Morgens, bevor der Tag richtig beginnt, ist die Stimmung oft schon entscheidend für den Verlauf des gesamten Tages. Wenn Kinder beim Aufstehen Zeit und Geduld brauchen, ist es wichtig, ihre Bedürfnisse zu respektieren und eine Atmosphäre der Empathie zu schaffen. Statt sie mit einem scharfen „Jetzt steh auf, du Faulpelz!“ oder einem besorgten „Bist du krank? Fühlst du dich schlecht?“ zu überhäufen, sollte man besser Verständnis und Wärme zeigen. Ein einfaches „Es ist schwer, heute aufzustehen“ oder „Es ist wirklich schön, noch ein wenig im Bett zu träumen“ kann Wunder wirken und die Stimmung aufhellen. Solche Aussagen vermitteln nicht nur Zuneigung, sondern fördern auch ein Klima der Intimität und des Vertrauens. Andernfalls kann sich die Morgenroutine schnell in einen Streit verwandeln, der niemandem gut tut und den Tag mit negativen Gefühlen belastet.
Oft kann es hilfreich sein, den Kindern etwas mehr Zeit zu geben. Anstatt sie zu drängen, sofort aufzustehen und sich zu beeilen, kann man durch kleinere Aussagen wie „Der Schulbus kommt in zehn Minuten“ oder „Der Film beginnt um eins, es ist jetzt halb eins“ verdeutlichen, dass es Zeit wird, sich vorzubereiten, ohne Druck auszuüben. Diese Art der Kommunikation gibt den Kindern nicht nur die nötige Information, sondern lässt ihnen auch den Freiraum, selbst Verantwortung zu übernehmen.
Frühstück ist ebenfalls eine kritische Zeit am Morgen, die häufig in Konflikten endet. Der Versuch, in diesen Momenten moralische Lehren oder Verhaltensregeln zu vermitteln, führt oft zu unnötigen Auseinandersetzungen. Ein Frühstück sollte vor allem ein Raum für Wärme und Energie sein, um den Tag zu beginnen. Ein Beispiel verdeutlicht dies: Als eine Tochter beim Frühstück schimpfte, dass es nie etwas zu essen gäbe, könnte die Mutter darauf reagieren, ohne in Verteidigungshaltung zu gehen: „Du scheinst heute nicht wirklich etwas zu finden, was dir schmeckt.“ Diese Antwort anerkennt die Klage des Kindes, ohne den Konflikt zu verstärken. Eine positive Reaktion fördert das Vertrauen und ermöglicht es dem Kind, sich in einer entspannteren Atmosphäre auf den Tag vorzubereiten.
Es ist auch wichtig, nicht sofort zu urteilen oder zu reagieren, wenn ein Kind sich über eine Situation beklagt. Häufig sind Beschwerden Ausdruck von Bedürfnissen oder Wünschen, die auf eine Weise angesprochen werden können, die nicht in ein Streitgespräch führt. Wenn ein Kind sagt, dass es nie etwas bekommt, was es möchte, kann die Antwort lauten: „Gibt es etwas, das du dir wünschst?“ Eine solche Antwort zeigt Interesse an den Wünschen des Kindes und öffnet den Raum für ein ruhiges Gespräch. In vielen Fällen lassen sich so Missverständnisse vermeiden, die sonst zu eskalieren drohen.
Das Anziehen ist ein weiteres Szenario, das häufig zu Konflikten führt, vor allem, wenn Eltern zu viel auf das äußere Erscheinungsbild ihrer Kinder Wert legen. Ein Vater berichtet, dass er oft unsicher ist, wie er reagieren soll, wenn er seinen Sohn mit offenen Schuhbändern sieht. In solchen Fällen ist es oft besser, die Situation pragmatisch zu betrachten. Statt auf das Binden der Schuhe zu bestehen, kann es ausreichen, dem Kind zu helfen oder einfach einen Hinweis zu geben, dass es bald losgeht. Das Wichtigste ist, dass Kinder nicht zu sehr unter Druck gesetzt werden, und dass praktische Dinge wie das Binden der Schuhe nicht zu einem täglichen Streit führen.
Die Erziehung sollte nicht in ständiger Kontrolle und Korrektur bestehen, sondern vielmehr darin, den Kindern Raum zur Selbstständigkeit zu lassen. Ein Kind muss nicht immer in den besten oder saubersten Kleidern zur Schule gehen. Die Freiheit zu spielen und sich auszutoben sollte wichtiger sein als das ständige Bedenken, dass die Kleidung sauber bleibt. Ein realistischer Umgang mit den Bedürfnissen und Eigenheiten eines Kindes fördert eine entspannendere Morgenroutine und erleichtert den Start in den Tag.
Es ist entscheidend, in den alltäglichen Morgenmomenten mit den Kindern keine unnötigen Konflikte zu schaffen, indem man ihre Bedürfnisse und Emotionen respektiert und in eine verständnisvolle Kommunikation eintritt. Dieser Ansatz fördert nicht nur das Wohlbefinden der Kinder, sondern stärkt auch die Bindung zwischen Eltern und Kindern und sorgt für einen harmonischeren Verlauf des Tages.
Wie man mit Geschwisterrivalität und Eifersucht bei Kindern umgeht
Die Geburt eines neuen Geschwisterchens kann für ein Kind eine überwältigende Erfahrung sein. Ein sechzehn Monate alter Junge, nennen wir ihn Jordan, äußerte seine unzufriedenen Gefühle über die bevorstehende Ankunft des neuen Babys. Obwohl das Baby erst in drei Wochen erwartet wurde, war Jordan bereits emotional aufgewühlt. In einem Moment der Frustration brach er in Tränen aus und rief: „Ich will das neue Baby nicht im Haus haben. Ich will nicht, dass du und Papa mit ihm spielt und ihn liebt.“ Die Mutter reagierte verständnisvoll und erklärte: „Du bist traurig und wünschst dir, dass es kein neues Baby gibt.“ Doch Jordan hielt an seinen Gefühlen fest: „Ja, ich will nur Mama, Papa und Jordan.“ Als seine Mutter versuchte, ihm zu helfen, seine Ängste zu artikulieren, sagte sie: „Du hast Angst, dass wir dich nicht mehr so lieben werden, wenn das Baby kommt.“ Jordan antwortete: „Ja, es wird all meine Spielsachen wegnehmen.“
Solche Reaktionen sind bei älteren Geschwistern, die plötzlich Konkurrenz um die elterliche Liebe und Aufmerksamkeit spüren, nicht ungewöhnlich. Sie äußern sich nicht nur in offenen Konflikten, sondern auch in subtile Formen von Wut und Angst, die häufig in Träumen oder körperlichen Symptomen wie Asthma oder Hautausschlägen zum Ausdruck kommen. Jordan etwa reagierte nach der Geburt seines Bruders mit aggressivem Verhalten. Er zog ihm grob an den Füßen und versuchte, den Säugling zu quetschen. Die Mutter griff ein und ermutigte ihn, seine Gefühle auf gesunde Weise zu verarbeiten: „Der Baby ist nicht zum Verletzen da, aber du kannst ein Bild von ihm zeichnen und es dann in Stücke schneiden, wenn du willst.“
Wenn Kinder ihre Eifersucht unterdrücken, kommt diese meist in unbewusster Form, etwa durch Albträume oder körperliche Symptome, wie nächtliches Weinen, Nägelkauen oder das Zerbrechen von Spielsachen. Diese Ausdrucksformen sind Versuche des Körpers, das Unausgesprochene mitzuteilen. Die Psychologie der Kindheit zeigt, dass unaufgelöste Eifersucht zu tiefen Ängsten führen kann, die sich in Tagträumen und Albträumen manifestieren, und dass es besser ist, diese Gefühle in Worte zu fassen, als sie unbewusst in Handlungen oder Träumen auszudrücken. Ein Beispiel dafür ist der fünfjährige Warren, der nach der Geburt seiner Schwester plötzlich wiederholt Asthmaanfälle erlitt. Trotz der anfänglichen Annahme, dass er seine Schwester zu sehr beschützte, zeigte sich, dass seine Symptome ein Zeichen für seine unterdrückte Eifersucht waren. Der Arzt verwies ihn an eine psychologische Klinik, um ihm zu helfen, seine Gefühle in Worte zu fassen.
Je jünger das Kind, desto schwieriger ist es oft, eine direkte Kommunikation über Eifersucht zu fördern. Manche Kinder reagieren mit körperlichen Symptomen wie Husten oder Hautausschlägen, während andere sich in destruktivem Verhalten oder Angstzuständen äußern. Solche Reaktionen sind oft nicht direkt mit den Konflikten um das neue Geschwisterkind verbunden, sondern spiegeln vielmehr ein inneres Ungleichgewicht wider, das auf mangelnder emotionaler Ausdruckskraft beruht. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass Eltern frühzeitig auf diese Zeichen reagieren und ihren Kindern ermöglichen, ihre Gefühle offen und ohne Angst vor Strafe auszudrücken.
Eifersucht hat viele Gesichter. Sie kann sich in übermäßiger Wettbewerbsbereitschaft oder in extremem Rückzug manifestieren, in übermäßiger Großzügigkeit oder gnadenlosem Geiz. Dies betrifft nicht nur die Kindheit, sondern zieht sich häufig bis ins Erwachsenenalter hinein. Wer in seiner Kindheit tief verwurzelte Rivalitäten mit Geschwistern hatte, kann diese auch im späteren Leben in irrationaler Konkurrenz oder in der ständigen Notwendigkeit, sich selbst zu beweisen, fortführen. Oft sehen wir dies bei Personen, die im Straßenverkehr ständig in Konkurrenz zu anderen Fahrzeugen stehen oder die bei einem Spiel nie gut verlieren können. Ebenso gibt es diejenigen, die jegliche Auseinandersetzung vermeiden und keine Initiative ergreifen, auch wenn es um berechtigte Ansprüche geht. Diese tief verwurzelten Muster, die ihren Ursprung in der Kindheit haben, sind oft schwer zu durchbrechen.
Eifersucht hat ihre Ursprünge im natürlichen Wunsch des Kindes, die „einzig und allein geliebte“ Person seiner Eltern zu sein. Dies ist ein Besitzanspruch, der keine Rivalen duldet. Mit der Geburt von Geschwistern wird der Wettbewerb um die exklusive Liebe der Eltern eröffnet. Dieser Wettstreit kann offen oder verborgen sein, je nachdem, wie die Eltern mit Eifersucht umgehen. Einige Eltern bestrafen jeden Ausdruck von Eifersucht, während andere versuchen, alle Kinder gleich zu behandeln, um solche Gefühle zu vermeiden. Sie geben Geschenke, Lob und Privilegien in gleicher Weise aus, was jedoch nicht immer die gewünschte Wirkung erzielt. Diese Bemühungen, Eifersucht zu verhindern, können oft nur das Bedürfnis nach exklusiver Liebe verstärken und machen den Wettbewerb noch intensiver. Eifersucht kann daher nie vollständig unterdrückt werden, aber die Art und Weise, wie Eltern mit diesen Gefühlen umgehen, entscheidet darüber, ob die Eifersucht auf eine gesunde oder gefährliche Weise ausgelebt wird.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Art und Weise, wie Eltern Geschwister untereinander vergleichen. Wenn ein Kind etwa aufgrund seines Geschlechts oder bestimmter Talente bevorzugt behandelt wird, kann dies zu noch stärkeren Spannungen führen. Wenn etwa ein Kind, sei es aufgrund seines Talents oder seiner Erscheinung, immer wieder als „besonders“ hervorgehoben wird, kann dies bei seinen Geschwistern ein Gefühl der Ungerechtigkeit hervorrufen. Dies geschieht besonders dann, wenn ein Elternteil das Bedürfnis verspürt, bestimmte Privilegien oder Sympathien hervorzuheben. Oft ist es nicht das Kind selbst, das mit diesen Vorzügen konfrontiert wird, sondern das Bild, das Eltern von ihrem Kind in ihrer eigenen Vorstellung entwickeln. Diese Vorzugsbehandlung kann die Dynamik innerhalb der Geschwisterbeziehungen zerstören und langfristige Konflikte auslösen.
Eltern sollten bei der Handhabung von Geschwisterrivalität und Eifersucht besonders vorsichtig sein, um negative Auswirkungen auf das Familienklima zu vermeiden. Das bedeutet nicht, dass alle Kinder gleich behandelt werden müssen, aber dass jede individuelle Entwicklung und jedes Bedürfnis erkannt und in die Erziehung integriert wird. Ältere Kinder sollten neue Privilegien und Verantwortungen erhalten, während jüngere Kinder lernen müssen, mit den daraus resultierenden Gefühlen der Benachteiligung umzugehen. Durch das Zeigen von Verständnis und Unterstützung können Eltern ihren Kindern helfen, diese Übergangsphasen gesünder zu bewältigen.
Wie man die Angst und das Schuldgefühl bei Kindern versteht und ihnen hilft, sich sicher zu fühlen
Ein Kind, das mit Angst auf die Welt blickt, kann auf verschiedene Weisen auf diese emotionale Unsicherheit reagieren. Manche Kinder stehlen, um Liebe zu gewinnen, andere kämpfen gegen die Welt, weil sie in ihrer inneren Einsamkeit nach einem Platz suchen. Genauso kann ein Kind, das sich von den Eltern abgelehnt fühlt, gewalttätig oder feindselig werden, als Ausdruck der inneren Wut und des verborgenen Schmerzes. Diese Reaktionen beruhen oft auf der tiefen Angst vor Verlassenheit, die viele Kinder erfahren. Eine der größten Bedrohungen für die emotionale Stabilität eines Kindes ist die Vorstellung, dass es irgendwann von seinen Eltern verlassen wird.
Eltern sollten niemals mit dem Verlassenwerden drohen, weder im Scherz noch in der Wut. Wenn ein Kind sich langsam bewegt oder nicht schnell genug auf Ansprache reagiert, kann es leicht passieren, dass Eltern ihre Frustration in eine Drohung kleiden: „Wenn du jetzt nicht kommst, lasse ich dich hier.“ Solche Aussagen sind besonders gefährlich, weil sie die tiefe, oft unbewusste Angst vor Verlassenheit schüren. Diese Angst kann das Kind auch dann noch quälen, wenn der Moment längst vorüber ist. Eine solche Reaktion von den Eltern lässt die Fantasie des Kindes wuchern, dass es irgendwann im Leben allein gelassen wird, ohne Schutz und Liebe. In solchen Momenten ist es ratsam, das Kind mit sanfter Hand zu nehmen, anstatt mit Drohungen zu reagieren.
Eine weitere verbreitete Quelle für die Angst eines Kindes ist die Abwesenheit eines Elternteils. Einige Kinder fühlen sich erschrocken und unsicher, wenn sie nach der Schule nach Hause kommen und niemand dort ist, um sie zu begrüßen. Die Vorstellung, dass der Elternteil nicht wieder zurückkehren könnte, kann sofort die latente Angst vor Verlassenheit hervorrufen. Um diese Ängste zu lindern, können Eltern durch kleine Gesten Sicherheit schaffen. Es ist hilfreich, wenn sie eine Nachricht hinterlassen, wo sie sich befinden, sei es auf einem Zettel, per E-Mail oder als Sprachnachricht. Besonders für jüngere Kinder ist eine liebevolle Sprachnachricht eine beruhigende Erinnerung an die Nähe des Elternteils, auch wenn es physisch nicht anwesend ist.
In schwierigen Fällen, wie etwa einer bevorstehenden Abwesenheit durch eine Operation oder eine längere Reise, hilft es, das Kind schon im Vorfeld auf die Situation vorzubereiten. Die Idee, das Kind durch Rollenspiele oder mit Spielzeugen auf die bevorstehende Trennung vorzubereiten, kann besonders effektiv sein. Ein kleines Beispiel: Eine Mutter spielte mit ihrer Tochter, um die bevorstehende Operation vorzubereiten. Sie nutzte Puppen, um die Geschichte zu erzählen: „Mama geht ins Krankenhaus, um gesund zu werden. Aber Mama wird dich lieben und an dich denken, auch wenn sie nicht zu Hause ist.“ Durch solch eine spielerische Annäherung wird das Kind in eine Welt geführt, die es versteht und die es in gewissem Maße kontrollieren kann. So wird der emotionale Übergang von der Trennung zur Wiedervereinigung sanft und weniger beängstigend.
Ein weiteres wichtiges Thema ist das Gefühl der Schuld, das Eltern unbewusst bei ihren Kindern hervorrufen können. Schuld kann, ähnlich wie Salz, eine nützliche Rolle im Leben eines Kindes spielen, aber sie darf nie zum Hauptbestandteil werden. Wenn ein Kind gegen soziale oder moralische Normen verstößt, ist es notwendig, ihm die Konsequenzen seines Verhaltens zu erklären. Doch wenn Eltern den Kindern keine negativen Gedanken zugestehen oder sie dazu drängen, sich für ihre Gefühle zu entschuldigen, kann dies zu einer übermäßigen Belastung durch Schuld führen. Die beste Vorgehensweise ist es, mit dem Kind in einer Weise zu sprechen, die ihm zeigt, dass es weiterhin geliebt wird, selbst wenn es einen Fehler gemacht hat. Es geht darum, die Verantwortung für das Verhalten zu übernehmen, ohne dem Kind das Gefühl zu geben, als Person abgelehnt zu werden.
Ein Beispiel für eine unnötige Schuldzuweisung: Ein Kind hat die Lehrerin beim Zurückkommen nach einer Krankheit wütend gemacht, indem es ihre Mütze weggenommen hat. Statt das Kind in eine unnötige Schuld zu stürzen und langwierige Erklärungen zu geben, dass das Kind möglicherweise schuld an der Krankheit der Lehrerin ist, hätte es gereicht, einfach den Hut zurückzugeben und später in einem ruhigen Moment über den Ärger des Kindes zu sprechen.
Genauso wie Schuld Gefühle von Unsicherheit hervorrufen kann, entsteht auch Angst, wenn Kinder von Dingen abgehalten werden, die sie in ihrem eigenen Tempo erledigen möchten. Kinder müssen lernen, sich durch kleine Aufgaben zu verbessern – sei es das Zubinden ihrer Schuhe oder das Anziehen ihrer Jacke. Eltern sollten in solchen Momenten Geduld zeigen und das Kind ermutigen. „Es ist nicht einfach, die Jacke anzuziehen“, kann ein hilfreicher Kommentar sein, der das Kind nicht unter Druck setzt, aber gleichzeitig Verständnis für die Schwierigkeit ausdrückt. Es ist auch von Bedeutung, dass Eltern den Kindern erlauben, Fehler zu machen, ohne sie in irgendeiner Weise dafür zu verurteilen. Die Erfahrung von Fehlern, ohne Verurteilung oder Kritik, stärkt das Vertrauen des Kindes in sich selbst und seine Fähigkeit, Aufgaben zu bewältigen.
Das wichtigste, was ein Kind im Umgang mit seinen Ängsten und Unsicherheiten lernen sollte, ist, dass es immer die Möglichkeit hat, sich sicher zu fühlen, auch wenn die äußeren Umstände vorübergehend schwierig sind. Kindern muss vermittelt werden, dass ihre Gefühle von Wut, Angst oder Unsicherheit legitim sind und dass diese Gefühle nicht dazu führen, dass sie die Liebe und Unterstützung der Eltern verlieren. Die Fähigkeit der Eltern, Geduld zu zeigen und ihre Kinder mit einem offenen Herzen zu führen, ohne sie unnötig mit Erklärungen oder Drohungen zu belasten, bildet das Fundament für das gesunde emotionale Wachstum eines Kindes.
Wie Kinder mit widersprüchlichen Gefühlen umgehen: Die Bedeutung von Akzeptanz und emotionaler Erziehung
Kinder erleben häufig widersprüchliche Gefühle gegenüber ihren Eltern, Lehrern und anderen Autoritätspersonen. Sie lieben und hassen uns gleichzeitig, verehren und empfinden Neid, sind gleichzeitig voller Freude und Angst. Diese ambivalenten Gefühle sind für Eltern oft schwer zu akzeptieren. Viele haben Schwierigkeiten, diese Ambivalenz als einen natürlichen Teil der menschlichen Erfahrung zu begreifen und tendieren dazu, entweder ihre eigenen Gefühle oder die ihrer Kinder zu verleugnen. Doch gerade im Umgang mit solchen widersprüchlichen Gefühlen kann der Schlüssel zu einer gesunden emotionalen Entwicklung liegen.
Kinder müssen wissen, dass es vollkommen normal ist, solche gemischten Gefühle zu haben. Sie benötigen eine Umgebung, in der ihre Gefühle nicht nur anerkannt, sondern auch akzeptiert werden. Ein einfacher, nicht wertender Kommentar kann dabei Wunder wirken: „Es scheint, als ob du zwei Meinungen über deinen Lehrer hast: Einerseits magst du ihn, andererseits ärgerst du dich über ihn.“ Solche Aussagen vermitteln dem Kind, dass es nicht alleine mit seinen verwirrenden Gefühlen ist. Es lernt, dass es okay ist, widersprüchliche Emotionen zu haben, und dass diese Gefühle nicht „schlecht“ sind. Es gibt keinen Grund zur Scham.
Anders verhält es sich, wenn die Gefühle des Kindes abgewertet oder ignoriert werden: „Du bist wirklich verwirrt! Erst magst du deinen Freund, dann hasst du ihn. Entscheide dich!“ Solche Aussagen führen nur zu zusätzlichem Stress und der Unfähigkeit des Kindes, sich mit seinen eigenen Gefühlen auseinanderzusetzen. Wir müssen verstehen, dass Emotionen – sowohl die positiven als auch die negativen – einen natürlichen Platz im Leben haben. Wo es Liebe gibt, gibt es auch Konflikte; wo Bewunderung existiert, ist oft auch Neid. Es erfordert Weisheit und Geduld, diese Gefühle zu akzeptieren und anzuerkennen, ohne sie zu verurteilen.
Der Schlüssel zu einer besseren emotionalen Entwicklung liegt darin, dass wir die Gefühle unserer Kinder nicht als gut oder schlecht, richtig oder falsch kategorisieren, sondern sie als legitime Erfahrungen betrachten. Oft werden wir dazu erzogen, negative Gefühle zu vermeiden oder zu unterdrücken. Doch negative Gefühle sind ebenso Teil des menschlichen Lebens wie die positiven. Anstatt diese Gefühle zu verleugnen, sollten wir ihnen einen Raum geben. Die Idee, dass nur Handlungen bewertet werden sollten, während Gefühle keinen moralischen Wert besitzen, ist von entscheidender Bedeutung für eine gesunde emotionale Entwicklung. Dies befreit das Kind von der Last der ständigen Bewertung seiner Gefühle und ermöglicht ihm, sich frei auszudrücken.
Emotionsbildung, oder die Fähigkeit, eigene Gefühle zu erkennen und zu benennen, ist ein entscheidender Bestandteil der emotionalen Erziehung. Wenn Kinder lernen, ihre Gefühle zu benennen, wissen sie, was in ihnen vorgeht, und sind weniger von innerer Verwirrung betroffen. „Du scheinst sehr wütend zu sein“ oder „Es sieht so aus, als würdest du ihn sehr hassen“ – solche Aussagen helfen dem Kind, sich selbst zu verstehen. Klarheit über die eigenen Gefühle ist ebenso wichtig wie Klarheit über das eigene Aussehen im Spiegel. Nur durch diese Reflexion können Kinder lernen, wie sie ihre Emotionen steuern und ausdrücken können.
Die Rolle des emotionalen Spiegels – der Fähigkeit eines Elternteils oder einer Bezugsperson, die Gefühle des Kindes widerzuspiegeln – ist dabei zentral. Kinder lernen nicht nur durch das, was sie direkt erleben, sondern auch durch die Art und Weise, wie ihre Gefühle von außen wahrgenommen und benannt werden. Ein emotionaler Spiegel kann dem Kind helfen, die eigenen Gefühle zu erkennen und zu verstehen. Anstatt das Kind zu kritisieren oder Ratschläge zu geben, ist es oft hilfreicher, einfach zuzuhören und die Gefühle zu spiegeln. Dies zeigt dem Kind, dass es nicht allein ist und dass seine Gefühle anerkannt werden.
Dies ist besonders wichtig, wenn Kinder mit intensiven Emotionen wie Angst, Trauer oder Wut konfrontiert sind. Es ist verführerisch, sofort in den „Problem-Modus“ zu wechseln und Lösungen anzubieten. Doch oft ist es wirkungsvoller, dem Kind einfach die Zeit und den Raum zu geben, seine Gefühle auszudrücken und zu verstehen. Eine einfühlsame Reaktion wie: „Ich sehe, dass du traurig bist. Ich verstehe, dass das schwierig für dich ist“ vermittelt eine ganz andere Botschaft als ein schneller Ratschlag oder eine oberflächliche Ermutigung. Die eigentliche Botschaft lautet: „Du bist mir wichtig. Ich möchte deine Gefühle verstehen.“ Auf diese Weise können Kinder lernen, dass ihre Gefühle einen natürlichen Platz haben und dass sie in der Lage sind, ihre eigenen Lösungen zu finden, wenn sie sich emotional stabil fühlen.
Es gibt auch eine weitere wichtige Dimension, die bei der emotionalen Erziehung von Kindern berücksichtigt werden muss: das Thema Lob und Kritik. In der psychotherapeutischen Praxis wird Kindern oft nicht gesagt: „Du bist ein guter Junge“ oder „Du bist großartig.“ Warum? Weil solche Aussagen, so gut sie gemeint sein mögen, nicht hilfreich sind. Sie schaffen unnötige Abhängigkeit, fördern Angst und verhindern die Entwicklung von Selbstvertrauen und Unabhängigkeit. Kinder müssen lernen, sich selbst zu bewerten und nicht auf externe Bewertungen angewiesen zu sein.
Wenn Eltern oder Lehrer dem Kind stets positives Feedback in Form von Lob geben, ohne die Gründe für das Verhalten zu reflektieren, kann dies dazu führen, dass das Kind nur noch auf die Bestätigung von außen angewiesen ist. Dies schränkt seine Fähigkeit ein, aus eigenen Erfahrungen zu lernen und Verantwortung für sein Verhalten zu übernehmen. Daher ist es oft besser, Lob und Kritik in einem Kontext zu vermitteln, der die Selbstreflexion und die inneren Werte des Kindes fördert.
Der Umgang mit widersprüchlichen Gefühlen und die Akzeptanz dieser Gefühle ist eine wichtige Grundlage für die Entwicklung von emotionaler Intelligenz bei Kindern. Indem wir Kindern beibringen, ihre Gefühle zu erkennen, zu benennen und zu akzeptieren, bieten wir ihnen die Werkzeuge, um in einer komplexen Welt zurechtzukommen, in der gemischte Gefühle und Unsicherheiten unvermeidlich sind. Es ist nicht nur die Anerkennung ihrer Emotionen, die ihnen hilft, sondern auch die Weisheit, die mit der Erkenntnis kommt, dass alle Gefühle – sowohl positive als auch negative – einen legitimen Platz in ihrem Leben haben.

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