Die zunehmende Anerkennung des Rechts auf eine saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt auf internationaler Ebene stellt einen bedeutenden Wendepunkt in der Entwicklung des Umweltrechts dar. 2022 wurde dieses Recht erstmals in einer UN-Generalversammlung als eigenständiges Menschenrecht anerkannt (Resolution 76/L.75). Dies spiegelt die wachsende Erkenntnis wider, dass ein gesundes Umfeld nicht nur eine moralische Notwendigkeit, sondern auch eine Grundlage für viele andere grundlegende Rechte ist, einschließlich des Rechts auf Leben, Gesundheit, Nahrung sowie auf ein privates und familiäres Leben. Die Verfassungen verschiedener Staaten und internationale Abkommen beginnen zunehmend, die Bedeutung eines solchen Rechts zu betonen, was jedoch nicht nur eine rechtliche Veränderung, sondern auch eine gesellschaftliche Revolution darstellt.

Die Verankerung von Umweltrechten kann weitreichende Vorteile haben. Sie ermöglicht es Einzelpersonen und Umweltorganisationen, gegen Staaten vorzugehen, die unzureichende Umweltvorkehrungen treffen. So können diese Rechte auch dort durchgesetzt werden, wo nationale Umweltgesetze oder -vorschriften fehlen oder schwach sind. Einmal in der Verfassung verankert, könnten Umweltrechte Vorrang vor anderen, nicht verfassungsrechtlich geschützten Interessen haben, was einen direkten Einfluss auf die Gestaltung der nationalen Umweltpolitik und deren Umsetzung hat. In der Praxis haben sich zahlreiche Fälle erfolgreicher klimapolitischer Klagen herauskristallisiert, wie etwa die Urteile im Fall Urgenda gegen den Staat der Niederlande (2019) oder Leghari gegen die Föderation von Pakistan (2015), in denen die Gerichte Regierungen zu entschlossenerem Handeln im Bereich der Klimapolitik verpflichtet haben.

Dennoch sind die rechtlichen Mechanismen, die mit der Umsetzung solcher Rechte verbunden sind, noch nicht immer eindeutig. Häufig bestehen erhebliche Herausforderungen in der praktischen Umsetzung. Während einige Gerichtshöfe umweltpolitische Klagen in die Wege geleitet haben, fehlt es oft an der Bereitschaft der Regierungen, diese Rechte konsequent umzusetzen. Ein weiterer Stolperstein liegt in der Definition und Abgrenzung von Umweltrechten. Verschiedene Umweltinteressen, wie etwa der Schutz der Biodiversität versus der Ausbau von erneuerbaren Energien, können zu Konflikten führen, die die Gerichte vor große Herausforderungen stellen. Ein aktuelles Beispiel hierfür ist der Fall Statnett SF gegen Sør-Fosen sijte et al. vor dem Obersten Gerichtshof Norwegens (2021), in dem es um den Konflikt zwischen dem Schutz von Rentieren und den kulturellen Rechten der indigenen Völker einerseits und dem Ausbau von Windenergie andererseits ging.

Ein zentraler Aspekt, der in der Diskussion um die Rechte auf eine gesunde Umwelt häufig übersehen wird, ist die Frage der Festlegung verbindlicher, langfristiger Umweltziele in den Verfassungen. Festgelegte verfassungsrechtliche Verpflichtungen, wie etwa die Zielvorgaben zur Kohlenstoffemissionsreduzierung, könnten eine neue Ära der Umweltschutzpolitik einläuten. Diese Verpflichtungen könnten nicht nur als Mindestanforderungen fungieren, sondern auch als Mechanismen, um die Erreichung anspruchsvollerer Klimaziele zu gewährleisten. Ein solches Modell könnte insbesondere den wiederholten Rückschritten entgegenwirken, die oft durch kurzfristige wirtschaftliche Interessen oder politische Instabilität verursacht werden. In Ländern wie Bhutan und Kenia finden sich bereits Bestimmungen, die bestimmte Mindestanforderungen an den Umweltschutz festschreiben, etwa eine Mindestfläche von Waldgebieten oder die Vermeidung von Fracking.

Diese Verpflichtungen stehen jedoch nicht ohne Kritik. Einige Kritiker argumentieren, dass das Festschreiben von Umweltzielen in der Verfassung die Demokratie einschränken könnte, indem es den politischen Entscheidungsträgern einen zu engen Rahmen für die zukünftige Umweltpolitik setzt. Doch angesichts der existenziellen Bedrohungen durch den Klimawandel könnte diese Form der Verankerung als notwendige Korrektur der Demokratie betrachtet werden. Wenn grundlegende Umweltziele in der Verfassung verankert sind, werden politische Entscheidungen langfristig auf diese Ziele ausgerichtet, was die Wahrscheinlichkeit von Rückschlägen minimiert und eine stabilere Basis für die Umweltpolitik schafft.

Ein weiterer wichtiger Aspekt, der bei der Gestaltung von Umweltrechten berücksichtigt werden muss, ist die Rolle der sogenannten „direktiven Prinzipien“. Diese Prinzipien beinhalten häufig allgemeine Verpflichtungen zur Verbesserung der Umwelt, ohne jedoch rechtlich einklagbar zu sein. Solche Bestimmungen finden sich in vielen Verfassungen und stellen eher unverbindliche politische Zielsetzungen dar, wie etwa die Verpflichtung, die Umwelt zu schützen oder die Nutzung natürlicher Ressourcen nachhaltig zu gestalten. Die Herausforderung hier liegt darin, dass solche Prinzipien in der Praxis oft nur als vage Absichtserklärungen wahrgenommen werden, die es den Regierungen ermöglichen, sich hinter der Unbestimmtheit dieser Ziele zu verstecken.

Es ist jedoch nicht nur die rechtliche Ebene, die die Effektivität von Umweltrechten bestimmt. Die politische und gesellschaftliche Unterstützung für den Umweltschutz ist ebenso entscheidend. Solange Umweltrechtsprechung nicht mit einer breiten gesellschaftlichen Bewegung für den Klimaschutz und einer verantwortungsbewussten politischen Haltung einhergeht, bleibt die tatsächliche Umsetzung dieser Rechte oft ein frommer Wunsch. Darüber hinaus ist es wichtig, dass die Verwaltung und die Gerichte die nötige Fachkompetenz besitzen, um Umweltschutzrechte wirksam durchzusetzen und Konflikte zwischen verschiedenen Rechten und Interessen zu lösen.

Wie kann Umweltgerechtigkeit im Globalen Süden verstanden und umgesetzt werden?

Im Globalen Süden, besonders in Afrika und Lateinamerika, gewinnt das Konzept der Umweltgerechtigkeit zunehmend an Bedeutung und wird von verschiedenen Umweltbewegungen als zentraler Rahmen für ihre Mobilisierung genutzt. Diese Bewegungen greifen Umweltprobleme auf, die nicht nur durch Naturkatastrophen oder Umweltverschmutzung entstehen, sondern auch durch ungleiche Machtverhältnisse und den Missbrauch von natürlichen Ressourcen durch multinationale Unternehmen und Staaten. Sie setzen sich dafür ein, dass die Umwelt nicht nur als ein isoliertes Thema betrachtet wird, sondern als eine Frage sozialer Gerechtigkeit, die die Ungleichheiten und Diskriminierungen innerhalb von Gesellschaften widerspiegelt.

Ein wesentlicher Aspekt der Umweltgerechtigkeit im Globalen Süden ist das Streben nach Rechenschaftspflicht der Akteure, die für Umweltzerstörung verantwortlich sind. Dabei geht es nicht nur um die strafrechtliche Verfolgung von Umweltvergehen, sondern auch um die Anerkennung von Rechten auf eine gesunde Umwelt und die Einforderung dieser Rechte durch den Zugang zu nationalen und internationalen Rechtsmitteln. In vielen Ländern des Globalen Südens haben Umwelt-NGOs und betroffene Gemeinschaften zahlreiche Klagen vor Gericht eingereicht, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen, sei es in nationalen, regionalen oder internationalen Foren.

Die Anerkennung des Rechts auf eine gesunde Umwelt ist eine der am häufigsten verwendeten Strategien in solchen rechtlichen Auseinandersetzungen. Dieses Recht ist nicht nur ein abstraktes Konzept, sondern wird zunehmend als eine Grundlage für konkrete Maßnahmen zum Schutz der Umwelt und der Rechte der betroffenen Menschen gefordert. In diesem Kontext hat das Thema Umweltgerechtigkeit eine zentrale Rolle im globalen Diskurs über nachhaltige Entwicklung eingenommen.

Während die westliche Perspektive der Umweltgerechtigkeit eine wichtige Grundlage bildet, wird zunehmend erkannt, dass diese Perspektive allein den spezifischen Bedürfnissen und Herausforderungen des Globalen Südens nicht gerecht wird. Daher sollte das Verständnis von Umweltgerechtigkeit weiterentwickelt und durch lokale, indigene und nicht-westliche Perspektiven ergänzt werden. In vielen Teilen des Globalen Südens existieren tief verwurzelte kulturelle und philosophische Traditionen, die den Umgang mit der Natur und Umwelt anders definieren als die westliche Umweltethik. Diese traditionellen Perspektiven, wie etwa die afrikanische Philosophie des „Ubuntu“ oder das Konzept der „Sumak Kawsay“ in den Anden, bieten wertvolle Einsichten in die Bedeutung von Harmonie zwischen Mensch und Natur, die im globalen Diskurs oft übersehen werden.

Es ist auch wichtig zu verstehen, dass Umweltgerechtigkeit im Globalen Süden nicht nur als ein rechtliches oder politisches Konzept zu begreifen ist, sondern auch als ein Prozess, der tief in die sozioökonomischen und kulturellen Strukturen der betroffenen Gemeinschaften eingreift. Soziale Bewegungen, die sich mit Umweltproblemen befassen, müssen oft gegen mächtige Akteure wie multinationale Konzerne und korrupte staatliche Institutionen kämpfen. Diese Akteure haben häufig die Kontrolle über wertvolle Ressourcen, was die betroffenen Gemeinschaften in eine doppelte Lage der Benachteiligung und Ausbeutung bringt: Sie sind nicht nur Opfer von Umweltzerstörung, sondern auch von wirtschaftlicher und politischer Marginalisierung.

Eine wichtige Rolle in diesem Zusammenhang spielen NGOs, die in vielen Ländern des Globalen Südens als Vermittler zwischen den betroffenen Gemeinschaften und den institutionellen Akteuren auftreten. Sie setzen sich für eine größere Transparenz, Verantwortung und Gerechtigkeit bei der Nutzung von natürlichen Ressourcen ein und unterstützen die betroffenen Gruppen dabei, ihre Rechte durchzusetzen. Ihre Arbeit ist jedoch nicht immer einfach, da sie häufig auf politisches und wirtschaftliches Widerstand stoßen.

Ein weiteres zu berücksichtigendes Element ist die Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit und der Unterstützung durch globale Institutionen wie die Vereinten Nationen. In den letzten Jahren hat die internationale Gemeinschaft zunehmend erkannt, dass Umweltprobleme, die im Globalen Süden entstehen, globale Auswirkungen haben. Der Klimawandel, die Zerstörung von Ökosystemen und die fortschreitende Ausbeutung von natürlichen Ressourcen betreffen nicht nur die betroffenen Regionen, sondern haben auch weitreichende Folgen für die gesamte Weltgemeinschaft.

Es ist daher notwendig, dass die internationale Gemeinschaft die Umweltgerechtigkeit im Globalen Süden stärker in den Fokus rückt und nicht nur als eine Frage der nationalen Souveränität betrachtet, sondern als eine zentrale Herausforderung im globalen Kampf für soziale Gerechtigkeit und nachhaltige Entwicklung.

Das Verständnis von Umweltgerechtigkeit im Globalen Süden ist eine kontinuierliche Herausforderung, die die Notwendigkeit erfordert, bestehende Konzepte zu hinterfragen und anzupassen. Es geht nicht nur um die rechtliche Anerkennung von Umweltrechten, sondern auch um die soziale, wirtschaftliche und kulturelle Einbettung dieser Rechte in die jeweiligen Gesellschaften. Nur durch eine holistische Perspektive, die lokale, regionale und globale Dimensionen berücksichtigt, kann Umweltgerechtigkeit wirklich erreicht werden.