Akademische Texte sind häufig von der Sorge begleitet, dass die Erklärung grundlegender Konzepte den Leser langweilen könnte oder ihn in seiner Kompetenz herabsetzen würde. Diese Angst ist jedoch unbegründet und führt zu negativen Ergebnissen. Wenn Autoren in ihren Arbeiten, insbesondere Dissertationen, grundlegende Informationen überspringen, kann dies den Leser in eine unangenehme Position bringen: Er fühlt sich unvorbereitet und möglicherweise ausgeschlossen. Der wahre Wert einer gut geschriebenen akademischen Arbeit liegt oft darin, dass der Autor die Grundlagen zuerst erklärt, statt davon auszugehen, dass der Leser diese bereits kennt. Es ist sogar ein Zeichen von Expertise, wenn man zuerst die notwendigen, aber grundlegenden Informationen vermittelt. Der Versuch, den Leser nicht mit "Offensichtlichem" zu überfluten, kann unbewusst den Eindruck erwecken, dass der Autor entweder das Publikum nicht erreicht oder die Komplexität des Themas unterschätzt.
Ein Beispiel aus der akademischen Literatur verdeutlicht dieses Problem: In einer Arbeit über die karolingischen Reformen und die Rolle von Benedikt von Aniane bei den Aachener Konzilen von 816 und 818/19 wird sofort vorausgesetzt, dass der Leser mit der historischen Periode und den entsprechenden Begriffen vertraut ist. Der Autor beginnt ohne jegliche Einführung oder Kontext, was den Leser in eine unangenehme Lage versetzt. Wer mit der Geschichte von Benedikt von Aniane oder den Aachener Konzilen nicht vertraut ist, wird von diesem Einstieg praktisch ausgeschlossen. Es ist, als ob der Autor sagt: „Dieses Buch ist nicht für dich.“ Es wäre sinnvoller, den Lesern zu ermöglichen, sich in die Thematik einzufinden, auch wenn es bedeutet, grundlegende Informationen zu wiederholen, die vielleicht bereits als bekannt gelten.
Dieser Ansatz ist jedoch nicht nur auf akademische Arbeiten beschränkt. Auch populärwissenschaftliche Texte oder solche, die für ein breiteres Publikum gedacht sind, sollten sicherstellen, dass der Leser die Grundlagen versteht. So beginnt etwa die Autorin Ada Ferrer in ihrem Werk über Christoph Kolumbus, die Entdeckungsreise und die politischen Umstände im Jahr 1492 mit einer klaren und präzisen Darstellung der grundlegenden Fakten. Selbst wenn viele Leser bereits wissen, dass Kolumbus 1492 segelte, wiederholt Ferrer diese Information, um sicherzustellen, dass alle Leser denselben Wissensstand haben. Auch wenn dies als „zu einfach“ erscheinen mag, hat diese Strategie den Zweck, die Grundlage für komplexere Argumente zu schaffen.
Es ist wichtig zu verstehen, dass akademisches Schreiben immer auch eine Form des Lehrens ist. Der Autor sollte sich stets der Bedürfnisse und des Wissensstandes seines Publikums bewusst sein. Dabei kann das Publikum sehr unterschiedlich sein: Es kann sich um Spezialisten in einem bestimmten Fachgebiet handeln, aber auch um weniger erfahrene Leser, die mit dem Thema nicht vertraut sind. In jedem Fall sollte der Autor sicherstellen, dass er den Leser nicht verwirrt oder entfremdet, sondern ihm hilft, das Thema zu verstehen. Das bedeutet auch, dass man nicht davon ausgehen sollte, dass der Leser über ausreichendes Vorwissen verfügt, um den Text ohne Schwierigkeiten zu verstehen. Dies gilt besonders in Bereichen, in denen Fachjargon verwendet wird.
Jargon ist in akademischen Arbeiten oft ein zweischneidiges Schwert. Einerseits kann er präzise und effizient sein, um komplexe Konzepte zu beschreiben, andererseits kann er den Leser ausschließen. Die Verwendung von Fachbegriffen und -ausdrücken signalisiert oft Zugehörigkeit zu einer bestimmten Wissensgemeinschaft. Diejenigen, die mit den Begriffen vertraut sind, fühlen sich in der Gruppe eingeschlossen, während alle anderen sich ausgeschlossen fühlen. Dies kann zu einer unangemessenen Distanz zwischen dem Autor und dem Leser führen. Ein Beispiel dafür ist die Verwendung von Begriffen aus der Schachwelt. Während erfahrene Schachspieler sofort verstehen, was mit „romantischem“ oder „klassischem“ Spielstil gemeint ist, ist der Begriff für einen unerfahrenen Spieler möglicherweise unverständlich. In einem wissenschaftlichen Kontext, in dem Experten kommunizieren, mag es sinnvoll erscheinen, solche Fachbegriffe zu verwenden, um präzise zu sein, doch diese Praxis kann bei einem breiteren Publikum, das weniger mit dem Thema vertraut ist, zu Verwirrung führen.
Deshalb ist es entscheidend, dass der Autor den Nutzen und die Fallstricke des Jargons versteht. Während ein gewisses Maß an Fachsprache notwendig sein kann, sollte der Autor darauf achten, dass der Begriff nicht unnötig ausschließt oder die Leser mit unnötigen Begriffen überfordert. Es kann von Vorteil sein, Fachbegriffe zu erklären, selbst wenn man sie in einer spezialisierten Zielgruppe erwartet. Auf diese Weise wird das Vertrauen der Leser gestärkt und ein echtes Verständnis ermöglicht.
Abschließend ist es für den Erfolg einer akademischen Arbeit oder eines Textes von großer Bedeutung, dass der Autor sich bemüht, das Wissen auf die richtige Weise zu vermitteln. Die Grundlagen sollten nicht als selbstverständlich angesehen werden, und Fachbegriffe sollten nicht zur Barriere werden. Wenn der Leser zu Beginn des Textes gut orientiert ist und in der Lage ist, dem Argument zu folgen, wird er eher bereit sein, komplexere und spezialisiertere Informationen zu verstehen. Der Autor lehrt immer – und je besser er dies tut, desto größer ist die Chance, dass seine Arbeit auch von einem breiteren Publikum wahrgenommen und geschätzt wird.
Wie akademisches Schreiben durch Grenzüberschreitung an Bedeutung gewinnen kann
Akademisches Schreiben verliert oft an Reichweite, weil sich viele Autoren in ihren spezialisierten Fachgebieten isolieren. Ein grundlegendes Ziel sollte daher sein, so zu schreiben, dass das eigene Werk das größtmögliche Publikum erreicht. Dies bedeutet nicht, dass man einen Bestseller anstreben muss, sondern dass man sich auf ein breiteres Publikum ausrichtet, das möglicherweise kleiner ist als die Leser von Stephen King, aber trotzdem größer, als man anfangs vermuten könnte. Wenn der Rat, „seine Leserschaft zu suchen“, auf den ersten Blick als selbstverständlich erscheint, so zeigt die Realität der akademischen Welt, dass nur wenige diesen Rat beherzigen.
Ein typisches Beispiel ist die Verwendung von Begriffen oder Theorien, die in einem sehr eingeschränkten Rahmen verankert sind, wie etwa „Jamesons postmodernes Hyperspace-Konzept“. Wer mit solchen Begriffen arbeitet, geht davon aus, dass jeder Leser diesen Begriff versteht, was jedoch selten der Fall ist. Das eigentliche Problem liegt nicht in den Begriffen oder Konzepten, sondern in der Abschottung der Referenzen, die nur eine kleine Gruppe von Lesern erreicht. Der Leser wird dadurch ausgeschlossen und es entsteht eine Barriere des Verständnisses, die in vielen Fällen auf ein unsicheres oder gar ängstliches Schreiben zurückzuführen ist.
Akademisches Schreiben sollte jedoch diese Barrieren abbauen. Natürlich ist es nicht immer möglich, alle Grenzen zu überwinden, aber es ist entscheidend, sich auf die „nächsten“ Grenzen zu konzentrieren – die, die am einfachsten zu überschreiten sind. Denn wer über Grenzen hinweg schreibt, tut dies oft klarer und verständlicher, da er oder sie sich der Mühe, eine Verbindung zu einem breiteren Publikum herzustellen, stärker bewusst ist. Es geht nicht nur darum, eine größere Zahl von Lesern zu erreichen, sondern um die Qualität der Verständigung. Der Fokus sollte also darauf liegen, so klar wie möglich zu schreiben, besonders dann, wenn man sich über die Grenzen des eigenen Fachgebiets hinaus bewegt.
Ein weiteres Problem stellt nicht nur die Spezialisierung, sondern die Balkanisierung dar. Während Spezialisierung Gedanken organisiert und Denker zusammenführt, führt Balkanisierung zu einer unnötigen Trennung von Wissensgebieten, die in isolierte mikrokosmische Gemeinschaften zerfallen. Diese Trennung führt dazu, dass der größere Kontext verloren geht, und mit ihm die Ethik der akademischen Gemeinschaft selbst. Ein zentrales Element dieser Ethik ist die Bereitschaft, über Disziplinengrenzen hinweg zu kommunizieren, was eine großzügige Haltung im Schreiben voraussetzt. Ohne diese Ethik riskiert das akademische Schreiben, sich von der breiten Öffentlichkeit zu entfremden.
Die Fragmentierung des akademischen Lesepublikums ist nicht erst heute ein Problem. Bereits 1976 beschrieb der Harvard-Dekan Henry Rosovsky die akademische Welt als einen „Turm von Babel“, in dem die Möglichkeit eines gemeinsamen Diskurses und gemeinsamer Werte verloren gegangen sei. Diese Fragmentierung und der Verlust eines übergreifenden Dialogs haben fatale Auswirkungen. Wenn akademische Autoren beginnen, in isolierten Blasen zu schreiben, verlieren sie den Kontakt zur breiteren gesellschaftlichen Relevanz ihrer Arbeit.
Der Verlust einer ethischen Perspektive im Schreiben wurde auch von George Orwell scharf kritisiert. In seinem Essay „Politik und die englische Sprache“ warnt Orwell davor, dass unscharfes, vages Schreiben zu unscharfem Denken führt, was wiederum politische Manipulation durch ungenaue und irreführende Sprache ermöglicht. In einem Klima dieser sprachlichen Nachlässigkeit entstehen gefährliche Ideologien und politische Tendenzen, die auf eine Verfälschung der Realität hinauslaufen – etwa wenn Kriegsverbrechen als „Befriedungsmaßnahmen“ bezeichnet werden oder das gewaltsame Vertreiben von Menschen als „Bevölkerungsverschiebung“ umschrieben wird.
Die Problematik des schlechten Schreibens beschränkt sich jedoch nicht nur auf politische Diskurse. Im akademischen Bereich trägt ungenaues Schreiben dazu bei, dass das öffentliche Vertrauen in akademische Institutionen und deren Expertise schwindet. Wenn Wissenschaftler ihre Leserschaft durch schlechte Sprache und komplizierte Konzepte abgrenzen, riskieren sie nicht nur, das Interesse der breiten Öffentlichkeit zu verlieren, sondern auch, dass die akademische Welt selbst geschwächt wird. Diese Schwächung manifestiert sich nicht nur in der öffentlichen Wahrnehmung, sondern auch in der Fähigkeit, gesellschaftliche Probleme fundiert und wirkungsvoll zu adressieren.
Zudem trägt schlechtes akademisches Schreiben zur Entfremdung einer breiten Leserschaft bei, die sich von der akademischen Welt abwendet. Nicht jeder Leser akzeptiert die implizite Botschaft, dass er oder sie zu „unwissend“ sei, um den Text zu verstehen. Besonders jene Leser außerhalb des akademischen Kreises, die keine tiefe Bindung zu den institutionellen Gegebenheiten haben, können sich von einer solchen Schreibweise beleidigt fühlen. Dies führt zu einer Ablehnung, die die Glaubwürdigkeit und den Einfluss der akademischen Disziplinen langfristig untergräbt.
Der schleichende Verlust an akademischer Relevanz ist keine vorübergehende Erscheinung, sondern eine langfristige Entwicklung. Schlechtes akademisches Schreiben ist ein Symptom einer tiefer liegenden Problematik: Der Verlust der Fähigkeit, ein breites, vielfältiges Publikum zu erreichen und zu respektieren. Dies führt zu einem verminderten Ansehen der akademischen Welt in der breiten Gesellschaft und einer zunehmenden Entfremdung von den sozialen, politischen und wirtschaftlichen Prozessen, die von der akademischen Expertise profitieren könnten.
Akademische Autoren sollten sich bewusst sein, dass es nicht darum geht, das Publikum zu schmeicheln oder zu einer breiten Masse von Lesern zu gelangen. Vielmehr geht es darum, das eigene Publikum zu definieren und so zu schreiben, dass es in der Lage ist, die Argumente und Ideen zu verstehen. Widerspruch und Kontroversen sind ein unvermeidlicher Teil des akademischen Diskurses, doch sollten diese sich immer auf die Inhalte und Ideen beziehen, nicht auf die unklare und unverständliche Weise, wie diese Inhalte vermittelt werden.
Warum akademisches Schreiben über Disziplinen hinausgehen sollte
Akademisches Schreiben hat in der Vergangenheit oft eine sehr enge Zielgruppe gehabt: Fachkollegen aus der eigenen Disziplin. Diese Praxis hat jedoch zu einer Entfremdung geführt, sowohl innerhalb der akademischen Welt als auch in Bezug auf die breitere Gesellschaft. Der Ruf nach einer breiteren, „öffentlichen“ Schreibweise ist daher nicht nur eine Forderung nach mehr Zugänglichkeit, sondern auch nach einer grundlegenden Veränderung der Art und Weise, wie wir als Akademiker kommunizieren.
Die wichtigste Voraussetzung für eine solche Veränderung ist die Fähigkeit, über die Grenzen der eigenen Disziplin hinauszudenken und zu schreiben. Wenn Wissenschaftler in angrenzenden Feldern denken und schreiben, wird ihre Arbeit für ein breiteres Publikum verständlich und relevant. Ein Beispiel für solch eine interdisziplinäre Verständigung kann die Kommunikation zwischen Anthropologen und Soziologen oder zwischen Politikwissenschaftlern und Historikern sein. Wenn solche Fachdisziplinen ihre Ergebnisse so formulieren, dass auch die benachbarten Disziplinen sie verstehen können, wird der Dialog innerhalb der akademischen Welt bereichert und intensiviert.
Es ist von entscheidender Bedeutung zu erkennen, dass „öffentliche Schreibweise“ nicht gleichbedeutend mit „Schreiben für die breite Öffentlichkeit“ ist. Es geht vielmehr darum, den Horizont auf die „Felder nebenan“ zu erweitern, ohne dabei den fachlichen Anspruch aufzugeben. Es ist ein Akt der „großzügigen Schreibweise“, der das Ziel verfolgt, den Dialog zwischen Disziplinen zu fördern, ohne den eigenen intellektuellen Anspruch zu verwässern. So wie die Autoren eines Buches über soziale Medien es schafften, ihren Text für Leser aus angrenzenden Disziplinen verständlich zu machen, ohne dabei ihre eigenen Perspektiven zu opfern, sollten auch akademische Texte so gestaltet werden, dass sie interdisziplinäre Verständigung ermöglichen.
Ein solches Vorgehen hat nicht nur den Vorteil, dass mehr Menschen die Arbeit verstehen, sondern es hilft auch, die eigene Disziplin weiterzuentwickeln. Akademisches Schreiben sollte also nicht isoliert sein, sondern vielmehr ein Dialog zwischen den Disziplinen anregen. Wenn Wissenschaftler bewusst die Perspektive der Nachbardisziplin einnehmen, wird die Qualität ihrer Arbeit nicht nur für die Fachkollegen innerhalb ihres eigenen Gebiets erhöht, sondern auch für Kollegen aus anderen Bereichen zugänglicher. Diese Offenheit fördert das Verständnis und stärkt das intellektuelle Netzwerk, in dem die Forschung stattfindet.
Ein weiteres Argument für die Notwendigkeit einer breiteren Kommunikation ist die zunehmende Einflussnahme von Politik auf die akademische Welt. In einer Zeit, in der Bildung zunehmend von politischen Interessen geprägt ist, kann schlechtes Schreiben als Katalysator für missverständliche oder gar manipulative Interpretationen von Forschung dienen. Schlechte Schreibweise kann somit auch als eine Form der politischen Instrumentalisierung betrachtet werden, die das Vertrauen in wissenschaftliche Arbeiten untergräbt. Die Verantwortung der Akademiker ist es daher, mit gutem und klar verständlichem Schreiben ein Gegengewicht zu dieser Entwicklung zu schaffen.
Gute akademische Schreibweise ist nicht nur eine persönliche Fähigkeit, sondern auch eine kollektive Verantwortung. Wie die Literaturwissenschaftlerin Kathleen Fitzpatrick betont, müssen Akademiker als Teil einer größeren Gemeinschaft verstehen, dass ihre Arbeit immer auch die Arbeit anderer widerspiegelt. Die Qualität des Schreibens in einem Fachgebiet beeinflusst das Ansehen des gesamten akademischen Sektors. Wenn wir als Wissenschaftler nicht bereit sind, unsere Schreibweise zu verbessern und interdisziplinär zu denken, verlieren wir nicht nur an Relevanz, sondern tragen auch zu einer weiteren Entfremdung der Gesellschaft von der Wissenschaft bei.
Der Versuch, über die eigenen fachlichen Grenzen hinaus zu schreiben, ist keineswegs eine einfache Aufgabe. Es erfordert eine Veränderung der etablierten Denkweisen und ein gewisses Maß an Intellektualität und Bescheidenheit, um zu erkennen, dass es nicht nur um die eigenen Kollegen geht. Die Notwendigkeit einer „großzügigen Schreibweise“ ist ein Aufruf zur Zusammenarbeit und zum Austausch, die weit über die gewohnten Disziplinengrenzen hinausgehen. Der Mut, diese Grenzen zu überschreiten, kann letztlich nicht nur die Qualität des wissenschaftlichen Diskurses verbessern, sondern auch den Platz der Wissenschaft in der Gesellschaft stärken.

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