Im Jahr 1906 wurde der US-Bergbau von einem bemerkenswerten Betrug erschüttert, der die Finanzmärkte und das Vertrauen in den Bergbauhandel stark belastete. George Graham Rice, ein amerikanischer Unternehmer, verstand es meisterhaft, Investoren in die Irre zu führen und dabei riesige Summen an Geld zu ergaunern. Der Fall, der hier betrachtet wird, stellt einen klassischen "Pump-and-Dump"-Betrug dar, der mit einer geschickten Mischung aus Manipulation, falschen Versprechungen und Medienmanipulationen durchgeführt wurde.
Zu Beginn dieses Skandals standen die Goldminen von Montgomery-Shoshone. Diese Mine besaß tatsächlich eine Goldader, die jedoch nur sehr dünn war, was den Minenentwicklern wenig Hoffnung auf einen großen Profit gab. Doch statt die Ader quer zu schürfen, wie es die gängige Praxis gewesen wäre, gruben sie parallel zu ihr, was den Eindruck erweckte, die Ader sei viel größer, als sie es tatsächlich war. Diese Täuschung erweckte das Interesse von Charles Schwab, der letztlich überbezahlt für das Projekt und damit in die Falle ging. Im Gegensatz zu Schwab profitierte Rice davon, indem er seine eigenen Aktivitäten umso erfolgreicher steuerte und zahlreiche Investoren in den Markt lockte.
Als im gleichen Jahr das Erdbeben von San Francisco die dortige Börse lahmlegte und den Handel mit Aktien von Nevada-Bergbaugesellschaften unterbrach, konnte Rice die Gelegenheit nutzen, um neue Geschichten zu spinnen, die die Fantasie der Anleger anheizten. So kursierte die Erzählung, dass ein Goldsucher auf der anderen Seite des Death Valley einen enormen Goldfund gemacht habe und die Rechte an diesem Fund an den ersten Bieter verkaufen würde. Rice, so die Erzählung, sei schnell losgeritten, um dem Rivalen von Schwab zuvorzukommen und den Goldsucher zu finden. Diese Geschichte wurde in vielen Zeitungen verbreitet und gipfelte in einem happy end, bei dem Rice den Goldsucher erreichte, bevor es Schwab gelang. Doch diese Geschichte war nur ein Teil eines viel größeren Plans.
Rice hatte schnell erkannt, dass der wirkliche Gewinn nicht im Handel mit Bergbauaktien lag, sondern im direkten Geschäft mit Minengesellschaften. Um sein Ziel zu erreichen, gründete er eine Trustgesellschaft, die mit eigenen Bergbauaktien hantierte und diese unter den unaufmerksamen Anlegern verteilte. Doch das eigentliche Geheimnis hinter dem Erfolg dieser Machenschaften lag in der gezielten Manipulation des Marktes, bei der Wertpapiere von wertlosen Minen zu überhöhten Preisen verkauft wurden.
Die echten Minen existierten, aber ihre Rentabilität war gering. Dennoch gelang es Rice, den Marktwert dieser Aktien zu steigern, indem er falsche Versprechungen über die Aussichten der Minen verbreitete und so eine künstliche Nachfrage erzeugte. Dies erlaubte es ihm, seine Aktien zu hohen Preisen zu verkaufen und dabei enorme Profite zu machen. Schauspieler wie Nat Goodwin, einer der bekanntesten Komiker der USA, wurden von Rice dazu genutzt, eine "Fassade" für seine Geschäfte aufzubauen. Goodwin diente als Schaufensterfigur, während Rice die tatsächliche Kontrolle über das Unternehmen behielt.
Doch Rice war nicht nur auf den Verkauf von Aktien beschränkt. Seine raffiniertesten Manipulationen fanden im "Pump-and-Dump"-System statt, bei dem er billig erworbene Aktien von Minen aufpumpte, indem er ihre Zukunftsaussichten in der Presse übertrieben darstellte. Diese Methode beinhaltete den Kauf von Aktien zu einem niedrigen Preis, das Erzeugen von Aufsehen und die anschließende Veräußertung dieser Aktien zu einem viel höheren Preis an ahnungslose Investoren. Ein solches Beispiel war die "Rawhide Coalition Mines", ein Unternehmen, das er gründete, nachdem die Stadt Rawhide in Nevada nach einem Brand zerstört worden war. Trotz der Zerstörung der Stadt und der wertlosen Minen verkaufte er die Aktien zu überhöhten Preisen, indem er die Geschichte in Zeitungen und Zeitschriften propagierte und versicherte, dass der Goldvorrat noch immer in der Erde sei.
Die Taktik des "Pump-and-Dump" fand ihre kulminierende Form auf dem New Yorker Börsenmarkt, wo Rice begann, die Aktien von Rawhide Coalition Mines zu manipulieren. Noch bevor diese Aktien ihren Höhepunkt erreichten, begannen echte Fachzeitschriften wie die "Mining and Scientific Press", den Wert dieser Minen als praktisch wertlos zu entlarven. Doch für Rice war dies kein Hindernis. Er konnte seine Aktien für mehr als das Fünfzehnfache des Kaufpreises verkaufen und sich so ein kleines Vermögen sichern.
Rice war jedoch nicht nur auf einzelne Betrügereien beschränkt. Er baute ein System auf, bei dem er immer wieder versuchte, seine eigenen "Bucket Shops" zu etablieren, also Unternehmen, die Aktien ohne echten Bezug zu realen Werten verkauften. Auch wenn seine Betrügereien mit der Zeit immer auffälliger wurden, konnte er sich immer wieder aus den rechtlichen Konsequenzen herauswinden. Schließlich landete er mehrmals im Gefängnis und setzte seine Machenschaften auch nach seiner Haftstrafe fort, indem er erneut eine betrügerische Aktiengesellschaft gründete.
Doch die Bergbauindustrie der USA war nicht nur von solchen Einzelpersonen geprägt. Auch die Manager großer Minengesellschaften neigten dazu, sich in ihr eigenes Geschäft einzumischen und Insiderinformationen auszunutzen, noch lange bevor es in den 1930er Jahren Gesetze gegen Insiderhandel gab. Einer der bekanntesten Fälle dieser Art betrifft Herbert Hoover, den späteren Präsidenten der Vereinigten Staaten. In seiner frühen Karriere als Bergbauingenieur geriet er in eine ähnliche Situation, als er entdeckte, dass ein Partner in der Firma Bewick, Moreing and Company, Insidergeschäfte tätigte. Hoover konnte sich jedoch aus dieser Situation retten, ohne seinen Ruf zu verlieren, was ihm später zugutekam.
Neben diesen persönlichen Betrügereien war es vor allem die Unreguliertheit der Märkte, die solche Manipulationen ermöglichte. Der Mangel an Aufsicht und die geringe Transparenz des Marktes führten zu einem Zustand, in dem Betrüger wie Rice eine Vielzahl von Investoren hinters Licht führen konnten. Die Situation verschärfte sich weiter, als unregulierte "Bucket Shops" und dubiose Finanzinstitute begannen, eine immer größere Rolle in der US-Bergbauindustrie zu spielen.
Was diesen Abschnitt der Finanzgeschichte jedoch besonders prägt, ist die Tatsache, dass diese Betrügereien nicht nur Einzelpersonen, sondern ganze Generationen von Investoren und Marktteilnehmern betrafen. Die Geschichte von George Graham Rice und den Bergbauaktien ist ein düsteres Beispiel für die finanziellen Exzesse und den Mangel an Marktregulierung, der Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts weit verbreitet war. Es ist eine Mahnung an die Gefahren unregulierter Märkte und an die Notwendigkeit, den Finanzsektor besser zu überwachen, um solchen Manipulationen und Betrügereien vorzubeugen.
Wie entsteht Hyperinflation? Die Lektion aus Zimbabwe
Die Geschichte Zimbabwes in den späten 1990er und frühen 2000er Jahren zeigt mit brutaler Klarheit, wie eine ökonomische Katastrophe systematisch durch politische Entscheidungen herbeigeführt werden kann. Was als ehrgeiziges, innenpolitisch motiviertes Programm begann, entwickelte sich rasch zu einem vollständigen Zusammenbruch der nationalen Währung und führte zur weltweit wohl bekanntesten Hyperinflation des 21. Jahrhunderts.
Auslöser war eine Entscheidung im Jahr 1997: Die Regierung versprach den Veteranen des Unabhängigkeitskampfes großzügige Pensionen, ohne gleichzeitig die fiskalischen Grundlagen für deren Finanzierung zu schaffen. Steuererhöhungen, die zur Finanzierung dieser Ausgaben notwendig gewesen wären, wurden nach gewaltsamen Protesten verworfen. Stattdessen wurde die Zentralbank, die Reserve Bank of Zimbabwe, zum direkten Finanzier des Staates – ein klassisches Beispiel für monetäre Staatsfinanzierung durch die Notenpresse.
Gleichzeitig wurde ein radikales Landreformprogramm umgesetzt, bei dem das produktivste Agrarland, das sich zuvor in den Händen weißer Großgrundbesitzer befand, in kleinere Parzellen an schwarze Bauern verteilt wurde. Diese Umverteilung war historisch verständlich, doch wirtschaftlich desaströs: Die neuen Eigentümer verfügten meist weder über ausreichende landwirtschaftliche Erfahrung noch über die nötige Infrastruktur. Die landwirtschaftliche Produktion brach ein – und mit ihr ein zentraler Pfeiler der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Landes.
Die Kombination aus drastisch sinkender Produktivität und expansiver Geldpolitik war verhängnisvoll. Innerhalb weniger Jahre schoss die Inflationsrate auf 50 bis 100 Prozent pro Jahr. Die Regierung versuchte vergeblich, mit administrativen Maßnahmen gegenzusteuern: Kapitalverkehrskontrollen, Preisdeckel auf Grundnahrungsmittel und subventionierte Kredite an regierungsnahe Kreise verschärften die Lage nur weiter. Es entstand ein Schwarzmarkt, auf dem nicht nur Devisen, sondern auch Grundnahrungsmittel gehandelt wurden, weit entfernt von staatlich kontrollierten Preisen.
Ein informeller Wirtschaftssektor entwickelte sich, der zum Rückgrat der Lebensrealität für Millionen wurde. Staatliche Kontrolle, Regulierung und Steuererhebung wurden zunehmend irrelevant. Das wiederum zwang die Regierung, ihre Finanzierung noch aggressiver über die Zentralbank zu organisieren. 2003 begann die Reserve Bank damit, sogenannte quasi-fiskalische Aktivitäten zu übernehmen – direkte Staatsausgaben ohne parlamentarische Legitimation, direkt über das Notenbanksystem abgewickelt.
Inflation explodierte. Bereits im Januar 2004 lag die Jahresrate bei über 600 Prozent. Nach kurzer Erholung setzte sich der Verfall fort: 2006 wurden 1000 Prozent überschritten, und der tägliche Umgang mit Geldmengen in Milliardenhöhe wurde zur Normalität. In einer absurden Währungsreform wurden 1000 alte Dollar gegen einen neuen eingetauscht – ein symbolischer Akt ohne ökonomische Wirkung.
Als im März 2007 die Regierung beschloss, Inflation per Gesetz zu verbieten und Löhne sowie Preise einzufrieren, war die wirtschaftliche Realität bereits vollständig entkoppelt vom politischen Willen. Nur wenige Monate später wurden die Preise gesetzlich halbiert – mit dem Effekt, dass die letzten Waren aus den Regalen verschwanden. Der informelle Markt blühte erneut auf.
2008 erreichte die Inflation 231 Millionen Prozent pro Jahr. Die Regierung plante, eine 100-Billionen-Dollar-Note auszugeben – kam jedoch nicht mehr dazu: Das Vertrauen in die eigene Währung war vollständig kollabiert. Thiers’ Gesetz trat in Kraft: Gute Währungen – insbesondere der US-Dollar – verdrängten die wertlose Landeswährung vollständig. Die Menschen akzeptierten spontan die südafrikanische Rand und andere regionale Währungen, weil sie funktionierten.
Im Januar 2009 kapitulierte die Regierung offiziell. Der US-Dollar und der südafrikanische Rand wurden gesetzliche Zahlungsmittel, der Simbabwe-Dollar de facto abgeschafft. Seitdem bleibt der US-Dollar die Hauptwährung des Landes.
Die Fälle Zimbabwe und auch Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg zeigen deutlich: Hyperinflation ist letztlich keine Folge bloß monetärer Exzesse, sondern Ergebnis eines grundlegenden fiskalischen Versagens. Zentralbanken, die zur Finanzierung chronisch überhöhter Staatsausgaben gezwungen werden, untergraben das Vertrauen in die eigene Währung. Es ist nicht die Geldmenge an sich, die Inflation schafft – sondern deren Entkopplung von realwirtschaftlicher Wertschöpfung. Wenn Staatsausgaben dauerhaft die Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft übersteigen und das Steueraufkommen unzureichend bleibt, wird die Notenpresse zum letzten Ausweg – und zugleich zum Einfallstor der monetären Katastrophe.
Wichtig zu verstehen ist, dass Hyperinflation in der Regel nicht plötzlich ausbricht. Sie entwickelt sich schleichend über Jahre hinweg – durch eine schrittweise Erosion institutioneller Grenzen, wachsendes Misstrauen der Bevölkerung und den allmählichen Verlust von Produktivität. Ebenso klar zeigt der Fall Zimbabwe: Hat eine Regierung einmal den Weg inflationärer Finanzierung beschritten, fällt es ihr schwer, davon wieder abzulassen. Die strukturelle Abhängigkeit von der Notenbank wird zu einem politischen Gefangenen ihrer eigenen Maßnahmen.
Auch der Versuch, durch autoritäre Preisdekrete die ökonomische Realität zu kontrollieren, führt in solchen Situationen nur zu noch tieferer Marktverzerrung. Es entsteht ein Zustand, in dem gesetzliche Währungen durch faktische ersetzt werden – nicht durch politische Entscheidung, sondern durch die kollektive Rationalität eines misstrauischen Marktes.
Endtext.
Kryptowährungen und die Gefahr finanzieller Krisen: Eine potenzielle Zeitbombe im digitalen Zeitalter
Die rasante Entwicklung von Kryptowährungen in den letzten Jahren hat den Finanzmarkt grundlegend verändert und neue Perspektiven auf das Verständnis von Geld, Kredit und Investitionen eröffnet. Während der Dotcom-Boom der späten 1990er Jahre eine der ersten Finanzblasen im digitalen Zeitalter darstellte, in der Milliarden von Dollar in die Aktien neu gegründeter Technologieunternehmen flossen, könnte die Geschichte sich wiederholen – diesmal jedoch in Form von Kryptowährungen. Auch wenn einzelne Kryptowährungen in der Zukunft crashen, bleibt eine größere Finanzkatastrophe im Hintergrund lauern, solange auch nur eine Kryptowährung überlebt. Diese Entwicklung könnte den Finanzmarkt in eine neue Ära der Krisen stürzen.
Kryptowährungen wie Bitcoin, Ethereum und andere digitale Währungen erfüllen drei zentrale Funktionen: das Zahlungsmittel, die Wertaufbewahrung und die entscheidende Funktion als Recheneinheit. Letztere ist von besonders großer Bedeutung, da sie das Potenzial hat, die größte finanzielle Krise auszulösen. Der Begriff „Recheneinheit“ bezieht sich darauf, dass wir Geld verwenden, um unsere Vermögenswerte und Verbindlichkeiten zu erfassen – ähnlich wie ein Buchhalter es tut. Doch hinter dieser Funktion verbirgt sich eine weitaus tiefere Bedeutung: Sie ermöglicht die Schaffung von Schulden, das heißt, die Vergabe von Krediten.
Wenn Kryptowährungen als Zahlungsmittel oder als Wertaufbewahrungsmittel akzeptiert werden – oder in beiden Funktionen – werden sie höchstwahrscheinlich auch als Grundlage für Kredite dienen. Dies würde bedeuten, dass die Herausgeber von Kryptowährungen beginnen könnten, Kryptowährungskredite zu vergeben. Um diese Kredite zu vergeben, müssten sie einfach mehr Einheiten der jeweiligen Währung schaffen, was praktisch kostenfrei wäre. In einem vollkommen freien, von der Regierung unregulierten Währungssystem könnte dies zu einer ungebremsten Kreditvergabe führen.
Das Problem ist, dass diese Art der Kreditvergabe das Kreditvolumen in der Wirtschaft deutlich ausweiten würde. Dies würde die gesamtwirtschaftliche Nachfrage und die wirtschaftliche Aktivität anheizen. Wie die Geschichte zeigt, ist die Gefahr umso größer, je schneller das Kreditwachstum erfolgt. Ein plötzlicher Rückgang in der Nachfrage, verursacht durch eine plötzlich eintretende Krise oder eine Kreditkrise, könnte das gesamte Finanzsystem ins Wanken bringen.
Im traditionellen Bankensystem existieren Mechanismen wie Zentralbanken und Regulierungsbehörden, die das Wachstum der Kreditvergabe überwachen und gegebenenfalls dämpfen können. In einem vollkommen privaten und unabhängigen Währungssystem gibt es jedoch keinerlei institutionelle Kontrolle – außer der Selbstdisziplin der Kreditgeber. Während die Kreditvergabe noch wächst, verdienen diese Kreditgeber enorme Profite und haben daher keinerlei Interesse daran, die „Party zu beenden“. Der Wunsch, so lange wie möglich zu profitieren, treibt die Kreditvergabe weiter an und könnte so den Teufelskreis eines „Boom-and-Bust“-Zyklus auslösen.
Kryptowährungen, die außerhalb staatlicher Regulierungen und Einflussbereiche entstanden sind – und einige möglicherweise auch in Zukunft außerhalb dieser Sphären bleiben – haben das Potenzial, genau denselben Kreditzyklus zu erzeugen, den wir bereits aus der Vergangenheit kennen. Doch aufgrund ihrer dezentralen Natur könnten die Kreditblasen und -krisen, die durch Kryptowährungen entstehen, weitaus größer und schwerwiegender sein als alles, was wir bisher erlebt haben. Die Gefahr einer viel tiefergehenden Finanzkrise als derjenigen, die wir aus der Vergangenheit kennen, ist daher eine sehr reale Möglichkeit.
Es ist wichtig zu verstehen, dass technologische Innovationen an sich keine finanziellen Krisen verursachen. Kryptowährungen und andere technologisch fortschrittliche Produkte bieten lediglich neue Möglichkeiten, um mit menschlichen Verhaltensweisen zu interagieren, die traditionell bereits Finanzkatastrophen verursacht haben: Spekulation, exzessives Leihen von Geld und die Verlockung schnellem Reichtum. Ein gutes Beispiel dafür sind die vielen Ponzi-Schemata, die in der Vergangenheit große finanzielle Zerstörungen anrichteten und die durch solche Spekulationen und unregulierte Kreditvergaben aufrechterhalten wurden.
Wenn man sich die geschichtlichen Krisen ansieht, die durch Spekulationen und überschießendes Kreditwachstum ausgelöst wurden, zeigt sich, dass der Mensch bei neuen Technologien häufig nicht in der Lage ist, ihre Risiken richtig einzuschätzen. Die Verlockung des schnellen Reichtums, kombiniert mit der scheinbaren Unverwundbarkeit der neuen Märkte, ist ein gefährlicher Cocktail. Und in einer Welt, in der Kryptowährungen als neues Spielzeug der Finanzwelt gelten, bleibt abzuwarten, wie lange es dauert, bis die gleiche Dynamik von Überschuldung und spekulativer Blasenbildung erneut zu einem großen finanziellen Desaster führt.
Im digitalen Zeitalter stellt sich die Frage, ob wir aus der Geschichte gelernt haben oder ob wir wieder in die gleiche Falle tappen werden, die uns in der Vergangenheit schon einmal in eine Krise stürzte. Es bleibt zu hoffen, dass die regulierenden Instanzen der Finanzwelt, trotz der Herausforderungen, die mit der Überwachung von Kryptowährungen verbunden sind, die notwendigen Maßnahmen ergreifen werden, um den Markt zu stabilisieren, bevor es zu spät ist.
Wie die Fehleinschätzung von Risikomodellen zur Finanzkrise führte
Im Jahr 2012 kam es bei JPMorgan Chase zu einem bedeutsamen Vorfall, der zeigt, wie gefährlich die blinde Vertrauensstellung gegenüber Risikomodellen sein kann. Der Händler Bruno Iksil, später bekannt als der „London Whale“, beklagte, dass das bestehende Value-at-Risk-Modell (VaR) das Risiko seines Kreditportfolios überschätze. Er forderte daher eine „bessere“ Version, die geringere Risikowerte liefern sollte. Diese neue Variante wurde noch im Januar 2012 eingeführt und zeigte überraschend niedrigere tägliche VaR-Werte: Statt über 130 Millionen US-Dollar fiel der Wert auf nur 66 Millionen, deutlich unter dem vorgegebenen Limit. Die Entwicklung erfolgte hastig, viele Parameter wurden manuell eingegeben statt automatisiert, dennoch wurde das Modell unverzüglich eingesetzt.
Diese überstürzte Einführung hätte zahlreiche Warnsignale auslösen müssen. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass fehlerhafte Gleichungen in dem Modell sowohl Korrelationen als auch Verlustwahrscheinlichkeiten unterschätzten. Obwohl diese Fehler vermutlich nicht absichtlich eingebaut wurden, waren sie dennoch vermeidbar. Das neue Modell ermöglichte es Iksil, das Volumen seiner Positionen in Credit Default Swaps (CDS) zu verdreifachen, ohne das tägliche VaR-Limit zu überschreiten. Bis Mitte März 2012 umfasste sein Portfolio CDS auf Anleihen im Wert von 150 Milliarden US-Dollar. Die Größe seiner Positionen war so enorm, dass sie die Marktpreise beeinflussten. Andere Händler begannen, seine Bewegungen zu beobachten und nannten ihn bald den „London Whale“.
Während Iksil versuchte, die Preise der CDS durch Käufe zu erhöhen, drückte der restliche Markt die Preise nach unten. Diese Marktposition entwickelte sich für JPMorgan zunehmend verlustreich. Zeitgleich verbesserte sich die allgemeine Einschätzung des Kreditrisikos in Europa, insbesondere durch politische Stabilitätsmaßnahmen für Griechenland. Dadurch sanken die Prämien für CDS, vor allem bei den riskantesten Firmen, gegen deren Ausfallrisiko Iksil versichert war. Die Verluste seines Portfolios überstiegen bald die Gewinne aus den Verkäufen von CDS.
Bis Ende März 2012 hatte Iksil über 600 Millionen US-Dollar verloren, mehr als die Hälfte davon an nur einem Tag. Die Verluste setzten sich im April fort, am 10. April betrugen sie allein 415 Millionen. Bis Mai beliefen sich die kumulierten Verluste auf über 2 Milliarden. Im Juli 2012 wurde das Portfolio in die Investmentbanking-Abteilung verlagert, um schrittweise abgewickelt zu werden – ein Prozess, der noch mehr Verluste mit sich brachte. Bis Ende 2012 summierten sich die Verluste auf über 6 Milliarden US-Dollar. Obwohl JPMorgan Chase diese Summen aufgrund seiner finanziellen Stärke absorbieren konnte, waren sie größer als bei jedem anderen bekannten Fall von sogenanntem „Rogue Trading“. Iksil und weitere Beteiligte wurden entlassen; strafrechtliche Anklagen wurden jedoch später fallen gelassen.
Die Episode des London Whale macht deutlich, wie gefährlich das blinde Vertrauen in Modelle wie VaR sein kann. Solche Modelle liefern nur Schätzungen basierend auf historischen Daten und vereinfachten Annahmen, die nicht alle Marktgegebenheiten oder Extremereignisse abbilden können. Die Manipulation oder Anpassung von Modellen, um gewünschte Ergebnisse zu erhalten, führt zu Fehleinschätzungen, die katastrophale Folgen haben können. Die Verantwortung von Fachleuten besteht darin, die Limitationen dieser Werkzeuge zu verstehen und sie nicht isoliert, sondern im Kontext weiterer qualitativer und quantitativer Informationen zu nutzen.
Wichtig ist, dass Risikomodelle niemals als alleinige Entscheidungsgrundlage dienen dürfen. Ihre Ausgaben müssen stets durch fundiertes Urteilsvermögen, Marktkenntnis und eine kritische Überprüfung ergänzt werden. Ebenso sollte die Ausbildung von Finanzfachleuten nicht nur technische Fähigkeiten im Umgang mit Modellen umfassen, sondern auch Schulungen im Bereich Risikobewusstsein und ethischem Verhalten. Die London-Whale-Krise zeigt, wie eine Kombination aus systemischen Schwächen, menschlichem Fehlverhalten und falschem Vertrauen in vermeintliche Gewissheiten ein finanzielles Desaster auslösen kann.

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