere bei Patienten über 75 Jahren. Dennoch zeigen Daten, dass auch bei inkompletter Versorgung eine akzeptable Langzeitprognose erreichbar sein kann.

Ein weiterer zentraler Aspekt ist die Frage nach der optimalen invasiven Strategie bei Hochbetagten. Die Studienlage – unter anderem aus FIRE und COMPLETE – deutet darauf hin, dass bei selektionierter Patientenwahl eine physiologisch geführte Revaskularisation nicht nur sicher, sondern auch mit einer Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse verbunden ist. Dennoch bleibt die Umsetzung komplex, da Alter, vaskuläre Morphologie und Mikrogefäßdysfunktion – gerade bei älteren Frauen – zu einer erheblichen Diskrepanz zwischen Druck- und Fluss-basierten Messungen führen können.

Die kardiovaskuläre Leitlinienlage der ESC/EACTS sowie ACC/AHA empfiehlt differenzierte therapeutische Entscheidungen auf Basis individueller Risikoprofile. Dabei steht zunehmend nicht nur das Überleben, sondern auch die Lebensqualität im Fokus. Studien zeigen, dass Gebrechlichkeit signifikant mit einer Reduktion der gesundheitsbezogenen Lebensqualität assoziiert ist, unabhängig von der Art der Intervention. Dies verdeutlicht, dass rein technische Erfolgsparameter nicht ausreichen, um den Behandlungserfolg bei älteren Patienten zu beurteilen.

Zudem zeigt sich, dass gebrechliche Patienten häufig mit multiplen Komorbiditäten vorstellig werden, was die Risiko-Nutzen-Abwägung zusätzlich erschwert. Nicht selten resultieren daraus konservative Therapiestrategien, die zwar vermeintlich risikoärmer erscheinen, aber mittel- bis langfristig mit suboptimalen klinischen Ergebnissen assoziiert sind. Die Entscheidung zwischen invasiver und konservativer Behandlung darf daher nicht ausschließlich durch das kalendarische Alter bestimmt werden, sondern muss funktionelle, kognitive und soziale Faktoren einbeziehen.

Wichtig ist darüber hinaus das Verständnis für altersbedingte Veränderungen in der koronaren Hämodynamik. Die altersassoziierte mikrovaskuläre Dysfunktion kann bei intermediären Stenosen zu einer Fehlinterpretation der funktionellen Relevanz führen, selbst bei Anwendung etablierter Verfahren wie dem Fractional Flow Reserve (FFR). Die Diskrepanz zwischen FFR und der koronaren Flussreserve (CFR) wird mit zunehmendem Alter größer und muss bei der Therapieplanung berücksichtigt werden.

Entscheidend ist, dass klinische Entscheidungsprozesse bei älteren, gebrechlichen Patienten nicht von standardisierten Algorithmen dominiert werden dürfen. Vielmehr ist ein multidimensionaler Ansatz notwendig, der funktionelle Kapazität, Frailty-Status, Lebenserwartung und individuelle Präferenzen des Patienten einbezieht. Nur so lässt sich eine Therapieplanung realisieren, die den Herausforderungen dieser vulnerablen Population gerecht wird.

Wie lange sollte die Dauer der DAPT-Therapie nach PCI sein?

Die Entscheidung über die Dauer der dualen Antiplättchen-Therapie (DAPT) nach einer perkutanen Koronarintervention (PCI) ist von wesentlicher Bedeutung, da sie sowohl das Risiko von ischämischen Komplikationen als auch von Blutungen beeinflusst. Eine der wichtigsten Herausforderungen bei dieser Entscheidung ist die Abwägung zwischen dem Nutzen der längeren DAPT-Therapie zur Verhinderung von Stentthrombosen und dem erhöhten Risiko von schweren Blutungen, das mit einer längeren Therapiedauer verbunden sein kann.

Ein zentrales Thema in der Diskussion um die Dauer der DAPT-Therapie ist das Risiko von Blutungen, das bei einigen Patienten erheblich erhöht sein kann. Die Entscheidung zur Verkürzung der Therapie oder der Wahl eines anderen Therapieansatzes, wie zum Beispiel eine Monotherapie mit P2Y12-Inhibitoren, sollte die individuelle Blutungsgefahr berücksichtigen. Bei Patienten, die ein hohes Blutungsrisiko aufweisen, kann eine verkürzte DAPT-Dauer (z. B. 1 bis 3 Monate) klinisch vorteilhaft sein, ohne die Ischämierisiken signifikant zu erhöhen.

Eine Vielzahl von Studien hat gezeigt, dass die Risikoeinschätzung des Blutungsrisikos eine der wichtigsten Überlegungen bei der Bestimmung der DAPT-Dauer nach PCI ist. Die ARC-HBR-Klassifikation (Academic Research Consortium für hohes Blutungsrisiko) definiert Patienten als Hochrisikopatienten für Blutungen, wenn sie bestimmte Kriterien erfüllen, wie z. B. eine chronische Leberzirrhose mit portaler Hypertension, eine kürzliche schwere traumatische Hirnblutung oder eine spontane intrakranielle Blutung in der Vergangenheit. In solchen Fällen sollte das Blutungsrisiko vorrangig berücksichtigt werden, da dies möglicherweise den Nutzen einer längeren DAPT-Therapie überwiegt.

Studien wie die MASTER-DAPT-Studie, die speziell Patienten mit hohem Blutungsrisiko einbezog, haben gezeigt, dass eine verkürzte DAPT-Dauer (1–3 Monate) eine vergleichbare klinische Wirksamkeit wie eine Standardtherapie (12 Monate) aufweisen kann, jedoch mit einem signifikant niedrigeren Risiko für schwere Blutungen. Es hat sich gezeigt, dass eine verkürzte DAPT-Therapie in solchen Fällen zu einer besseren Gesamtbilanz aus klinischen Ereignissen und Blutungsrisiko führen kann.

Das Risiko einer Stentthrombose bleibt jedoch eines der Hauptthemen, das bei der Bestimmung der Therapiedauer berücksichtigt werden muss. Die meisten Studien zur Verkürzung der DAPT-Dauer haben sich mit Patienten befasst, die ein hohes Risiko für Blutungen aufwiesen, aber auch bei diesen Patienten konnte das Risiko von ischämischen Ereignissen, einschließlich des Auftretens einer Stentthrombose, nicht vollständig ausgeschlossen werden. Die Wahl des P2Y12-Inhibitors spielt ebenfalls eine Rolle, da verschiedene Inhibitoren unterschiedliche potenzielle Risiken und Nutzen aufweisen, die in der klinischen Praxis sorgfältig abgewogen werden sollten.

Darüber hinaus wird die Möglichkeit einer Monotherapie mit P2Y12-Inhibitoren zunehmend diskutiert, insbesondere bei Patienten, bei denen Aspirin aufgrund von gastrointestinalen Risiken oder anderen gesundheitlichen Bedenken vermieden werden soll. Studien wie die GLOBAL-LEADERS-Studie und die STOPDAPT-3-Studie haben gezeigt, dass eine Monotherapie mit P2Y12-Inhibitoren nach einer verkürzten DAPT-Therapie bei vielen Patienten eine praktikable Option sein kann, insbesondere wenn das Blutungsrisiko hoch ist. Jedoch sollte hier eine sorgfältige Risiko-Nutzen-Abwägung vorgenommen werden, da bei einigen Patienten, insbesondere solchen mit akutem Koronarsyndrom (ACS), ein erhöhtes Risiko für ischämische Ereignisse bestehen könnte.

Zusätzlich zu den direkten klinischen Studienergebnissen ist es wichtig zu betonen, dass das Management von Patienten mit hohem Blutungsrisiko individuell angepasst werden muss. Faktoren wie das Alter des Patienten, die Nierenfunktion und die Geschichte von gastrointestinalen oder intrakranialen Blutungen müssen berücksichtigt werden, um das geeignete Management festzulegen. Auch die Wahl des verwendeten Antiplättchenmittels – ob Aspirin, Clopidogrel, Ticagrelor oder Prasugrel – kann je nach individuellen Risikofaktoren variieren.

Es ist wichtig zu verstehen, dass eine Verkürzung der DAPT-Therapie nicht für alle Patienten geeignet ist, insbesondere nicht für jene mit hohem ischämischen Risiko. In Fällen, in denen der Nutzen einer längeren Antiplättchenbehandlung überwiegt, sollte eine Standardtherapie mit DAPT fortgesetzt werden, auch wenn das Blutungsrisiko erhöht ist. Bei der Auswahl der Therapie sollte daher nicht nur das Blutungsrisiko, sondern auch das Risiko für ischämische Ereignisse wie Myokardinfarkt und Stentthrombose berücksichtigt werden.