Die duale antiplatelettherapie (DAPT) hat sich bei der Behandlung von Patienten mit akutem Koronarsyndrom (ACS) und nach koronarer Intervention als entscheidend erwiesen, um das Risiko thrombotischer Ereignisse zu verringern. Sie wird in der Regel über einen Zeitraum von mindestens 12 Monaten durchgeführt, wobei in den ersten Monaten die Antithrombozytenwirkung besonders intensiv ist. Allerdings geht diese intensive Therapie auch mit einem erhöhten Risiko für Blutungen einher. Dies hat die Entwicklung von Strategien zur Deeskalation der Therapie vorangetrieben, bei denen entweder die Dosis von Antiplatelet-Medikamenten reduziert oder die Medikamente auf weniger potente Inhibitoren umgestellt werden.

Die Deeskalation der Therapie nach einem akuten koronaren Ereignis stellt eine Balance zwischen der Vermeidung von ischämischen Ereignissen und dem Minimieren von Blutungsrisiken dar. Studien haben gezeigt, dass der intensive Einsatz von Medikamenten wie Prasugrel oder Ticagrelor in der Anfangsphase nach einem ACS sehr effektiv in der Prävention von thrombotischen Komplikationen ist. Jedoch steigt mit der fortgesetzten Verwendung dieser Medikamente über längere Zeiträume das Risiko für schwerwiegende Blutungen, insbesondere bei Patienten mit hohem Blutungsrisiko.

Ein Ansatz zur Deeskalation ist die Verkürzung der DAPT auf einen Zeitraum von nur 3 bis 6 Monaten, gefolgt von einer Monotherapie mit einem P2Y12-Inhibitor, wie Clopidogrel oder Aspirin. In Patienten mit einem hohen Blutungsrisiko könnte eine noch kürzere DAPT-Dauer von nur einem Monat in Betracht gezogen werden, gefolgt von einer Monotherapie mit einem der oben genannten Medikamente. Diese Strategie kann auf Basis von Risikoscores wie dem PRECISE-DAPT Score individualisiert werden, der Alter, Kreatinin-Clearance, Hämoglobinspiegel und Leukozytenanzahl berücksichtigt. Der Vorteil einer solchen individualisierten Behandlung liegt in der Möglichkeit, das Blutungsrisiko zu minimieren, ohne das Risiko für thrombotische Ereignisse signifikant zu erhöhen.

Im Gegensatz zu einer gesteuerten Deeskalation, bei der die Wahl des Medikaments oder die Dosis aufgrund genetischer Tests oder von Thrombozytenfunktionsmessungen erfolgt, basiert die ungesteuerte Deeskalation auf einer klinischen Einschätzung des behandelnden Arztes. Hierbei wird entschieden, ob eine Dosisreduktion oder ein Wechsel auf ein weniger potentes Medikament, wie Clopidogrel, sinnvoll ist. Diese Strategie kann auch in Abwesenheit genetischer Tests oder Thrombozytenfunktionsanalysen angewendet werden. Eine Herausforderung bei dieser Methode besteht jedoch darin, den optimalen Zeitpunkt für die Dosisreduktion zu bestimmen, da der Blutungsrisiko über den gesamten Zeitraum der DAPT-Therapie hinweg konstant bleibt, während das Risiko für thrombotische Ereignisse nach den ersten 30 Tagen abnimmt.

Mehrere randomisierte Studien und Meta-Analysen haben die Wirksamkeit der Deeskalation im Vergleich zu Standard-DAPT untersucht. Diese Untersuchungen zeigen, dass die Deeskalation das Risiko von klinischen Ereignissen wie Major Bleeds verringern kann, ohne das Risiko für ischämische Komplikationen zu erhöhen. Eine besonders interessante Beobachtung ist, dass der Wechsel zu Clopidogrel nach einer intensiven DAPT-Behandlung nicht nur die Blutungsrate senkt, sondern auch die Gesamtsterblichkeit im Vergleich zur längeren Anwendung von Prasugrel oder Ticagrelor verringern kann.

Die europäischen Leitlinien für die Behandlung von ACS-Patienten empfehlen daher in bestimmten Fällen eine Deeskalation durch Wechsel oder Dosisreduktion von P2Y12-Inhibitoren (Klasse IIb). Diese Empfehlung basiert auf der Vorstellung, dass eine zu starke Hemmung der Thrombozytenaktivierung nach der Akutphase unnötig und potenziell schädlich für Patienten mit hohem Blutungsrisiko sein kann. Eine solche Deeskalation wird von den meisten Experten als eine vielversprechende Strategie angesehen, um die Therapie in den ersten Monaten nach einem ACS zu optimieren.

Die Praxis der Deeskalation erfordert jedoch eine präzise Einschätzung der individuellen Risiken eines Patienten. Die aktuellen Empfehlungen zur Deeskalation beruhen auf einer Kombination von klinischen Bewertungen und, wenn verfügbar, Tests wie dem P2Y12-Reaktivitätstest oder genetischen Tests, die Hinweise auf eine schlechte Reaktion auf bestimmte Medikamente liefern können. In einer idealen Situation könnten solche Tests helfen, die Behandlungsstrategie noch weiter zu individualisieren und so das Risiko von Komplikationen zu minimieren.

Ein entscheidender Punkt bei der Deeskalation ist auch, dass sie nicht als eine „universelle“ Strategie verstanden werden sollte. Es gibt nach wie vor viele unbeantwortete Fragen, etwa bezüglich der optimalen Zeitpunkte und der spezifischen Patientenprofile, bei denen eine Deeskalation tatsächlich von Vorteil ist. Weitere Forschung ist notwendig, um genauere Empfehlungen zu formulieren und die langfristigen Auswirkungen dieser Strategien auf die Patientenoutcomes besser zu verstehen.

Im Allgemeinen lässt sich sagen, dass die Deeskalation der DAPT-Therapie eine vielversprechende Möglichkeit darstellt, den klinischen Verlauf von ACS-Patienten zu optimieren. Sie trägt dazu bei, das Risiko von Blutungen zu minimieren, während gleichzeitig die Schutzwirkung vor thrombotischen Ereignissen erhalten bleibt. Allerdings bleibt sie eine komplexe Entscheidung, die von der genauen Einschätzung des Risikoprofils eines Patienten abhängt und regelmäßig überprüft werden muss.

Wie beeinflusst das Alter den Zugang und die Intervention bei der perkutanen Koronarangioplastie?

Die Wahl des arteriellen Zugangs bei perkutaner Koronarintervention (PCI) gewinnt zunehmend an Bedeutung, insbesondere bei älteren Patienten. Studien haben gezeigt, dass der radiale Zugang das Risiko vaskulärer Komplikationen und Blutungen im Zusammenhang mit PCI signifikant reduziert. Allerdings erschweren anatomische Veränderungen, die mit dem Alter einhergehen, die Anwendung dieses Zugangs bei älteren Patienten. So gelten fortgeschrittenes Alter, weibliches Geschlecht und Bluthochdruck als klinische Prädiktoren für das Scheitern des rechten radialen Zugangs. Untersuchungen bei Patienten über 70 Jahre belegen, dass der radiale Zugang mit niedrigeren Mortalitätsraten und einem geringeren Auftreten schwerer Blutungen verglichen mit dem femoralen Zugang assoziiert ist. Zudem ist die Rate von Blutungskomplikationen, die eine Operation oder Bluttransfusion erfordern, bei der radialen Methode nahezu null.

Trotz der zunehmenden Verbreitung des radialen Zugangs bleibt der femorale Zugang eine häufig genutzte Methode, insbesondere bei komplexeren Interventionen. Ultraschallunterstützte Punktionen können Komplikationen und Anzahl der Punktionen reduzieren, haben jedoch nicht immer zu einer Verringerung größerer Blutungskomplikationen geführt. Traditionell wird die Hämostase nach Entfernung der femoralen Schleuse manuell durch Kompression erzielt, doch moderne vaskuläre Verschlusssysteme ermöglichen eine schnellere Blutstillung und frühere Mobilisierung. Verschlussgeräte wie Angio-Seal, Perclose oder Mynx reduzieren das Risiko von Hämatomen, zeigen aber keine eindeutige Wirkung auf größere Blutungen oder andere schwere Komplikationen.

Für die Hämostase nach radialem Zugang hat sich die Verwendung von Radialbändern etabliert. Eine Banddauer von mindestens zwei Stunden ist optimal, um Radialarterienverschluss und Hämatome zu verhindern. Neben dem Zugang ist die Auswahl des Stenttyps bei älteren Patienten von großer Bedeutung. Drug-Eluting Stents (DES) haben sich gegenüber Bare-Metal-Stents (BMS) bei Patienten über 75 Jahren als überlegen erwiesen. In der SENIOR-Studie zeigte sich eine signifikant geringere Rate schwerwiegender kardiovaskulärer Ereignisse unter DES mit kurzer dualer Thrombozytenaggregationshemmung im Vergleich zu BMS.

Ein weiterer wichtiger Aspekt bei älteren Patienten ist die häufige Koronarkalzifikation, die das Verfahren erheblich erschwert. Kalkablagerungen führen zu technischen Herausforderungen bei der Gerätedurchführung und Stentimplantation, erhöhen das Risiko von Komplikationen wie Gefäßdissektionen oder Stentfehlern und sind mit einer geringeren minimalen Restlumendurchmesser sowie höherem Reststenosegrad assoziiert. Zur Behandlung der Koronarkalzifikation werden ablative Techniken wie Rotations- und Orbitalatherektomie eingesetzt. Diese ermöglichen die Vorbereitung der Läsion, um eine adäquate Stentimplantation zu gewährleisten.

Der CHIP-PCI-Score, ursprünglich für komplexe Hochrisiko-PCI konzipiert, behält auch bei älteren Patienten eine prognostische Bedeutung für in-hospital relevante Ereignisse, ist jedoch für das 1-Jahres-Risiko weniger aussagekräftig. Eine modifizierte Version, die patienten- und prozedurbezogene Faktoren berücksichtigt, verbessert die Vorhersagekraft für kardiovaskuläre Ereignisse nach einem Jahr signifikant.

Es ist wichtig zu verstehen, dass das Management älterer Patienten mit koronaren Herzerkrankungen nicht nur die Wahl des Zugangsweges oder Stenttyps umfasst, sondern eine ganzheitliche Einschätzung der Komorbiditäten, Gefäßanatomie und funktionellen Reserve erfordert. Die Herausforderung besteht darin, das Risiko von prozeduralen Komplikationen und postinterventionellen Ereignissen zu minimieren und gleichzeitig eine bestmögliche Wiederherstellung der Koronarperfusion zu erzielen. Dies verlangt ein individuelles Vorgehen und die Berücksichtigung neuer Technologien wie drug-coated balloons, die bei älteren Patienten mit reduziertem Bedarf an dualer Antithrombozytenmedikation ebenfalls vielversprechend sind. Zudem sollten Blutungsrisiken sorgfältig abgewogen und innovative Hämostasetechniken eingesetzt werden, um Komplikationen zu reduzieren und die Mobilisation zu beschleunigen.

Wann ist eine hybride koronare Revaskularisierung kontraindiziert – und wie sollte sie optimal durchgeführt werden?

Nicht jeder Patient mit koronarer Herzkrankheit profitiert von einer hybriden Revaskularisierung. Die Indikationsstellung verlangt eine präzise differenzierte Betrachtung klinischer, technischer und anatomischer Faktoren. Besonders bedeutsam sind jene Konstellationen, in denen entweder ein arterieller LIMA-Bypass auf die LAD oder eine perkutane Koronarintervention (PCI) nicht möglich oder kontraindiziert ist.

Zu den kardialen Kontraindikationen zählen hämodynamische Instabilität, ein kürzlich erlittener Myokardinfarkt, kardiogener Schock sowie eine ausgeprägte linksventrikuläre Dysfunktion. Patienten mit ventrikulären Tachyarrhythmien oder dekompensierter Herzinsuffizienz stellen ein besonders hohes Risiko dar. Ebenso kritisch sind technische Limitationen wie eine bereits verwendete oder nicht nutzbare LIMA, vorausgegangene thorakale Operationen mit starker Pleuraverwachsung oder eine Bestrahlung der Thoraxwand, die die chirurgische Zugänglichkeit zur LAD erheblich einschränken können. Auch eine relevante Stenose der linken Arteria subclavia kann den arteriellen Fluss durch das LIMA-Graft kompromittieren.

Auf Seite der PCI existieren ebenfalls relevante Einschränkungen. Dazu zählen eine ausgeprägte und diffundierende Verkalkung der Koronargefäße, sehr kleine Koronararterien oder der fehlende vaskuläre Zugang aufgrund peripherer arterieller Verschlusskrankheit. Patienten mit Kontrastmittel-induzierter Nephropathie oder Unverträglichkeit gegenüber dualer Plättchenhemmung sind für PCI ungeeignet. Bei solchen Konstellationen muss häufig gänzlich auf eine Hybridstrategie verzichtet werden.

Die Entscheidung über das Vorgehen darf nie automatisiert erfolgen, sondern setzt eine integrative, patientenzentrierte Beurteilung durch ein spezialisiertes koronarkompetentes Herzteam voraus. Dieses Team muss idealerweise aus interventionellen Kardiologen, Herzchirurgen, Herzinsuffizienz-Spezialisten sowie klinischen Kardiologen bestehen. Ihre Aufgabe ist es, die unterschiedlichen therapeutischen Optionen – konservative Pharmakotherapie, multivessel PCI, klassische CABG sowie hybride Verfahren – gegeneinander abzuwägen und für den Einzelfall den größtmöglichen Nutzen zu identifizieren. Dieses interdisziplinäre Vorgehen sichert nicht nur medizinische Exzellenz, sondern wahrt auch ethische Verpflichtungen gegenüber dem Patienten.

Zentrale Voraussetzung für eine funktionierende Hybridstrategie ist eine institutionell etablierte Expertise, die sowohl komplexe PCI mit modernen medikamentenfreisetzenden Stents (DES) als auch traditionelle und minimalinvasive Bypassverfahren auf hohem Niveau erlaubt. Dazu gehört die routinierte Anwendung hämodynamischer Messverfahren wie der fraktionierten Flussreserve (FFR) sowie die Fähigkeit zur Durchführung von CTO-Interventionen. Auf chirurgischer Seite sollte die Technik des Off-Pump-CABG sowie der Einsatz arterieller Konduite möglichst standardisiert etabliert sein.

Bezüglich der zeitlichen Sequenzierung der Hybridprozeduren existieren drei Varianten: eine zweizeitige Strategie mit initialem CABG gefolgt von PCI, das umgekehrte Vorgehen mit PCI vor CABG (reverse HCR) sowie das simultane einzeitige Vorgehen im Hybrid-Operationssaal. Letzteres erfordert eine hochspezialisierte Infrastruktur, ermöglicht jedoch eine vollständige Revaskularisierung in nur einer Sitzung unter laufender Narkose. Der große Vorteil liegt in der unmittelbaren Beurteilung der LIMA-LAD-Anastomose durch Angiographie. Zudem entfallen Übergangsrisiken zwischen den Eingriffen, etwa durch entzündliche Prozesse oder Suboptimierung der Plättchenhemmung.

Die Strategie „CABG zuerst“ erlaubt eine Bewertung der Anastomosequalität vor der PCI und gilt als Standard. Typischerweise erfolgt die LIMA-LAD-Verbindung, anschließend die koronare Angiographie über den linken Radialzugang, bevor die Stents für die Nicht-LAD-Gefäße implantiert werden. Wichtig ist dabei die Zurückhaltung bei Eingriffen an der distalen LIMA-Anastomose unmittelbar postoperativ, da hier vorübergehende Pseudo-Stenosen durch Ödeme entstehen können. Nur bei reduzierter TIMI-Perfusion oder klaren Ischämiezeichen sollte hier interveniert werden.

Bei der Strategie „PCI zuerst“ ergibt sich das Problem der erforderlichen dualen Plättchenhemmung, die eine chirurgische Intervention erschwert. Eine Möglichkeit ist, Patienten mit hohem Stentthromboserisiko stationär aufzunehmen, orale Thrombozytenhemmer vor der Operation abzusetzen und durch Cangrelor überbrückend zu substituieren. Diese Methode minimiert das Risiko der Stentthrombose bei gleichzeitig akzeptablem Blutungsrisiko während der Bypassoperation.

Die Wahl der Strategie muss individualisiert erfolgen. Entscheidend ist nicht allein die technische Machbarkeit, sondern die Abwägung aus Ischämierisiko, Blutungspotenzial und Nierenfunktion. Patienten mit chronischer Nierenerkrankung sind besonders vulnerabel für die nephrotoxischen Effekte beider Verfahren. Zudem spielt die Anatomie der Koronargefäße eine zentrale Rolle – stark verkalkte, kleine oder diffus erkrankte Gefäße eignen sich weder für Stenting noch für Bypass-Grafting.

Wichtig ist, dass eine hybride Revaskularisierung nie isoliert als therapeutische Lösung betrachtet wird, sondern nur im Rahmen eines ganzheitlichen kardiovaskulären Behandlungspfads sinnvoll ist. Dazu gehören auch stringente Nachsorgeprotokolle, angepasste medikamentöse Langzeittherapie sowie enge Kontrolle der Lebensstilinterventionen.