Verschwörungstheorien sind ein weit verbreitetes Phänomen, das oft als irrational und schädlich für die Gesellschaft betrachtet wird. Doch eine tiefere Analyse zeigt, dass die Denkmuster von Verschwörungstheoretikern nicht zwangsläufig irrational sind, auch wenn sie anstelle von „offiziellen“ Erklärungen alternative Narrative bevorzugen. In der Tat kann ein rationaler Ansatz helfen zu verstehen, warum diese Überzeugungen entstehen und welche Auswirkungen sie auf das Vertrauen in institutionelle Strukturen haben.

Eine der zentralen Beobachtungen der Sozialpsychologie ist, dass der Glaube an eine Verschwörungstheorie nicht isoliert bleibt. Wer eine Verschwörungstheorie glaubt, ist auch eher geneigt, anderen nicht miteinander verbundenen Theorien Glauben zu schenken. Dies liegt nicht unbedingt an einer „Verschwörungsmentalität“ – einer psychologischen Disposition, die Menschen anfälliger für solche Überzeugungen macht –, sondern vielmehr an einer fundamentalen Haltung gegenüber bestimmten Institutionen, die als korrupt oder wenig vertrauenswürdig angesehen werden. Eine solche Haltung führt dazu, dass der Gläubige in einer Art epistemischem Umfeld agiert, in dem Informationen aus etablierten Quellen grundsätzlich mit Skepsis betrachtet werden.

Das Konzept des „epistemischen Umfelds“ beschreibt dabei die spezifischen Bedingungen, unter denen Informationen wahrgenommen und bewertet werden. Wenn jemand davon überzeugt ist, dass eine Institution – etwa die Regierung oder Medien – nicht vertrauenswürdig ist, dann wird dieser Glaube dazu führen, dass alle Informationen, die aus dieser Quelle stammen, ebenfalls als unglaubwürdig betrachtet werden. Dies ist eine natürliche Konsequenz des Misstrauens und lässt den Glauben an alternative Quellen umso wahrscheinlicher erscheinen, auch wenn diese Quellen manchmal nicht besser abgesichert oder noch weniger verlässlich sind.

Ein weiterer empirischer Befund unterstützt diese Hypothese: Die Ergebnisse von Studien, wie die von Katherine Levine Einstein und David M. Glick (2015), zeigen, dass die bloße Konfrontation mit einer Verschwörungstheorie das Vertrauen in eine Vielzahl von Institutionen untergräbt. In ihrer Studie lasen die Teilnehmer einen Artikel, in dem behauptet wurde, dass das US Bureau of Labor Statistics Arbeitslosenzahlen manipuliert habe. Die Folgen dieser angeblichen Enthüllung waren jedoch weitreichender als erwartet, da sie das Vertrauen der Probanden in andere staatliche Institutionen wie das US Census Bureau oder die FDA minderten. Dies deutet darauf hin, dass institutionelles Misstrauen sehr schnell übertragen wird, was ein weiteres Indiz dafür ist, dass Verschwörungstheorien nicht nur Einzelaspekte der Gesellschaft betreffen, sondern eine breitere Skepsis gegenüber allen etablierten Institutionen erzeugen können.

Die Konsequenzen dieser Dynamik sind weitreichend. In einer offenen Gesellschaft ist Vertrauen die Grundlage für die Funktionsfähigkeit von Institutionen. Wenn dieses Vertrauen erodiert, verlieren die Institutionen ihre Fähigkeit zur Zusammenarbeit und zum gegenseitigen Kontrollieren. Dies führt zu einem Teufelskreis, in dem Misstrauen auf Misstrauen folgt und die gesellschaftliche Kohäsion gefährdet wird.

Trotz dieser negativen Effekte gibt es auch Hinweise darauf, dass das Festhalten an Verschwörungstheorien in bestimmten Kontexten eine Funktion haben könnte. Wenn jemand der Meinung ist, dass alle relevanten Institutionen korrupt sind und lediglich eine kleine Gruppe von Menschen, die er als vertrauenswürdig erachtet, die Wahrheit kennt, dann könnte dies in einem zutiefst dysfunktionalen System eine rationale Reaktion auf ein wahrgenommenes Informationsdefizit darstellen. In solchen Fällen könnte der Glaube an eine Verschwörung, auch wenn er objektiv falsch ist, als ein Versuch interpretiert werden, sich in einem Umfeld von institutionellem Versagen zurechtzufinden.

Dennoch bleibt die Frage, ob der Glaube an falsche Verschwörungstheorien auch epistemische Vorteile hat. In einer gut funktionierenden Gesellschaft sollten Verschwörungstheorien in der Lage sein, die bestehenden Institutionen herauszufordern, jedoch unter der Bedingung, dass diese Theorien mit handfesten Beweisen untermauert werden. In einer solchen Gesellschaft sollten falsche Theorien, die ohne solide Grundlage verbreitet werden, nicht nur das Vertrauen in einzelne Institutionen, sondern in die gesamte gesellschaftliche Struktur destabilisieren. In einer weniger funktionalen Gesellschaft jedoch, in der institutionelles Versagen die Norm ist, kann der Glaube an Verschwörungstheorien eine Anpassung an die tatsächlichen Gegebenheiten darstellen, selbst wenn diese Überzeugungen auf falschen Annahmen beruhen.

Trotz dieser theoretischen Überlegungen zeigt sich, dass der Glaube an Verschwörungstheorien in modernen, offenen Gesellschaften oft nicht zu einer besseren und tieferen Erkenntnis führt. Vielmehr trägt er dazu bei, die gesellschaftlichen Strukturen zu schwächen, die notwendig sind, um Informationen zu verarbeiten und Vertrauen zu fördern. Die Verbreitung von Verschwörungstheorien führt häufig zu einer Erosion des sozialen Zusammenhalts und verstärkt die Fragmentierung der Gesellschaft.

Was für den Leser wichtig ist, ist zu erkennen, dass der Glaube an Verschwörungstheorien nicht einfach als irrational oder schädlich abgetan werden kann. Vielmehr ist es entscheidend, die zugrunde liegenden sozialen und epistemischen Mechanismen zu verstehen, die diese Überzeugungen fördern. Die Verbreitung von Misstrauen gegenüber Institutionen ist nicht nur eine Frage individueller Entscheidungen, sondern ein soziales Phänomen, das tief in der Struktur der Gesellschaft verwurzelt ist. In einer Zeit, in der institutionelles Vertrauen zunehmend fragil wird, ist es von entscheidender Bedeutung, sich der Auswirkungen von Verschwörungstheorien auf die gesellschaftliche Kohäsion bewusst zu sein.

Wie sich "Fake News" im Medienzeitalter verändert haben und was das für die Gesellschaft bedeutet

Die Idee, dass „Fake News“ die Medienlandschaft grundlegend verändert haben, hat in den letzten Jahren weite Verbreitung gefunden. Doch ist die Panik, die rund um diesen Begriff geschürt wird, wirklich gerechtfertigt? Viele befürchten, dass die Verbreitung von Falschmeldungen und Manipulationen durch soziale Medien die öffentliche Meinung und das Vertrauen in die Medien nachhaltig schädigt. Doch diese Perspektive vernachlässigt wichtige historische und strukturelle Aspekte der Medienlandschaft und der Art und Weise, wie Informationen in der Vergangenheit verbreitet wurden.

Ein Blick auf die Mediengeschichte zeigt, dass die Vorstellung von neutraler und objektiver Berichterstattung, wie sie heute oft gefordert wird, nicht immer die Norm war. Besonders in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war parteiische Journalismus weit verbreitet und keineswegs ungewöhnlich. Zwei der bekanntesten amerikanischen Journalisten des 20. Jahrhunderts, Edward R. Murrow und Walter Cronkite, sind vor allem für ihre engagierte, oft politisch gefärbte Berichterstattung bekannt. Murrow machte sich einen Namen, als er Senator Joseph McCarthy angriff, und Cronkite wurde berühmt, weil er den Vietnamkrieg scharf kritisierte. Beide hätten in der heutigen Medienlandschaft wohl ihre Jobs verloren, wenn sie solche Berichterstattung betrieben hätten, die in vielen modernen, von großen Medienkonzernen oder öffentlich-rechtlichen Sendern betriebenen Institutionen als unangemessen angesehen würde.

Die Vorstellung von „Fake News“ wird heute vor allem durch die Beunruhigung über angebliche russische Einflussnahme in westlichen Demokratien geprägt. Insbesondere im Zusammenhang mit den Präsidentschaftswahlen 2016 in den USA wurde der Begriff populär, als einige Akteure glaubten, Russland habe über soziale Netzwerke die Wahl beeinflusst. Diese Befürchtungen sind nicht unbegründet, doch sie verkennen einen wichtigen Punkt: Nur ein kleiner Teil der amerikanischen Bevölkerung bezieht seine Nachrichten tatsächlich aus sozialen Medien. Der Großteil der Menschen – vor allem ältere Wähler – wird immer noch durch Fernsehen und traditionelle Nachrichtenquellen beeinflusst, die nicht selten ihre eigenen Formen von Desinformation verbreiten.

Interessanterweise geht die Diskussion um „Fake News“ oft von einer sehr engen Sicht auf Fakten und deren Überprüfung aus. Diejenigen, die den Begriff verwenden, betonen häufig die Bedeutung von „Faktencheckern“, die dafür sorgen sollen, dass die Wahrheit gewahrt bleibt. Aber wie effektiv sind diese Prüfmechanismen tatsächlich? Die Realität ist komplexer, als es auf den ersten Blick scheint. Früher waren Faktenprüfer eine interne Instanz innerhalb der großen Medienunternehmen, die im Hintergrund arbeiteten. Heute jedoch gibt es eine neue Generation von Faktencheckern, die öffentlich agieren und von jedermann eingesehen werden können. Plattformen wie PolitiFact oder Snopes, die die Wahrheit von politischen Aussagen oder Nachrichten überprüfen, spielen dabei eine zentrale Rolle. Diese Art der öffentlichen Kontrolle ist eine der wichtigen Veränderungen, die mit der Entwicklung des Internets einhergegangen sind. Es ist jedoch ein Trugschluss zu glauben, dass die alten Medienpraktiken der „unfehlbaren“ Faktenprüfung immer die Wahrheit widergespiegelt haben. Vielmehr war ihr Ziel oft weniger die Wahrheitsfindung als die Vermeidung teurer Verleumdungsklagen.

Trotz des vermehrten Aufkommens von falschen Informationen ist es wichtig zu erkennen, dass diese nicht zwangsläufig das öffentliche Wissen oder die Fähigkeit zur Wahrheitsfindung negativ beeinflussen müssen. Dank des Internets und der verbesserten Möglichkeit des Dialogs zwischen Bürgern haben die Menschen heute mehr Werkzeuge zur Hand, um die Richtigkeit von Informationen zu überprüfen. Die Fähigkeit, Nachrichten zu bewerten und zu hinterfragen, hat sich enorm verbessert. Studien zeigen, dass zwar viele Menschen Schwierigkeiten haben, „Fake News“ von „echten“ Nachrichten zu unterscheiden, aber dass dies nicht notwendigerweise zu einer weit verbreiteten Fehleinschätzung führt. Vielmehr ist es so, dass der bewusste Austausch und die Diskussion über verschiedene Quellen den Menschen helfen, informierte Urteile zu fällen.

Es gibt auch die Vorstellung, dass „Fake News“ absichtlich in die Welt gesetzt werden, um politische Agenden zu verfolgen. Doch diese Perspektive lässt außer Acht, dass die Medienlandschaft immer schon von einer Vielzahl von Interessen und Machtstrukturen beeinflusst war. Wer sich intensiv mit der Geschichte von Desinformation und Propaganda beschäftigt, wird feststellen, dass diese Praktiken nicht neu sind. Schon vor der Ära des Internets wurden Medien in großem Umfang genutzt, um die öffentliche Meinung zu manipulieren. Der Unterschied heute liegt vielmehr in der Geschwindigkeit, mit der Informationen verbreitet werden, und in der Fähigkeit von Einzelnen, sich eine eigene Meinung zu bilden, die nicht nur auf einer einzigen Quelle basiert.

Wichtiger als die Frage, ob es „Fake News“ gibt, ist daher die Fähigkeit der Gesellschaft, sich mit diesen Herausforderungen auseinanderzusetzen. Die Verfügbarkeit von Informationsquellen und die gestiegene Medienkompetenz sind entscheidend, um die Verbreitung von Fehlinformationen zu kontrollieren. In einer Demokratie ist es unerlässlich, dass die Bürger in der Lage sind, Informationen kritisch zu hinterfragen und sich nicht von simplen Narrativen verführen zu lassen. Ein weiteres entscheidendes Element ist die ethische Verantwortung der Medienunternehmen und ihrer Mitarbeiter. Die Frage, wie transparent die Quellen und Methoden von Journalisten sind, bleibt zentral für das Vertrauen in die Medien und die Wahrhaftigkeit von Nachrichten.

Wie Verschwörungstheorien die wissenschaftliche Untersuchung beeinflussen

Es ist einfach, die grundlegenden Annahmen wissenschaftlicher Untersuchungen explizit zu machen. Auf der deskriptiven Seite lässt sich sagen, dass Wissenschaftler nicht Sicherheit als Standard für Glauben und Möglichkeit als Leitfaden für Wahrheit annehmen und dass wissenschaftliche Untersuchungen einige Quellen, wie zum Beispiel Wahrsager, ignorieren. Auf der evaluativen Seite lässt sich hinzufügen, dass einige Quellen von Beweisen zuverlässig sind, wie etwa wissenschaftliche Institutionen (z. B. Forschungszentren), während andere Beweise nicht erforderlich sind (z. B. Sicherheit, nach Descartes). Wie man diese Liste von Hintergrundannahmen erweitern könnte, um wissenschaftliche Untersuchungen vollständig zu beschreiben und zu bewerten, ist eine wichtige, wenn auch anspruchsvolle Aufgabe, die jedoch außerhalb des Rahmens dieses Kapitels liegt.

Ein weiterer Schritt in diese Richtung bringt uns näher an das Zentrum der Problematik. Hier wird beschrieben, wie die Untersuchung durch diskreditierende Filter eingeschränkt wird, die sich gegen Beweise aus institutionell anerkannten Quellen richten (z. B. Forschungsinstitute, Universitäten, Journalisten). Ein Verschwörungstheoretiker führt seine Untersuchung durch, indem er einen solchen Filter auf epistemische Normen anwendet: Er diskreditiert eine institutionelle epistemische Quelle (d. h. eine bestimmte Quelle von Beweisen, die auf einer sozialen Struktur basieren, wie z. B. medizinische Forschung), indem er die Hypothese aufstellt, dass es sich um eine täuschende Institution handelt – eine Institution wurde entweder erschaffen oder später sabotiert, um die Menschen zu täuschen. Von entscheidender Bedeutung ist, dass eine Verschwörungstheorie zu einer Hintergrundannahme wird.

Es ist daher wichtig, klarzustellen, was hier unter einer „Verschwörungstheorie“ zu verstehen ist. Für unsere Zwecke reicht eine minimale Charakterisierung aus. Eine Verschwörungstheorie ist eine Theorie, die eine alternative Erklärung für ein Ereignis oder Phänomen bietet, die der offiziellen Erklärung widerspricht. Diese Erklärung basiert auf der Hypothese, dass hinter den Kulissen eine Verschwörung stattfindet – oft politischer Natur – inszeniert von den an dem Ereignis beteiligten Parteien, um die öffentliche Meinung zu ihrem Vorteil zu manipulieren. Häufig basiert der Verschwörungsmechanismus auf dem Glauben, dass institutionelle Körper (z. B. Universitäten, Forschungsinstitute, Industrien, Regierungen) absichtlich fiktive und irreführende Beweise in Bezug auf ein bestimmtes Ereignis oder Thema produzieren (z. B. die Form der Erde, die Schäden durch Rauchen, die Beziehung zwischen Impfungen und Autismus), um die öffentliche Aufmerksamkeit von einer verborgenen Wahrheit abzulenken, die nicht aus den geheimen Räumen der Institutionen entweichen darf.

Die meisten Verschwörungstheorien werden zu Recht mit Fällen von alternativen Erklärungen für bekannte Fakten in Verbindung gebracht, die trügerisch und irreführend sind. Einige bekannte Beispiele für schädliche Verschwörungstheorien sind die Theorie des „New World Order“, die „Protokolle der Weisen von Zion“ oder die Anschläge vom 11. September. Jedoch sollte die Hypothese, dass eine Verschwörung hinter einer offiziellen „institutionellen“ Erklärung für ein bestimmtes Ereignis steht, nicht immer als ungerechtfertigt oder unwahr betrachtet werden. In der Tat gab es auch Verschwörungstheorien, die sich später als wahr herausstellten, wie im Fall der multinationalen Tabakunternehmen. Eine Verschwörungstheorie kann also wahr und gerechtfertigt sein.

In vielen (wahrscheinlich den meisten) Fällen ist jedoch die Hypothese einer Verschwörung unwahrscheinlich und zudem könnte sie dazu dienen, eine Untersuchung vor Reformen zu schützen. Wenn epistemische Normen durch Hintergrundannahmen gefiltert werden, die den Inhalt einer Verschwörungstheorie beinhalten, sprechen wir von einem Fall von Post-Untersuchung. In einer Post-Untersuchung wählen die Filter die potenziellen Rechtfertigungen so aus, dass eine Untersuchung mit niedrigen epistemischen Standards entsteht, da die anspruchsvollsten Beweise aus wissenschaftlichen Institutionen herausgefiltert werden. Niedrige epistemische Standards verringern den Grad der Maximierung der Wahrheit und der Minimierung der Falschheit, da die Untersuchenden weniger Chancen haben, wahre Überzeugungen zu erhalten und falsche zu vermeiden, wenn ihre verfügbaren Beweise nicht effektiv auf das hinweisen, was der Fall ist. Daher ist die Post-Untersuchung in Bezug auf die Erfüllung des alethischen Ziels schlecht bewertet.

Ein wirksamer Weg, zu erklären, wie eine Verschwörungstheorie eine Post-Untersuchung hervorruft, ist es, diese einer speziellen Klasse von Verschwörungstheorien zuzuordnen, die von Quassim Cassam identifiziert wurde. Diese Verschwörungstheorien besitzen sechs Merkmale, die wir C-Merkmale nennen: (i) sie sind spekulativ, (ii) konträr, (iii) esoterisch, (iv) amateurhaft, (v) vormodern und (vi) selbstabschließend. Spekulativ bedeutet, dass sie auf Vermutungen beruhen, denen es an soliden Beweisen mangelt – z. B. gibt es keine soliden Beweise dafür, dass Stanley Kubrick an einer Verschwörung zur Fälschung der Mondlandung beteiligt war. Sie sind konträr, weil sie gegen die offensichtliche Erklärung von Ereignissen sind – z. B. obwohl al-Qaeda die Verantwortung für die Anschläge vom 11. September übernommen hat, behaupten die Verschwörungstheorien, dass es sich um eine innere Tat handelte. Sie sind esoterisch, weil sie bizarre Erklärungen verwenden, wie zum Beispiel die These von Flat-Earthern, dass die Grenzen der Erde von einer geheimen Armee der Regierungen bewacht werden. Außerdem sind sie amateurhaft, weil diejenigen, die diese Theorien vertreten, in der Regel keine Experten auf dem relevanten Gebiet sind. Diese letzte Eigenschaft wird besonders deutlich in den beiden Fallstudien, die in den Abschnitten 5 und 6 analysiert werden: Anti-Impf-„Experten“ sind keine echten Experten – sie sind keine Virologen, sondern höchstens Allgemeinmediziner; Flat-Earther sind keine Physiker, Geologen oder Astronomen, sondern bestenfalls Amateurscientists. Ein weiteres Merkmal ist die Vormoderne, was bedeutet, dass sie eine Weltanschauung vertreten, in der „komplexe Ereignisse von einer kleinen Gruppe von Menschen im Geheimen kontrolliert werden können, und das gibt diesen Ereignissen eine tiefere Bedeutung“.

Die Tatsache, dass bestimmte Verschwörungstheorien diese Merkmale besitzen, erklärt, warum sie wahrscheinlich nicht wahr sind. Jede Untersuchung, deren Hintergrundannahmen auf Verschwörungstheorien mit den C-Merkmalen (i)–(v) beruhen, ist daher dazu bestimmt, schlecht in Bezug auf die Erfüllung des alethischen Ziels abzuschneiden. Schließlich fügt Cassam hinzu, dass diese Theorien selbstabschließend sind – C-Merkmal (vi) – in dem Sinne, dass Gläubige an diese Theorien einer „Glaubensblase“ angehören, deren Annahmen eine besondere Rolle spielen: „Jeder, der sie in Frage stellt... wird aus der Blase ausgeschlossen“. Dieses letzte Merkmal ist mit unserem Begriff der Reformierbarkeit verbunden, da es auf eine starke Widerstandsfähigkeit einer Untersuchung hinweist, reformiert zu werden: Viele Quellen, die widerlegende Beweise für Hintergrundannahmen liefern könnten, werden neutralisiert, da sie durch die epistemischen Filter ausgeschlossen sind.

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Was macht die Ablehnung der Wissenschaft zur post-Wahrheits-Untersuchung?

Die Ablehnung wissenschaftlicher Erkenntnisse hat in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen, und sie manifestiert sich nicht nur in populistischen Diskursen, sondern auch in spezifischen, normativ problematischen Formen der Forschung. Eine solche Form, die in der Diskussion um Wissenschaftsleugnung oft übersehen wird, ist die sogenannte „post-Wahrheits-Untersuchung“ oder post-enquiry. Diese Form der Forschung beruht auf einem spezifischen epistemischen Filter, der eine Verzerrung der Erkenntnis und eine systematische Ablehnung von etabliertem Wissen zur Folge hat. Anhand von zwei markanten Beispielen aus der Wissenschaftsleugnung – dem Glauben an die flache Erde und der Antivax-Bewegung – lassen sich die Merkmale einer solchen post-Wahrheits-Untersuchung aufzeigen. Beide Bewegungen folgen einem normativ abweichenden Muster von Forschung, das nicht nur die Standardmethoden wissenschaftlicher Praxis in Frage stellt, sondern diese in einen Rahmen stellt, der die Wahrheitserkenntnis aktiv verhindert.

In unserem Ansatz sind Wissenschaftsleugner berechtigt, ihre eigenen Thesen zu vertreten, so bizarr sie uns auch erscheinen mögen. Dies gilt vor allem, wenn sie eine Forschung betreiben, die auf bestimmten epistemischen Filtern basiert. Der Vorwurf, dass dies eine unnötig komplexe und erklärende Struktur wäre, übersieht jedoch einen wichtigen Punkt: die Auswirkungen, die unser Vorschlag auf die epistemische Normativität hat. Wissenschaftsleugner sind, so die Theorie, in der Lage, in einem Rahmen zu forschen, der mit bestimmten normativen Anforderungen übereinstimmt, auch wenn sie auf einem falschen Hintergrund beruhen – wie etwa einer Verschwörungstheorie, die die wissenschaftlichen Institutionen der Welt als Lügner darstellt.

Die Forschung der flachen Erde etwa stellt ein solches Beispiel dar. Diese Bewegung beruht auf der Überzeugung, dass die Erde flach sei, ein Standpunkt, der – so kurios er uns erscheinen mag – eine kleine, aber merkliche Anhängerschaft besitzt. Laut einer Umfrage glauben etwa 2 % der US-Bevölkerung an die flache Erde. Flacherdler führen eine Art Untersuchung durch, die gewisse Ähnlichkeiten mit wissenschaftlicher Forschung aufweist: Sie entwerfen und führen Experimente durch, suchen nach alternativen Erklärungen und haben sogar eine eigene spezielle Kartographie entwickelt. In gewisser Weise achten sie auf Beweise, wenn auch auf eine höchst problematische Art und Weise.

Die epistemischen Fehler, die in dieser Form der Untersuchung sichtbar werden, resultieren aus einer zugrunde liegenden Verschwörungstheorie, die davon ausgeht, dass nahezu alle Regierungen und wissenschaftlichen Institutionen der Welt die Wahrheit über die Form der Erde verschweigen und stattdessen fälschlicherweise behaupten, dass der Planet kugelförmig ist. Diese Theorie dient als Hintergrundannahme für die flache Erde Forschung. Die wissenschaftlichen Beweise, die dieser Bewegung entgegengebracht werden, werden regelmäßig als „Fake News“ abgetan. Ein klassisches Beispiel ist die Reaktion auf Bildmaterial von der NASA, das die kugelförmige Gestalt der Erde belegen soll. Flacherdler behaupten, diese Beweise seien gefälscht, das Ergebnis einer groß angelegten Verschwörung, die darauf abzielt, die „wahre“ Form der Erde zu verbergen. Selbst simple, visuelle Experimente, die den Krümmungsnachweis erbringen sollen, werden schlichtweg geleugnet, wenn sie im Widerspruch zur flachen Erde Theorie stehen.

Ein weiteres Beispiel, das verdeutlicht, wie diese Verschwörungstheorien als epistemische Filter fungieren, ist das Thema der Mondlandung 1969. Flacherdler glauben, dass die Mondlandung ein Schwindel war, inszeniert von der NASA, möglicherweise sogar unter der Regie von Stanley Kubrick in Hollywood. Ein weiterer bemerkenswerter Fall ist ein Experiment, das 2018 von einer Gruppe von Skeptikern und Flacherdlern durchgeführt wurde, um die Erdkrümmung am Saltonsee in Kalifornien zu beweisen. Der Versuch, den Krümmungsnachweis zu erbringen, wurde von den Flacherdlern einfach als Fälschung abgetan, und sie warfen den Organisatoren vor, „Fake News“ zu verbreiten.

In all diesen Fällen ist es klar, dass die Leugnung der wissenschaftlichen Beweise nicht nur eine abweichende, sondern eine extrem verzerrte Form der Forschung darstellt. Die Rolle der „Fake News“ ist hier entscheidend, denn sie tragen nicht nur dazu bei, die Glaubwürdigkeit wissenschaftlicher Quellen zu untergraben, sondern werden von den Leugnern selbst als Grundlage für ihre eigenen, pseudowissenschaftlichen Theorien verwendet.

Die post-Wahrheits-Untersuchung, die in der flachen Erde und der Antivax-Bewegung zum Tragen kommt, basiert auf der selektiven Ablehnung von Beweisen und der Konstruktion eines alternativen, ideologisch gefilterten Wissens. Dies führt nicht nur zu einer epistemischen Verzerrung, sondern auch zu einer normativen Abweichung, da diese Bewegungen zwar als legitime Anfragen auftreten, jedoch in einer Weise operieren, die die normativen Standards wissenschaftlicher Forschung ignoriert.

Es ist von Bedeutung, zu verstehen, dass diese Formen der Wissenschaftsleugnung nicht einfach das Ergebnis von Ignoranz oder mangelndem Wissen sind. Vielmehr handeln diese Bewegungen nach einem tief verwurzelten Glauben an eine alternative Wahrheit, die von einer Verschwörungstheorie getragen wird. Dies macht die Ablehnung von etabliertem wissenschaftlichen Wissen zu einer ideologisch motivierten Praxis, die sich der gängigen Normen von Erkenntnis und Wahrheit widersetzt. Es ist entscheidend, bei der Analyse von Wissenschaftsleugnung zu berücksichtigen, dass solche Bewegungen nicht nur von falschen Informationen geprägt sind, sondern auch durch eine spezifische Art von epistemischer Unaufgeschlossenheit, die die Grundlage für ihre Untersuchungen bildet.