Die indische Religion kennt eine Vielzahl von Göttervorstellungen, die sich im Laufe der Jahrhunderte zu einem komplexen Geflecht aus Mythen, Ritualen und Philosophien entwickelt haben. Eine der faszinierendsten Konzepte in diesem Zusammenhang ist die Vorstellung von Vishnu, dem Erhalter des Universums, der in unterschiedlichen Formen (Avataren) erscheint, um das Gleichgewicht der Welt zu bewahren und das Böse zu zerstören. In der Bhagavad Gita wird diese Idee explizit formuliert: Vishnu nimmt in bestimmten Epochen bestimmte Formen an, mit dem spezifischen Ziel, Dharma (die kosmische Ordnung) zu schützen und Adharma (das Böse) zu vernichten.
Die Zahl der Avatare Vishnus ist traditionell auf zehn beziffert, wobei jedoch in verschiedenen Texten unterschiedliche Namen genannt werden. Das Vayu Purana zählt unter anderem Narayana, Narasimha, Vamana, Dattatreya, Mandhata, Jamadagnya, Rama, Vedavyasa, Krishna und Kalki auf. Die frühen Darstellungen der Avatare Vishnus, insbesondere aus der Mathura-Region, zeigen, dass das Konzept der Avatare in seinen Anfängen eine weniger präzise Form hatte. Interessant ist auch die Entwicklung des Konzepts der "Chaturvyuha" – der vier Emanationen Vishnus – das gegen Ende der Kushana-Periode an Bedeutung gewann.
Neben Vishnu ist auch die Verehrung von Shakti – der weiblichen göttlichen Energie – ein zentraler Bestandteil des religiösen Lebens im indischen Subkontinent. Bereits im ersten Jahrtausend versuchten die Puranas, die Vielzahl an weiblichen Gottheiten, die mit Fruchtbarkeit und anderen grundlegenden kosmischen Kräften in Verbindung standen, zu einer einheitlichen Vorstellung zu vereinen. Shakti wird dabei als die universelle, schöpferische Kraft verstanden, die in vielen verschiedenen Formen verehrt wird. In der Taittiriya Aranyaka (10.1) finden sich zum ersten Mal die Namen einiger Göttinnen, die später mit der Verehrung von Shakti verbunden werden, darunter Katyayani, Kanyakumari und Durga. Durga wird in diesem Kontext als eine dynamische, energetische Göttin beschrieben, die mit den Kräften des Feuers assoziiert wird, mit einer Erscheinung, die die Intensität und Kraft des Feuers widerspiegelt.
Die Darstellung von Durga als Mahishasuramardini, der "Töterin des Mahishasura" – eines Dämonen, der die Götter besiegte – nimmt in der religiösen Kunst und Literatur eine zentrale Rolle ein. Im Devi-Mahatmya, das in das Markandeya Purana integriert wurde und etwa im 7. Jahrhundert v. Chr. entstand, wird erzählt, wie Durga, aus der vereinten Energie aller Götter erschaffen, den Dämon Mahishasura besiegte. Diese Erzählung illustriert Durga nicht nur als Kriegerin, sondern auch als Symbol für die Wiederherstellung der kosmischen Ordnung. Dies spiegeln auch zahlreiche Skulpturen wider, die Durga als Mahishasuramardini darstellen und auf die Zeit zwischen 200 v. Chr. und 300 n. Chr. datiert werden.
Die Verehrung von Durga und anderen Formen von Shakti reflektiert eine tiefgreifende religiöse und kulturelle Entwicklung im indischen Subkontinent, die nicht nur religiöse, sondern auch soziale Dimensionen umfasst. Durga wird nicht nur als eine Göttin des Krieges, sondern auch als Schützerin in verschiedenen Lebensbereichen angesehen – sei es in Kriegen, bei Naturkatastrophen oder in schwierigen Lebensphasen. Ihre Rolle als Beschützerin ist eng mit der Vorstellung von "Shakti" als universelle Kraft verbunden, die den Menschen hilft, die Herausforderungen des Lebens zu überwinden.
Ein weiteres faszinierendes Element der indischen religiösen Landschaft ist die Entstehung des Mahayana-Buddhismus, der zwischen 200 v. Chr. und 300 n. Chr. als eine bedeutende Strömung innerhalb des indischen Buddhismus hervorging. Im Gegensatz zum Hinayana (dem "kleineren Fahrzeug") wurde Mahayana als das "größere Fahrzeug" bezeichnet. Die Entstehung des Mahayana wird oft mit einer Spaltung innerhalb des Sangha (der buddhistischen Gemeinschaft) in Verbindung gebracht, wobei jedoch neuere Forschungen darauf hinweisen, dass diese Vorstellung einer scharfen Trennung zu vereinfacht ist. In Wirklichkeit handelt es sich bei Mahayana um eine Sammlung von Ideen und Praktiken, die vor allem von Mönchen innerhalb der Gemeinschaft entwickelt wurden und die sich nicht sofort als schismatisch darstellten.
Mahayana hat sich nicht nur als eine Variante des Buddhismus entwickelt, sondern als eine Bewegung, die tief in der Tradition des älteren Buddhismus verwurzelt blieb. Die frühen Mahayana-Sutras, die ab dem 2. Jahrhundert v. Chr. verfasst wurden, erweiterten das Konzept der Erlösung und des Erleuchtens und legten einen starken Fokus auf die Verehrung der Bodhisattvas – erleuchtete Wesen, die ihr eigenes Nirvana aufschieben, um anderen zu helfen. Dies stellte einen klaren Bruch mit der eher individualistischen Praxis des Hinayana dar, bei der das Streben nach eigener Erleuchtung im Mittelpunkt stand.
Die Entstehung des Mahayana war jedoch nicht das Resultat eines plötzlichen Umbruchs oder einer radikalen Trennung von der Tradition, sondern vielmehr das Ergebnis einer kontinuierlichen Entwicklung innerhalb der monastischen Gemeinschaft. Diese Entwicklung ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie religiöse Traditionen in Indien nicht strikt linear verlaufen, sondern sich in vielfältigen, miteinander verflochtenen Strömungen manifestieren.
Es ist wichtig, die Komplexität der religiösen Entwicklungen in Indien zu verstehen. Es gibt nicht nur eine fortschreitende Evolution von Glaubenssystemen, sondern auch eine Vielzahl an parallelen Traditionen und Strömungen, die oft nebeneinander existierten und einander beeinflussten. Die Verehrung von Vishnus Avataren und Shakti sowie die Entstehung des Mahayana-Buddhismus sind nur einige Facetten eines weitaus umfangreicheren religiösen und philosophischen Netzwerks, das die indische Subkontinent durchzieht und tief in der kulturellen und spirituellen Geschichte verwurzelt ist.
Die Rolle des Jainismus in der Geschichte der indischen Philosophie und Religion
Die Bedeutung des Jainismus in der indischen Geschichte und Philosophie kann nicht unterschätzt werden. Während der 4. und 5. Jahrhundert unserer Zeitrechnung war der Jainismus von entscheidender Bedeutung für die Entwicklung religiöser und philosophischer Dispute in Indien. In dieser Zeit wurde der Jainismus nicht nur in Bezug auf seine philosophischen Lehren gefestigt, sondern auch in seiner institutionellen Struktur und seiner Verbreitung auf dem Subkontinent. Der Einfluss großer Denker und Mönche dieser Epoche wie Kundakunda, Samantabhadra, Siddhasena Divakara und Pujyapada war enorm. Ihre Werke und Lehren trugen dazu bei, das Verständnis und die Praktiken des Jainismus zu vertiefen und zu erweitern.
Kundakunda, ein bedeutender Denker der Digambara-Tradition, lebte vermutlich im frühen 4. Jahrhundert und seine Schriften in Prakrit, insbesondere das Samayasara und das Pravachanasara, sind fundamentale Werke für das Verständnis des Jainismus. Samantabhadra, ein weiterer bedeutender Denker des 4. Jahrhunderts, hinterließ mit seinen philosophischen Abhandlungen wie der Aptamimamsa und der Yuktanushasana einen bleibenden Eindruck in der jainistischen Philosophie. Seine Schriften behandeln tiefgreifende Themen wie Ethik und die Verehrung der Tirthankaras, während seine Werke Svayambhustotra und Jinastutishataka die spirituelle Praxis und das Leben der jainistischen Heiligen loben.
In der Zeit um 300-600 n. Chr. begann sich der Jainismus sowohl in philosophischer als auch in kultureller Hinsicht weiter zu differenzieren. Dies zeigte sich nicht nur in der zunehmenden Literaturproduktion, sondern auch in der Etablierung von verschiedenen Sekten, den sogenannten sanghas und gana im Süden und den kulas, shakhas und gachchhas im Norden Indiens. Der Jainismus war nun stärker institutionalisiert und seine Lehren fanden Anwendung in verschiedenen religiösen und sozialen Kontexten.
Ein zentrales Konzept, das diese Epoche prägte, war der Logikansatz des Jainismus. Siddhasena Divakara, ein herausragender Logiker, entwickelte in seinen Schriften, insbesondere im Nyayavatara und im Sammatitarkasutra, die Logik des anekantavada, des Konzeptes der "unterschiedlichen Perspektiven". Dieses Prinzip betont, dass die Wahrheit in verschiedenen Perspektiven und Wahrnehmungen existieren kann und dass die Realität vielschichtig und komplex ist. Dieses Denken war ein entscheidender Beitrag zur Entwicklung der indischen Philosophie insgesamt und hatte tiefgreifende Auswirkungen auf die jainistische Lehre.
Die Verbreitung des Jainismus über ganz Indien, von Mathura im Norden bis in den Süden Indiens, ist in zahlreichen Inschriften und archäologischen Funden belegt. In Mathura, einem bedeutenden Zentrum des Shvetambara Jainismus, wurden zahlreiche Inschriften gefunden, die die Stiftung von Tempeln und das Geben von Jainistischen Abbildungen dokumentieren. Eine Inschrift aus dem Jahr 433 n. Chr. aus der Gupta-Zeit erwähnt beispielsweise einen Jaina-Mönch namens Datilacharya und das Schenken einer Jaina-Statue durch seinen Schüler. Solche Inschriften belegen nicht nur die religiösen Aktivitäten der Zeit, sondern auch die wachsende kulturelle Bedeutung des Jainismus in der Region.
Der Jainismus hatte auch bedeutende politische Unterstützung, wie die Schenkungen und Tempelbauten in der Zeit der Gupta-Könige zeigen. Auch in anderen Regionen Indiens, wie im Ganges-Tal und in Rajgir, belegen Inschriften und archäologische Funde die Ausbreitung des Jainismus und die Präsenz zahlreicher jainistischer Mönche und Gelehrter. Die Verehrung von Tirthankaras, der jainistischen Heiligen, war zu dieser Zeit weit verbreitet, was durch die Entdeckungen von Metallabgüssen und Statuen bezeugt wird.
Ein besonders bemerkenswerter Teil der jainistischen Tradition in dieser Zeit war die Rolle der Shvetambara- und Digambara-Sekten, die unterschiedliche Auffassungen über die religiösen Praktiken und den Lebensstil der Mönche hatten. Die Shvetambara-Sekte war diejenige, die sich weiterhin in der südlichen Region Indiens festigte, während die Digambara-Sekte, die den Verzicht auf Kleidung für die höchsten Mönche vorschrieb, ihren Sitz im nördlichen Teil des Subkontinents hatte. Dieser Unterschied in den Praktiken wurde von bedeutenden Gelehrten beider Sekten weiter ausgearbeitet und verfeinert.
Es ist auch wichtig, auf die Rolle des Jainismus in der Literatur und Kultur des alten Indien hinzuweisen. Die Silappadikaram, ein tamilisches Epos, erwähnt die jainistischen Elemente und die Rolle von Jaina-Mönchen und -Nonnen in den erzählten Geschichten. Dies zeigt, wie tief der Jainismus in die sozialen und kulturellen Strukturen des antiken Indiens eingedrungen war. Die Beziehung zwischen Religion und Literatur in dieser Zeit war von großer Bedeutung, und jainistische Diskurse über Themen wie Wiedergeburt und Anhaftung fanden ihren Platz in den Erzählungen dieser Epen.
Die Ausbreitung des Jainismus in verschiedenen Teilen Indiens hatte weitreichende Auswirkungen auf die gesellschaftliche Struktur und die interreligiösen Beziehungen in der Region. Der Jainismus bot eine tiefgründige ethische und spirituelle Praxis, die sich nicht nur auf die Klöster und Mönche beschränkte, sondern auch in den Alltag der Gläubigen integriert wurde. Die verschiedenen Sekten und Schulen innerhalb des Jainismus trugen zu einer reichen Vielfalt von Gedanken und Praktiken bei, die den Jainismus zu einer der wichtigsten religiösen und philosophischen Traditionen in Indien machten.
Ein weiteres bedeutendes Merkmal der jainistischen Tradition in dieser Zeit war die Betonung der Unabhängigkeit der individuellen Praxis und das Streben nach Selbstverwirklichung. Diese Vorstellungen fanden nicht nur in der religiösen Praxis der Mönche Anwendung, sondern auch im Alltag der Laien, die durch ethische Prinzipien wie Nichtverletzen (Ahimsa) und Wahrhaftigkeit (Satya) ihr Leben gestalten sollten.
Wie der Zwangsarbeitsdienst und die Bewässerungssysteme das Leben der Bauern im mittelalterlichen Südasien prägten
Im mittelalterlichen Südasien war das Leben der Bauern oft von hohen Anforderungen und weitreichenden Aufgaben bestimmt, die weit über die bloße Arbeit auf dem Feld hinausgingen. Dies zeigt sich besonders deutlich in den Inscriptionen, die über die Praktiken der Zwangsarbeit und den Ausbau der landwirtschaftlichen Infrastruktur berichten. Ein Beispiel hierfür ist die Inschrift aus dem Jahr 1231 n. Chr. aus Mannargudi, die die schweren Lasten der Zwangsarbeit für die Bauern dokumentiert. Im speziellen Fall der Taniyur-Dörfer wurde der Brahmanenversammlung und der Mahasabha von einem erdrückenden Arbeitseinsatz berichtet, der von den Bauern verlangt wurde. Diese Lasten waren nicht nur eine Frage der Menge, die zu zahlen war, sondern auch der Vielzahl an verschiedenen Sammlungsbehörden, die dieselben Abgaben forderten – ein Umstand, der das Leben der bäuerlichen Gemeinschaft erheblich erschwerte.
Darüber hinaus gab es Hinweise auf bewaffnete Steuerbeamte, die die Abgaben zwangsweise eintrieben. Besonders problematisch war die Zwangsarbeit, die von den Dorfgemeinschaften für Reparaturen an der Hauptstadt Rajarajapuram eingefordert wurde. Die Entfernung von etwa 35 Kilometern von Mannargudi nach Rajarajapuram machte die Arbeit für die Dorfbewohner besonders mühsam. Diese Zwangsarbeit war mehr als nur eine wirtschaftliche Belastung; sie war ein klarer Ausdruck der politischen Struktur, die die Bauern oft als unfreie Arbeitskräfte in ein System einband, das weitgehend von den höheren Klassen kontrolliert wurde.
Die nadu, die vor allem als eine Gemeinschaft von Dörfern, aber auch als Verwaltungseinheit fungierte, hatte eine entscheidende Rolle in der Organisation und Durchführung solcher Zwangsarbeiten. Die nadu stellte auch das wichtigste wirtschaftliche und soziale Zentrum in ländlichen Regionen dar. Diese Versammlungen von nadu-Mitgliedern, die oft als Nattar bezeichnet wurden, hatten weitreichende Befugnisse, die auch die Erhebung von Steuern und die Verwaltung der landwirtschaftlichen Infrastruktur betrafen. Die nadu hatte nicht nur die Verantwortung für die Landbewertung und die Steuererhebung, sondern auch für die Instandhaltung von Bewässerungsanlagen und die Regulierung des Landbesitzes.
Die bedeutende Rolle des nadu als Verwaltungseinheit und seine Funktion als wirtschaftliches Zentrum zeigt sich besonders in der Bewässerungstechnik. Der Ausbau von Bewässerungssystemen war eng mit der Landwirtschaft verbunden, die nicht nur durch die Erschließung von Ackerland, sondern auch durch technologische Innovationen und die Nutzung natürlicher Ressourcen wie Wasserkanäle und Tanks gefördert wurde. Ein bedeutender Fortschritt in dieser Zeit war die Verbreitung der Bewässerungsmaschinen wie die persische Wasserpumpe (araghatta), die es ermöglichte, große Mengen Wasser für die Landwirtschaft zu fördern.
Im Chola-Reich, das für seine fortschrittlichen Bewässerungspraktiken bekannt war, waren Tanks und Kanäle die Hauptarten der Bewässerung. Diese Technologie war nicht nur ein Ausdruck des technologischen Wissens, sondern auch eine Form der sozialen Organisation, bei der die Dorfgemeinschaft eine Schlüsselrolle spielte. Die Rolle der Brahmanen und der Dorfvorsteher bei der Pflege und dem Ausbau von Bewässerungssystemen war unverzichtbar, doch auch die bäuerliche Gemeinschaft selbst war für die Wartung der kleineren Bewässerungsanlagen verantwortlich.
Die Entwicklung der Bewässerungssysteme war jedoch nicht konstant und unterlag ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Schwankungen. In einigen Regionen, wie beispielsweise in Kumbakonam, war der Ausbau von Kanälen ein kontinuierlicher Prozess, während in anderen Regionen, wie in Pudukkottai, die Entwicklung von Kanälen in der Zeit der Chola-Dynastie ihren Höhepunkt erreichte und dann stagnierte. Diese Unterschiede spiegeln die Anpassungsfähigkeit der Gemeinschaften an die spezifischen geographischen und klimatischen Bedingungen wider, in denen sie lebten.
Die Auswirkungen dieser Entwicklungen auf das Leben der Bauern waren jedoch weitreichend. Während der Ausbau der Bewässerungstechnik einerseits zu einer höheren landwirtschaftlichen Produktivität führte, bedeuteten die gleichzeitig zunehmenden Anforderungen an die Bauern eine kontinuierliche Belastung. Der Ausbau der landwirtschaftlichen Fläche durch Rodungen und die Schaffung neuer Anbauflächen war oft ein direkter Befehl der Obrigkeit, der zu einer weiteren Verstrickung der Bauern in das System der Zwangsarbeit führte. Dies führte zu einem teuflischen Kreislauf, in dem die Landwirtschaft sowohl eine Quelle des Wohlstands als auch der Ausbeutung war.
Es ist von zentraler Bedeutung, dass wir den historischen Kontext dieser Entwicklungen nicht nur als technische Innovationen verstehen, sondern auch die sozialen und politischen Strukturen, die sie begünstigten. Die Entwicklung von Bewässerungsanlagen und die Einführung neuer landwirtschaftlicher Techniken waren eng mit der Zentralisierung der Macht und der Ausbeutung von Arbeitskräften verbunden. Die Frage, wie Landwirtschaft und Bewässerung mit der sozialen Organisation in Beziehung standen, ist daher von entscheidender Bedeutung, um das komplexe Geflecht von politischer Kontrolle, sozialer Mobilität und wirtschaftlicher Ausbeutung in dieser Zeit zu begreifen.
Wie waren die Städte und Siedlungen der Harappa-Kultur geplant und gebaut?
Die Siedlungen der Harappa-Kultur variieren erheblich in ihrer Größe und Struktur. Von großen Städten wie Mohenjodaro und Kalibangan, die mehrere hundert Hektar umfassen, bis hin zu kleinen Dörfern von nur wenigen Hektar, zeigt sich eine beeindruckende Vielfalt urbaner Planung und Bauweise. Besonders bemerkenswert ist, dass die Stadtplanung nicht strikt an die Größe der Siedlung gebunden war. So weist etwa die vergleichsweise kleine Stadt Lothal eine ausgeprägtere und durchdachtere Planung auf als das doppelt so große Kalibangan.
Die urbane Struktur der größeren Harappa-Städte wie Mohenjodaro, Harappa und Kalibangan ist durch einen erhöhten Zitadellenkomplex und eine darunter liegende Unterstadt geprägt. Dagegen finden sich in Orten wie Lothal und Surkotada Zitadellenkomplexe, die nicht klar vom Rest der Stadt abgetrennt sind. Dholavira hebt sich hier besonders hervor, da es drei klar abgegrenzte Bereiche aufweist: Zitadelle, Mittelstadt und Unterstadt, was auf eine komplexere gesellschaftliche Organisation schließen lässt.
Ein wesentliches Merkmal der Harappa-Architektur ist die Verwendung von standardisierten Ziegelmaßen mit einem konstanten Verhältnis von 1:2:4 (Dicke, Breite, Länge). Diese Normierung ist ein deutliches Zeichen für das hohe technische Niveau und die organisierte Bauweise. In Städten wurden sowohl gebrannte als auch sonnengetrocknete Ziegel eingesetzt, während in ländlichen und felsigen Gebieten häufiger Steinmaterial Verwendung fand, insbesondere in Regionen wie Kutch und Saurashtra.
Die Häuser waren meist um einen zentralen Innenhof gruppiert, wobei Türöffnungen selten direkt auf die Hauptstraßen, sondern eher auf kleinere Gassen ausgerichtet waren, um Privatsphäre zu gewährleisten. Wände konnten bis zu fünf Meter hoch erhalten bleiben, was für die Stabilität und Qualität der Ziegel spricht. Einige Gebäude hatten zwei oder mehr Stockwerke, was durch die Wandstärken belegt wird. Deckenhöhen von über drei Metern und Dächer aus Holz, Schilf und Ton sind anzunehmen. Die Fenster verfügten oft über Holzläden oder Matten mit Gitterwerk, um Licht und Luft einzulassen, ohne die Privatsphäre zu beeinträchtigen. Bemerkenswert sind auch fein gearbeitete Alabaster- und Marmorelemente, die möglicherweise als dekorative Einsätze dienten.
Das Thema Hygiene nimmt in der Harappa-Kultur eine herausragende Stellung ein. In fast allen Häusern wurden separate Badezimmer und Toiletten gefunden. Diese waren mit Wassersystemen verbunden, die Abwasser in Straßenkanäle leiteten, welche sorgfältig geplant und gebaut wurden. Das Abwassersystem war komplex, mit getrennten Kanälen für Regenwasser und Abwasser, und verfügte über regelmäßige Reinigungsintervalle, um Verstopfungen und Gesundheitsgefahren zu vermeiden. Die Betonung der Sauberkeit und die aufwendigen Wassersysteme deuten darauf hin, dass Körperpflege möglicherweise auch eine religiöse oder rituelle Bedeutung hatte.
Die Straßenplanung war ebenfalls durchdacht. Zwar entsprach das Straßennetz nicht immer einem perfekten Raster mit rechtwinkligen Kreuzungen, doch insgesamt zeigen die Städte eine klare Planung. Die Hauptverkehrsadern waren breit und mit großen Abwasserkanälen versehen, die durch Ziegelbögen oder Steinplatten abgedeckt waren. Die Infrastruktur ermöglichte einen funktionierenden Wasser- und Abwasserkreislauf, der sowohl in großen Städten als auch in kleineren Siedlungen effizient arbeitete.
Wasserquellen wie Flüsse, Brunnen und Reservoirs waren integraler Bestandteil der städtischen Infrastruktur. Mohenjodaro verfügte über eine große Anzahl von Brunnen, während Harappa eher zentrale Wasserspeicher nutzte. Besonders hervorzuheben sind die in Dholavira gefundenen beeindruckenden Wasserreservoirs, die aus Steinplatten gefertigt waren. Die sorgfältige Versorgung mit Trink- und Brauchwasser unterstreicht die Bedeutung, die der Harappa-Kultur Hygiene und Wasserzirkulation beimaßen.
Zusätzlich zu den baulichen und städtebaulichen Errungenschaften sind die Siedlungen Ausdruck einer hoch organisierten Gesellschaft mit differenzierten sozialen Schichten, wie die Anordnung von Wohnquartieren und separaten Dienstgebäuden nahelegt. Die regelmäßige Renovierung von Gebäuden und die standardisierten Baumaterialien deuten auf eine kontinuierliche und koordinierte Entwicklung hin.
Wichtig ist das Verständnis, dass die Harappa-Städte keine bloßen Ansammlungen von Gebäuden waren, sondern komplexe, durchdachte Lebensräume, deren Planung auf Funktionalität, Hygiene, sozialer Organisation und Ästhetik basierte. Die technische Präzision, die in der Bauweise und Infrastruktur sichtbar wird, reflektiert eine hoch entwickelte Zivilisation, die weit über das einfache Überleben hinausdachte und ein tiefes Bewusstsein für urbane Lebensqualität entwickelte.
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