Im Laufe der 1990er Jahre wurden Fair-Trade-Initiativen in verschiedenen Ländern etabliert, die unter Marken wie Max Havelaar und Transfair bekannt wurden. Diese Initiativen fanden nicht nur in den Niederlanden, sondern auch in Ländern wie Dänemark, Belgien, Norwegen, Frankreich und der Schweiz sowie in Irland und Großbritannien Verbreitung. Kleinere Labels wie Cafédirect im Vereinigten Königreich und Equal Exchange Coffee in den USA kamen zur gleichen Zeit auf den Markt. Trotz ihrer unterschiedlichen Ursprünge und geografischen Verteilungen verband die Fair-Trade-Bewegung eine gemeinsame Vision: den Handel gerechter zu gestalten. Doch trotz dieser gemeinsamen Ziele bestanden erhebliche Unterschiede in den Standards, der Struktur der Entscheidungsfindung und den Überwachungsmechanismen dieser verschiedenen Fair-Trade-Label-Initiativen.

Diese Labels hatten spezifische Vorstellungen darüber, wie Marktbeziehungen ordnungsgemäß zu gestalten seien. Sie forderten faire vertragliche Vereinbarungen zwischen Produzenten und Händlern, Standards für die Produktionsmethoden, Mindestpreise, Regeln für die Organisation und Entscheidungsprozesse der Produzentenorganisationen sowie Mechanismen zur Bewertung bestimmter Marktpraktiken. Darüber hinaus entstand die Vorstellung von einem neuen Wirtschaftssubjekt, das durch alternative Austauschbeziehungen gefördert wurde – ein Subjekt, das in kontinuierlicher Zusammenarbeit wirtschaftliche und soziale Beziehungen intensivieren sollte. Barratt Brown formulierte dies prägnant: „Es ist kein großer Schritt, vom Kauf eines Fair-Trade-Produkts zu einer Mitgliedschaft in einer Konsumentenvereinigung überzugehen, die in Zusammenarbeit mit den Produzenteninteressen agiert.“

Diese visionären Ideen von Zusammenarbeit und Fairness trugen jedoch nicht in der erhofften Form Früchte. In den Jahren nach der Einführung von Fair-Trade-Labels setzten sich eher Professionalisierung, Mainstreaming und Marktverdrängung durch. In den späten 1990er Jahren gab es bereits zahlreiche nationale Fair-Trade-Marken. Anfangs waren die Labels auf nationaler Ebene organisiert, wobei Vertrauen und Beziehungen eine wichtige Rolle spielten. Doch je mehr sich diese Marken in den regulären Märkten etablierten, desto mehr mussten sie sich den Manager-Anforderungen des Marktes stellen, etwa in Bezug auf Standardsetzung, Zertifizierung, Transparenz und Rückverfolgbarkeit. Diese Entwicklung war notwendig, um als „glaubwürdiges“ Label in einem zunehmend wettbewerbsintensiven Markt für ethische Produkte zu überleben.

Das führte zu einer starken Nachfrage nach einer stärkeren Professionalisierung und Harmonisierung. Die verschiedenen nationalen Fair-Trade-Initiativen schlossen sich 1997 unter der gemeinsamen Organisation FLO (heute Fairtrade International) zusammen. Diese Institution übernahm die Verantwortung für die Entwicklung und Überprüfung einheitlicher Fair-Trade-Standards und begann, den Fair-Trade-Zertifizierungsprozess zu harmonisieren. 2002 wurde das einheitliche Fair-Trade-Zertifikat eingeführt, das mittlerweile von allen Mitgliedsorganisationen der FLO verwendet wird.

Diese Professionalisierung hatte weitreichende Auswirkungen auf die Beziehung zwischen Produzenten und Verbrauchern. Früher waren es vor allem vertrauensvolle, informelle Netzwerke, die den Fair-Trade-Austausch prägten. Doch die Einführung formeller Standards und Zertifizierungsverfahren verschob diese Dynamik. Wie Wilson und Mutersbaugh feststellten, begann dies eine Erosion des Konsenses innerhalb der Fair-Trade-Netzwerke zu verursachen. Gespräche über die Natur und Bedeutung von Fairness wurden zunehmend durch professionelle Verhandlungen ersetzt, in denen es vor allem um die Einhaltung von Standards und die Sicherstellung der Integrität des Zertifizierungsprozesses ging.

Ein zentrales Element dieser Entwicklung war die Einführung des ISO-zertifizierten Prozesses zur Überprüfung der Fair-Trade-Standards. Die International Organization for Standardization (ISO) erfordert eine strikte Trennung zwischen der Festlegung von Standards und der Überprüfung der Einhaltung dieser Standards. Dies führte zur Gründung einer eigenständigen Einheit, FLO-CERT, die unabhängig agiert, aber weiterhin im Besitz von Fairtrade International bleibt. Die Trennung von Standardsetzung und Zertifizierung wurde bald als Best Practice für Fair-Trade-Organisationen angesehen und setzte einen neuen Standard, auch für andere Nachhaltigkeitslabels.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass durch diese Entwicklung die ursprüngliche Idee eines solidarischen, vertrauensbasierten Netzwerks zunehmend von einer normativen und marktwirtschaftlichen Logik verdrängt wurde. Die Anforderungen an Transparenz und die Notwendigkeit, die Integrität der Zertifizierungsprozesse zu gewährleisten, haben zu einer immer stärkeren Bürokratisierung des gesamten Fair-Trade-Systems geführt. Während die ethischen Werte des Fairen Handels nach wie vor eine wichtige Rolle spielen, ist die Bewegung zunehmend in den Rahmen konventioneller Wirtschaftspraktiken eingebettet, die auf Effizienz und messbaren Standards beruhen. Die Herausforderung für die Zukunft wird darin bestehen, die ursprünglichen Ideale des Fairen Handels mit den praktischen Anforderungen eines globalisierten Marktes in Einklang zu bringen.

Wie die Rassenhierarchie der Kolonialzeit das globale Entwicklungsverständnis prägte

Der Begriff der „globalen weißen Überlegenheit“ als eines Systems der Weltordnung ist in der Geschichte tief verwurzelt und bleibt eine zentrale Grundlage der internationalen politischen und rechtlichen Strukturen. Von der Ausbeutung der Ressourcen über die Sklaverei bis hin zur imperialen Ausdehnung über den gesamten Erdball erstreckte sich ein historisches Netz von Gewalt, Vertreibung und Ausbeutung, das die Grundlage der modernen globalen Ordnung bildete. In diesem globalen Austausch von Körpern, Land, Waren wie Zucker, Baumwolle und Gewürzen sowie dem Handel mit Waffen und Gold, wurde die politische und wirtschaftliche Hierarchie geformt, die noch heute nachwirkt.

Diese Strukturen sind nicht nur die Grundlage der globalen Wirtschaft, sondern auch ein symbolisches Feld, das die Welt über Jahrhunderte hinweg prägte. Besonders deutlich wird dies im Rahmen der „Entwicklungspolitik“, die mit der Geschichte des Kolonialismus und der imperialen Expansion untrennbar verbunden ist. Entwicklung wird hier als ein Konzept verstanden, das in einem „zivilisatorischen Diskurs“ verwurzelt ist, der die westlichen, universellen Ansprüche von Fortschritt und Modernität widerspiegelt. Diese Sichtweise macht deutlich, wie Entwicklung als ein Projekt der europäischen und nordamerikanischen Mächte, insbesondere durch den Kolonialismus, gefördert und gleichzeitig als Instrument zur Aufrechterhaltung von Machtverhältnissen verwendet wurde.

In dieser globalen Geschichte ist der Begriff „Rasse“ nicht nur ein soziales Konstrukt, sondern eine fundamentale Grundlage der globalen Machtasymmetrien. Rassismus, so wie er sich im Kontext des Kolonialismus manifestiert, ist ein „tödlicher“ Prozess der Abstraktion, der Unterschiede in hierarchische Strukturen umwandelt und die Beziehungen zwischen den souveränen politischen Territorien der Welt organisiert. Diese „Abstraktion“ wird durch das Konzept der „weißen Überlegenheit“ verstärkt, das als zentrales Element der imperialen Weltordnung fungiert.

Ein wichtiger Aspekt dieser Diskussion ist die Art und Weise, wie „Entwicklung“ als ein wesentlich rassifizierter Begriff betrachtet werden kann. Das Entwicklungsparadigma wurde oft als universelle Lösung für die „Unterentwicklung“ des globalen Südens präsentiert. Doch hinter diesem scheinbar neutralen Begriff verbirgt sich eine tiefe Verstrickung mit den kolonialen und imperialen Praktiken, die die geopolitischen und ökonomischen Strukturen bis heute dominieren. „Entwicklung“ ist somit kein neutraler, technokratischer Begriff, sondern ein politisches Instrument, das im Dienste der Aufrechterhaltung bestehender Machtstrukturen steht.

Die Geschichte der weißen Überlegenheit als eines Systems der Weltordnung wurde schon in wichtigen Schriften wie Walter Rodney’s How Europe Underdeveloped Africa und Lisa Lowe’s Intimacies of Four Continents untersucht. Diese Werke stellen dar, wie die imperialistische Ausbeutung Afrikas und anderer kolonialisierter Regionen nicht nur eine ökonomische, sondern auch eine kulturelle und symbolische Dimension hatte, die noch immer in den globalen Machtverhältnissen nachwirkt.

Diese kritischen Perspektiven auf „Entwicklung“ und „Rassismus“ zwingen uns, das klassische Verständnis von Internationalem Recht und politischer Ökonomie zu hinterfragen. Wie im Werk von Charles Mills ausgeführt, kann die globale weiße Überlegenheit als ein politisches System verstanden werden, das tief in der internationalen Struktur von Macht und Recht verwurzelt ist. Auch die Entwicklungspolitik bleibt in vielerlei Hinsicht an diese Systematik gebunden, was ihre Fähigkeit zur echten Transformation und Umgestaltung stark einschränkt.

Es ist entscheidend zu verstehen, dass Entwicklung und Rassismus als zwei Seiten derselben Medaille betrachtet werden müssen. Sie sind miteinander verflochten und haben sich historisch als Instrumente der Machtprojektion und -erhaltung erwiesen. Die Theorien und Kritiken aus der schwarzen radikalen Tradition bieten nicht nur eine alternative Sichtweise auf die Geschichte der Weltordnung, sondern fordern uns auch dazu auf, die Grundlagen der internationalen politischen und rechtlichen Strukturen zu hinterfragen, die den globalen Süden weiterhin marginalisieren und die weiße Überlegenheit als Norm bekräftigen.

Zusätzlich zu diesen theoretischen Überlegungen wird es wichtig sein, die praktischen Konsequenzen für die gegenwärtige Entwicklungspolitik und internationale Rechtsordnung zu reflektieren. Wenn der Begriff der Entwicklung weiterhin von den gleichen rassifizierten Machtstrukturen durchzogen ist, kann er nicht als Lösung für die Probleme des globalen Südens dienen. Vielmehr muss die Entwicklungspolitik neu gedacht werden, um echte politische und wirtschaftliche Gerechtigkeit zu fördern, die sowohl die kolonialen Erbschaften als auch die anhaltenden rassistischen Strukturen adressiert.