Die Diskussion um Sozialhilfe und Kriminalität in den Vereinigten Staaten der 1970er Jahre ist eng miteinander verwoben und Teil eines größeren politischen Projekts, das die Armen kriminalisiert und soziale Spannungen entlang rassischer Linien verstärkt. Der Soziologe Loïc Wacquant beschreibt den Anstieg des sogenannten „carceral sector“ als Ausdruck eines politischen Bestrebens, Armut und ihre Folgen durch Strafverfolgung zu kontrollieren. Parallel zur Ausweitung eines Strafstaats in dieser Zeit verschärfte die Nixon-Regierung die Bedingungen für Sozialhilfeempfänger, etwa durch Einführung von Arbeitsanforderungen. Diese Maßnahmen waren eingebettet in die rassistisch kodierte Law-and-Order-Rhetorik, die in den 1960er Jahren ihren Anfang nahm.
Nixon selbst reflektierte die Verbindung zwischen Sozialhilfe und Kriminalität in seinen Memoiren, indem er eine explosive Situation in den städtischen Ghettos befürchtete, falls Sozialhilfe zu schnell gekürzt würde. Die Medien stellten Sozialhilfeempfänger in den 1970er Jahren zumeist als Schwarze dar, und Umfragen zeigten, dass Weiße Sozialhilfe fast automatisch mit Afroamerikanern assoziierten. In diesem Klima enthielten politische Reden zur Sozialhilfe oft subtile, aber deutliche rassistische Untertöne, die im politischen Diskurs der Zeit eine wichtige Rolle spielten.
Nixon sprach gezielt die „implizit weiße“ Wählerschaft an, indem er eine politische Identität formte, die auf traditionellen Werten wie harter Arbeit, familiärer Moral und individueller Freiheit basierte. Obwohl er nie explizit sagte, dass die fleißige Familie weiß und der Sozialhilfeempfänger schwarz sei, implizierte er diesen Gegensatz durch die Gegenüberstellung von „hart arbeitenden, patriotischen Familien“ und „sozialhilfeabhängigen“ Gruppen. Diese rhetorische Strategie ermöglichte es ihm, Ressentiments gegen Schwarze zu kanalisieren, ohne offen rassistisch zu erscheinen. Wichtige Faktoren der Ablehnung von Sozialhilfe lagen dabei in der Wahrnehmung, dass Schwarze faul und Sozialhilfeempfänger nicht verdient seien.
In seinen Reden, etwa in der State-of-the-Union-Rede 1972, verband Nixon Sozialhilfe mit einem Zerfall der Familie und einer Schwächung der Arbeitsmoral. Er argumentierte, dass die Sozialhilfe die Selbstbestimmung untergrabe, indem sie Anreize zur Erwerbsarbeit beseitige und diejenigen, die arbeiten, gegenüber Sozialhilfeempfängern benachteilige. Die Einführung von „workfare“ sollte dem entgegenwirken, indem es Arbeitspflichten in den Sozialhilfeprogrammen verankerte und so die „Würde der Arbeit“ betonte. Diese Programme und Rhetorik positionierten den Sozialhilfebezieher als Teil einer vermeintlich „unerwünschten“ Kultur, die nicht den „echten“ amerikanischen Werten entsprach.
Nixons politische Botschaften richteten sich nicht nur an eine allgemeine weiße Bevölkerung, sondern explizit an weiße ethnische Gruppen, die sich durch traditionelle Werte und Ablehnung von Sozialhilfe von der angeblich „faulen“ untersten Schicht abgrenzen sollten. Seine Aussagen verbanden die Sorge um steigende Steuern, die Belastung der hart arbeitenden Bevölkerung und die Kritik an einer „elitär“ gesteuerten Sozialpolitik, die er als Bedrohung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die „guten“ Beziehungen zwischen den Rassen darstellte. Während Johnson-Ära-Demokraten versuchten, wirtschaftliche Ungleichheit von der Rassenfrage zu entkoppeln, nutzte Nixon das Thema Sozialhilfe, um eine politische Agenda zu verfolgen, die wirtschaftliche und rassistische Spannungen zu vereinen schien.
Dabei schuf er die Erzählung eines „wahren Amerika“, das durch Eigenverantwortung und Arbeit geprägt ist und sich gegen staatliche Fürsorgeprogramme wendet, die er als „Handouts“ und als Ausdruck einer vermeintlichen „Sozialhilfeethik“ brandmarkte. Die Betonung lag darauf, dass Amerika eine „Land der Chancen“ sei und niemand einen „Freifahrtschein“ erwarten dürfe. Die Verbindung von Sozialpolitik, Rassismus und kultureller Identität bildete somit eine Schlüsselstrategie, die nicht nur politische Macht konsolidierte, sondern auch die gesellschaftliche Spaltung entlang rassischer und ökonomischer Linien verstärkte.
Neben der expliziten politischen Rhetorik ist es wichtig, die strukturellen Auswirkungen dieser Verknüpfung von Straf- und Sozialpolitik zu verstehen. Die Strafverschärfungen und Restriktionen im Sozialhilfesystem führten nicht nur zur Marginalisierung wirtschaftlich Benachteiligter, sondern manifestierten auch systemische Ungleichheiten, die sich in den folgenden Jahrzehnten vertieften. Die impliziten Annahmen, die solche Politiken stützten – etwa die Vorstellung von „faulen“ Armen versus „fleißigen“ Arbeitern – prägen bis heute die politische und gesellschaftliche Debatte in den USA und verdecken oft die komplexen sozialen Ursachen von Armut und Kriminalität.
Von zentraler Bedeutung ist, dass diese Rhetorik und die damit verbundenen politischen Maßnahmen nicht isoliert betrachtet werden dürfen, sondern im Kontext eines umfassenderen gesellschaftlichen Wandels, der mit der Desintegration von Sozialstaatlichkeit und der zunehmenden Kriminalisierung von Armut einhergeht. Das Verständnis der historischen Zusammenhänge zwischen rassistischer Codierung, Sozialpolitik und Strafrechtspolitik ist notwendig, um die heutigen sozialen und politischen Dynamiken kritisch zu hinterfragen und mögliche Ansätze für gerechtere Gesellschaften zu entwickeln.
Warum Bushs Ansatz zur Sozialreform rassistische Spannungen verschärfte
Die politischen Reaktionen von Präsident George H. W. Bush auf die Unruhen in Los Angeles 1992 zeigen, wie tief verwurzelt das Problem der Rassendiskriminierung in den USA auch in der Rhetorik der politischen Führer der Zeit war. Bushs Haltung zu sozialer Reform, insbesondere im Bereich der Sozialhilfe, basierte auf einer kritischen Wahrnehmung der sozialen Ordnung und versuchte, auf die Ängste und Ressentiments einer breiten weißen Wählerschaft zu reagieren. In den Tagen nach den Unruhen zeigte Bush zunächst Zurückhaltung und äußerte sich nur sporadisch zu den Ereignissen. Erst als Umfragen ein hohes öffentliches Interesse an der Frage nach sozialer Gerechtigkeit und sozialer Ordnung feststellten, passte er seine Rhetorik an, um politisches Kapital aus der Situation zu schlagen.
Bushs politische Position zu sozialer Hilfe und Armut war nicht neu. Sie knüpfte an die Rhetorik früherer Präsidenten wie Ronald Reagan und Richard Nixon an, die soziale Reformen als Mittel zur Bekämpfung von Unruhen und Kriminalität verstanden. Auch wenn Bush, im Gegensatz zu seinen Vorgängern, explizit auf rassistische Sprache verzichtete, blieb die Botschaft unverändert: Die Ursachen von sozialer Ungerechtigkeit seien vor allem in der mangelnden Moral und der Arbeitsmoral der städtischen Arme zu finden. In seinen Reden erklärte Bush immer wieder, dass die Sozialhilfe das Familiengefüge in städtischen Gebieten zerstöre, den moralischen Verfall fördere und zur Kriminalität beitrage. Damit verstärkte er implizit rassistische Stereotype, auch wenn diese nicht offen ausgesprochen wurden.
Besonders bemerkenswert ist, dass Bush versuchte, diese Botschaften in einer egalitären Sprache zu verpacken, um den Eindruck zu erwecken, dass es sich bei der Bekämpfung der Armut um ein Problem der persönlichen Verantwortung und des individuellen Engagements handele. Er stellte sich als Verfechter von „Familienwerten“ dar und setzte dabei auf die Idee, dass der Staat seine Sozialhilfeprogramme aufbrechen und den Bundesstaaten mehr Kontrolle über die Mittelüberweisungen geben sollte. Dieser Ansatz war nicht nur ein Versuch, das Wohlstandsversprechen zu verteidigen, sondern auch ein strategischer Schritt, um die Unterstützung von konservativen und rechten Wählern zu sichern, die eine radikale Reduzierung des Wohlfahrtsstaates forderten.
Die Frage, die sich im Zusammenhang mit dieser politischen Haltung aufdrängt, ist, inwieweit der Ansatz, Rassismus als individuelles Problem zu definieren, tatsächlich die tief verwurzelten sozialen Ungleichgewichte ansprechen konnte. Bushs Definition von Rassismus als ein Verhalten, das „gegenüber anderen ausgesprochen werden kann“, betonte die Verantwortung des Einzelnen und ließ das größere Bild struktureller Ungleichheit weitgehend außer Acht. Diese Sichtweise unterschied sich stark von der Auffassung vieler afroamerikanischer Bürger und führender Sozialwissenschaftler, die Rassismus als ein systemisches Problem betrachteten – als ein ungleich verteiltes Machtverhältnis, das durch wirtschaftliche und soziale Strukturen verstärkt wird.
Auch wenn Bush die Einführung des Hate Crimes Statistics Act von 1990 unterstützte, ein Gesetz, das die Erfassung von Straftaten aufgrund von Rassismus und die Erhöhung von Strafen für solche Straftaten vorschrieb, blieb die Frage der institutionellen Verantwortung unbeantwortet. In seiner öffentlichen Rhetorik über die Unruhen in Los Angeles vermied es Bush, die strukturellen Ursachen für die sozialen Spannungen anzuerkennen. Stattdessen konzentrierte er sich darauf, Rassismus als individuelles Fehlverhalten darzustellen, das durch moralische Überzeugungen und individuelle Verantwortung überwunden werden könne. Dies vermittelte die Botschaft, dass Rassismus keine tiefgehende politische oder gesellschaftliche Dimension besaß, die durch gesetzliche Maßnahmen korrigiert werden könnte.
Im Hinblick auf die wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen, unter denen viele afroamerikanische Bürger litten, trugen solche politischen Ansätze zur Verstärkung der Rassenungleichheit bei. Während Umfragen aus den 1980er Jahren zeigten, dass 62 Prozent der afroamerikanischen Bevölkerung den hohen Arbeitslosenstand unter schwarzen Amerikanern auf die Vernachlässigung durch die Regierung zurückführten, unterstrichen die Aussagen von Bush die Unterscheidung zwischen „moralisch verantwortungsbewussten“ und „moralisch versagenden“ Schichten. Diese Haltung spiegelte sich auch in seiner Auseinandersetzung mit den Unruhen in Los Angeles wider, bei denen er betonte, dass es sich nicht um ein systemisches Problem handle, sondern um das Verhalten einzelner Menschen. In diesem Kontext warf seine Rhetorik Fragen zur Definition von Rassismus und zur Wirksamkeit seiner Maßnahmen auf, um die sozialen Spannungen zu mildern.
Bushs Haltung trug auch dazu bei, den öffentlichen Diskurs zu beeinflussen, indem er den Fokus von politischen und wirtschaftlichen Ungleichgewichten auf moralische Themen lenkte. Diese Verschiebung war von Bedeutung, da sie eine breitere politische Agenda der Republikanischen Partei widerspiegelte, die die Verantwortung für die Bekämpfung der Armut zunehmend den Individuen und nicht der Gesellschaft als Ganzem zuschrieb. Die Herausforderung, diese Ansätze zu hinterfragen, lag darin, dass sie strukturelle Ungleichheiten ignorierten, die den Kern der sozialen Probleme bildeten.
Es bleibt zu verstehen, dass die politische Rhetorik von Bush, auch wenn sie eine gewisse Anerkennung für die Notwendigkeit der Sozialhilfe und Reformen beinhaltete, die wirklichen Ursachen von Rassismus und Armut nicht ansprach. Die Unruhen von 1992 und die politische Reaktion darauf werfen ein Schlaglicht auf die Schwierigkeit, soziale Gerechtigkeit zu erreichen, wenn die zugrundeliegenden sozialen und wirtschaftlichen Ungleichgewichte weiterhin unberücksichtigt bleiben.

Deutsch
Francais
Nederlands
Svenska
Norsk
Dansk
Suomi
Espanol
Italiano
Portugues
Magyar
Polski
Cestina
Русский